I imagine what I want to write in my case, I write it in the search engine and I get exactly what I wanted. Thank you!
Valentina R., lawyer
DE
Die Veröffentlichung dieses Textes dient lediglich der Information. Eine Zusammenfassung dieser Entscheidung wird in allen Amtssprachen der Gemeinschaft im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Nur der englische Text ist verbindlich.
Artikel 8 Absatz 2 Datum: 22.6.2009
Brüssel, 22.6.2009
K(2009) 4608 endgültig
NICHTVERTRAULICHE FASSUNG
vom 22.6.2009
zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen
(Sache COMP/M.5335 – Lufthansa/ SN Airholding)
Vom 22.6.2009
zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen
(Sache COMP/M.5335 – Lufthansa/SN Airholding)
(Nur der englische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN –
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 57,
gestützt auf das bilaterale Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2,
gestützt auf die Entscheidung der Kommission vom 26. Januar 2009 zur Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache, nachdem den beteiligten Unternehmen Gelegenheit gegeben wurde, ihre Einschätzung der von der Kommission erhobenen Einwände darzulegen,
gestützt auf die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,
gestützt auf den Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten in dieser Sache, in Erwägung nachstehender Gründe:
1ABl. L 114 vom 30.4.2002, S. 73.
2ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.
3ABl. C 295 vom 4.12.2009, S. 8.
4ABl. C 295 vom 4.12.2009, S. 9.
EINLEITUNG
(1) Am 26. November 2008 wurde bei der Kommission ein Zusammenschluss gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (der „Fusionskontrollverordnung“) angemeldet. Gegenstand der Anmeldung war die Absicht des Unternehmens Deutsche Lufthansa AG („LH“, Deutschland), im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung durch Erwerb von Aktien die alleinige Kontrolle über das Unternehmen SN Airholding SA/NV („SNAH“, Belgien) zu erlangen (der Zusammenschluss).
(2) Nach Prüfung der Anmeldung gelangte die Kommission am 26. Januar 2009 zu dem Schluss, dass der Zusammenschluss in den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung fällt und dass erhebliche Bedenken bezüglich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR bestehen. Daher leitete die Kommission ein Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung ein.
(3) Am 24. März 2009 übermittelte die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an LH. Auf Ersuchen von LH fand am 15. April 2009 eine mündliche Anhörung statt. Am 28. April 2009 ließ die Kommission LH eine Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte zukommen, auf die LH am 5. Mai 2009 antwortete.
(4) LH ist die größte deutsche Fluggesellschaft. Sie ist im Passagier- und Frachtflugverkehr tätig und erbringt zugehörige Dienstleistungen (Wartungs-, Reparatur- und Überholungsarbeiten – „MRO“ –, Dienstleistungen an Bord, und IT-Dienstleistungen). Im Jahr 2007 beförderte LH 45 Mio. Passagiere mit seiner Flotte von 272 Flugzeugen zu 206 Flugzielen. Das Unternehmen hat Drehkreuze an den Flughäfen Frankfurt und München sowie eine Basis am Flughafen Düsseldorf. LH kontrolliert zudem Swiss International Air Lines Ltd. („LX“)mit Basis am Flughafen Zürich, Air Dolomiti, Eurowings, sowie die Billigfluggesellschaft Germanwings. LH bemüht sich gegenwärtig um den Erwerb der Kontrolle über die britische Fluggesellschaft British Midland („BMI“).Darüber hinaus hält LH 19 % der Anteile von Jet Blue, einer in den Vereinigten Staaten von Amerika tätigen Billigfluggesellschaft. Sowohl LH als auch LX sind Mitglieder der Star Alliance.
(5) SNAH ist die Holdinggesellschaft der SN Brussels Airlines („SN“). SNAH hat gegenwärtig 35 Aktionäre, darunter die Regierungen von Brüssel und Wallonien. Die Marke „Brussels Airlines“ ist aus der Verbindung der ehemaligen „SN Brussels Airlines“ mit Virgin Express im Jahr 2004/2005 entstanden. Die SN Brussels Airlines ihrerseits entstand2002, nachdem Sabena Ende des Jahres 2001 in die Insolvenz gegangen war. Im Jahr 2007 beförderte SN mit einer Flotte von 51 Flugzeugen 6 Mio. Passagiere zu 61 Flugzielen. SN hat sein Drehkreuz am Flughafen Brüssel. SN gehört keiner Allianz an und ist in beschränktem Umfang in der Beförderung von Luftfracht und im Bereich Charterflüge tätig.
(6) Gemäß der am 15. September 2008 von LH und SNAH unterzeichneten Übernahmevereinbarung würde LH zunächst 45 % der Aktien von SNAH erwerben und Call-Optionen auf die übrigen Aktien erhalten, die ab dem ersten Quartal 2011 ausgeübt werden können. Obwohl der gegenwärtige Zusammenschluss in zwei Schritten durchgeführt werden würde, würde LH bereits nach Abschluss der ersten Phase der Übernahme, das heißt nach dem Erwerb von 45 % des Aktienkapitals von SNAH, die direkte und alleinige Kontrolle über SNAH ausüben. Die Übernahme wurde in zwei Phasen unterteilt, [Beschreibung der strategischen Beweggründe].
(7) LH wäre der einzige Aktionär mit Vetorecht. Sämtliche strategische Geschäftsentscheidungen wie jene über die Genehmigung des Budgets, über wichtige Investitionen oder die Besetzung von Führungspositionen wären nur mit Zustimmung von LH möglich. Der wichtigste Minderheitsaktionär ist die Virgin-Gruppe mit einem Anteil von […]*%. Gemäß Aktionärsvereinbarung hat Virgin keine besonderen Stimmrechte. Der übrige Aktienbesitz an SNAH ist fragmentiert: Keiner der anderen […]* Aktionäre besitzt mehr als […]*% der Aktien, und diese Aktionäre verfolgen nicht dieselben Ziele. Folglich würde LH nach dem Zusammenschluss die alleinige Kontrolle über SNAH ausüben.
(8) Durch den Zusammenschluss würde SN Mitglied der Star Alliance werden und sich am Vielfliegerprogramm von LH beteiligen, wobei das Unternehmen jedoch weitgehend für seinen eigenen Betrieb verantwortlich bliebe (nach dem Modell des „dezentralisierten Management“ von LH/LX).
(9) Infolge des Zusammenschlusses würde LH die alleinige Kontrolle über SNAH und damit letztlich auch über SN erlangen. Der Zusammenschluss stellt somit einen Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der EG-Fusionskontrollverordnung dar.
(10) Die beteiligten Unternehmen haben gemeinsam einen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 5000 Mio. EUR (LH: […]*Mio. EUR; SN: […]*Mio. EUR).Sowohl LH als auch SNAH erzielen einen gemeinschaftsweiten Umsatz von jeweils mehr als 250 Mio. EUR (LH: […]*Mio. EUR; SNAH: […]*Mio. EUR), aber keines der beiden Unternehmen erzielt mehr als zwei Drittel seines gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in einem einzigen Mitgliedstaat. Zur Berechnung des Umsatzes der beteiligten Unternehmen wurde die „P.O.S.-Methode“ (P.O.S. = point of sale/Ort des Verkaufs) herangezogen, obwohl die Schwellen auch erreicht worden wären, wenn man die „Ursprungsort-Methode“ oder die „50/50-Methode“ gewählt hätte.Der angemeldete Zusammenschluss hat somit gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung.
(11) Der Zusammenschluss in seiner ursprünglich vom Anmelder vorgeschlagenen Form würde den wirksamen Wettbewerb im EWR erheblich beeinträchtigen. Der Zusammenschluss würde den wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Passagierflüge im Linienflugverkehr und insbesondere auf einer Reihe von Kurzstrecken beeinträchtigen. Der Anmelder hat jedoch eine Reihe von Verpflichtungszusagen gemacht, um den wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen. Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigen wird, sofern der Anmelder die gegebenen Zusagen einhält.
PASSAGIERLINIENFLUGVERKEHR
1.
1.1
Abgangsort/Zielort )-Städtepaare
(12) Die Kommission hat den relevanten Markt für den Passagierlinienflugverkehr in der Vergangenheit anhand des O&D-Ansatzes (point of origin/point of destination, O&D) definiert. Diese Marktdefinition spiegelt die nachfrageseitige Sicht des Kunden wider, der alle verfügbaren Alternativen für eine Reise von einem Ursprungsort zu einem Bestimmungsort erwägt, die er nicht für ersetzbar durch ein anderes Städtepaar hält. Somit stellt jede Kombination eines Abgangsorts mit einem Zielort einen eigenen Markt dar. Zwar kann argumentiert werden, dass verschiedene O&D-Paare bis zu einem gewissen Grad austauschbar sind, aber diese Substituierbarkeit ist beschränkt, da die Entscheidung für den Betrieb einer Strecke eine strategische Geschäftsentscheidung ist, die von mehreren Faktoren wie der Existenz einer Basis an einem Ende der Strecke, der Zusammensetzung der Kundschaft im relevanten Einzugsgebiet, dem Ertrag, der Eignung für das Netzwerk usw. abhängt. Generell
8Diese drei Methoden sind in COMP/M.4439 Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgrund 13 ff dargelegt.
9Vergleiche Sache COMP/M.3280 – Air France/KLM, Erwägungsgrund 9 ff.; Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss, Erwägungsgrund 12 ff. und Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus. Die O&D-Methode ist auch von den europäischen Gerichtshöfen bestätigt worden. Vergleiche Rechtssache T-177/04, easyJet gegen Kommission, Slg. 2006, II-1913, Randnummer 56 und Rechtssache T-358/94, Air France gegen Kommission, Slg. 1996, II-2109.
bevorzugen die Fluggesellschaften Strecken, bei denen sie an beiden Enden eine Basis oder ein Drehkreuz haben.
(13) Die Marktuntersuchung hat weitgehend den O&D-Ansatz bestätigt, da nach Aussage der Befragten auf allen Strecken jedes O&D-Paar spezifische Wettbewerbsbedingungen aufweist – beispielsweise in Bezug auf die Zahl der Marktteilnehmer, die angebotene Flugfrequenz und die daraus resultierenden verfügbaren Flugtarife. Einige Befragte, darunter vor allem Unternehmenskunden, haben jedoch darauf hingewiesen, dass der O&D-Ansatz die Funktion großer Flughäfen als Drehkreuze und die damit einhergehenden Netzwerkeffekte außer Acht lässt. Auch sind traditionelle Netzwerkfluggesellschaften eher der Meinung, dass der Markt mit Blick auf die Netzwerke abgegrenzt werden sollte, da die Reichweite des Netzwerks das wichtigste Markenbildungs- und Vermarktungswerkzeug ist, um das Vertrauen der Passagiere zu gewinnen und die Bedürfnisse insbesondere zeitabhängiger Passagiere besser erfüllen zu können. Zudem haben einige Fluggesellschaften, darunter insbesondere Billigfluggesellschaften, darauf hingewiesen, dass die O&D-Methode zwar besonders gut zur Marktdefinition geeignet ist, da sie die besten Aufschlüsse über die nachfrageseitige Perspektive gibt, dass jedoch bei jedem Abgangs- und Zielort sämtliche Flughäfen berücksichtigt werden sollten, die in den Augen der Passagiere gegeneinander austauschbar sind. Das entspricht der bisherigen Vorgehensweise der Kommission, die in Fällen, in denen mehrere Flughäfen einen einzigen Abgangs- oder Zielort versorgen, diese Flughäfen in denselben relevanten Markt einbezieht, sofern sie von den Reisenden tatsächlich als austauschbar betrachtet werden.
(14) Daher werden die Auswirkungen des Zusammenschlusses mit Blick auf verschiedene betroffene O&D-Städtepaare untersucht, wobei die jeweiligen Abgangs- und Zielorte alle ersetzbaren Flughäfen umfassen werden.
1.2
Zeitabhängige oder nicht zeitabhängige Passagiere
(15) Die Kommission ist zuvor davon ausgegangen, dass Passagiere, die mit uneingeschränkten Flugtickets reisen (die so genannten zeitabhängigen Passagiere) einem anderen Markt angehören können als Passagiere mit eingeschränkten Flugtickets (nicht zeitabhängige Passagiere). Bei zeitabhängigen Kunden handelt es sich überwiegend um solche, die aus beruflichen Gründen reisen, auf sehr flexibel gestaltete Flugtickets angewiesen sind (die z. B. die Möglichkeit zur kostenlosen Stornierung, zur Änderung der Abflugzeit usw. geben) und bereit sind, für diese Flexibilität einen höheren Preis zu bezahlen. Bei nicht zeitabhängigen Kunden handelt es sich vorwiegend um Urlaubsreisende oder Personen, die Freunde und Verwandte besuchen, lange Zeit im Voraus buchen und nicht auf flexible Buchungskonditionen angewiesen sind. Nicht zeitabhängige Passagiere sind zumeist preisbewusster als zeitabhängige Passagiere. Daher haben zeitabhängige Passagiere andere Erfordernisse als nicht zeitabhängige Kunden und ziehen normalerweise Fluggesellschaften vor, die auf der Strecke zwischen einem gegebenen O&D-Paar eine hohe Flugfrequenz sowie uneingeschränkte Flugtickets anbieten.
(16) In frühen Entscheidungen wurde in erster Linie die Art der gekauften Flugtickets herangezogen, um zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren zu unterscheiden. Die Kommission war der Ansicht, dass nicht zeitabhängige Passagiere eher eingeschränkte Flugtickets für die Economy Class erwerben, während zeitabhängige Passagiere eher (sowohl eingeschränkte als auch uneingeschränkte) Flugtickets für die Business Class und uneingeschränkte Tickets für die Economy Class kaufen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 stellte die Kommission fest, dass die Trennlinie zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Kunden verwischt worden war, da die Unternehmenskunden preisempfindlicher geworden waren und mittlerweile auch Flüge bei Billigfluggesellschaften buchten, die keine uneingeschränkten Flugtickets anboten (in dieser Entscheidung aus 2007 berücksichtigte die Kommission noch weitere Gründe wie die Tatsache, dass die Fluggesellschaften keine Preisunterschiede zwischen den Passagieren machten, indem sie eingeschränkte und uneingeschränkte Flugtickets anboten, und dass Ryanair und Aer Lingus keine Business Class anboten). Doch selbst Billigfluggesellschaften räumen ihren Kunden gegen Zahlung einer Gebühr die Möglichkeit ein, Änderungen an der Buchung vorzunehmen (zum Beispiel an Abflugdatum oder -zeit). Das gibt Unternehmenskunden die oftmals benötigte Flexibilität. Die Tatsache, dass einige Unternehmenskunden strengere Regelungen für die Beschaffung von Flugtickets haben, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Passagiere nicht aufgrund ihrer allgemeinen Merkmale und Erfordernisse verschiedenen Kundensegmenten zugeordnet werden können.
(17) Das vorrangige Ziel der Marktdefinition besteht darin, systematisch festzustellen, welchem Wettbewerbsdruck die betroffenen Unternehmen ausgesetzt sind. Dabei berücksichtigt die Kommission zahlreiche Faktoren, die ihr ermöglichen zu beurteilen, inwieweit eine Substitution stattfinden würde. Darüber hinaus berücksichtigt die Kommission die Merkmale und den spezifischen Charakter des Wirtschaftszweigs und der untersuchten Produkte und/oder Dienstleistungen. Spezifische Erfordernisse verschiedener Kundengruppen könnten zur Folge haben, dass auf den Märkten auf unterschiedliche Art Wettbewerbsdruck ausgeübt wird. Daher müssen die Erfordernisse und Merkmale der vom gegenständlichen Zusammenschluss betroffenen Kunden untersucht werden.
13Vergleiche Sache COMP/M.4439, Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgründe 36 und 99.
14Sache COMP/M.4439, Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgründe 316 und 329.
Merkmale zeitabhängiger und nicht zeitabhängiger Passagiere
(19) Die meisten Fluggesellschaften und Bahngesellschaften, die in der Marktuntersuchung befragt worden sind, haben bestätigt, dass zeitabhängige Kunden spezifische Bedürfnisse in Bezug auf eine Reihe von Parametern haben, als da sind: Abflug- und Rückflugzeit, Lage des Flughafens und Flugfrequenz. Insbesondere haben die meisten Befragten angegeben, dass zeitabhängige Passagiere eine möglichst lange Aufenthaltsdauer am Zielort anstreben und die Reisezeit verkürzen möchten. Daher ist dieses Passagiersegment überwiegend auf Hinflüge am frühen Morgen (zwischen 6:30 Uhr und 8:00 Uhr) und Rückflüge am späten Nachmittag (zwischen 16:00 Uhr und 19:30 Uhr), auf eine gewisse Mindestflugfrequenz (mindestens zwei tägliche Flüge, um eine Rückkehr am selben Tag zu ermöglichen) und eine günstige Lage des Flughafens angewiesen (die meisten Befragten geben an, dass es für sie wichtig ist,
8
dass sich die Primärflughäfen in der Nähe der Geschäftszentren befinden). Bezüglich der Qualität der Dienstleistungen an Bord sind die Vorstellungen uneinheitlicher, obwohl die Mehrheit der Befragten eher der Meinung ist, dass die Dienstleistungen an Bord an Bedeutung verloren haben. Was die Dienstleistungen an den Flughäfen anbelangt, so sind die Einschätzungen ebenfalls unterschiedlich, aber die meisten Befragten halten eine rasche Abfertigung (Check-in und Zugang zum Flugsteig) für wichtig.
(20) Auch die Reisebüros haben bestätigt, dass zeitabhängige Kunden spezielle Bedürfnisse haben, was die Lage des Flughafens (überwiegend Primärflughäfen), die Möglichkeit einer Rückkehr am selben Tag und das Erfordernis einer ausreichenden Flugfrequenz anbelangt. Was die Präferenz für Netzwerkfluggesellschaften mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot oder für Billigfluggesellschaften anbelangt, so halten sich die Einschätzungen die Waage: Einige Reisebüros sind der Ansicht, dass Unternehmenskunden Fluggesellschaften mit umfassendem Dienstleistungsangebot vorziehen, während andere glauben, dass diese Kunden abhängig von Preis und Flugfrequenz beide Arten von Anbietern in Betracht ziehen. Die meisten Reisebüros sind zudem der Meinung, dass die Vielfliegerprogramme eine wichtige Rolle bei der Wahl der Fluggesellschaft spielen.
(21) Auch die befragten Unternehmenskunden haben bestätigt, dass sie besonders auf Flüge am frühen Morgen und am späten Nachmittag/Abend, auf einen Abflug vom Flughafen, der ihren Büros und dem Zielort am nächsten gelegen ist (d. h. üblicherweise Primärflughäfen), sowie auf eine Mindestflugfrequenz angewiesen sind. Die Mehrheit der Unternehmenskunden gibt an, dass die Dienstleistungen an Bord nicht wichtig sind oder lediglich grundlegend sein müssen (auf Kurzstrecken). Was die Dienstleistungen am Flughafen anbelangt, so messen die meisten Kunden einem schnellen und effizienten Check-in und einem raschen Zugang zum Flugsteig große Bedeutung bei. Praktisch alle im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Unternehmenskunden haben angegeben, dass ein Rückflug am selben Tag wichtig ist (vor allem unter dem Gesichtspunkt der Zeit- und Kostenersparnis), und die Mehrheit dieser Kunden ist sogar bereit, für die Möglichkeit des Rückflugs am selben Tag einen geringen Aufpreis zu bezahlen. Dennoch schwankt der Prozentsatz der Hin- und Rückflüge am selben Tag in den Reisebudgets der Befragten erheblich (zwischen 5 % und 80 %).
(22) Diese Beschreibung der Erfordernisse und Merkmale zeitabhängiger Passagiere zeigt, dass diese Passagiere eher aus beruflichen Gründen reisen, während nicht zeitabhängige Passagiere zumeist aus nicht beruflichen Gründen reisen (Urlaub oder Besuch bei Freunden und Verwandten). Es besteht also ein Zusammenhang zwischen dem Passagiertyp (zeitabhängig oder nicht zeitabhängig) und dem Zweck der Reise. Diese Feststellung wurde auch von easyJet bestätigt, das erklärte: „Wir stufen zeitabhängige Passagiere (jene, die sich wie Geschäftsreisende verhalten) als jene ein, die zu einem bestimmten Zeitpunkt reisen wollen, in der Nähe des Abflugs beim Hin- und gegebenenfalls Rückflug buchen und wahrscheinlich aus beruflichen Gründen reisen.“ Es gibt jedoch keinen ausschließlichen Zusammenhang zwischen den beiden Segmentierungen, vor allem, da einige Privatreisende oder so genannte VFR-Reisende, („Visiting Friends and Relatives“) durchaus zeitabhängig sein können (und beispielsweise nur über das Wochenende reisen können), während sich manche Geschäftsreisende aufgrund ihrer ausgeprägten Preisempfindlichkeit wie nicht zeitabhängige Passagiere verhalten.
Preisdifferenzierung zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren
(23) Die Existenz von zwei Kundenkategorien mit unterschiedlichen Bedürfnissen scheint eine allgemein anerkannte Tatsache zu sein. Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass die Fluggesellschaften verschiedene Produkte anbieten, um diesen unterschiedlichen Erfordernissen zu entsprechen, und dass sie bei der Preisgestaltung weitgehend in der Lage sind, zwischen diesen Kundenkategorien zu differenzieren.
(24) Die große Mehrheit der Wettbewerber (Fluggesellschaften und Bahngesellschaften) gibt an, dass ihre Preispolitik darauf abzielt, zeitabhängige Passagiere, die weniger preisempfindlich sind als nicht zeitabhängige Passagiere und dazu neigen, Flugtickets mit flexiblen Bedingungen zu erwerben oder kurz vor dem Abflugdatum zu buchen, oder beides, zu identifizieren, um entsprechende Preise von ihnen verlangen zu können. Die Preisdifferenzierung kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden, etwa durch die Festlegung spezifischer Tarifklassen mit unterschiedlichen Preisen und Flexibilitätsmerkmalen für das Flugticket (zum Beispiel eingeschränkt/uneingeschränkt), aber auch mittels einer zeitlichen Differenzierung (die Ertragsmanagementsysteme sind im Allgemeinen so ausgelegt, dass der Preis mit näher rückendem Abflugdatum steigt). Während sich die Netzwerkfluggesellschaften beider Methoden bedienen, bieten die meisten Billigfluggesellschaften einen Preis für den einfachen Flug an und differenzieren den Preis abhängig vom Zeitpunkt der Buchung. Aufgrund dieser Preisdifferenzierung zahlen zeitabhängige Passagiere zumeist höhere Preise für ihre Flugtickets als nicht zeitabhängige Passagiere.
(25) Nur wenige Fluggesellschaften haben erklärt, die Preisdifferenzierung zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren sei unmöglich. Das begründen sie damit, dass einige eingeschränkte Flugtickets gegen eine Gebühr übertragbar sind, so dass zeitabhängige Passagiere die Preisdifferenzierung umgehen könnten, indem sie ein eingeschränktes Flugticket erwerben (das für nicht zeitabhängige Passagiere bestimmt war) und es bei Bedarf gegen Zahlung einer Gebühr umtauschen. Außerdem könnten zeitabhängige Kunden selbst eingeschränkte Flugtickets kaufen, die unmöglich umgetauscht werden können, um bei Bedarf ein zweites Ticket zu kaufen, anstatt von vornherein einen höheren Preis für die Flexibilität zu bezahlen. Zwar ist eine solche Strategie theoretisch möglich, aber die Marktuntersuchung hat keinen Hinweis darauf geliefert, dass dies tatsächlich eine übliche Praxis zeitabhängiger Passagiere ist. Tatsächlich stellen die Komplexität einer solchen Strategie und die damit verbundenen Risiken einen Nachteil für zeitabhängige Passagiere dar.
(26) In der Untersuchung gab die Kommission eine Umfrage unter Passagieren in Auftrag. Diese Umfrage hat Belege für eine Preisdifferenzierung zwischen Geschäfts- und Privatreisenden erbracht. Einerseits kaufen die beiden Passagierkategorien im Allgemeinen unterschiedliche Arten von Flugtickets:
19 Vergleiche Anhang III für eine eingehende Beschreibung der Umfrage.
Geschäftsreisende kaufen in größerem Umfang Business Class Tickets und flexible Economy Class Tickets als Privatreisende und solche, die Freunde und Verwandte besuchen (VFR). Etwa die Hälfte (51 %) der befragten Geschäftsreisenden hatten ein Ticket für die Business Class oder ein flexibles Ticket für die Economy Class gekauft, während der entsprechende Anteil bei den Privatreisenden und den VFR-Reisenden nur bei 34 % beziehungsweise 33 % lag. Auf der anderen Seite kaufen alle Passagiergruppen in großem Umfang nicht flexible Economy Class Tickets. Ein sehr interessantes Ergebnis der Umfrage lautet, dass die Fluggesellschaften, obwohl sie zum Zeitpunkt der Buchung den Zweck der Reise nicht kennen, dank ihrer Ertragsmanagementsysteme durchaus in der Lage sind, den Passagieren, die aus beruflichen Gründen reisen, höhere Preise in Rechnung zu stellen, selbst wenn diese Flugtickets desselben Typs wie Privatreisende erwerben (also nicht flexible Economy Class Tickets). So bezahlen 64 % der Geschäftsreisenden mehr als 200 EUR für ihr nicht flexibles Economy Class Ticket (für den Rückflug), während dies nur für 18 % der Privatreisenden und 16 % der VFR-Passagiere gilt. Ein Drittel der Privatreisenden (33 %) und VFR-Passagiere (34 %) bezahlt laut Umfrage weniger als 100 EUR für ihr nicht flexibles Economy Class Ticket (Hin- und Rückflug), während das nur für 7 % der Geschäftsreisenden gilt.
Zeitabhängige Passagiere und Billigfluggesellschaften
(27) Die Kommission hat auch untersucht, wie wahrscheinlich es ist, dass zeitabhängige Passagiere mit Billigfluggesellschaften fliegen. Die große Mehrheit der Gesellschaften, die an der Marktuntersuchung teilgenommen hat, ist der Ansicht, dass zeitabhängige Passagiere nicht mit Billigfluggesellschaften fliegen, obwohl ein Drittel der Befragten angibt, das Ausmaß der Substitution schwanke von Strecke zu Strecke abhängig von der Lage des Flughafens, den eine Billigfluggesellschaft anfliegt/von dem sie startet oder von der angebotenen Flugfrequenz. Je nach Flugstrecke können die Billigfluggesellschaften daher auch auf dem Markt für zeitabhängige Kunden Wettbewerbsdruck auf die Netzwerkfluggesellschaften ausüben. Während die meisten im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Unternehmenskunden erklärt haben, dass sie bei Kurzstreckenflügen durchaus auf Billigfluggesellschaften zurückgreifen, beträgt der Anteil der Billigfluggesellschaften an ihren Gesamtausgaben für Flugreisen bei der Mehrheit der Befragten höchstens 10 %.
(28) Die Antworten der Reisebüros auf die in der Marktuntersuchung gestellten Fragen bestätigen ebenfalls, dass die Billigfluggesellschaften Wettbewerbsdruck ausüben können. Während die meisten Reisebüros bestätigen, dass auch Unternehmenskunden die Dienste von Billigfluggesellschaften in Anspruch nehmen, erkundigen sich nur wenige Reisebüros systematisch nach den Tarifen und Flugplänen von Billigfluggesellschaften, da dies von der Reisepolitik der Kunden abhängt und nicht alle Unternehmenskunden mit Billigfluggesellschaften fliegen wollen.
(29) Die Tatsache, dass Billigfluggesellschaften eine Ersatzlösung für zeitabhängige Kunden sein können, verdeutlicht, dass die Geschäftsreisenden preisempfindlicher geworden sind und dass ihre Präferenzen für die Annehmlichkeiten und andere von den Netzwerkfluggesellschaften angebotenen Dienstleistungen bis zu einem gewissen Grad geschwunden sind. Doch der von den Billigfluggesellschaften ausgehende Wettbewerbsdruck hängt von ihrem Angebot auf jeder einzelnen Strecke ab (Lage des Flughafens und/oder Flugfrequenz). Obwohl Netzwerkfluggesellschaften und Billigfluggesellschaften also Konkurrenten auf zeitabhängigen Märkten sind, muss das Ausmaß des Wettbewerbsdrucks, den die Billigfluggesellschaften im Bemühen um zeitabhängige Passagiere auf die Netzwerkfluggesellschaften ausüben, für jede Flugstrecke einzeln beurteilt werden und kann nicht a priori festgestellt werden.
(30) Fluggesellschaften ist es möglich, preislich zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren zu differenzieren, indem sie verschiedene Tickettypen anbieten (wobei die nicht flexiblen, eingeschränkten Flugtickets die billigsten sind). Der Tickettyp liefert somit auch einen hilfreichen Anhaltspunkt für eine Unterscheidung zwischen den beiden Passagierkategorien. Im vorliegenden Fall hat die Marktuntersuchung jedoch gezeigt, dass die Fluggesellschaften auch zur Preisdifferenzierung innerhalb einer einzelnen Ticketkategorie in der Lage sind, beispielsweise abhängig vom Buchungszeitpunkt (der beispielsweise mit dem Zweck der Reise in Verbindung gebracht werden kann). Daher stellen die Tickettypen nur ein unvollkommenes Abbild der Segmentierung in zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere dar.
(31) Die Marktuntersuchung der Kommission hat Beweise dafür erbracht, dass die Unterscheidung zwischen Tickettypen – zwischen nicht flexiblen Economy Class Tickets für nicht zeitabhängige „ENS-Passagiere“ (economy non sensitive) einerseits und Business Class sowie flexiblen Economy Class Tickets für zeitabhängige „ETS-Passagiere“ (economy time sensitive) andererseits – weiterhin nützlich ist. Tatsächlich zeigen die von der Kommission erhobenen Daten, dass die Preise von Business Class und flexiblen Economy Class Tickets andere Niveaus haben als nicht flexible Economy Class Tickets und sich auch unabhängig von deren Preisen entwickeln (siehe Anhang I zur Definition des Produktmarktes).
(32) In der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte widerspricht LH der Unterscheidung zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren und erklärt, die Nachfrage könne auf diese Art nicht vernünftig segmentiert werden. Die Nachfrage nach Flugverbindungen stelle ein Kontinuum dar, ohne dass klar zwischen verschiedenen Passagiergruppen unterschieden werden könne. Es sei unmöglich, verschiedene Flugtickets oder Flugtarife klar und sinnvoll relevanten Märkten zuzuordnen. Zudem sei eine Marktabgrenzung, die zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren unterscheide, mehrdeutig, da sie anscheinend zwei Unterscheidungen vornehme, die einander nur teilweise überschnitten: (a) zwischen Tickettypen und (b) zwischen verschiedenen Arten von Kunden (wobei die Kunden die gleichen nicht flexiblen Economy Class Tickets kauften, obwohl sie unterschiedlichen Gruppen angehörten). Eine Marktdefinition, die zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren unterscheide, funktioniere nicht,
22 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 15-42.
da sie die Eigenschaften der Produkte (Art des Flugtickets oder des Tarifs) oder der Kunden, die einem Markt zugerechnet würden, nicht spezifisch beschreibe.
(33) Die Untersuchung der Kommission hat gezeigt, dass es wesentliche Unterschiede zwischen eingeschränkten und uneingeschränkten Flugtickets gibt, was ihre Merkmale und die beabsichtigte Verwendung anbelangt, weshalb sie von verschiedenen Passagiergruppen gekauft werden. Es ist sehr zweifelhaft, ob es eine Kette der Substitution zwischen verschiedenen Tickettypen geben könnte, was eine Aufnahme aller Tickettypen in denselben relevanten Markt rechtfertigen würde. Die komplizierten Preisstrukturen und hoch entwickelten Ertragsmanagementsysteme ermöglichen es den Fluggesellschaften, die Nachfrage in einer Weise zu segmentieren, dass sie von zeitabhängigen Passagieren, deren Preisbeweglichkeit deutlich geringer ist als die nicht zeitabhängiger Passagiere, höhere Preise verlangen können. Dies ist eine wichtige Besonderheit der Flugverkehrsindustrie, die die Kommission nicht außer Acht lassen kann. Zudem kann die Kommission nur die Existenz einer zu einer Erweiterung der relevanten Märkte führenden Substitutionskette akzeptieren, wenn eine solche Kette durch die Fakten bestätigt wird, beispielsweise durch die Preisniveaus und die wechselseitige Abhängigkeit der Preise an den gegenüberliegenden Enden der Substitutionsketten. Im vorliegenden Fall zeigt die Preisanalyse der Kommission (vgl. Anhang I zur Definition des Produktmarktes), dass die Preise an den gegenüberliegenden Enden der angeblichen Substitutionskette (nämlich die Preise von Business Class Tickets und jene von nicht flexiblen Economy Class Tickets) sehr unterschiedlich sind und nicht voneinander abhängen. Dieses Ergebnis widerspricht dem von LH vorgebrachten Argument der Substitutionskette.
(34) Darüber hinaus beruht die Unterscheidung zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren auf der Existenz unterschiedlicher Passagierkategorien mit verschiedenen Bedürfnissen und auf der Tatsache, dass die Fluggesellschaften diesen unterschiedlichen Passagierkategorien verschiedene Produkte anbieten. Zwar kann auch die Unterscheidung nach Reisezweck (also die Unterscheidung zwischen Passagieren, die aus beruflichen Gründen reisen, und VFR-Reisenden) nützliche Hinweise liefern, aber die Segmentierung nach Tickettypen gibt am ehesten Aufschluss über die Unterschiede zwischen den Produkten.
Schlussfolgerung
(35) Aus den in der Marktuntersuchung von Wettbewerbern, Kunden und Reisebüros eingeholten Informationen, aus der Analyse der Flugtarife und der Umfrage kann der Schluss gezogen werden, dass zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere verschiedenen Produktmärkten angehören. Diese beiden Gruppen von Passagieren sind unterschiedlich preisempfindlich, und die Fluggesellschaften können (anhand verschiedener Instrumente) zwischen ihnen unterscheiden, um von den zeitabhängigen Passagieren höhere Preise zu verlangen. Die Tickettypen ermöglichen eine nützliche Annäherung an diese mögliche Unterscheidung. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass sich die Kommission ein endgültiges Bild davon macht, ob es zwei getrennte Produktmärkte für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere gibt, da die
23 Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft , Erwägungsgrund 58.
Beurteilung der vom Zusammenschluss betroffenen Flugstrecken nicht davon beeinflusst wird, ob ein solcher Unterschied besteht.
1.3
Substituierbarkeit von direkten und indirekten Flügen
(36) Was die Substituierbarkeit von direkten und indirekten Flügen anbelangt, so üben Direktflüge im Allgemeinen bei jeder Art von Flugverbindung einen Wettbewerbsdruck auf indirekte Flüge aus. Inwieweit Direktflüge durch indirekte Flüge ersetzt werden können, hängt hingegen wesentlich von der Flugdauer ab. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je länger der Flug dauert, desto eher üben indirekte Flüge einen Wettbewerbsdruck auf Direktflüge aus. Im Mittelpunkt der folgenden Analyse steht daher der Wettbewerbsdruck, den indirekte auf direkte Flüge ausüben.
a.
Kurz- und Mittelstrecken
(37) Bezüglich der Kurzstrecken geht die Kommission im Allgemeinen davon aus, dass indirekte Verbindungen keinen Wettbewerbsdruck auf Direktverbindungen ausüben, sofern keine außergewöhnlichen Umstände gegeben sind (zum Beispiel ist beim Direktflug kein Rückflug am selben Tag möglich, der insbesondere für Geschäftsreisende vorteilhaft ist). Die Kommission unterscheidet manchmal zwischen Kurz- und Mittelstrecken, bei denen es sich um Kurzstrecken mit einer Flugdauer von mehr als drei Stunden handelt, womit der Direktflug normalerweise keine Rückreise am selben Tag ermöglicht, weshalb indirekte Flüge unter Umständen mit Direktflügen konkurrieren können.
(38) Der Anmelder bringt vor, dass bei keiner der vom Zusammenschluss betroffenen Kurzstrecken derartige außergewöhnliche Umstände gegeben sind. Selbst bezüglich jener Kurzstrecken, auf denen die Direktverbindung keinen Rückflug am selben Tag ermöglicht, sollten indirekte Verbindungen nicht in den relevanten Markt aufgenommen werden, da es sich dabei durchweg um typische Urlaubsverbindungen handelt, bei denen eine Rückflugmöglichkeit am selben Tag irrelevant ist (zum Beispiel Brüssel-Florenz und Brüssel-Neapel), oder da die Passagiere eindeutig einen Direktflug vorziehen (Brüssel-Krakau). Der Anmelder bringt vor, dass direkte und indirekte Verbindungen auch auf Mittelstrecken zu separaten Märkten gehören.
(39) Die Marktuntersuchung hat bestätigt, dass bei Kurzstreckenflügen (weniger als drei Stunden Dauer) indirekte Verbindungen im Allgemeinen keine Alternative zu Direktflügen darstellen, da die Kunden direkte Verbindungen vorziehen. Jedoch nimmt auf vier vom Zusammenschluss betroffenen Strecken, nämlich Brüssel-Florenz, Brüssel-Neapel, Brüssel-Porto und Brüssel-Krakau, ein erheblicher Anteil der Passagiere ([20–30]*% im Fall von Florenz, [30–40]*% im Fall von Neapel, [30–40]*% im Fall von Porto und [30–40]*% im Fall von Krakau) indirekte Verbindungen in Anspruch. Diese Tatsache könnte ein Hinweis auf das Vorhandensein außergewöhnlicher Umstände sein, da die Kunden diese indirekten Flüge anscheinend als Alternative betrachten.
24 Sache COMP/M.2041 – United/US Airways und Sache COMP/M.2672 – SAS/Spanair.
25 Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss, Erwägungsgrund 17. Sache COMP/M.4439 Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgrund 288 ff.
(40) Auf der Strecke Brüssel-Florenz ("BRU-FLR") nimmt ein beträchtlicher Anteil ([20–30]*%) der insbesondere auf dieser Strecke beförderten Passagiere indirekte Verbindungen in Anspruch. Darüber hinaus ermöglicht die Direktverbindung von SN an mehreren Tagen in der Woche keine Rückreise am selben Tag. Die Marktuntersuchung hat jedoch gezeigt, dass zeitabhängige Passagiere die Direktverbindungen nicht durch indirekte Verbindungen ersetzen können, während keine Schlussfolgerung für die nicht zeitabhängigen Passagiere möglich ist. Die Flugzeit bei den indirekten Verbindungen (zwischen 3 Stunden 30 Minuten und 4 Stunden 30 Minuten) ist erheblich länger als bei den Direktverbindungen (1 Stunde 55 Minuten), was ein Nachteil für zeitabhängige Passagiere ist und bedeutet, dass Rückflüge am selben Tag bei indirekten Flügen ebenfalls nicht bequem sind. Nur sehr wenige Unternehmenskunden haben auf die Fragen zu dieser Strecke geantwortet, aber jene, die es getan haben, haben mehrheitlich bestätigt, dass weder die indirekten Verbindungen von LH noch die von Alitalia auf der Strecke BRU-FLR der Direktverbindung von SN auf dieser Strecke wirksame Konkurrenz machen können. Die Wettbewerber sind ebenfalls mehrheitlich der Meinung, dass die indirekten Verbindungen von LH auf dieser Strecke keinen Wettbewerbsdruck auf SN ausüben, und dieselbe Ansicht vertritt die große Mehrheit der Reisebüros. Daraus kann geschlossen werden, dass indirekte Verbindungen keine Alternative für zeitabhängige Passagiere darstellen. Bezüglich der nicht zeitabhängigen Passagiere kann die Frage offen gelassen werden, da die Substituierbarkeit für diese Passagiergruppe keinen Einfluss auf das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung hätte. Auch auf dem hypothetischen Markt, der sämtliche Typen von Passagieren beinhaltet, kann die Substituierbarkeit indirekter Flüge auf dieser Strecke dahingestellt bleiben.
(41) Auf der Strecke Brüssel-Neapel ("BRU-NAP") wird ein beträchtlicher Anteil der Passagiere ([30–40]*%) auf indirekten Verbindungen befördert. Der Grund dafür ist, dass es auf dieser Strecke nur saisonale Direktverbindungen gibt. Während der indirekte Flug von LH einen Rückflug am selben Tag ermöglicht, ist die Frequenz der Direktverbindungen gering (fünf Flüge in der Woche bei SN und zwei Flüge in der Woche bei Jetairfly), und es besteht keine Möglichkeit eines Rückflugs am selben Tag. Es ist jedoch nicht erforderlich festzustellen, ob die direkten und indirekten Flüge Bestandteile desselben Marktes sind, da dies ohne Relevanz für das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung ist.
(42) Auf der Strecke Brüssel-Porto ("BRU-OPO") haben die indirekten Verbindungen einen beträchtlichen Anteil ([30–40]*% im Jahr 2007, obwohl der Wert im Jahr 2008 auf [10–20]*% sank) an der Gesamtzahl der beförderten Passagiere. Dies ist auf die
27 In dieser Entscheidung bezieht sich der Begriff „Alitalia“ auf „Alitalia – Linee Aeree Italiane S.p.A.“ für den Zeitraum vor dem 12. Dezember 2008 (also für den Marktanteil im Jahr 2008) und auf „Alitalia – Compagnia Aerea Italiana S.p.A.“ ab dem 12. Dezember 2008 (also für die wettbewerbsrechtliche Würdigung).
28 Der Anteil der direkten Verbindungen beläuft sich auf lediglich [5–10]*% (im Jahr 2008), wenn die Ryanair- Flüge von Charleroi nach Porto in den relevanten Markt einbezogen werden.
15
Tatsache zurückzuführen, dass SN und TAP Portugal ("TAP") auf dieser Strecke nur einen Flug am Tag anbieten und keinen Rückflug am selben Tag ermöglichen. Es ist jedoch nicht erforderlich festzustellen, ob die direkten und indirekten Flüge Bestandteile desselben Marktes sind, da sich diese Feststellung nicht auf das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung auswirken würde.
(43) Auf der Strecke Brüssel-Krakau ("BRU-KRK") entfällt ein beträchtlicher Anteil der insgesamt auf dieser Strecke beförderten Passagiere ([30–40]*%) auf die indirekten Flüge. Der Grund dafür ist, dass die Frequenz der Direktverbindungen auf dieser Strecke gering ist (nur vier Flüge in der Woche) und diese keinen Rückflug am selben Tag ermöglichen, während der indirekte Flug von LH eine Rückreise am selben Tag zulässt. Es ist jedoch nicht erforderlich festzustellen, ob die direkten und indirekten Flüge Bestandteile desselben Marktes sind, da sich diese Feststellung nicht auf das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung auswirken würde.
(44) Die Untersuchung hat keine Hinweise auf außergewöhnliche Umstände ergeben, die für die Substituierbarkeit zwischen direkten und indirekten Verbindungen auf irgendwem anderen vom Zusammenschluss betroffenen Kurzstrecken mit einer Flugzeit von weniger als drei Stunden sprechen würden.
(45) Auf den Mittelstrecken (Kurzstrecken mit einer Flugzeit von mehr als drei Stunden) scheinen die indirekten Verbindungen eine glaubwürdigere Alternative zu den Direktverbindungen zu sein, und einige Befragten haben erklärt, dass indirekte Flüge unter bestimmten Umständen eine wettbewerbsfähige Alternative darstellen. Diese Umstände stehen im Wesentlichen in Zusammenhang mit dem Preis, der Flugfrequenz und den angebotenen alternativen Verbindungen. Dies deckt sich mit der bisherigen Praxis der Kommission.
(46) In Anbetracht dieser Faktoren kann für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung geschlossen werden, dass die indirekten Verbindungen auf den Kurzstrecken – mit Ausnahme der Strecken BRU-FLR, BRU-NAP und BRU-KRK– keinen Wettbewerbsdruck auf die Direktverbindungen ausüben. Auf der Strecke BRU-FLR stellen die indirekten Verbindungen für zeitabhängige Passagiere keine Alternative zu den Direktverbindungen dar. Was die nicht zeitabhängigen Passagiere (sowie die Gesamtheit der Passagiere, würde der Markt auf dieser Grundlage definiert) auf der Strecke BRU-FLR und sämtliche Passagiere auf den Strecken BRU-NAP, BRU-OPO und BRU-KRK anbelangt, so kann die Frage offen gelassen werden, ob die indirekten Verbindungen in den relevanten Markt einbezogen werden sollten. Auch bei den Mittelstrecken kann die Frage der Substituierbarkeit indirekter Verbindungen in der vorliegenden Entscheidung offen gelassen werden, da der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf keiner dieser Strecken erheblich beeinträchtigt.
b.
Langstrecken
(47) Bezüglich der Langstreckenflüge stellte die Kommission in früheren Fällen fest, dass indirekte Flüge unter bestimmten Umständen eine wettbewerbsfähige Alternative zu Direktflügen darstellen, und zwar vor allem dann, wenn sie (a) in den Reservierungssystemen/den globalen Vertriebssystemen als Transferverbindungen für
16
das O&D-Paar geführt werden, (b) täglich stattfinden und (c) die Flugzeit nur begrenzt (um höchstens 150 Minuten) verlängern.
(48) Der Anmelder argumentiert, dass die indirekten Verbindungen bei einer Flugzeit von mehr als 6 Stunden und einer Entfernung von mehr als 5000 km dem relevanten Produktmarkt zugerechnet werden sollten.
(49) Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass praktisch alle Kunden der Meinung sind, dass die indirekten Verbindungen bei einer Flugdauer von mehr als 6 Stunden eine wettbewerbsfähige Alternative zu den Direktverbindungen darstellen und die große Mehrheit der Befragten sie für austauschbar hält.
(50) In Anbetracht dieser Faktoren kann im vorliegenden Fall geschlossen werden, dass die indirekten Verbindungen im Fall von Langstreckenflügen mit einer Flugdauer von mehr als 6 Stunden, einer Flugdistanz von mehr als 5000 km und einer Erhöhung der Reisezeit um weniger als 150 Minuten Teil desselben relevanten Marktes sind wie die Direktflüge.
1.4
Analyse der Substituierbarkeit der Brüsseler Flughäfen
(51) Der angemeldete Zusammenschluss wirkt sich auf eine Reihe von Strecken mit dem Ausgangspunkt Brüssel aus. Der wichtigste Flughafen Zaventem ("BRU") ist 15 km vom Stadtzentrum von Brüssel entfernt und mit dem Auto in 16 Minuten, mit dem Bus in 31-32 Minuten und mit dem Zug in 16-22 Minuten zu erreichen. Der Flughafen von Brüssel ist eine Basis der heimischen belgischen Fluggesellschaft Brussels Airlines (SN) sowie einiger Charterfluggesellschaften (Jetairfly, Thomas Cook Airlines) sowie der indischen Langstreckenfluggesellschaft Jet Airways. Obwohl einige Billigfluggesellschaften wie easyJet oder SkyEurope einige Märkte von Brüssel aus bedienen, hat bisher noch keine Billigfluggesellschaft ihre Basis für den Linienflugverkehr am Flughafen Brüssel.
(52) Im Einzugsgebiet von Brüssel befinden sich mehrere Sekundärflughäfen, nämlich Charleroi (Brüssel Süd/CRL), wo die Billigfluglinie Ryanair eine Basis hat, Antwerpen (Brüssel Nord/ANR), wo die auf Geschäftskunden spezialisierte Fluggesellschaft VLM Airlines („VLM“) einen Stützpunkt hat, und Lüttich.
(53) In ihrer früheren Entscheidung in der Sache Ryanair/Aer Lingus gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich Sekundärflughäfen wahrscheinlich im Einzugsgebiet einer Stadt befinden, wenn sie höchstens 100 km oder eine Stunde Fahrzeit vom Stadtzentrum entfernt sind. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH vor, der eigene Benchmark der Kommission für Entfernung und Anfahrtszeit zeige deutlich, dass BRU und ANR austauschbar seien.
29 Vergleiche zum Beispiel Sache COMP/M.2041 – United/US Airways und Sache COMP/M.2672 – SAS/Spanair.
30 Das könnte sich in Zukunft mit der geplanten Eröffnung eines Billigfliegerterminals in Zaventem ändern.
31 Vergleiche Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgrund 99.
32 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Erwägungsgründe 48-49.
Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass das Kriterium 100 km/1 Stunde im Fall von Ryanair/Aer Lingus als erster „Anhaltspunkt“ für die Definition eines Einzugsgebiets herangezogen wurde, wobei die Kommission Informationen bündelte, die sie von 50 verschiedenen Flughäfen erhalten hatte (der Flughafen Antwerpen gehörte nicht dazu), bei denen sich die Kommission nach „Werbematerial und -argumenten“ erkundigte, die sie „für die Vermarktung der Dienstleistungen ihres Flughafens verwenden, um Fluggesellschaften für sich zu gewinnen”. Die Kommission hat ihre Analyse jedoch keineswegs auf diese Faustregel beschränkt, sondern in der Entscheidung Ryanair/Aer Lingus eine Reihe verschiedener Faktoren einschließlich der Anfahrtszeit aufgelistet und ausdrücklich festgehalten: „Es ist die Kombination dieser Faktoren, die Passagiere dazu bewegt, sich für die Dienste der einen oder anderen Fluggesellschaft zu entscheiden. […] Dies hängt jedoch nicht nur von der Anfahrtszeit, sondern auch von den Abflugzeiten und der Flugfrequenz ab.” Das Kriterium 100 km/1 Stunde wurde von der Kommission im spezifischen Fall der Strecken festgelegt, die von Dublin aus von zwei Billigfluggesellschaften betrieben wurden. Diese „Regel” gilt nicht zwangsläufig auch für andere Fälle wie zum Beispiel für die Strecken, die von zwei Netzwerkfluggesellschaften betrieben werden. Übrigens hat die Kommission in anderen Fällen, in denen es um Netzwerkfluggesellschaften ging, den Anhaltspunkt 100 km/1 Stunde überhaupt nicht herangezogen.
(54) Dieser spezifische Anhaltspunkt kann daher nicht automatisch eine eingehende Analyse ersetzen, welche die Charakteristika des vorliegenden Falls berücksichtigt. Beispielsweise könnten in Anbetracht der insgesamt kurzen Reisezeit der direkten Kurzstreckenflüge auf den von diesem Zusammenschluss betroffenen Strecken der Radius des Einzugsgebiets von Brüssel in diesem speziellen Fall mit weniger als 100 km und die Anfahrtszeit mit weniger als einer Stunde vom Stadtzentrum angesetzt werden. Die Kommission hat sich daher eingehend mit der Frage beschäftigt, ob die Flughäfen in der näheren Umgebung von Brüssel für die Zwecke dieser Untersuchung als austauschbar mit Brüssel Zaventem betrachtet werden können. Die Ergebnisse dieser Analyse werden im Folgenden erläutert.
a.
Charleroi Brüssel Süd ("CRL")
(55) Der Flughafen Charleroi ist 46 km vom Stadtzentrum von Brüssel entfernt und ist von dort aus im Auto in 45 Minuten, mit dem Bus in 45 Minuten und mit dem Zug in 50 Minuten zu erreichen. Der Flughafen Charleroi hat zwar seinen eigenen IATA-Code (CRL), vermarktet sich jedoch selbst als Brüssel Süd und wird von manchen Reisebüros unter dem IATA-Städtecode von Brüssel (BRU) vermarktet.
(56) Charleroi ist eine wichtige Basis für die größte europäische Billigfluggesellschaft Ryanair, die von diesem Flughafen aus mit einer Flotte von fünf Flugzeugen 39 Strecken betreibt. Obwohl Ryanair gegenwärtig auf keiner der vom gegenständlichen Zusammenschluss betroffenen Strecken tätig ist, ist Ryanair nach Angaben des Anmelders ein potenzieller Wettbewerber auf eine Reihe von betroffenen Märkten.
33 Vergleiche Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgrund 82.
34 Vergleiche Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgrund 74.
35 Vergleiche Sache COMP/M.3280 – Air France/KLM, Erwägungsgründe 24-35.
(57) Unabhängig davon, ob der relevante Produktmarkt aufgrund der Merkmale der Kunden in kleinere Märkte unterteilt wird oder ob es sich um einen einzigen Produktmarkt handelt, ist es im vorliegenden Fall nicht erforderlich festzustellen, ob der Flughafen Charleroi und der Flughafen Brüssel austauschbar sind, da (i) gegenwärtig keine Fluggesellschaft von Charleroi aus irgendeine der Strecken betreibt, die Wettbewerbsbedenken wecken, und (ii) die Kommission keinen Hinweis darauf gefunden hat, dass irgendeine Fluggesellschaft in der nahen Zukunft beabsichtigt, eine solche Strecke in Betrieb zu nehmen.
b.
Antwerpen Brüssel Nord ("ANR")
(58) Ähnlich wie der Flughafen Charleroi ist der Flughafen Antwerpen 53 km vom Brüsseler Stadtzentrum entfernt. Er ist mit dem Auto in 41 Minuten, mit dem Bus in 53 Minuten und im Zug in 55 Minuten zu erreichen. Der Flughafen Antwerpen hat einen eigenen IATA-Code (ANR), vermarktet sich jedoch als Brüssel Nord und wird von einigen Reisebüros unter dem IATA-Städtecode von Brüssel (BRU) vermarktet. In ANR werden nur drei Linienflugverbindungen (London City, Manchester, und seit Mai 2009 Frankfurt) angeboten. Auf diesen Strecken wurden im Jahr 2008 insgesamt 107 000 Passagiere befördert.
(59) In einer früheren Wettbewerbsentscheidung gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass ANR ein anderer Markt als BRU war. Der Grund dafür war, dass „in den Antworten auf das Auskunftsverlangen mehrheitlich die Einschätzung geäußert wird, dass Antwerpen für die Zwecke dieses Falls nicht als austauschbar mit dem Flughafen Brüssel zu betrachten ist, da Antwerpen nach Ansicht der Befragten offenbar in erster Linie Geschäftsreisende aus der Umgebung anlockt. Diese Einschätzung scheint von den Tatsachen bestätigt zu werden, da VLM zwischen Brüssel und London City (fünf Hin- und Rückflüge an Wochentagen) sowie zwischen Antwerpen und London City tätig ist (sechs Hin- und Rückflüge an Wochentagen). Auf der Website des Unternehmens wird klar zwischen diesen beiden Strecken unterschieden, was darauf hindeutet, dass die Strecke Antwerpen-London tatsächlich einen eigenen Markt darstellt.
(60) Die Marktuntersuchung im vorliegenden Fall hat ein ähnliches Ergebnis gebracht: Die Flughäfen Antwerpen und Brüssel Zaventem sind nur beschränkt substituierbar, weshalb Antwerpen keinen wesentlichen Wettbewerbsdruck auf Brüssel Zaventem ausübt. Diese Schlussfolgerung, beruht auf einer eingehenden, von der Kommission durchgeführten Untersuchung. Diese beinhaltete (i) die Auswertung der Antworten auf die an die Unternehmenskunden, Reisebüros und Wettbewerber verschickten Fragebögen, (ii) die Analyse der Antworten aus einer von der Kommission in Auftrag gegebenen Passagierbefragung und (iii) eine anhand von Tarifdaten, die SN bereitstellte, durchgeführte Analyse der Preisgestaltung.
(61) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH jedoch vor, dass BRU und ANR im vorliegenden Fall als austauschbar betrachtet werden sollten.
36 Vergleiche http://www.antwerp-airport.be/bijlagen/StatisticalYearbook2008.pdf
37 Sache 38.477 British Airways/SN Brussels Airlines.
38 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 48-95.
Die Gründe, warum die Einschätzung von LH zurückgewiesen werden muss werden in den Erwägungsgründen 62 bis 103 erläutert. Zudem sollte darauf hingewiesen werden, dass sich LH in seiner ursprünglichen Eingabe ausführlich mit der Tatsache auseinandersetzt, dass der Flughafen Charleroi und sogar der Flughafen Lüttich (98 km von Brüssel entfernt und vor allem von Urlaubs- und Charterfluglinien angeflogen) mit dem Flughafen Brüssel austauschbar wären, während darin der Flughafen Antwerpen überhaupt nicht erwähnt ist. Der Verzicht auf diesen Flughafen widerspricht bereits der von LH aufgestellten Behauptung, zwischen Antwerpen und Brüssel finde ein intensiver Wettbewerb statt, sowie der in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beschriebenen Entwicklung des Flughafens Antwerpen. Tatsächlich heißt es in der ursprünglichen Eingabe, dass „Lufthansa alle Flughäfen bewertet, für die die Substituierbarkeit im gegenständlichen Fall relevant ist. Auf den Strecken Brüssel-Berlin und Brüssel-London nutzen einige Wettbewerber der Parteien alternative Flughäfen. (Betonung ergänzt)“. Obwohl VLM von ANR nach London fliegt, wird der Flughafen nicht erwähnt. In der mündlichen Anhörung begründete der Rechtsvertreter von LH diese Nichtberücksichtigung damit, dass von ANR keine konkurrierenden Flüge starteten. Tatsächlich bietet VLM jedoch Flüge von ANR nach London an. Diese Flüge wurden von LH in der Beurteilung der Strecke Brüssel-London nicht berücksichtigt. Somit ist von vornherein klar, dass nicht einmal LH selbst der Meinung ist, dass ANR/VLM erheblichen Wettbewerbsdruck auf die Verbindungen von und nach Brüssel ausübt.
Ergebnisse der Auswertung der von der Kommission verschickten Fragebögen
(62) Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass die einzige Linienfluggesellschaft, die vom Flughafen Antwerpen startet, VLM ist, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Air France/KLM (seit 2008). VLM ist eine regional tätige europäische Nischenfluggesellschaft, die sich vor allem auf die Beförderung von Geschäftsreisenden nach Großbritannien konzentriert. Obwohl sich die Haupttätigkeit von VLM weiterhin auf den Flughafen London City ("LCY") beschränkt, verfolgt VLM in den letzten Jahren die Strategie, über seinen Markt in LCY hinaus zu expandieren: Im Jahr 2003 nahm VLM Flüge zwischen Rotterdam und Hamburg in sein Streckennetz auf, im Jahr 2005 folgte die Strecke Brüssel-Southampton und im Jahr 2006 kamen die Strecken Rotterdam-Manchester und Antwerpen-Manchester dazu. Obwohl VLM im Verlauf der Untersuchung die meiste Zeit auf keiner der Strecken tätig war, die Wettbewerbsbedenken wecken, wurde die Substituierbarkeit von ANR und BRU untersucht, um abwägen zu können, ob VLM als potenzieller Wettbewerber auf den betroffenen Strecken eingestuft werden könnte. Am 11. März 2009 kündigte VLM zudem an, ab dem 4. Mai 2009 mit drei täglichen Flügen auf der Strecke ANR-FRA tätig zu werden. Daher hielt es die Kommission für erforderlich festzustellen, ob der Markteintritt von VLM mit Flügen ab ANR auf der Strecke BRU-FRA einen ausreichenden Wettbewerbsdruck auf das fusionierte Unternehmen ausüben würde.
39 Formblatt CO, Absatz 95.
40 Am 28. Mai 2009 gab VLM bekannt, dass die Marke VLM Schritt für Schritt durch die Marke CityJet ersetzt werden würde (CityJet ist ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Air France/KLM-Gruppe).
41 Pressemitteilung von VLM vom 11. März 2009.
(63) Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ANR ein Regionalflughafen mit einer beschränkten Infrastruktur ist, auf dem beschränkte Dienstleistungen angeboten werden. Seine Startbahn ist nur für kleine Flugzeuge mit einer Kapazität von 50 Passagieren geeignet, nicht jedoch für Maschinen der Typen A310-330 oder Boeing 737. Da ANR nach dem Wunsch der flämischen Regierung ausschließlich zur Beförderung von Geschäftsreisenden dienen soll, dürfte dieser Flughafen kaum eine Alternative zu BRU in der Beförderung von Privatreisenden werden. Es sollte zudem darauf hingewiesen werden, dass ANR keine großen Flugzeuge aufnehmen kann, die üblicherweise zur Beförderung von Privatreisenden eingesetzt werden. Das Wachstumspotenzial von ANR ist selbst im Segment der Geschäftsreisenden begrenzt.
(64) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat LH die Ansicht vertreten, ANR habe beträchtliches Entwicklungspotenzial, und verweist auf die erklärte Absicht von VLM, neue Verbindungen ab ANR anzubieten. LH bestreitet jedoch diesbezüglich nicht die Aussage von VLM, dass die gegenwärtigen Einrichtungen lediglich die Eröffnung von drei oder vier neuen Strecken von diesem Flughafen aus ermöglichen würden. Diese Aussage wird von der Flughafenverwaltung von Antwerpen bestätigt, die der Meinung ist, ANR könne mit der gegenwärtigen Infrastruktur nur zwei neue Strecken (zusätzlich zur Verbindung nach Frankfurt) bewältigen. Darüber hinaus hat die Flughafenverwaltung von Antwerpen erklärt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebe es keine konkreten Pläne für eine Erweiterung des Flughafens ANR.
(65) Bei den Unternehmenskunden hat die Marktuntersuchung eine ausgeprägte geografische Differenzierung zwischen den Flughäfen BRU und ANR zutage gefördert. Sowohl Brüssel als auch Antwerpen sind große Ballungsräume, in denen zahlreiche Unternehmen angesiedelt sind. Da zeitabhängige Geschäftsreisende ihre Reisezeit auf ein Mindestmaß verringern wollen, bevorzugen sie insbesondere in Anbetracht der insgesamt eher kurzen Reisezeit bei Kurzstreckendirektflügen auf den betroffenen Strecken eindeutig einen Abflug von dem Flughafen, der ihrem Wohnort oder Büro am nächsten gelegen ist (je nachdem, welches der Ausgangspunkt ihrer Reise ist). Hätten die Passagiere also die Wahl, ob sie von BRU oder von ANR abfliegen wollen, so hätte ihr eigener Standort in Relation zum Flughafen den größten Einfluss auf ihre Entscheidung. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Befragten nicht der Meinung ist, dass ANR und BRU gemessen an den Dienstleistungen austauschbar sind, was vor allem an der Lage von ANR (und seiner Entfernung von den Standorten der Kundenunternehmen) liegt, obwohl einige Befragte (die in Nordbelgien ansässig sind) die leichte Erreichbarkeit dieses Flughafens von ihrem Firmensitz aus sowie die Tatsache zu schätzen wissen, dass Check-in und Boarding aufgrund der geringen Größe des Flughafens rasch vonstatten gehen.
(67) Anstatt einer Substitution aufgrund des Preises kann die Substitution zwischen ANR und BRU als „punktuelle“ Substitution bezeichnet werden. Ist ein Bestimmungsort nur von BRU aus zu erreichen, so fliegen sämtliche Reisenden von BRU, darunter auch jene, die einen Abflug von ANR aufgrund ihrer Nähe zu diesem Flughafen eindeutig vorziehen. Wird in ANR eine neue Verbindung angeboten (die zuvor nur ab BRU verfügbar war), so sind Passagiere, die eine eindeutige Vorliebe für den Abflug von ANR haben, bereit, nach ANR zu wechseln, was bedeutet, dass eine bestimmte Zahl von BRU-Passagieren diesen Flughafen durch ANR ersetzen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass die beiden Flughäfen dann, wenn beide Produkte verfügbar sind (also Flüge ab BRU und Flüge ab ANR), wesentlichen Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben oder dass die Passagiere im Fall eines Preisanstiegs von 5-10 % wechseln würden, was in Wettbewerbsverfahren ausschlaggebend ist. Eine beträchtliche Zahl von Geschäftsreisenden, die gegenwärtig nicht an ANR interessiert sind – etwa, weil sie in Brüssel arbeiten –, würden auch dann nicht nach ANR wechseln, wenn die Flüge ab BRU um 5-10 % teurer würden. Verdeutlicht wird dies durch ein früheres Beispiel
48 Die Mehrheit der Unternehmenskunden, die von beiden Flughäfen aus fliegen, erklären jedoch, dass sie die Preise für ähnliche Flüge systematisch vergleichen.
49 17 von 19 Kunden, die Frage 18 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, berücksichtigen bei BRU den Preis. Die Lage des Flughafens ist ein weiterer Faktor, den fast alle Befragten nennen: 18 bzw. 19 von 19 Unternehmenskunden, die diese Frage beantwortet haben, berücksichtigen die Lage des Abflug-/Ankunftsflughafens im Fall von BRU.
50 Aus den Antworten auf Frage 26 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden geht hervor, dass keiner der 13 Kunden, die diese Frage beantwortet haben, auf der Strecke nach London mit Sicherheit von ANR aus fliegen würde, wenn die Tarife für Flüge von Brüssel Zaventem um 5-10 % steigen sollten.
51 8 von 13 Unternehmenskunden, die Frage 26 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, würden nur von ANR nach London fliegen, wenn dort ähnliche Flugzeiten angeboten würden.
(68) Einige Unternehmenskunden haben angegeben, dass sie Mitarbeiter haben, die sowohl von BRU als auch von ANR abfliegen. Anscheinend haben die meisten dieser Kunden Büros in Antwerpen, im Norden von Brüssel oder in Flandern (Mechlen, Löwen). Viele Unternehmenskunden vergleichen die Preise der Flüge von den verschiedenen belgischen Flughäfen nicht, und nur einige informieren sich über die Flüge ab ANR. Von den acht Unternehmenskunden, die angegeben haben, die Flugtarife von ANR und BRU zu vergleichen, haben nur zwei ihre belgischen Büros in Brüssel, während drei Büros in Antwerpen haben. Die Büros der übrigen drei befragten Unternehmen befinden sich in Brüssel sowie in anderen Landesteilen Belgiens.
(69) Die Reisebüros scheinen der Möglichkeit von Geschäftsreisen ab ANR skeptischer gegenüberzustehen. Erstens vergleicht keines der befragten Reisebüros für seine Unternehmenskunden systematisch die Preise ähnlicher Flüge aus Brüssel und Antwerpen. Zweitens schlagen nur wenige von ihnen ihren Kunden Flüge ab ANR vor, obwohl nur eine Minderheit der Reisebüros der Meinung ist, dass es praktische Hindernisse für einen Abflug in ANR gibt. Darüber hinaus glauben nur wenige Reisebüros, dass ihre Unternehmenskunden bei einer Preiserhöhung von 5-10 % in BRU endgültig nach ANR wechseln würden. Obwohl eine große Zahl von Reisebüros erwartet, dass die von ihnen betreuten Privatreisenden nach ANR wechseln würden, sollten die Preise für Flüge zum selben Zielort in BRU um 5-10 % steigen, besitzt ANR aufgrund seiner kleinen Startbahn nicht das Potenzial für die Umwandlung in einen Großflughafen, der Privatreisende abfertigen könnte, was sich auch am Geschäftsmodell von VLM zeigt, das auf Geschäftsreisende ausgerichtet ist.
52 6 von 10 Reisebüros, die Frage 16 im Phase II-Fragebogen für Reisebüros beantwortet haben, erklären, dass sie für ihre Unternehmenskunden nicht regelmäßig die Preise ähnlicher Flüge von Brüssel und Antwerpen vergleichen, während 4 angeben, die Preise nur zu vergleichen, wenn es den Kunden gleichgültig ist, von welchem der beiden Flughäfen ihr Flugzeug startet.
53 Nur 4 von 16 Reisebüros, die Frage 12 im Phase II-Fragebogen für Reisebüros beantwortet haben, erklären, ihren Kunden neben Flügen von Zaventem auch Flüge vom Flughafen Antwerpen anzubieten, wenn sich ihre Kunden nach Reisen mit dem Ausgangspunkt Brüssel erkundigen.
54 1 von 10 Reisebüros, die Frage 15 im Phase II-Fragebogen für Reisebüros beantwortet haben, erwartet, dass seine Unternehmenskunden sicher nach ANR wechseln würden, sollten die Flugpreise auf der Strecke Brüssel-London in Brüssel Zaventem um 5-10 % steigen. 2 Befragte haben erklärt, dass ihre Unternehmenskunden nur nach ANR wechseln würden, wenn dieser Flughafen einen ähnlichen Flugplan wie BRU anbieten würde. 7 erwarten nicht, dass ihre Unternehmenskunden in diesem Fall den Flughafen wechseln würden.
55 3 von 8 Reisebüros, die Frage 15 im Phase II-Fragebogen für Reisebüros beantwortet haben, gehen mit Sicherheit davon aus, dass ihre Privatkunden nach ANR wechseln würden, sollten die Flugpreise auf der Strecke Brüssel-London in Brüssel Zaventem um 5-10 % steigen. 1 Befragter hat erklärt, seine Privatkunden würden nur nach ANR wechseln, wenn dieser Flughafen einen ähnlichen Flugplan wie BRU anbieten sollte, und ein weiterer erwartet, dass dies nur geschehen würde, wenn dieselbe Fluglinie von ANR und BRU fliegen würde. 3 erwarten nicht, dass ihre Privatkunden in diesem Fall den Flughafen wechseln würden.
56 Die unterschiedlichen Antworten der Reisevermittler in Bezug auf Unternehmens- und Privatkunden zeigen jedoch auch, dass die Reisevermittler offenbar mit dem Flughafen Antwerpen vertraut sind.
(70) Auf der „Angebotsseite“ haben nur wenige Wettbewerber Antworten gegeben, die Aufschluss über die Substituierbarkeit zwischen den belgischen Flughäfen geben würden. Nur eine Minderheit der Wettbewerber, die die entsprechenden Fragen beantwortet haben, ist der Ansicht, dass ANR und BRU bezüglich der technischen Kapazitäten austauschbar sind.
(71) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, dass VLM, der einzige Wettbewerber, der die Situation am Flughafen ANR aus erster Hand kennt, überzeugende Argumente für eine Substitution mit BRU vorbringe, obwohl dies nicht im Interesse von VLM sei. Diese Behauptung trifft jedoch nicht zu. Erstens deckt sich die Einschätzung von VLM mit dem Argument der punktuellen Substitution, wie die Beurteilung des (an anderer Stelle analysierten) Beispiels der Strecke ANR-Manchester durch VLM belegt. VLM hat erklärt, dass „zahlreiche belgische Unternehmen in Flandern ansässig sind, womit sie ANR näher sind als BRU oder sich zwischen ANR und BRU befinden. Wenn sie die Möglichkeit erhalten, von ANR aus zu fliegen, geben diese Unternehmenskunden ANR den Vorzug vor BRU.” Die Tatsache, dass ANR eine glaubwürdige Alternative zu BRU ist oder diesem Flughafen von manchen Reisenden sogar vorgezogen wird, bedeutet jedoch nicht, dass ANR und BRU einen ständigen Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben. Darüber hinaus ist es entgegen der Behauptung von LH zweifellos im Interesse von VLM, die Substituierbarkeit von BRU und ANR zu verteidigen, und zwar nicht nur, weil sein gesamtes Geschäftsmodell darauf beruht, Passagiere für Flüge ab ANR zu gewinnen, sondern auch, weil für den Fall, dass im vorliegenden Fall eine Substituierbarkeit zwischen ANR und BRU festgestellt würde, die Verpflichtungszusagen einem neuen Wettbewerber die Möglichkeit geben würden, die betroffenen Strecken von ANR aus zu betreiben, was die von VLM bevorzugte Option wäre.
(72) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte weist LH auch darauf hin, dass Antwerpen zur wirtschaftlich dynamischsten Region Belgiens gehöre und dass die Besonderheiten der Region Flandern die Substituierbarkeit zwischen ANR und BRU unterstützen. Genauer gesagt, befinde sich ANR genauso nah an den Wirtschafts- und Bevölkerungszentren Belgiens wie BRU. Um dieses Argument zu stützen, hat LH eine Tabelle vorgelegt, in der die Fahrstrecken und die Fahrzeit mit dem Auto zwischen einigen Städten im nördlichen Belgien und im Süden der Niederlande und den Flughäfen ANR und BRU verglichen wird. LH erklärt, selbst dort, wo die Fahrzeit nach ANR länger sei, werde dies dadurch ausgeglichen, dass die Check-in-Zeit in ANR kürzer sei. Die Kommission widerspricht dieser Analyse. Da
57 1 von 8 Wettbewerbern, die die Frage 8 im Phase II-Fragebogen beantwortet haben, hielt ANR und BRU bezüglich der technischen Kapazitäten (z. B. Terminals, Startbahnen, Bodenabfertigung, Turnarounds, Flugzeugtypen, die landen können usw.) für substituierbar.
58 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 63-67.
59 Protokoll einer Sitzung mit VLM am 18. Februar 09.
60 In einer späteren Vorlage hat VLM jedoch hinzugefügt, dass unter den gegenwärtigen Marktbedingungen die Preisempfindlichkeit von Geschäftskunden zunimmt und dass Passagiere, die ANR bevorzugen, möglicherweise nach BRU zurückkehren würden, sollten die Preise in BRU deutlich niedriger sein als in ANR. Diese Behauptung ändert nichts an der Schlussfolgerung der Kommission bezüglich der Substituierbarkeit der Flughäfen im vorliegenden Fall.
61 Protokoll einer Sitzung mit VLM am 18. Februar 09.
62 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 50-59.
andere wichtige Ballungsräume wie Löwen, Namur, Charleroi nicht in die Tabelle aufgenommen wurden, hat die Kommission LH gebeten, die Tabelle zu vervollständigen und um die größten belgischen Städte zu erweitern. Sodann weist die Kommission darauf hin, dass aus dieser Tabelle hervorgeht, dass Antwerpen die einzige der gemessen an der Bevölkerungszahl zehn größten belgischen Städte ist, aus der die Anfahrtszeit nach ANR kürzer ist als die nach BRU. Zudem sind die Annahmen von LH bezüglich der Check-in-Zeiten in ANR und BRU nicht realistisch, und jeglicher Unterschied bei den Check-in-Zeiten dürfte durch die von ANR aus längere Flugzeit ausgeglichen werden. Vor allem aber muss darauf hingewiesen werden, dass die Kommission nicht bestreitet, dass ANR für eine Reihe von Passagieren in Flandern bequemer ist als BRU. Aber diese Tatsache deckt sich vollkommen mit der punktuellen Substitution: Einige Passagiere, die sich näher bei ANR als bei BRU befinden, würden ab/nach ANR fliegen, wenn dort in diesem Fall auf den betroffenen deutschen und schweizerischen Strecken Flüge angeboten würden, aber diese Flüge würden nach diesem einmaligen Umstieg keinen Wettbewerbsdruck auf Flüge von BRU ausüben. Die Kommission weist darauf hin, dass sich LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angemessen mit dem Argument der punktuellen Substitution auseinandergesetzt hat.
(73) Generell muss darauf hingewiesen werden, dass die Entfernung oder die Reisezeit zwischen Brüssel und Antwerpen nicht unbedingt Aufschluss über die Wettbewerbsinteraktion zwischen den beiden Flughäfen gibt und dass die Bevölkerungsverteilung in den betroffenen Gebieten sehr viel größere Relevanz hat. Im vorliegenden Fall liegen beide Flughäfen in einem wichtigen Ballungsraum (Brüssel und Antwerpen sind die beiden größten Ballungsräume Belgiens), während es zwischen diesen beiden Flughäfen kein drittes Ballungsgebiet gibt. Der Wirtschaftstheorie zufolge wird eine derartige bimodale Bevölkerungsverteilung wahrscheinlich zu einer geringen Substituierbarkeit zwischen den beiden Flughäfen führen.
(74) In der Erwiderung auf die Mitteilungen der Beschwerdepunkte behauptet LH des Weiteren, die Antworten aus der Marktuntersuchung würden sich nicht mit dem Ergebnis einer beschränkten Substituierbarkeit zwischen BRU und ANR decken. Zur Unterstützung seines Arguments beruft sich LH auf Statistiken, die anhand der Ergebnisse der Marktuntersuchung erstellt wurden. Diese Statistiken sind jedoch aus mehreren Gründen nicht zuverlässig: (i) LH hatte aufgrund der Vertraulichkeitsbeschränkungen nur Zugang zu einem Teil der Antworten, womit die von LH erstellten Statistiken nicht repräsentativ für die gesamte Marktuntersuchung sind. (ii) LH hat einige zugängliche Antworten nicht berücksichtigt. (iii) Die von LH vorgelegten Statistiken enthalten zahlreiche Fehler. Wie in den Erwägungsgründen 62
63 Antwerpen, Gent, Charleroi, Lüttich, Brüssel-Hauptstadt, Brügge, Schaerbeck, Namur, Anderlecht, Bergen (französisch: Mons).
64 Der Flughafen Antwerpen gibt für das Einchecken eine Mindestzeit von 20 Minuten an, während der Flughafen Brüssel ein Online-Check-in und einen Schalter für die beschleunigte Sicherheitsabfertigung anbietet, weshalb sich der Unterschied zwischen den Check-in-Zeiten auf nicht mehr als 15 Minuten belaufen dürfte.
65 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 68-79.
66 Um dieses Problem zu beheben, hat die Kommission LH Zugang zu einer anonymisierten Tabelle gegeben, die sämtliche mit den Phase II-Fragebögen erhobenen Antworten enthält.
bis 73 erläutert, bestätigen die Ergebnisse der Marktuntersuchung eindeutig die Schlussfolgerungen der Kommission. LH ist auch der Ansicht, die negativen Antworten von Unternehmenskunden und Reisebüros könnten ihren Grund in der begrenzten Zahl von Flugverbindungen haben, die gegenwärtig von ANR aus betrieben werden. Diesbezüglich weist die Kommission darauf hin, dass sich, in naher Zukunft kaum etwas daran ändern wird, dass ANR nur der Ausgangspunkt einer begrenzten Zahl von Flugverbindungen ist. Die Kommission ist daher der Meinung, dass die von ihr vorgelegten Belege glaubwürdig sind und eine zuverlässige Beurteilung der Substituierbarkeit zwischen BRU und ANR ermöglichen.
Ergebnisse der Kundenbefragung
(75) In der Umfrage unter den Passagieren ist die Frage einer möglichen Substitution zwischen ANR und BRU unter drei Gesichtspunkten untersucht worden: die bestehende Substitution für Passagiere, die mit VLM von BRU oder ANR nach LCY fliegen; die potenzielle Substitution auf Strecken, auf denen gegenwärtig kein Flug ab ANR verfügbar ist (Berlin, Frankfurt, Hamburg, München, Genf und Zürich); sowie die Substitution zwischen SN, das von BRU aus London Gatwick ("LGW") anfliegt, und VLM, das von ANR aus LCY anfliegt. Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass es ein gewisses Maß an Substitution zwischen den beiden Flughäfen gibt, die in erster Linie vom Aufenthaltsort der Passagiere zum Zeitpunkt des Abflugs und vom Flugplan abhängt. Jene, die wechseln würden, befinden sich in der Nähe des Flughafens. Der Preis hat keinen entscheidenden Einfluss auf die Wahl des Flughafens. Die im Folgenden zusammengefassten Umfrageergebnisse sind für alle Passagierkategorien gültig. Die detaillierten Ergebnisse sind in Anhang III dieser Entscheidung zu finden.
(76) Was die Kunden anbelangt, die mit VLM entweder von ANR oder von BRU nach LCY fliegen, so hat die Befragung gezeigt, dass einige Passagiere durchaus Flüge von beiden Flughäfen in Erwägung ziehen (30 % derjenigen, die selbst buchen), wobei es jedoch selten vom Preis abhängt, für welchen Flughafen sie sich entscheiden. Die Hauptgründe für die Wahl eines gegebenen Flughafens sind: die Lage (55 %) und die Abflugzeiten (28 %). Der Preis wird nur von 8 % der Passagiere als Grund genannt. Nur 13 % der Befragten geben an, dass sie zum anderen Flughafen wechseln würden, sollte der Preis am bisherigen um 5-10 % steigen (dieser Anteil erhöht sich auf 17 %, wenn man die unentschiedenen Antworten nicht berücksichtigt). Die Umfrage hat gezeigt, dass etwa ein Drittel der Passagiere, die entweder von BRU oder von ANR nach LCY fliegen, auch schon vom anderen Flughafen abgeflogen sind. Die wichtigsten Gründe für die Wahl des anderen Flughafens sind die Abflugzeiten (36 %), gefolgt von der Lage des Flughafens (21 %). Der Preis wird nur von 10 % der Befragten genannt. Zu den weiteren
67 Anhang III, Absatz 46.
68 Anhang III, Absatz 47.
69 Anhang III, Absatz 47.
70 Anhang III, Absatz 47.
71 Anhang III, Absatz 48.
72 Anhang III, Absatz 49.
genannten Gründen zählt die Unmöglichkeit, vom anderen Flughafen abzufliegen (weil die Wetterbedingungen schlecht waren, die Maschine voll war oder der Flug gestrichen wurde).
(77) Bezüglich der Passagiere auf den Strecken nach Deutschland und in die Schweiz (potenzielle Wechsler) hat die Umfrage gezeigt, dass 16 % der Passagiere wechseln würden, wenn ihr Flug ab ANR zum selben Preis und zur selben Zeit angeboten würde (17 %, wenn man die unentschiedenen Antworten nicht berücksichtigt). Die große Mehrheit dieser Passagiere lebt in den Provinzen Antwerpen, Ostflandern und Westflandern. Nur sehr wenige Einwohner von Brüssel-Hauptstadt und Flämisch Brabant würden nach ANR wechseln (2 % bzw. 3 % verglichen mit 75 % derer, die in der Provinz Antwerpen leben). Etwa 11 % der Befragten sind bereits mit VLM geflogen, und diese Passagiere werden eher wechseln (42 % der Passagiere, die bereits mit VLM geflogen sind, erklären, zu einem Wechsel bereit zu sein). Auch diese Passagiere leben in der großen Mehrheit in den Provinzen Antwerpen, Ostflandern und Westflandern. Diese Ergebnisse gelten für alle Passagiere unabhängig davon, welchem Segment sie aufgrund des Zwecks ihrer Reise (Geschäftsreise, Urlaubsreise, Besuch bei Freunden und Verwandten) oder aufgrund der Ticketkategorie (Business Class, flexible Economy Class, nicht flexible Economy Class) zugeordnet werden.
(78) Was die Kunden von SN anbelangt, die nach LGW fliegen, so hat die Umfrage gezeigt, dass nur 16 % der Passagiere auch Flüge von ANR nach LCY in Betracht ziehen (20 % der Selbstbucher), während sich 55 % der Passagiere mit den Tarifen und Flugplänen anderer Fluggesellschaften befassen, die London anfliegen (vor allem BA-Flüge nach LHR). Nur 15 % geben an, sie würden zu ANR-LCY wechseln, sollte der Preis für ihren üblichen Flug um 5-10 % steigen (18 %, wenn man die unentschiedenen Antworten ausschließt). Die Umfrage hat gezeigt, dass 15 % der Reisenden nach LGW schon von ANR nach LCY geflogen sind. Diese Passagiere
79 Anhang III, Absatz 51.
80 Anhang III, Absatz 52.
81 Anhang III, Absatz 53.
82 Anhang III, Absatz 54.
83 Anhang III, Absatz 55.
84 Anhang III, Absatz 56.
85 Anhang III, Absatz 57. Zu beachten ist, dass die Befragten, die bereits mit VLM geflogen sind und wechseln würden, nur 4 % der Stichprobe ausmachen.
86 Anhang III, Absatz 58.
87 Anhang III, Absatz 59.
88 Anhang III, Absatz 60.
89 Anhang III, Absatz 61.
(nur 27 Antworten) bezeichnen die Lage von LCY als wichtigsten Grund für die Wahl dieses Flughafens.
(79) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat LH die Auswertung der Umfrageergebnisse durch die Kommission kommentiert. Der wichtigste Kritikpunkt sind die „Wechselfragen“. LH ist der Meinung, dass „die Mitteilung der Beschwerdepunkte keinerlei Hinweis darauf enthält, welcher Prozentsatz der Kunden die „SSNIP“-Frage bejahen müsste, damit die Kommission anerkennen würde, dass die Flüge ab BRU und ANR zum selben Ziel tatsächlich miteinander konkurrieren“. Es ist richtig, dass die Kommission nicht quantitativ beurteilt hat, ob die prozentuellen Anteile der Antworten auf die Wechselfrage „genügen“, um auf der Grundlage eines Hypothetischen Monopolistentests (HM-Tests) zu dem Schluss zu gelangen, dass ANR und BRU demselben Markt angehören. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die in den Erwägungsgründen 85 bis 95 bei der Behandlung der Frage, inwieweit in diesem Fall eine kritische Verlustanalyse angebracht ist, im Einzelnen erläutert werden. Die Kommission hat die Umfrageergebnisse bezüglich der Wechselfrage in Zusammenhang mit den Antworten auf die anderen Fragen zum tatsächlichen Verhalten in der Vergangenheit beurteilt (Preisvergleich, frühere Abflüge…). Diese Tatsache erkennt LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in einem anderen Zusammenhang an: „Die Antworten auf die in der Umfrage gestellten Fragen nach dem tatsächlichen vergangenen oder gegenwärtigen Verbraucherverhalten sind an sich eher geeignet, zuverlässige Antworten zu liefern, als Fragen nach hypothetischen Szenarien.“ In Anbetracht all dieser Ergebnisse ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass sich die Größenordnung der Antworten in Bezug auf die Substitution zwischen ANR und BRU ausreichend deutlich von jener der Antworten zur Einschätzung des Wettbewerbs zwischen den vom selben Flughafen aus operierenden Fluggesellschaften unterscheidet, um zu zeigen, dass die von ANR startenden Flüge nur einen geringen Wettbewerbsdruck ausüben (zumindest einen deutlich geringeren als die von BRU zu einem gegebenen Ziel startenden). Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den übrigen gesammelten Belegen.
(80) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat LH auch versucht, die Einschätzung zu widerlegen, dass der Preis anscheinend keinen wesentlichen Einfluss auf die Wahl des Flughafens für Reisen nach LCY hat. LH erklärt, die Kommission habe eine „grundlegende und wesentliche Tatsache“ übersehen, nämlich jene, dass „die von VLM veröffentlichten Tarife auf den Strecken BRU-LCY und ANR-LCY praktisch identisch sind“. Die Kommission teilt diese Einschätzung nicht. Erstens ist das von LH vorgebrachte Argument irreführend, da die veröffentlichten Tarife keineswegs Aufschluss über die tatsächlich von den Reisenden bezahlten Preise geben. Die veröffentlichten Tarife geben Aufschluss über den Preis jeder Buchungsklasse, aber die Buchungsklassen werden im Rahmen des Ertragsmanagements laufend geöffnet und geschlossen. Zweitens ist die Behauptung
8512 von 27 Befragten nannten die Lage von LCY (während 8 Befragte den Flugplan und nur 5 den Preis nannten).
86Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 80-87.
87Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 84.
88Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 123.
89Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 82.
28
von LH anhand einer einfachen Recherche auf der Website von VLM problemlos zu entkräften. Stichproben der Kommission haben gezeigt, dass die Preise von VLM auf der Strecke ANR-LCY deutlich höher sind als auf der Strecke BRU-LCY, was sich mit dem in den Erwägungsgründen 96 bis 99 beschriebenen unterschiedlichen Wettbewerbsumfeld auf den beiden Märkten deckt.
(81) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat LH auch Kritik an den im Rahmen der Umfrage gestellten Wechselfragen geäußert und anhand der Ergebnisse einer von seinem Wirtschaftsberater CRA International durchgeführten Umfrage eine kritische Verlustanalyse vorgenommen. Diese beiden Punkte werden in den Erwägungsgründen 82 bis 95 behandelt.
Problematik der Wechselfragen
(82) Erstens bringt LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vor, dass „die Frage nach einem Wechsel, die den Passagieren in der Umfrage gestellt wurde, um die Substituierbarkeit zwischen ANR und BRU zu beurteilen, nicht richtig formuliert war, um die Wechselneigung der Kunden im Fall einer kleinen aber signifikanten und dauerhaften Preiserhöhung (SSNIP=Small but significant and non transitory increase in price) zu beurteilen“. Es wird darauf hingewiesen, dass den beteiligten Unternehmen, wie in Anhang III der vorliegenden Entscheidung erläutert, zweimal Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den im Rahmen der Passagierbefragung gestellten Fragen zu äußern, ohne dass sie diese Frage angesprochen hätten. In jedem Fall wurde diesem Punkt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte Rechnung getragen und eine Erklärung angeboten: Die übliche SSNIP-Frage für den Hypothetischen Monopolistentest ist in Umfragen stets anfällig für Kritik, da sie sich auf ein hypothetisches Verhalten im Fall einer relativen Preiserhöhung bezieht: Würde der Kunde umsteigen, sollte der Preis von Produkt A im Verhältnis zum Kandidatenprodukt B, dessen Preis unverändert bleibt, um 5-10 % steigen? Im vorliegenden Fall gab es zu dem Zeitpunkt, da die Umfrage durchgeführt wurde, keine Flüge ab ANR auf den betroffenen Strecken nach Deutschland und in die Schweiz. Es war unmöglich, eine Frage nach einer kleinen, aber signifikanten und dauerhaften Preiserhöhung zu stellen, da eines der beiden Kandidatenprodukte (in diesem Fall Flüge ab ANR) nicht existierte und daher keine hypothetische relative Preisänderung angenommen werden konnte. Um jedoch den (potenziellen) Spielraum für eine Substitution für den Fall zu ermessen, dass solche Flüge existieren würden, und gleichzeitig die Fragen kurz und einfach zu halten, wählte die Kommission eine Zwischenlösung, die darin bestand, die Passagiere zu fragen, ob sie nach ANR wechseln würden, wenn dort ihr Flug zur selben Zeit und zum selben Preis angeboten würde. Dies schien eine angemessene Kompromisslösung, um ein gewisses Maß an Informationen über das Wechselpotenzial zu sammeln, was jedoch nicht bedeuten soll, dass die Antworten eine korrekte Annäherung an das tatsächliche Wechselverhalten darstellen, das zu beobachten wäre, würden solche Flüge verfügbar werden, denn der Umfang der Wechsel zwischen den beiden Flughäfen hinge von der Art der Dienstleistung (Flugfrequenz, Abflugzeiten) ab, die die Fluggesellschaften anbieten würden, und dies ließe sich erst bestimmen, wenn das Ereignis eintritt.
(83) Zweitens hat LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, die Frage nach dem Wechsel des Flughafens in der Passagierumfrage sei „nicht mit der entsprechenden Frage vergleichbar, die den Unternehmenskunden, Reisebüros und Wettbewerbern in den Auskunftsverlangen der Kommission gestellt wurde“. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass sich die im Rahmen der Marktuntersuchung gestellten Wechselfragen tatsächlich geringfügig von den Fragen unterschieden, die den Passagieren gestellt wurden, und zwar insofern, als sie Multiple-Choice-Antworten anboten. Zudem wurden diese hypothetischen Fragen in einem vollkommen anderen Kontext als jene in der Umfrage gestellt, die an den Flugsteigen Passagieren vorgelegt wurden, die sich anschickten, ihr Flugzeug zu besteigen. Nebenbei bemerkt sind die Antworten der Unternehmenskunden auf die Frage nach einem hypothetischen Wechsel auf den Strecken nach Deutschland und in die Schweiz nicht für die Auswertung der Antworten dieser Kunden verwendet worden. Die Kommission hat sich auf die Antworten jener Unternehmenskunden konzentriert, die bereits die Wahl zwischen Abflügen in ANR und BRU haben, wie aus Erwägungsgrund 66 hervorgeht.
(84) Schließlich räumt die Kommission das Problem der unterschiedlichen Wortwahl in den Wechselfragen sowie die Tatsache ein, dass die Fragen, die den nach Berlin ("BER") oder LGW fliegenden Passagieren gestellt wurden, hypothetischer waren ("Hätten Sie die Möglichkeit erwogen") als jene, die den nach LCY und auf den Strecken nach Deutschland und in die Schweiz fliegenden Passagieren gestellt wurden ("Wären Sie geflogen" oder "Hätten Sie sich für einen Flug entschieden"). Dieser Unterschied sollte bei der Analyse der Ergebnisse der Wechselfragen selbstverständlich berücksichtigt werden, aber die Kommission hat sich in ihrer Analyse nicht auf die Antworten auf die Wechselfragen beschränkt. Vielmehr lassen die Antworten auf die hypothetischen Wechselfragen sowie auf die Fragen nach dem früheren Verhalten (die in den verschiedenen Fragebögen einheitlich sind) gemeinsam mit den übrigen aus der Marktuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse den Schluss zu, dass Flüge ab ANR wahrscheinlich kein geeigneter Ersatz für Flüge von BRU aus sind.
30
Die kritische Verlustanalyse
(85) Der CRA-Anhang zur kritischen Verlustanalyse soll das Problem der Substitution zwischen ANR und BRU unter Einsatz dieser Technik beurteilen, die ein „Standardwerkzeug für die Marktdefinition und die damit verbundenen Fragen der wettbewerbsrechtlichen Würdigung aufgrund der Wechseldaten“ ist. Tatsächlich ist die kritische Verlustanalyse eine einfache und attraktive Methode zur Klärung der Frage nach dem hypothetischen Monopolisten. Doch ihre Einfachheit bedingt, dass sich die kritische Verlustanalyse auf zahlreiche Annahmen stützen muss, weshalb ihr Einsatz (insbesondere in Wirtschaftszweigen, die sich wie die Luftverkehrsbranche durch hohe Fixkosten auszeichnen) einigermaßen umstritten ist, beispielsweise in den Vereinigten Staaten, wo sie in den vergangenen Jahren umfassend zum Einsatz kam.
(86) Bei einer kritischen Verlustanalyse wird berechnet, welche Umsatzeinbuße bei einem Produkt Y eine Preiserhöhung von X % unrentabel machen würde („der kritische Verlust“). Sodann wird diese Zahl mit der tatsächlichen Einbuße verglichen (d. h. mit der erwarteten realen Umsatzeinbuße im Fall einer Preiserhöhung von X %). Übersteigt der tatsächliche Verlust den kritischen Verlust, so muss daraus der Schluss gezogen werden, dass es nicht rentabel wäre, den Preis um X % zu erhöhen (da eine Substitution durch Konkurrenzprodukte erfolgen würde) und dass der Markt nicht auf das Produkt Y eingegrenzt, sondern weiter gefasst werden sollte (er beinhaltet die Produkte, an die Umsatz verloren wird).
(87) Der kritische Verlust hängt von zwei Variablen ab: von der prozentualen Preiserhöhung und der Bruttomarge (also dem Wert eine verlorenen Umsatzeinheit). Bei einer gegebenen Preiserhöhung ist der kritische Verlust umso geringer, je höher die Bruttomarge ist. Das liegt daran, dass sich bei hohen Margen eine verlorene Einheit erheblicher auf den Gewinn auswirkt als bei geringen Margen. In Wirtschaftszweigen mit sehr hohen Fixkosten (und geringen variablen Kosten) ist die Bruttomarge hoch, womit der kritische Verlust gering ist. Das bedeutet, dass Märkte, auf denen die Bruttomargen hoch sind, eher weit gefasst werden, da eine Preiserhöhung bereits bei geringen Umsatzeinbußen unrentabel wäre. Hohe Bruttomargen deuten auch darauf hin, dass die Unternehmen eine gewisse Marktmacht ausüben und dass die Preiselastizität gering ist. Das deutet nicht nur darauf hin, dass der tatsächliche Verlust ebenfalls gering wäre, sondern bedeutet auch, dass die Märkte möglicherweise eng eingegrenzt sind (die Unternehmen können hohe Preise verlangen, da die Kunden kaum zu Konkurrenzprodukten wechseln können). Tatsächlich ist zu erwarten, dass die Unternehmen Preise festlegen, die ihre Gewinne maximieren, und umgekehrt besteht eine Beziehung zwischen dem Preis und der Nachfrageelastizität, mit der es das Unternehmen zu tun hat. Somit führt eine geringe Preiselastizität eher zu hohen Preisen (und hohen Margen). Diesen Punkt hat die
96 CRA-Bericht, S. 1.
97 Vergleiche beispielsweise zwei jüngere Arbeiten: Beyond Critical Loss: Properly Applying the Hypothetical Monopolist Test, Gregory Werden, Global Competition Review, Februar 2008; und: Improving Critical Loss Analysis, Joseph Farrell und Carl Shapiro, 17. Dezember 2007, Competition Policy Center, Paper CPC07-079.
31
Kommission bereits in einer früheren Entscheidung über den Zusammenschluss von zwei Fluggesellschaften angesprochen, bei dem die beteiligten Unternehmen eine kritische Verlustanalyse vorgelegt hatten.
(88) Ein weiteres methodologisches Problem betrifft die Berechnung der Kosten mit kurzfristiger Perspektive. In dieser Branche stehen die meisten Kosten auf kurze Sicht weitgehend fest, aber ein hypothetischer Monopolist könnte es – im Fall einer dauerhaften Preiserhöhung – rentabel finden, die Preise zu erhöhen, wenn die Umsatzeinbußen mit einer Veränderung der Flugfrequenz, der Flugpläne oder dem Einsatz anderer (kleinerer) Flugzeuge einhergingen. Dies würde dazu führen, dass die Bruttomarge (auf der Grundlage der vermeidbaren Kosten) geringer wäre als jene auf der Grundlage der kurzfristigen variablen Kosten.
(89) Die Berechnung des kritischen Verlusts hängt weitgehend von der Marge und damit davon ab, wie der Preis und die variablen Kosten ermittelt werden. In einer Branche, in der die Preisdifferenzierung so große Bedeutung hat wie in der Flugverkehrsindustrie (der Hauptzweck der Ertragsmanagementsysteme besteht darin, den weniger preisempfindlichen und damit ertragreicheren Passagieren höhere Preise zu berechnen), verursacht die Anwendung der kritischen Verlustanalyse eine Reihe zusätzlicher Probleme. Bei der kritischen Verlustanalyse wird von der Annahme ausgegangen, dass sämtlichen Kunden ein- und derselbe Preis berechnet wird. Die Verwendung eines Durchschnittspreises und einer einzigen Preiserhöhung zur Berechnung des kritischen Verlusts entspricht jedoch nicht der Methode, die ein hypothetischer Monopolist in dieser Branche bei der Preisgestaltung anwenden würde. Eine rentable durchschnittliche Preiserhöhung von 5-10 % könnte mittels einer deutlichen Preiserhöhung für die ertragreichen preisunempfindlichen Passagiere bei einer gleichzeitigen geringen Preiserhöhung (oder sogar einem Verzicht auf eine solche Erhöhung) für die weniger gewinnbringenden, preisempfindlichen Passagiere bewerkstelligt werden.
(90) Angesichts dieser methodologischen Probleme hält die Kommission den Einsatz der kritischen Verlustanalyse in einer Branche, zu deren wesentlichen Merkmalen die Preisdifferenzierung zählt und in der die Berechnung der vermeidbaren Kosten ausgesprochen komplex sein kann, für ungeeignet. Abgesehen von diesen allgemeinen methodologischen Problemen ist die Art, wie CRA die kritische Verlustanalyse zur Untersuchung der Substitution zwischen ANR/BRU eingesetzt hat, unbefriedigend.
(91) Erstens äußert LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in mehreren Punkten Kritik an der Wortwahl der Wechselfragen und erklärt insbesondere: „Die von der Kommission gestellte Frage ist an sich ungeeignet, die Neigung [der Kunden] zu einem Wechsel in Reaktion auf eine relative Veränderung oder die Preiselastizität der Nachfrage in Reaktion auf eine geringfügige, aber signifikante und nicht vorübergehende Preiserhöhung festzustellen.“ Dennoch werden die Antworten auf diese Frage im CRA-Papier herangezogen, um den
98 Vergleiche Sache M.5141 KLM/Martinair. In den Erwägungsgründen 296 bis 299 beschäftigt sich die Kommission mit einigen der Gründe dafür, dass eine kritische Verlustanalyse in diesem Fall nicht aufschlussreich war.
99 Vergleiche die Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Anhang 4. Dasselbe Argument wird in Absatz 80 der Antwort vorgebracht.
(92) Um die Bruttomargen zu berechnen, hat CRA sowohl für SN als auch für LH den Durchschnittstarif auf allen betroffenen Strecken nach Deutschland (BER, FRA, HAM, MUC) im Jahr 2008 herangezogen. Der Durchschnittspreis wird mit […]*EUR auf den Strecken von BRU nach Deutschland (Hinflug) bzw. […]*EUR auf der Strecke BRU-FRA (Hinflug) angesetzt. Zur Berechnung der Kosten hat CRA die durchschnittlichen variablen Kosten für Business Class-Passagiere auf der Strecke nach BER herangezogen, die die Dienstleistungen an Bord und den Treibstoff (angesetzt mit […]*EUR) sowie die Abflugtaxen beinhalten, die ein direkter Durchlaufposten sind. In Fußnote 6 des Berichts räumt CRA ein, dass diese Kostenkennzahl nur gültig ist, wenn man annimmt, dass ein mit der Preiserhöhung einhergehender Verlust an Verkehrsaufkommen keinerlei Auswirkungen auf die Flugfrequenz oder die Umgruppierung der Flugzeuge haben wird. Diese Annahme mag für die Strecke nach FRA Gültigkeit haben (wie in der Fußnote mit Blick auf die Tatsache behauptet wird, dass der Großteil des Verkehrsaufkommens auf dieser Strecke auf Transferpassagiere entfällt), aber sie trifft nicht zwangsläufig auf die übrigen betroffenen Strecken zu. Ausgehend von diesen Annahmen wird der kritische Verlust im CRA-Bericht aufgrund einer Bruttomarge von […]*% auf den Strecken von BRU nach Deutschland und von […]*% auf der Strecke BRU-FRA ermittelt. Doch die Umfrage hat gezeigt, dass den verschiedenen Passagiergruppen sehr unterschiedliche Preise berechnet werden. Beispielsweise hatten auf der Strecke BRU-FRA 6 % der befragten Passagiere weniger als 100 EUR für einen Hin- und Rückflug bezahlt, während 19 % zwischen 101 und 200 EUR für einen Hin- und Rückflug bezahlt hatten. Bei diesen Passagieren wäre die Bruttomarge somit deutlich geringer als 86 % (wie von den beteiligten Unternehmen angenommen), womit der kritische Verlust deutlich höher wäre.
(93) Abgesehen davon, dass der Wert der Bruttomarge als Durchschnittswert für alle Passagiere ermittelt wird, obwohl die Margen in Wahrheit erheblich zwischen den Passagieren schwanken, beruht der ermittelte tatsächliche Verlust auf den Antworten auf eine Frage, die in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte als ungeeignet zur Erfassung der nachfrageseitigen Preiselastizität bezeichnet wurde. Und selbst wenn es sich bei der Wechselfrage um eine typische SSNIP-Frage gehandelt hätte, würden die Antworten sämtlicher auf den verschiedenen Strecken fliegenden Passagiere eine gebündelte Antwort darstellen, die die Tatsache außer Acht lässt, dass die verschiedenen Passagiere eine unterschiedliche Preiselastizität aufweisen (wie die Tatsache nahe legt, dass die Preise und damit die Bruttomargen zwischen den Passagieren und Strecken erheblich schwanken).
(94) Schließlich werden im CRA-Bericht zur Beurteilung der Bruttomargen (und damit des kritischen Verlusts) die LH/SN-Daten für die Deutschlandstrecken herangezogen, während zur Beurteilung des tatsächlichen Verlusts die Antworten der nach LCY fliegenden Passagiere auf die SSNIP-Frage verwendet werden. Auf der einen Seite nimmt LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte Bezug auf den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte geäußerten Vorbehalt gegenüber der Praxis, von Daten, die auf einer Strecke gesammelt wurden, auf die Substituierbarkeit mit anderen Strecken zu schließen (und stimmt diesem Vorbehalt zu). Auf der anderen Seite werden für die kritische Verlustanalyse die Antworten der auf der LCY-Strecke fliegenden Passagiere auf die Wechselfrage verwendet, um den tatsächlichen Verlust auf den deutschen Strecken zu beurteilen. CRA räumt ein, dass zusätzliche Annahmen erforderlich sind, um die Antworten der auf der LCY-Strecke fliegenden Passagiere verwenden zu können, insbesondere jene, dass die Passagiere der Meinung sind, dass „die tatsächlichen oder potenziellen konkurrierenden Flüge ab ANR in Bezug auf Preis, Dienstleistungen, Bequemlichkeit der Abflugzeiten usw. im Großen und Ganzen mit den Flügen gleichwertig sind, die die beteiligten Unternehmen von BRU nach Deutschland anbieten“.
(95) Zusammenfassend wird festgestellt, dass die kritische Verlustanalyse, obwohl sie in bestimmten Fällen reizvoll ist, in Anbetracht des Ausmaßes der Preisdifferenzierung und der Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Bruttomargen kein geeignetes Werkzeug zur Bewertung des SSNIP-Tests in der Flugverkehrsindustrie darstellt. Dazu kommt, dass die Anwendung der kritischen Verlustanalyse im konkreten Fall weitere Vorbehalte weckt, da die im Rahmen der Umfrage gestellten Fragen nicht für die Beurteilung des tatsächlichen Verlusts geeignet waren (da zum Zeitpunkt der Erhebung keine Flüge auf den betroffenen Strecken ab ANR existierten). Daher ist die Kommission nicht der Meinung, dass die im CRA-Bericht vorgelegten Belege überzeugend nachweisen, dass ANR und BRU demselben relevanten Markt angehören.
Beispiele für den begrenzten Wettbewerb zwischen BRU und ANR
(96) Die Kommission hat nicht nur die Antworten aus der Marktuntersuchung und der Umfrage ausgewertet, sondern auch die beiden Beispiele für einen Wettbewerb zwischen ANR und BRU in der Vergangenheit untersucht. Diese beiden Beispiele liefern wertvolle Aufschlüsse über die Wettbewerbsumgebungen, in denen ANR und BRU betrieben werden: Da ist erstens der Einstieg von VLM auf der Strecke nach MAN im Jahr 2006 (in Konkurrenz zu MAN-Flügen von SN ab BRU) und zweitens die Wirkung, die die Verringerung der Eurostar-Fahrten nach London auf die Flüge nach London ab BRU und ANR gehabt hat.
(97) Die Kommission ist sich der Tatsache bewusst, dass frühere Beispiele für einen Wettbewerb zwischen ANR und BRU auf anderen als den betroffenen Strecken mit Vorsicht zu betrachten sind und dass die Bewertung im Idealfall Strecke für Strecke anhand der Daten über die betroffenen Strecken vorgenommen werden sollte. Im vorliegenden Fall gab es zum Zeitpunkt der Untersuchung auf den betroffenen Strecken keine Flüge ab ANR. Die einzigen Hinweise auf die tatsächliche Intensität des Wettbewerbs zwischen den von diesen beiden Flughäfen startenden Flügen liefern frühere oder gegenwärtige Beispiele für einen Wettbewerb zwischen diesen Flughäfen auf anderen Strecken. Die gesammelten Fakten deuten darauf hin, dass der Wettbewerb zwischen den beiden Flughäfen schwach ist, und LH hat keine Begründung für die These vorgelegt, dass der Wettbewerb zwischen ANR und BRU auf den betroffenen Strecken stärker wäre.
100 Vergleiche Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 89.
101 Vergleiche CRA-Bericht, Abschnitt 2.2.a.
(98) Was die Strecke nach MAN anbelangt, so zeigen von SN und VLM vorgelegte interne Dokumente einerseits, dass beide Fluggesellschaften ein gewisses Maß an Wettbewerb zwischen den beiden Flughäfen sehen. Als VLM beispielsweise auf der MAN-Strecke tätig wurde, beschäftigte sich SN eingehend mit den Auswirkungen dieser Konkurrenz auf seine eigenen Flüge nach MAN [strategische Überlegungen von SN und Umsetzung dieser]*. Andererseits zeigen die internen Dokumente jedoch auch, dass der Wettbewerbsdruck begrenzt sein dürfte. Wenige Monate, nachdem VLM seine Strecke ANR-MAN in Betrieb genommen hatte, analysierte SN die Wirkung des Eintritts von VLM auf sein Geschäft und gelangte zu dem Ergebnis, [Bewertung durch SN]*. Das deutet darauf hin, dass die Strecke ANR-MAN keinen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die von SN betriebene Strecke BRU- MAN ausübt.
(99) Was das zweite Beispiel anbelangt, so sollte erwähnt werden, dass VLM sowohl von BRU als auch von ANR nach LCY fliegt. Aus den Informationen, die VLM über seine Margen auf den beiden Strecken bereitgestellt hat, geht hervor, dass die Wettbewerbsumgebungen der beiden Strecken sehr unterschiedlich sind, vor allem seit der Einführung des verbesserten Eurostar-Services im November 2007. Die Daten zeigen, dass der Eurostar ein wirksames Substitut für die Flüge nach London ab BRU ist, während er die Flüge nach London ab ANR kaum ersetzen kann, und die Flüge ab ANR und ab BRU zum selben Ziel können sehr unterschiedlichen Wettbewerbsbeschränkungen unterworfen sein, weshalb sich die Strecken vollkommen unabhängig voneinander entwickeln können. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die beiden Flughäfen verschiedenen Märkten angehören oder zumindest nur als sehr entfernte Substitute betrachtet werden können.
Datenanalyse: Das Beispiel ANR-MAN
(100) Die Schlussfolgerung von SN, der zufolge […]*, wird auch durch die Analyse der Reaktion von SN auf den Markteintritt von VLM bestätigt. Abbildung 1 enthält eine grafische Darstellung der durchschnittlichen Tarife von SN für die verschiedenen Buchungsklassen auf der Strecke BRU-MAN zwischen Januar 2004 und Dezember 2008 (wobei die rote Linie den Eintritt von VLM auf der Strecke ANR-MAN kennzeichnet). Der Eintritt von VLM wirkte sich weder auf die flexiblen noch auf die nicht flexiblen Economy Class-Tarife von SN aus, da SNs flexible Economy Class-Tarife [Beschreibung der Tarifentwicklung von SN]* (saisonbereinigt). Auch reagierte SN auf die Veränderung nicht mit [Beschreibung der Reaktion von SN im Hinblick auf die Kapazität]*. Die Zahl der nicht flexiblen Economy Class-Passagiere von SN war in den Jahren 2006 und 2007 mit jeweils rund […]* sehr ähnlich, obwohl VLM im Jahr 2007 mehr als […]* Passagiere beförderte. Die Zahl der flexiblen Economy Class-Passagiere von SN stieg um etwa […]*%. Bemerkenswert ist auch, dass VLM im Jahr 2007 nur etwa ein Zehntel der Zahl von SN-Passagieren mit flexiblen Economy Class-Tarifen beförderte. Es hat also den Anschein, als hätte der Eintritt von VLM auf der Strecke ANR-MAN keinen wesentlichen Druck auf die Strecke BRU–MAN von SN ausgeübt.
Abbildung 1: Durchschnittliche Nettotarife von SN nach Buchungsklasse auf der Strecke BRU-MAN
[VERTRAULICH]*
Hinweis: ENS-Tarife sind nicht flexible Economy Class-Tarife, ETS-Tarife sind flexible Economy Class-Tarife und BTS-Tarife sind flexible Business Class-Tarife.
(101) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bezeichnet LH diese beiden Beispiele als „nicht aufschlussreich“. Erstens erklärt LH, VLM sei in Wahrheit bereits ein Wettbewerber auf der Strecke BRU-MAN gewesen, da es eine indirekte Verbindung nach MAN über LCY anbot. Es wird darauf hingewiesen, dass sich diese Tatsache auch damit deckt, dass Passagiere, die von ANR aus fliegen, eine ausgeprägte Präferenz für diesen Flughafen wegen seiner Lage haben. Die Tatsache, dass Passagiere es vorziehen, zweimal zu starten und zu landen und über LCY zu fliegen, anstatt den Direktflug von BRU aus zu nehmen, verrät einiges über die Vorlieben dieser Passagiere, was die Nähe des Ausgangsflughafens anbelangt. Das deckt sich mit dem Ergebnis der Umfrage, dass die Lage des Flughafens erheblichen Einfluss auf die Entscheidung von Reisenden hat, die nach LCY fliegen. Zweitens bringt LH vor, die Grafik in Abbildung 1 könne nicht richtig ausgewertet werden, da wenige Monate später (im Sommer 2007) eine Codeshare-Vereinbarung mit BA ausgelaufen sei, was die Wirkungen des von VLM angebotenen Direktflugs möglicherweise „abgefedert“ habe. Nach Ansicht der Kommission können diese beiden Elemente nicht erklären, wie die Einführung eines direkteren Konkurrenzprodukts (also eines Direktflugs) durch einen Konkurrenten praktisch keine Auswirkungen auf SN haben konnte, wenn von diesem Konkurrenzprodukt tatsächlich ein beträchtlicher Wettbewerbsdruck ausgegangen wäre. Tatsächlich bestätigen sowohl die Existenz des indirekten Flugs als auch die mangelnde Wirkung der Einführung des Direktflugs auf SN die Einschätzung, dass Flüge ab BRU und Flüge ab ANR zu einem gegebenen Flugziel nicht demselben Markt angehören.
(102) Was die Auswirkungen der Eurostar-Verbindung auf die Margen anbelangt, so behauptet LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, „die Einschätzung, der Eurostar könne ein näheres Substitut für Flüge ab BRU als für Flüge ab ANR sein“, schließe „an sich eine Substituierbarkeit zwischen ANR und BRU nicht aus“. Tatsächlich ist es richtig, dass die größere Wirkung des Eurostar auf die Tarife auf der Strecke BRU-LCY die Substituierbarkeit zwischen ANR und BRU nicht ausschließt, aber diese größere Wirkung auf BRU bedeutet sehr wohl, dass ANR und BRU unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt sind, was der These widerspricht, BRU und ANR gehörten demselben Markt an, wenn diese Tatsache gemeinsam mit den anderen in der Entscheidung vorgelegten Belegen ausgewertet wird. Die einfache Tatsache, dass VLM in den letzten acht Jahren sowohl von BRU als auch von ANR aus Flüge mit einer hohen Flugfrequenz nach LCY angeboten hat, deutet bereits darauf hin, dass BRU und ANR unterschiedlichen Märkten angehören dürften. Wie in Erwägungsgrund 99 erwähnt, kann es beträchtliche Unterschiede zwischen den Tarifen und Margen auf den beiden Strecken geben. Darüber hinaus ist die Verringerung der Eurostar-Fahrzeit Ende 2007 besonders aufschlussreich in dieser Hinsicht: Während die Gesamtzahl der VLM-Flüge ab ANR zwischen 2007 und 2008 um rund 10 % sank (was höchstwahrscheinlich auf den allgemeinen Rückgang des Flugverkehrs infolge der Wirtschaftskrise zurückzuführen ist), fiel die Zahl der VLM-Flüge ab BRU (nach LCY) um fast 40 %, da VLM auf die verkürzte Fahrzeit des Eurostar mit einer Verringerung seiner Flüge von BRU aus reagierte.
Schlussfolgerung
(103) Es gibt also deutliche Hinweise darauf, dass die Flüge ab ANR nicht durch Flüge ab BRU austauschbar sind, und zwar weder bei zeitabhängigen noch bei nicht zeitabhängigen Passagieren. In jedem Fall wären Flüge ab BRU und ANR selbst dann, wenn sie als Bestandteile desselben Marktes betrachtet würden, nur entfernte Wettbewerber auf diesem Markt. Zudem zeigen die Argumente, dass die VLM-Flüge ab ANR keinen nennenswerten Wettbewerbsdruck auf die Flüge von SN ab BRU ausüben. Der Eintritt von VLM auf der Strecke ANR-Frankfurt sowie ein potenzieller Eintritt von VLM ab ANR auf den anderen Strecken, die Wettbewerbsbedenken wecken, würde daher den wettbewerbsschädlichen Wirkungen des Zusammenschlusses auf diesen Strecken nicht entgegenwirken. Daher ist es nicht erforderlich festzustellen, ob die Flüge ab ANR und die Flüge ab BRU zum selben Markt gehören.
c.
Flughafen Lüttich (LGG)
(104) Der Flughafen Lüttich ist 98 km von Brüssel entfernt. Gegenwärtig werden von diesem Flughafen aus lediglich sechs Ziele angeflogen, bei denen es sich überwiegend um Urlaubs-/Charterziele handelt. Da keine der Strecken, die im vorliegenden Fall Wettbewerbsbedenken wecken, diesen Merkmalen entspricht, ist die Kommission der Ansicht, dass der Flughafen Lüttich im vorliegenden Fall kein Substitut für den Flughafen Brüssel darstellt.
2.
BEHANDLUNG DER ALLIANZPARTNER VON LH
2.1
Der Standpunkt des Anmelders
(105) Der Anmelder bringt vor, dass es unangebracht wäre, irgendwelche seiner Allianzpartner wie am angemeldeten Zusammenschluss beteiligte Unternehmen zu behandeln. Erstens gebe es keine Rechtsgrundlage für eine solche Behandlung, da die Fusionskontrollverordnung keine Bewertung von „Ausstrahlungseffekten“ zwischen Unternehmen vorsehe, die unabhängig bleiben. Zweitens würden sich die fraglichen Allianzen nicht auf die Wettbewerbsanreize der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auswirken, da jene Strecken von SN, die sich mit Strecken von LH-Allianzpartnern überschnitten, nicht Gegenstand der entsprechenden Vereinbarungen über Gemeinschaftsunternehmen seien. Zudem würden diese Vereinbarungen nicht automatisch auf SN ausgedehnt. Der Eintritt von SN in eine dieser Vereinbarungen müsse in Zukunft von Fall zu Fall geprüft werden. Abgesehen davon könnten diese Vereinbarungen gemäß Artikel 81 des Vertrags überprüft werden, sollte SN sich ihnen anschließen.
2.2
Der Standpunkt der Kommission
Bestimmung der betroffenen Märkte
(106) Was die Bestimmung der betroffenen Märkte anbelangt, so handelt es sich bei den horizontal betroffenen Märkten um die relevanten Produktmärkte, auf denen die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen geschäftlich tätig sind, weshalb der Zusammenschluss dort fusionsspezifische Wirkungen entfaltet. Entsprechend sind Produktmärkte, auf denen sich die Tätigkeit eines der beteiligten Unternehmen und die eines dritten Unternehmens überlappen, im Prinzip nicht Gegenstand der Untersuchung, da der Zusammenschluss wahrscheinlich keine fusionsspezifischen Auswirkungen auf diese Märkte haben wird. Ein Zusammenschluss kann jedoch auch erhebliche Auswirkungen auf einen anderen Markt haben, und in einem solchen Fall sollten die Auswirkungen auf den Wettbewerb auf einem solchen Markt ebenfalls untersucht werden.
(107) Im Flugverkehrssektor ist dies insbesondere dort der Fall, wo eine Untersuchung der Fakten darauf hindeutet, dass mit dem Zusammenschluss direkt oder als absehbare Folge zwischen einem der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen und einem engen Partner des anderen beteiligten Unternehmens enge Verbindungen geknüpft werden, was zum Beispiel beim Zusammenschluss Air France/KLM zwischen KLM und Alitalia der Fall war. In solchen Fällen würden die Wettbewerbsanreize tatsächlich durch den Zusammenschluss verändert.
(108) Im vorliegenden Fall [werfen die Kooperationsvereinbarungen zwischen LH und seinen Allianzpartnern SAS, LOT und Austrian Airlines in keiner Weise Bedenken auf, dass der Zusammenschluss den Anreiz für diese Fluggesellschaften senken würde, nach dem Zusammenschluss mit SNAH zu konkurrieren]*. Daher ist nicht zu erwarten, dass die Beziehungen zwischen SN und dem LH-Partner Austrian Airlines fusionsspezifische Ausstrahlungseffekte haben werden.
(109) In Anbetracht dessen sollten die Partner von LH bei der Bestimmung der betroffenen Märkte nicht berücksichtigt werden.
109Vergleiche Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl L 133, 30.4.2004, S.1), Absatz III (a).
(110) In der Wettbewerbsanalyse der betroffenen Märkte muss die Beziehung zwischen den Fluggesellschaften und deren Auswirkung auf ihre Wettbewerbsanreize nach dem Zusammenschluss Strecke für Strecke untersucht werden. Stellt sich heraus, dass eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen und ein drittes Unternehmen infolge des Zusammenschlusses einen geringeren Wettbewerbsanreiz haben werden, so muss diese Tatsache in der Beurteilung qualitativ berücksichtigt werden.
(111) Im gegenständlichen Fall hat LH weit reichende Kooperationsvereinbarungen mit einer Reihe von Partnern der Star Alliance. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Austrian Airlines und SAS, mit denen LH auf zahlreichen Strecken die Tarife und Flugpläne koordiniert. Im Gegensatz dazu sehen die Vereinbarungen zwischen LH und anderen Partnern der European Star Alliance keine Koordinierung der Tarife auf europäischen Strecken vor.
(112) Das Maß an Wettbewerb zwischen LH und ihren Allianzpartnern wird daher in der folgenden wettbewerbsrechtlichen Würdigung von Strecke zu Strecke im Einzelnen beurteilt werden.
(113) Die Strecke Brüssel-Frankfurt (BRU-FRA) weist ein einigermaßen hohes Verkehrsaufkommen auf, wenn man die Passagiere sämtlicher Fluggesellschaften berücksichtigt ([450 000–500 000]* Passagiere im Jahr 2008), aber diese Passagiere sind in ihrer großen Mehrheit Transferpassagiere. Als O&D-Strecke hatte BRU-FRA im Jahr 2008 lediglich [100 000–150 000]* Passagiere. Die Umfrage unter den Passagieren hat gezeigt, dass diese Strecke vor allem für Geschäftsreisende interessant ist: [80–90]*% aller O&D-Passagiere reisen aus beruflichen Gründen. Der ungefähre Wert des O&D-Marktes beläuft sich auf [0–50]*Mio. EUR.
(114) LH bietet auf dieser Strecke täglich acht Flüge an, und SN fliegt zweimal täglich auf der Strecke BRU-FRA. SN nahm diese Route im April 2006 in Betrieb. Es gibt keine andere Fluggesellschaft, die eine konkurrierende Verbindung auf dieser Strecke anbieten würde. Der gemeinsame Marktanteil der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen an den Direktflügen auf dieser Strecke liegt daher bei 100 %.
(115) Die Deutsche Bahn bietet zwischen Brüssel und Frankfurt sowohl direkte als auch indirekte Zugverbindungen an, womit sich die Frage stellt, ob diese Verbindungen in den relevanten Markt einbezogen werden sollten. Die folgende Tabelle 1 gibt Aufschluss darüber, wie die Marktanteile bei zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen
Passagieren aussehen, je nachdem, welche der beiden alternativen Marktdefinitionen man heranzieht. Indirekte Zugverbindungen sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt, da keine zuverlässige Schätzung der Zahl der Passagiere möglich ist, die diese indirekten Verbindungen in Anspruch nehmen. Eine Berücksichtigung der indirekten Zugverbindungen würde sich jedoch nicht auf das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung auswirken, da sie auf der Beseitigung der Nähe des Wettbewerbs zwischen den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen beruht.
Zahlen für die Strecke BRU-FRA, 2008
Ausschließlich Bahn
Einschließlich Bahn
Nicht Alle Nicht Alle Zeitabhängig ZeitabhängigzeitabhängigPassagiere zeitabhängigPassagiere
[60 000–70 000]* [80 000–90 000]* [100 000–150 000]* [50 000-100 000]* [100 000-200 000]* [200 000-300 000] PassagierePassagierePassagierePassagierePassagierePassagiere
[10–20]*% [30–40]*% [20–30]*% [10-20] % [10-20] % [10-20] %
LH (einschl. LX) [80–90]*% [60–70]*% [70–80]*% [60-70] % [30-40] % [40-50] %
Gemeinsam 100 %
100 %
100 %
[80-90] % [50-60] % [60-70] %
Deutsche Bahn
110Quelle: Von den beteiligten Unternehmen und der Deutschen Bahn bereitgestellte Umsatzzahlen
(116) Frankfurt wird von zwei Flughäfen versorgt, nämlich dem Frankfurt International Airport (FRA) und Frankfurt-Hahn (HHN). Sowohl SN als auch LH fliegen von BRU nach FRA. Ryanair hat Stützpunkte in CRL und in HHN, doch da diese Fluglinie nicht auf der Strecke CRL-HHN tätig ist und nichts darauf hindeutet, dass sie die Inbetriebnahme einer solchen Verbindung beabsichtigt, ist es für die Zwecke der gegenständlichen Analyse nicht erforderlich festzustellen, ob HHN ein Substitut für FRA sein könnte.
(117) Nach Angabe der beteiligten Unternehmen stellen die Zugverbindungen auf dieser Strecke eine wettbewerbsfähige Alternative dar, da [30–40]*% der zwischen diesen Städten Reisenden mit dem Zug fahren. Würden die Zugverbindungen in den Markt einbezogen, so beliefe sich der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen auf [80–90]*% bei den zeitabhängigen Passagieren und auf [50–60]*% bei den nicht zeitabhängigen Passagieren. Selbst wenn die Bahn Teil desselben Marktes wäre,
wäre der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen nach dem Zusammenschluss also in beiden Segmenten sehr hoch sein. Zudem sind Bahn- und Flugverbindungen differenzierte Produkte, weshalb die Marktanteile nicht unbedingt genau zeigen, in welchem Maß die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben (wenn LH und SN besonders nahe Substitute sind, führt die Betrachtung der Marktanteile auf einem aus Flug- und Bahnverbindungen bestehenden Markt möglicherweise dazu, dass das Maß an Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen unterschätzt wird).
(118) Die Deutsche Bahn bietet jeden Tag drei direkte Zugverbindungen an. Zudem bieten Thalys und Deutsche Bahn täglich sechs indirekte Verbindungen über Köln an. Zieht man lediglich die reine Fahrzeit heran, so dauert die Zugreise gegenwärtig etwa 3 Stunden 30 Minuten bei Direktverbindungen und zwischen 3 Stunden 48 Minuten und 4 Stunden 18 Minuten bei indirekten Verbindungen. Die Fahrzeit wird jedoch in naher Zukunft durch neue Hochgeschwindigkeitsbahnen verkürzt werden. Im Juli 2009 wird die Deutsche Bahn eine Direktverbindung Brüssel-Frankfurt mit einer Fahrzeit von etwas mehr als 3 Stunden anbieten, und auch die Fahrzeit auf der indirekten Verbindung von Thalys/Deutscher Bahn wird ab Jahresende 2009 um etwa 30 Minuten verkürzt werden. Der Flug dauert insgesamt 60-70 Minuten.
(119) Um die Gesamtreisezeit von Stadtzentrum zu Stadtzentrum vergleichen zu können, müssen auch die Fahrt zum/vom Flughafen, das Check-in usw. berücksichtigt werden. Wie aus der folgenden Tabelle 2 hervorgeht, schätzt die Kommission die Gesamtdauer einer Flugreise auf insgesamt 2,5 bis 3 Stunden. Das ist eindeutig weniger als die Dauer der reinen Zugfahrt (selbst wenn man die Fahrt vom/zum Bahnhof, Ein- und Ausstieg usw. außer Acht lässt).
Abschnitt
Dauer
Stadtzentrum Brüssel bis Flughafen Brüssel 20 Minuten
Check-in/Boarding 30-60 Minuten
Flug 60-70 Minuten
Ankunft/Abfertigung 15 Minuten
Flughafen Frankfurt bis Stadtzentrum Frankfurt 20 Minuten
Gesamt 2 Stunden 25 Minuten – 3 Stunden 5 Minuten
(120) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Zugverbindung habe gemessen an der Gesamtreisezeit einen klaren Vorteil, insbesondere für zeitabhängige Geschäftsreisende. LH ist der Ansicht, die von der Kommission errechnete Gesamtdauer einer Flugreise sei unrealistisch, da sie (i) die Fahrzeit vom Stadtzentrum zum Flughafen, (ii) das Einchecken zeitabhängiger Passagiere und (iii) die Verzögerungen bei Ankunft/Abflug unterschätze. LH schätzt die Gesamtdauer der Flugreise auf 3 Stunden 15 Minuten.
(121) Selbst wenn man die von LH geschätzte Gesamtreisezeit von 3 Stunden 15 Minuten zugrunde legen würde, behält die Schlussfolgerung der Kommission ihre Gültigkeit, dass die Flugreise auch nach der Verkürzung der Dauer der Zugreise einen Vorteil vor dieser haben wird. Während LH bei der Beurteilung der Flugdauer sämtliche Bestandteile der Reise sorgfältig einbezieht, berücksichtigt es im Fall der Zugreise ausschließlich die reine Fahrzeit. Doch da der Bahnhof für die meisten Reisenden nicht der eigentliche Ausgangspunkt oder das Ziel ihrer Reise ist, muss eine realistische Einschätzung der gesamten Reisezeit im Zug auch die durchschnittliche Fahrzeit zwischen dem Bahnhof und dem tatsächlichen Ausgangspunkt und Bestimmungsort beinhalten. In einer großen Stadt wie Brüssel oder Frankfurt wird sich diese Fahrtzeit vermutlich auf mindestens 20 Minuten belaufen. Genauso wenig berücksichtigt LH die Zeit, die bei einer Zugreise für das Ein- und Aussteigen benötigt wird. Obwohl die Reisenden bei Thalys- oder ICE-Verbindungen nicht einchecken müssen, brauchen sie etwa 10 Minuten vom Eingang des Bahnhofs bis zum Zug und bei der Ankunft weitere 10 Minuten, um auszusteigen und zum Ausgang zu gelangen. Des Weiteren weist LH auf Flugverspätungen hin, lässt jedoch mögliche Zugverspätungen außer Acht. Doch insbesondere bei indirekten Bahnverbindungen kann es zu erheblichen Verspätungen kommen, denn durch eine Verspätung auf einem Abschnitt der Strecke kann der Reisende den Anschlusszug verpassen, was eine Verspätung von mehreren Stunden zur Folge haben kann. Daher sollten zur reinen Fahrzeit bei einer Zugreise mindestens 60 Minuten hinzugerechnet werden, womit man bei einer direkten Zugverbindung ab Juli 2009 auf eine Gesamtreisezeit von 4 Stunden (und von 4 Stunden 30 Minuten bei einer indirekten Zugverbindung) zwischen dem tatsächlichen Ausgangspunkt der Reise und dem Zielort kommt.
(122) Die Wettbewerber, die im Rahmen der Marktuntersuchung auf die Fragen der Kommission geantwortet haben, sind im Allgemeinen der Meinung, die Bahn- und Flugverbindungen auf der Strecke BRU-FRA seien bis zu einem gewissen Grad substituierbar, unterscheiden jedoch klar zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren. Die meisten Wettbewerber sind der Ansicht, auf der Strecke BRU-FRA stellten die Zugverbindungen für zeitabhängige Passagiere keine echte Alternative zu den Flugverbindungen dar, während die große Mehrheit der Meinung ist, die Bahn sei eine Alternative für nicht zeitabhängige Passagiere. Die Billigfluglinie easyJet hat erklärt, sie habe aufgrund der „möglichen Konkurrenz seitens der Zugverbindungen” der Deutschen Bahn kein Interesse an dieser Strecke.
114Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 99-103.
1157 von 13 Wettbewerbern, die Frage 19 im Phase I-Fragebogen beantwortet haben, sind der Meinung, dass Bahnverbindungen auf der Strecke BRU-FRA für zeitabhängige Passagiere keine echte Alternative zu Flugverbindungen darstellen, während 3 Wettbewerber eine echte Alternative darin sehen und 3 Wettbewerber keine klare Antwort gegeben haben. 10 von 12 Wettbewerbern, die diese Frage in Bezug auf nicht zeitabhängige Passagiere beantwortet haben, sind der Meinung, dass Bahnverbindungen auf der Strecke BRU-FRA eine echte Alternative zu den Flugverbindungen darstellen, während 2 Wettbewerber dies verneinten.
(123) Nur eine Minderheit der im Rahmen der Marktuntersuchung Befragten (insbesondere Unternehmenskunden und Reisebüros) ist der Ansicht, dass die Bahn für zeitabhängige Passagiere eine glaubwürdige Alternative zum Flugzeug ist. Beispielsweise nutzt die große Mehrheit der Unternehmenskunden die Bahn nur für einen geringen Teil (weniger als 10 %) ihrer Reisen auf der Strecke BRU-FRA, und zwar üblicherweise nur unter außergewöhnlichen Umständen (zum Beispiel auf ausdrückliche Bitte des Reisenden). Die Mehrheit der Unternehmenskunden stellt keine Vergleiche zwischen den Preisen von Bahn- und Flugreisen an, und die große Mehrheit dieser Kunden gibt an, im Fall einer Preiserhöhung von 5-10 % bei den Flugreisen nicht auf die Bahn umzusteigen. Auch die Reisebüros erklären, die große Mehrheit der Unternehmenskunden verlange ausdrücklich Flugtickets für Reisen auf dieser Strecke, anstatt gezielt eine Zugfahrkarte zu verlangen, die Tarife für Flug- und Bahnreisen zu vergleichen oder keine spezifischen Wünsche zu äußern.
116Vergleiche die Antwort von easyJet auf Frage 35 im Phase I-Fragebogen.
117Vergleiche die Antwort der Deutschen Bahn auf Frage 19 im Phase I-Fragebogen.
118Vergleiche beispielsweise eine Präsentation der Deutschen Bahn aus dem Jahr 2006, in der auf Seite 8 die Reisezeit von Zug und Flugzeug auf verschiedenen Strecken verglichen wird, darunter Frankfurt-Brüssel: http://www.uic.asso.fr/html/gv/cv-formagv2006/docs/jeudi/4_2206_osellnick_en.pdf.
(124) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Antworten auf die im Rahmen der Marktuntersuchung gestellten Fragen zeigten, dass die Bahn bereits hinsichtlich aller Kategorien von Reisenden beträchtlichen Wettbewerbsdruck ausübe. Was die Ansicht der Wettbewerber anbelangt, so entsprechen die von LH angeführten Beispiele der Einschätzung der Kommission, dass diese Antworten die Aufnahme der Bahnverbindungen in den relevanten Markt für nicht zeitabhängige Passagiere rechtfertigen, während sie nur bedingt für eine Aufnahme in den relevanten Markt für nicht zeitabhängige Passagiere sprechen. Was die Antworten der Unternehmenskunden anbelangt, so führt LH nur sehr wenige Antworten von Unternehmenskunden an, die seine Argumentation stützen. LH bestreitet nicht, dass die Unternehmenskunden kaum Zugverbindungen nutzen und im Fall einer Erhöhung der Flugtarife nicht auf die Bahn umsteigen würden. Darüber hinaus sind die von LH vorgelegten Statistiken nicht repräsentativ, da sie sich nur auf die Antworten stützen, die LH zugänglich waren.
(125) Die Unternehmenskunden ziehen Flugreisen wegen der günstigeren Abflugzeiten und der höheren Frequenz der Verbindungen vor, obwohl die Bahn Rückreisen am selben Tag ermöglicht. Tatsächlich trifft der erste Morgenzug um 10:30 Uhr in Frankfurt und um 11:00 Uhr in Brüssel ein, während zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Flugzeuge von LH und eine Maschine von SN auf jedem der beiden Flughäfen gelandet sind. Somit bieten die Fluggesellschaften Geschäftsreisenden günstigere Verbindungen an, um geschäftliche Termine am Morgen wahrnehmen zu können. Am Abend fahren die letzten direkten Züge um 18:29 Uhr in Frankfurt und um 17:59 Uhr in Brüssel ab, während die letzten Flugzeuge Frankfurt um 21:05 Uhr und Brüssel um 20:20 Uhr verlassen. Eine Reihe von Unternehmenskunden hat zudem erklärt, nur direkte Zugverbindungen in Betracht zu ziehen.
(126) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Bahn biete der großen Mehrheit der zeitabhängigen Passagiere geeignete Fahrpläne. LH ist der Meinung, die Vorteile der Abflugzeiten seien geringer als von der Kommission vertreten, da die Kommission die Gesamtreisezeiten nicht berücksichtigt habe und da die verkürzte Fahrzeit ab Juli 2009 den Bahngesellschaften die Möglichkeit geben werde, die Fahrpläne der Hochgeschwindigkeitsbahn zu optimieren. LH bringt zudem vor, die Befragung der Passagiere habe bestätigt, dass die Fahrpläne für Zugverbindungen keinerlei Nachteil hätten und dass die Fluggesellschaften nicht in der Lage seien, Kunden zu identifizieren, die auf spezifische Flugzeiten angewiesen seien.
(127) Doch wie in Erwägungsgrund 126 erwähnt, berücksichtigt LH nur bei den Flugreisen die Gesamtreisezeit, ohne bei den Zugreisen die Ein- und Ausstiegszeit und die Fahrzeiten nach der Ankunft des Zugs im Bahnhof einzubeziehen. Das ist nicht realistisch. Unabhängig davon bestreitet LH nicht, dass die Flugpläne Vorteile gegenüber den Zugfahrplänen haben. Die Verkürzung der Fahrzeit bei Zugreisen wird bestenfalls die Ankunft der ersten Züge um 30 Minuten vorziehen (10:00 Uhr in Frankfurt und 10:30 Uhr in Brüssel), was nichts an der Schlussfolgerung ändert. Darüber hinaus hat die Befragung der Passagiere gezeigt, dass 45 % der Flugreisenden das Flugzeug wegen der angenehmen Zeiten wählen, was im Fall der Zugreisen nur für 19 % der Passagiere gilt; dieses Ergebnis deckt sich mit dem Vorteil der Flugpläne. Schließlich ist die Tatsache, dass die Fluggesellschaften nicht in der Lage sind, die Passagiere zu identifizieren, die Flüge am frühen Morgen oder am späten Abend vorziehen, nicht relevant: Die relevante Tatsache ist, dass die Bahn insbesondere für zeitabhängige Passagiere verglichen mit dem Flugzeug eine deutlich schwächere Alternative darstellt.
(128) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH auch vor, dass Zugreisen gegenüber Flugreisen den Vorteil hätten, dass der Großteil der Reisezeit als Arbeitszeit genutzt werden könne, weshalb Zugverbindungen komfortabler für zeitabhängige Passagiere seien. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass nur die drei täglichen direkten Zugverbindungen diesen größeren Komfort aufweisen, während der Komfort bei den übrigen indirekten Verbindungen eindeutig geringer ist als bei Flugreisen: bei den indirekten Zugverbindungen müssen die Reisenden ein- bis zweimal umsteigen und bis zu 35 Minuten Wartezeit zwischen zwei Zügen in Kauf nehmen. Obendrein müssen die Passagiere das Risiko auf sich nehmen, den Anschlusszug zu verpassen und ihr Ziel erst mit mehrstündiger Verspätung zu erreichen. Zweitens zeigen die Ergebnisse der Marktuntersuchung, dass der behauptete größere Komfort die mit der längeren Dauer der Reise und den ungünstigeren Ankunftszeiten verbundenen Unannehmlichkeiten nicht ausgleichen kann. Es ist richtig, dass einige Unternehmenskunden den Komfort als Vorteil des Hochgeschwindigkeitszugs nennen. Aber auch diese Kunden nutzen den Zug nur für einen geringen Teil ihrer Geschäftsreisen auf der Strecke BRU-FRA, was zeigt, dass der Komfort kein wichtiges Kriterium für ihre Wahl ist.
(129) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH auch vor, die Kommission habe in früheren Fällen (M.3940 Lufthansa/Eurowings und 38.477 British Airways/SN Brussels) den intermodalen Wettbewerb trotz längerer Reisezeiten im Zug und geringerer Frequenz der Zugverbindungen anerkannt. Dazu ist zunächst festzustellen, dass der intermodale Wettbewerb in jedem Fall gesondert beurteilt werden muss und dass es keine allgemeine, auf der Reisedauer beruhende Regel für die Substituierbarkeit zwischen Flugzeug und Hochgeschwindigkeitsbahn gibt. Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Rahmen des Verfahrens entsprechend Artikel 6(1)(c) der Fusionskontrollverordnung eine gründliche Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnisse zwangsläufig zuverlässiger sind als die einer abgekürzten Untersuchung wie jener in der Sache Lufthansa/Eurowings. Zweitens decken sich die von LH genannten Präzedenzfälle mit der Einschätzung der Kommission im vorliegenden Fall. Im Fall des Zusammenschlusses Lufthansa/Eurowings hatte die direkte Hochgeschwindigkeitsverbindung eine höhere Frequenz als die addierten Flugverbindungen der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen und bot zeitabhängigen Passagieren trotz einer längeren Reisezeit daher größere Flexibilität. Jene Situation ist nicht mit der auf der Strecke BRU-FRA vergleichbar, wo die Flugverbindungen sowohl gemessen an der Reisezeit als auch gemessen an der Frequenz einen klaren Vorteil gegenüber den direkten Zugverbindungen haben.
(130) In der Wettbewerbssache British Airways/SN Brussels dauerte die Fahrt mit dem direkten Hochgeschwindigkeitszug 2 Stunden 25 Minuten und war damit deutlich kürzer als im vorliegenden Fall. Zudem war die tägliche Frequenz der Zugverbindungen höher als die aller Fluggesellschaften, die auf dieser Strecke tätig waren, womit die Bahn den Fluggesellschaften sowohl bezüglich der Reisedauer als auch bezüglich der Flugfrequenz Konkurrenz machen konnte. Daher gelangte die Kommission zu dem richtigen Schluss, dass der Hochgeschwindigkeitszug demselben relevanten Markt wie die Flugverbindungen zugerechnet werden musste. Jene Schlussfolgerung trifft auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu.
(131) Die Ergebnisse der Kundenumfrage deuten darauf hin, dass der von der Bahn auf die Flugtarife ausgeübte Wettbewerbsdruck geringer ist als der Druck, den die Fluggesellschaften aufeinander ausüben. Da die Nähe des Wettbewerbs zwischen LH und SN auf der Strecke BRU-FRA in der Umfrage nicht direkt untersucht wurde, kann die Nähe des Wettbewerbs zwischen den Fluggesellschaften auf den Strecken BRU-BER und BRU-LGW annäherungsweise als Benchmark herangezogen werden. Die Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass sich etwa 29 % der Flugreisenden nach FRA bei der Buchung ihres Flugtickets über die Bahntarife und Fahrpläne informieren. Demgegenüber informieren sich mehr als 60 % der Reisenden auf den Strecken nach LGW und BER über die Tarife/Flugpläne der verschiedenen Fluggesellschaften. Nur 7 % (9 %, wenn die unentschiedenen Antworten nicht mitgezählt werden) der Flugreisenden nach FRA erklären, sie würden im Fall einer Preiserhöhung auf die Bahn umsteigen. Demgegenüber würden mehr als 25 % der Reisenden einen Wechsel zu einer anderen Fluggesellschaft erwägen, sollte sich ihr Flugticket auf den Strecken nach LGW und BER um 5-10 % verteuern.
128Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 106-107.
129Sache M.3940 Lufthansa/Eurowings, Erwägungsgrund 61.
130Sache 38.477 British Airways/SN Brussels, Erwägungsgrund 21.
131Anhang III, Absatz 78.
(132) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Tatsache, dass schon heute 7 % (9 %, wenn unentschiedene Fragen nicht mitgezählt werden) der Reisenden aller Kategorien, die auf die SSNIP-Frage geantwortet haben, im Fall einer Preiserhöhung um 5-10 % auf die Bahn umsteigen würden, deute darauf hin, dass die Bahn erheblichen Wettbewerbsdruck auf die Fluggesellschaften ausübe. Um dieses Argument zu stützen, hat CRA, der Wirtschaftsberater von LH, eine kritische Verlustanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse der Analyse sprechen nach Ansicht des Anmelders für eine umfassende Marktdefinition, die neben den Flug- auch die Bahnverbindungen einschließt. In Anbetracht der Tatsache, dass eine eher geringe Zahl von Flugreisenden erklärt hat, sie würden in Reaktion auf eine SSNIP auf die Bahn umsteigen, wird zweitens die Zuverlässigkeit der Antworten auf die Wechselfrage angezweifelt, und LH vertritt die Ansicht, die Wechselneigung werde unterschätzt. Drittens wird die Verwendung des Wettbewerbs unter den Fluggesellschaften als Benchmark in Frage gestellt. Diese Kritikpunkte werden in den Erwägungsgründen 133 bis 136 behandelt.
(133) Bezüglich der kritischen Verlustanalyse hat die Kommission bereits in den Erwägungsgründen 85 bis 95 die konzeptuellen Probleme erläutert, unter denen die kritische Verlustanalyse in diesem Wirtschaftszweig leidet, darunter vor allem die Schwierigkeit, richtig einzuschätzen, ob ein hypothetischer Monopolist, der sich der Preisdifferenzierung bedient, die Durchschnittspreise mit Gewinn erhöhen könnte, sowie die Schwierigkeiten bei der richtigen Einschätzung der zur Berechnung der Margen herangezogenen Kosten. Trotz dieser erheblichen Vorbehalte – diese Probleme können zu einer Unterschätzung des kritischen Verlusts führen – deuten die Umfrageergebnisse darauf hin, dass der tatsächliche Verlust auf der Strecke BRU-FRA für einen alle Passagiere umfassenden Markt so anzusetzen ist, dass eine Preiserhöhung von 10 % rentabel wäre, da nur sehr wenige Reisende auf die Bahn umsteigen würden. Der CRA-Bericht gelangt zu dem Schluss, dass „dieses Szenario daher als Grenzfall bezüglich der Frage betrachtet werden kann, ob der Test des kritischen Verlusts bestanden würde“.
(134) Mit Blick auf dieses Ergebnis, das nicht eindeutig für die Aufnahme der Zugverbindungen in denselben Markt spricht, wird im CRA-Bericht der kritische Verlust auf der Strecke BRU-FRA als nicht signifikant erachtet. Die Kommission hat LH mittlerweile Zugang zu einer anonymisierten Zusammenfassung aller Antworten aus den Phase II-Fragebögen gewährt.
(127) Doch wie in Erwägungsgrund 126 erwähnt, berücksichtigt LH nur bei den Flugreisen die Gesamtreisezeit, ohne bei den Zugreisen die Ein- und Ausstiegszeit und die Fahrzeiten nach der Ankunft des Zugs im Bahnhof einzubeziehen. Das ist nicht realistisch. Unabhängig davon bestreitet LH nicht, dass die Flugpläne Vorteile gegenüber den Zugfahrplänen haben. Die Verkürzung der Fahrzeit bei Zugreisen wird bestenfalls die Ankunft der ersten Züge um 30 Minuten vorziehen (10:00 Uhr in Frankfurt und 10:30 Uhr in Brüssel), was nichts an der Schlussfolgerung ändert. Darüber hinaus hat die Befragung der Passagiere gezeigt, dass 45 % der Flugreisenden das Flugzeug wegen der angenehmen Zeiten wählen, was im Fall der Zugreisen nur für 19 % der Passagiere gilt; dieses Ergebnis deckt sich mit dem Vorteil der Flugpläne. Schließlich ist die Tatsache, dass die Fluggesellschaften nicht in der Lage sind, die Passagiere zu identifizieren, die Flüge am frühen Morgen oder am späten Abend vorziehen, nicht relevant: Die relevante Tatsache ist, dass die Bahn insbesondere für zeitabhängige Passagiere verglichen mit dem Flugzeug eine deutlich schwächere Alternative darstellt.
(128) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH auch vor, dass Zugreisen gegenüber Flugreisen den Vorteil hätten, dass der Großteil der Reisezeit als Arbeitszeit genutzt werden könne, weshalb Zugverbindungen komfortabler für zeitabhängige Passagiere seien. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass nur die drei täglichen direkten Zugverbindungen diesen größeren Komfort aufweisen, während der Komfort bei den übrigen indirekten Verbindungen eindeutig geringer ist als bei Flugreisen: bei den indirekten Zugverbindungen müssen die Reisenden ein- bis zweimal umsteigen und bis zu 35 Minuten Wartezeit zwischen zwei Zügen in Kauf nehmen. Obendrein müssen die Passagiere das Risiko auf sich nehmen, den Anschlusszug zu verpassen und ihr Ziel erst mit mehrstündiger Verspätung zu erreichen. Zweitens zeigen die Ergebnisse der Marktuntersuchung, dass der behauptete größere Komfort die mit der längeren Dauer der Reise und den ungünstigeren Ankunftszeiten verbundenen Unannehmlichkeiten nicht ausgleichen kann. Es ist richtig, dass einige Unternehmenskunden den Komfort als Vorteil des Hochgeschwindigkeitszugs nennen. Aber auch diese Kunden nutzen den Zug nur für einen geringen Teil ihrer Geschäftsreisen auf der Strecke BRU-FRA, was zeigt, dass der Komfort kein wichtiges Kriterium für ihre Wahl ist.
(129) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH auch vor, die Kommission habe in früheren Fällen (M.3940 Lufthansa/Eurowings und 38.477 British Airways/SN Brussels) den intermodalen Wettbewerb trotz längerer Reisezeiten im Zug und geringerer Frequenz der Zugverbindungen anerkannt. Dazu ist zunächst festzustellen, dass der intermodale Wettbewerb in jedem Fall gesondert beurteilt werden muss und dass es keine allgemeine, auf der Reisedauer beruhende Regel für die Substituierbarkeit zwischen Flugzeug und Hochgeschwindigkeitsbahn gibt. Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Rahmen des Verfahrens entsprechend Artikel 6(1)(c) der Fusionskontrollverordnung eine gründliche Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnisse zwangsläufig zuverlässiger sind als die einer abgekürzten Untersuchung wie jener in der Sache Lufthansa/Eurowings. Zweitens decken sich die von LH genannten Präzedenzfälle mit der Einschätzung der Kommission im vorliegenden Fall. Im Fall des Zusammenschlusses Lufthansa/Eurowings hatte die direkte Hochgeschwindigkeitsverbindung eine höhere Frequenz als die addierten Flugverbindungen der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen und bot zeitabhängigen Passagieren trotz einer längeren Reisezeit daher größere Flexibilität. Jene Situation ist nicht mit der auf der Strecke BRU-FRA vergleichbar, wo die Flugverbindungen sowohl gemessen an der Reisezeit als auch gemessen an der Frequenz einen klaren Vorteil gegenüber den direkten Zugverbindungen haben.
(130) In der Wettbewerbssache British Airways/SN Brussels dauerte die Fahrt mit dem direkten Hochgeschwindigkeitszug 2 Stunden 25 Minuten und war damit deutlich kürzer als im vorliegenden Fall. Zudem war die tägliche Frequenz der Zugverbindungen höher als die aller Fluggesellschaften, die auf dieser Strecke tätig waren, womit die Bahn den Fluggesellschaften sowohl bezüglich der Reisedauer als auch bezüglich der Flugfrequenz Konkurrenz machen konnte. Daher gelangte die Kommission zu dem richtigen Schluss, dass der Hochgeschwindigkeitszug demselben relevanten Markt wie die Flugverbindungen zugerechnet werden musste. Jene Schlussfolgerung trifft auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu.
(131) Die Ergebnisse der Kundenumfrage deuten darauf hin, dass der von der Bahn auf die Flugtarife ausgeübte Wettbewerbsdruck geringer ist als der Druck, den die Fluggesellschaften aufeinander ausüben. Da die Nähe des Wettbewerbs zwischen LH und SN auf der Strecke BRU-FRA in der Umfrage nicht direkt untersucht wurde, kann die Nähe des Wettbewerbs zwischen den Fluggesellschaften auf den Strecken BRU-BER und BRU-LGW annäherungsweise als Benchmark herangezogen werden. Die Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass sich etwa 29 % der Flugreisenden nach FRA bei der Buchung ihres Flugtickets über die Bahntarife und Fahrpläne informieren. Demgegenüber informieren sich mehr als 60 % der Reisenden auf den Strecken nach LGW und BER über die Tarife/Flugpläne der verschiedenen Fluggesellschaften. Nur 7 % (9 %, wenn die unentschiedenen Antworten nicht mitgezählt werden) der Flugreisenden nach FRA erklären, sie würden im Fall einer Preiserhöhung auf die Bahn umsteigen. Demgegenüber würden mehr als 25 % der Reisenden einen Wechsel zu einer anderen Fluggesellschaft erwägen, sollte sich ihr Flugticket auf den Strecken nach LGW und BER um 5-10 % verteuern.
128Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 106-107.
129Sache M.3940 Lufthansa/Eurowings, Erwägungsgrund 61.
130Sache 38.477 British Airways/SN Brussels, Erwägungsgrund 21.
131Anhang III, Absatz 78.
(132) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Tatsache, dass schon heute 7 % (9 %, wenn unentschiedene Fragen nicht mitgezählt werden) der Reisenden aller Kategorien, die auf die SSNIP-Frage geantwortet haben, im Fall einer Preiserhöhung um 5-10 % auf die Bahn umsteigen würden, deute darauf hin, dass die Bahn erheblichen Wettbewerbsdruck auf die Fluggesellschaften ausübe. Um dieses Argument zu stützen, hat CRA, der Wirtschaftsberater von LH, eine kritische Verlustanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse der Analyse sprechen nach Ansicht des Anmelders für eine umfassende Marktdefinition, die neben den Flug- auch die Bahnverbindungen einschließt. In Anbetracht der Tatsache, dass eine eher geringe Zahl von Flugreisenden erklärt hat, sie würden in Reaktion auf eine SSNIP auf die Bahn umsteigen, wird zweitens die Zuverlässigkeit der Antworten auf die Wechselfrage angezweifelt, und LH vertritt die Ansicht, die Wechselneigung werde unterschätzt. Drittens wird die Verwendung des Wettbewerbs unter den Fluggesellschaften als Benchmark in Frage gestellt. Diese Kritikpunkte werden in den Erwägungsgründen 133 bis 136 behandelt.
(133) Bezüglich der kritischen Verlustanalyse hat die Kommission bereits in den Erwägungsgründen 85 bis 95 die konzeptuellen Probleme erläutert, unter denen die kritische Verlustanalyse in diesem Wirtschaftszweig leidet, darunter vor allem die Schwierigkeit, richtig einzuschätzen, ob ein hypothetischer Monopolist, der sich der Preisdifferenzierung bedient, die Durchschnittspreise mit Gewinn erhöhen könnte, sowie die Schwierigkeiten bei der richtigen Einschätzung der zur Berechnung der Margen herangezogenen Kosten. Trotz dieser erheblichen Vorbehalte – diese Probleme können zu einer Unterschätzung des kritischen Verlusts führen – deuten die Umfrageergebnisse darauf hin, dass der tatsächliche Verlust auf der Strecke BRU-FRA für einen alle Passagiere umfassenden Markt so anzusetzen ist, dass eine Preiserhöhung von 10 % rentabel wäre, da nur sehr wenige Reisende auf die Bahn umsteigen würden. Der CRA-Bericht gelangt zu dem Schluss, dass „dieses Szenario daher als Grenzfall bezüglich der Frage betrachtet werden kann, ob der Test des kritischen Verlusts bestanden würde“.
(134) Mit Blick auf dieses Ergebnis, das nicht eindeutig für die Aufnahme der Zugverbindungen in denselben Markt spricht, wird im CRA-Bericht der kritische Verlust auf der Strecke BRU-FRA als nicht signifikant erachtet. Die Kommission hat LH mittlerweile Zugang zu einer anonymisierten Zusammenfassung aller Antworten aus den Phase II-Fragebögen gewährt.
(140) Die Marktuntersuchung hat also gezeigt, dass die Bahn auf der Strecke BRU-FRA nur geringen Wettbewerbsdruck auf das Flugzeug ausübt und lediglich ein entfernter Wettbewerber für die beteiligten Unternehmen ist. Im folgenden Abschnitt untersucht die Kommission die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecke BRU-FRA unter Zugrundelegung alternativer Marktdefinitionen, also unter der Annahme getrennter Märkte für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere sowie unter der Annahme eines Gesamtmarktes für alle Passagiere. Die Kommission hat festgestellt, dass bei all diesen Marktdefinitionen Wettbewerbsbedenken bestehen.
Auswirkungen des Zusammenschlusses
Auswirkungen auf den Markt für nicht zeitabhängige Passagiere
(141) Auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere würde der Zusammenschluss selbst dann, wenn man die Deutsche Bahn demselben Markt wie LH und SN zurechnen würde, ein Duopol von LH/SN und Deutscher Bahn schaffen, wobei das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen einen Marktanteil von [50–60]*% hätte. Zudem würde der Zusammenschluss die beiden nächsten Wettbewerber zusammenführen.
(142) Die Ergebnisse der Befragung von Flugreisenden, die mit nicht flexiblen Economy Class Tickets reisten, zeigen, dass die Bahn nur begrenzt Wettbewerbsdruck auf das Flugzeug ausübt. Aus der Umfrage geht hervor, dass nur 10 % der Passagiere mit nicht flexiblen Economy Class Tickets im Fall einer Preiserhöhung auf die Bahn umsteigen würden. Die Tatsache, dass die intermodale Konkurrenz weniger stark ist als die intramodale Konkurrenz, deckt sich auch mit der Erkenntnis, dass sich 38 % der Passagiere mit nicht flexiblen Economy Class Tickets auf der Strecke BRU-FRA vor der Buchung ihres Flugtickets nicht über die Bahntarife/Fahrpläne informierten, während 64 % der Passagiere auf der Strecke BRU-BER und 66 % der Passagiere auf der Strecke BRU-LGW die Tarife der verschiedenen Fluggesellschaften verglichen. 28 % der Passagiere nach FRA mit nicht flexiblen Economy Class Tickets waren in den zwölf Monaten zuvor bereits mit dem Flugzeug nach FRA gereist, während 47 % der Passagiere nach BER und 55 % der Passagiere auf der Strecke nach LGW in diesem Zeitraum schon mit einer anderen Fluggesellschaft geflogen waren.
144Anhang III, Absatz 83.
145Anhang III, Absatz 76. Da die Nähe des Wettbewerbs zwischen LH und SN auf der Strecke BRU-FRA in der Umfrage nicht direkt untersucht wurde, kann die Nähe des Wettbewerbs zwischen SN und LH auf der Strecke nach BER als Benchmark herangezogen werden.
(143) Die Tatsache, dass die beteiligten Unternehmen die nächsten Wettbewerber füreinander sind (während die Bahn ein weiter entfernter Wettbewerber ist), ist auch an der Wirkung des Eintritts von SN auf der Strecke nach Frankfurt zu erkennen, auf die LH reagierte, indem es seine Tarife für nicht flexible Economy Class Tickets senkte, wie aus Abbildung 2 hervorgeht: Der Nettotarif von LH auf dieser Strecke, der vor dem Eintritt von SN über […]*EUR lag, sank nach dem Eintritt des Wettbewerbers auf rund […]*EUR. In der Zeit nach dem Eintritt von SN waren die Preise der nicht flexiblen Economy Class Tickets von LH im Durchschnitt […]*% niedriger als der Durchschnittstarif vor dem Eintritt von SN. Im gesamten untersuchten Zeitraum bot die Deutsche Bahn Zugverbindungen auf dieser Strecke an. Die deutliche Senkung der Tarife infolge des Eintritts von SN zeigt also, dass von SN ein stärkerer Wettbewerbsdruck auf LH ausgeht als von der Bahn. Diese disziplinierende Wirkung würde durch den Zusammenschluss beseitigt, weshalb die Tarife der nicht flexiblen Economy Class Tickets wahrscheinlich wieder auf das Niveau steigen würden, auf dem sie sich bis zum Eintritt von SN befanden.
Abbildung 2: Durchschnittliche nicht flexible Economy Class (ENS)-Tarife von LH und SN auf der Strecke BRU–FRA
[VERTRAULICH]*
(144) Der Kommission liegen auch Daten der Deutschen Bahn zur Strecke BRU-FRA vor, aus denen hervorgeht, dass die Durchschnittstarife für nicht flexible Economy Class Tickets von LH mehr als dreimal so hoch sind wie die Durchschnittstarife der Deutschen Bahn für erstattbare Zweite-Klasse-Tarife, während die Durchschnittstarife für nicht flexible Economy Class Tickets von SN etwa doppelt so hoch sind wie die Durchschnittstarife der Deutschen Bahn für erstattbare Zweite-Klasse-Tarife. Während Preisunterschiede an sich noch kein Beleg dafür sind, dass zwei Produkte verschiedenen Märkten angehören, können beträchtliche Preisunterschiede (wie die in diesem Fall beobachteten) Hinweise auf das Ausmaß der Produktdifferenzierung geben. Diese Beobachtung deckt sich mit der Einschätzung, dass die Deutsche Bahn kein so naher Wettbewerber von SN und LH ist wie die beiden Fluggesellschaften füreinander.
(145) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Analyse der Kommission sei einseitig, da sie außer Acht lasse, dass [der Vergleich der Entwicklung der Erträge von LH auf der Strecke BRU-FRA mit der Entwicklung der Erträge von LH auf den anderen einander überschneidenden deutschen Strecken zeigt, dass auf allen vier Strecken ähnliche allgemeine Tendenzen bestehen, die sich aus einer spezifischen strategischen Maßnahme von LH ergeben, die nicht mit dem
146Anhang III, Absatz 84.
147Sache M.3940 Lufthansa/Eurowings, Erwägungsgrund 61.
148Sache 38.477 British Airways/SN Brussels, Erwägungsgrund 21.
149Anhang III, Absatz 78.
(146) Die Kommission weist die Argumentation von LH zurück. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass die Strecken, die sich für einen Vergleich mit den Tarifen auf der Strecke BRU-FRA eignen, BRU-HAM und BRU-MUC sind. Zu dem Zeitpunkt, als SN auf der Strecke BRU-FRA tätig wurde, war die Strecke BRU-BER bereits vom Wettbewerb zwischen Virgin Express und LH betroffen (anstatt nur zwischen LH und SN wie auf den anderen Strecken), und daher scheint es vernünftig, sich bei der Analyse auf Strecken mit ähnlichen Marktstrukturen zu konzentrieren. Zweitens [besteht eine Differenz zwischen der durchschnittlichen Tarifentwicklung von LH auf der Strecke BRU-FRA im Vergleich zu seiner durchschnittlichen Tarifentwicklung auf den Strecken BRU-HAM und BRU-MUC vor und nach dem Eintritt von SN auf der Strecke BRU-FRA]* (was aus Abbildung 3 klar ersichtlich ist). [Daraus geht hervor, dass sich die Gegenwart von SN auf der Strecke BRU-FRA auf die Preisgestaltung von LH ausgewirkt hat. In Anbetracht der Tatsache, dass die spezifische strategische Maßnahme von LH auf allen Strecken eingeführt wurde, kann die langfristige Entwicklung der Tarife von LH auf der Strecke BRU-FRA in Relation zu den Tarifen auf den Strecken BRU-HAM und BRU-MUC nicht eindeutig auf diese Maßnahme zurückgeführt werden]*.
(147) Darüber hinaus war vor dem Eintritt von SN der Durchschnittstarif auf der Strecke BRU-FRA [ein anderer]* als die Durchschnittstarife auf den Strecken BRU-MUC und BRU-HAM, wo LH bereits im Wettbewerb mit SN stand. Diese Beobachtung deckt sich auch mit der Einschätzung, dass die Bahn vor dem Eintritt von SN keinen wesentlichen Wettbewerbsdruck auf die Tarife der nicht flexiblen Economy Class Tickets von LH ausübte.
Abbildung 3: Nicht flexible Economy Class-Erträge auf der Strecke BRU-FRA verglichen mit BRU-HAM und BRU-MUC
[VERTRAULICH]*
(148) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Zusammenschluss selbst dann, wenn man die Bahnverbindungen als Bestandteil desselben Marktes für nicht zeitabhängige Passagiere betrachtet, die beiden nächsten Wettbewerber SN und LH zusammenführen würde. Daher dürfte der von der Bahn ausgeübte Wettbewerbsdruck allein nicht genügen, um die Beseitigung des nahen Wettbewerbs zwischen den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auszugleichen. Das dürfte sich innerhalb des Zeithorizonts der Fusionskontrolle nicht infolge der Verkürzung der Fahrzeit auf 3 Stunden ändern. Daher wird der Zusammenschluss wahrscheinlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere führen.
149Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 137-140.
Auswirkungen auf den Markt für zeitabhängige Passagiere
(149) Auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere sind Zugverbindungen kein Teil des relevanten Marktes, was bedeutet, dass der Zusammenschluss ein Monopol auf dieser Strecke begründen würde. Doch selbst wenn die Bahnverbindungen dem relevanten Markt zugerechnet würden, hätten die beteiligten Unternehmen nach dem Zusammenschluss einen Marktanteil von [80–90]*%, weshalb die Bahn keinen wesentlichen Wettbewerbsdruck auf das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen ausüben würde.
(150) Die meisten im Rahmen der Marktuntersuchung Befragten (Unternehmenskunden sowie Wettbewerber) sind der Ansicht, dass SN und LH füreinander die nächsten Wettbewerber auf der Strecke BRU-FRA sind. Eine Mehrheit der Unternehmenskunden und eine Reihe von Wettbewerbern sind zudem der Meinung, dass SN wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, da SN zwei tägliche Flüge anbietet und daher eine glaubwürdige Alternative für zeitabhängige Passagiere ist. Die Minderheit der Befragten, die diese Einschätzung nicht teilt, verweist auf die begrenzte Zahl von Flügen, die SN anbietet, und auf den sehr viel umfangreicheren Zubringerverkehr von LH auf dieser Strecke. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestreitet LH nicht, dass Unternehmenskunden und Reisebüros LH und SN eindeutig als die nächsten Wettbewerber auf dieser Strecke betrachten.
(151) Die Daten zur Preisgestaltung deuten jedoch darauf hin, dass der von SN auf LH vor dem Zusammenschluss ausgeübte Wettbewerbsdruck möglicherweise nicht so hoch ist, wie man aufgrund der Marktanteile vermuten könnte. [Beschreibung der Auswirkung des Markteintritts von SN auf die Erträge von LH mit zeitabhängigen Passagieren]* wie aus der folgenden Grafik hervorgeht. Das liegt vermutlich daran, dass LH auf dieser Strecke deutlich mehr Flüge anbietet als SN, was bedeutet, dass das Angebot von LH qualitativ besser ist als das von SN. Zudem sind die meisten Unternehmenskunden durch globale Firmenverträge an LH gebunden, was die Attraktivität der Angebote anderer Fluglinien auf kurze Sicht verringert.
(151) 11 von 17 Unternehmenskunden, die Frage 40 im Phase II-Fragebogen beantwortet haben, sind der Ansicht, dass SN auf dieser Strecke einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, während 6 von 17 Befragten nicht dieser Meinung sind. Unterschiedlicher sind die Antworten auf Frage 32 im Phase II-Fragebogen für Wettbewerber ausgefallen: 4 von 9 Wettbewerbern, die diese Frage beantwortet haben, sind der Meinung, dass SN auf dieser Strecke einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, während 5 von 9 Befragten nicht dieser Ansicht sind.
(152) Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Abs. 135.
(153) Dabei wird angenommen, dass die Tarife für die flexible Economy Class (ETS), die nicht flexible Business Class (BNS) und flexible Business Class (BTS) repräsentativ für die von zeitabhängigen Reisenden gezahlten Preise sind.
von LH führen würde. Doch nach dem Eintritt von SN verringerte LH die Flugfrequenz auf dieser Strecke von 9 auf 8 Flüge pro Tag, was einer der Gründe für [Beschreibung der Tarifentwicklung von LH]* sein könnte und sich mit der Einschätzung decken würde, dass SN bei den zeitabhängigen Passagieren Wettbewerbsdruck auf LH ausübt. In jedem Fall zeigt die Tatsache, dass sich LH unabhängig von seinem einzigen Wettbewerber SN verhält, auch, dass LH auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere eine beherrschende Stellung einnimmt. Der Zusammenschluss würde somit die marktbeherrschende Stellung von LH festigen und den wirksamen Wettbewerb erheblich beeinträchtigen, selbst wenn er die beherrschende Stellung von LH nur geringfügig stärken würde.
Abbildung 4: Durchschnittliche ETS-, BNS- und BTS-Nettotarife von LH und SN auf der Strecke BRU – FRA
[VERTRAULICH]*
Quelle: Daten von LH und SN. ETS-Tarife sind flexible Economy Class-Tarife, BNS-Tarife sind nicht flexible Business Class-Tarife und BTS sind flexible Business Class-Tarife.
(153) LH übt aufgrund seiner hohen Flugfrequenz zweifellos erheblichen Wettbewerbsdruck auf SN aus, und diese disziplinierende Wirkung würde mit dem Zusammenschluss verschwinden. Nach dem Zusammenschluss könnte das neu entstandene Unternehmen die Tarife von SN für zeitabhängige Passagiere deutlich erhöhen, da die einzige glaubwürdige Alternative für diese Passagiere die entsprechenden Produkte von LH wären. [Pläne des durch den Zusammenschluss entstehenden Unternehmens nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Flugfrequenz]*.
(154) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH vor, [Begründung der strategischen Maßnahme durch LH]*. Zudem erklärt LH, die Analyse der Kommission bezüglich der Festigung einer beherrschenden Stellung sei formalistisch und irrig. Insbesondere ist LH der Ansicht, die von der Kommission gesammelten Belege zeigten, dass nicht SN, sondern die Bahn gegenwärtig auf der Strecke BRU-FRA den größten Wettbewerbsdruck auf LH ausübe. Diese Argumente überzeugen die Kommission nicht. Erstens stieg die Zahl der Transferpassagiere von LH im Jahresvergleich zwischen 2004 und 2007 stetig von [300 000–350 000]* auf [300 000–350 000]*. Die Verringerung der Flugfrequenz durch LH im Jahr 2006 wurde also weniger durch einen Rückgang der Zahl der Transferpassagiere, sondern eher durch den Eintritt von SN auf dieser Strecke herbeigeführt. Zweitens ist die Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung ein Kernkonzept der Fusionskontrolle, was sowohl in der Fusionskontrollverordnung als auch in den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse festgehalten ist und von den Gemeinschaftsgerichten in der Rechtsprechung etabliert wurde. Selbst wenn man die Einschätzung von LH teilt, dass der von SN ausgehende Wettbewerbsdruck aufgrund der beherrschenden Stellung von LH gering ist, so handelt es sich dabei dennoch immer noch um den stärksten existierenden Wettbewerbsdruck, der durch den Zusammenschluss beseitigt würde, was zu einer Stärkung der Stellung von LH führen würde. Die Aussage von LH, die Deutsche Bahn übe stärkeren Wettbewerbsdruck auf LH aus als SN, ist nicht belegt und deckt sich nicht mit der von der Kommission
154Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 136 und Absätze 141-142.
155Fusionskontrollverordnung, Erwägungsgründe 25-26. Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, Randnummer 4.
durchgeführten Tarifanalyse: [Vergleich der Tarife von LH, Deutsche Bahn und SN]*. Schließlich bestreitet LH nicht, dass der Zusammenschluss den starken Wettbewerbsdruck beseitigen würde, den LH auf SN ausübt.
Auswirkungen auf einen Markt, der alle Passagiere umfasst
(155) Auf einem Markt, der sämtliche Passagiere umfasst, wie ihn LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beschreibt, hätte das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen einen Marktanteil von [60–70]*%. Auf diesem Markt würde der Zusammenschluss ebenfalls Wettbewerbsbedenken wecken, da SN als nächster Wettbewerber von LH betrachtet wird, der durch die angemeldete Transaktion beseitigt würde. Dies wird auch durch die im Auftrag von LH durchgeführte kritische Verlustanalyse bestätigt, die zu dem Ergebnis geführt hat, dass der tatsächliche Verlust von Passagieren auf der Strecke BRU-FRA auf einem Markt, der sämtliche Passagiere umfasst, im Fall einer Preiserhöhung von 10 % rentabel wäre. Das bedeutet, dass die kritische Verlustanalyse die Aufnahme der Zugverbindungen in denselben Markt für Passagiere nicht unbedingt rechtfertigt.
(156) Zudem ist klar, dass das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen Anreize hätte, nach dem Zusammenschluss die Kapazitäten zu verringern (und damit die Tarife für beide Passagiergruppen anzuheben): [Pläne von LH nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Kapazität].*
Zutrittsschranken
(157) Der Zusammenschluss wird daher sowohl für nicht zeitabhängige als auch für zeitabhängige Passagiere wahrscheinlich wettbewerbswidrige Auswirkungen auf der Strecke BRU-FRA haben. In der gegenwärtigen Situation dürften diese Wettbewerbsbedenken kaum durch potenzielle Marktzugänge auf dieser Strecke ausgeräumt werden. Tatsächlich gibt es auf der Strecke BRU-FRA hohe Zutrittsschranken.
(158) Eine wichtige Zutrittsschranke ist die Überlastung der Flughäfen an beiden Enden der Strecke. Sowohl BRU als auch FRA sind koordinierte Flughäfen, die unter einer erheblichen Überlastung leiden. FRA ist während des ganzen Tages überlastet, und die Wettbewerber bezeichnen den Zugang zu den Zeitnischen (Slots) in FRA einhellig als eine der höchsten Zutrittsschranken auf dieser Strecke.
(159) Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass BRU zu bestimmten Spitzenzeiten in gewissem Umfang überlastet ist. Der Flughafen Brüssel gibt an, dass BRU zwischen 08:00 und 10:00 Uhr sowie zwischen 18:00 und 20:00 Uhr überlastet ist. Der Slotkoordinator von Brüssel hat gegenüber der Kommission erklärt, dass der Flughafen zwischen 08:40 und 09:40 Uhr sowie zwischen 18:30 und 20:35 Uhr keinerlei zusätzliche Bewegungen und zwischen 06:20 und 07:10 Uhr, zwischen 08:30 und 10:00 Uhr sowie zwischen 18:40 und 21:00 Uhr keine zusätzlichen Abflüge bewältigen kann.
156Da der Markt für sämtliche Passagiere aus zwei Segmenten besteht (den zeitabhängigen und den nicht zeitabhängigen Passagieren) und der Zusammenschluss in Bezug auf beide Segmente Wettbewerbsbedenken weckt, ist der Schluss berechtigt, dass daraus zwangsläufig folgt, dass der Zusammenschluss Wettbewerbsbedenken für den Gesamtmarkt weckt.
(160) Zweitens verbindet die Strecke BRU-FRA zwei Drehkreuze von Netzwerkfluggesellschaften (Hub-to-hub). Obwohl der relevante Markt auf die O&D-Passagiere auf der Strecke BRU-FRA beschränkt ist, hat die Tatsache, dass BRU und FRA Drehkreuze von SN bzw. von LH sind, Relevanz für den potenziellen Eintritt anderer Fluggesellschaften. [70–80]*% des Verkehrsaufkommens auf dieser Strecke entfällt auf Transferpassagiere, die in erster Linie zum Drehkreuz von LH in FRA, in geringerem Maß jedoch auch zum Drehkreuz von SN in BRU befördert werden. Somit hängt die Gesamtrentabilität der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auf dieser Strecke in hohem Maß vom Transferverkehr ab, im Gegensatz zu einem Direktfluganbieter, der auf dieser Strecke tätig werden würde, um seine O&D-Passagiere zu befördern. Ein solcher neuer Wettbewerber würde angesichts der inhärenten Kosten der etablierten Marktteilnehmer und ihres Rentabilitätsvorteils aufgrund des Drehkreuzeffekts davor zurückschrecken, auf dieser Strecke tätig zu werden. Bereits auf einer Strecke, die an einem Ende ein großes Drehkreuz beinhaltet, sind die Zutrittsschranken hoch, aber die Situation ist offenkundig noch schwieriger.
158Vergleiche die Grafiken zur Slotnutzung in Dokument Nr. 2375 in der Akte.
159Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 159-162.
160Im Winter 2007/08 und im Sommer 2008, wurden während des Tages 2,3 % der angeforderten Zeitnischen für Abflüge/Landungen nicht innerhalb von 20 Minuten zugeteilt und weitere 6,0 % wurden exakt innerhalb von 20 Minuten zugeteilt.
161Antwort des Flughafens Brüssel auf Frage 14 des Phase I-Fragebogens.
162So erklärt beispielsweise easyJet, dass BRU vor allem zwischen 05:00 und 07:00 Uhr sowie zwischen 19:00 und 20:00 Uhr überlastet sei.
163Eine Basis ist ein Flughafen, an dem eine Fluggesellschaft (Netzwerkfluggesellschaft oder Direktfluganbieter) mehrere Flugzeuge sowie Personal stationiert, um von dort aus mehrere Strecken zu betreiben und eine gewisse Marktpräsenz aufzubauen. Ein Drehkreuz ist eine große Basis, die eine Netzwerkfluglinie als Transferverteiler nutzt, um die Reisenden zu ihren Zielflughäfen zu bringen (das so genannte „Hub-and-spoke“ oder „Drehkreuzsystem“). Direktfluggesellschaften haben keine Drehkreuze.
auf einer Strecke zwischen zwei Drehkreuzen, deren beide Enden von einer heimischen Fluggesellschaft kontrolliert werden. Zusätzlich erschwert werden die Bedingungen für Neuzugänge dort, wo sogar beide Enden der Strecke von derselben Fluggesellschaft kontrolliert würden, was nach dem Zusammenschluss für die Strecke BRU-FRA gelten würde. In diesem Fall wäre das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen in der Lage, die Antworten von LH und SN auf den Eintritt eines neuen Wettbewerbers zu koordinieren, um ihn aus dem Markt hinauszudrängen. Wettbewerber haben bestätigt, dass ein Unternehmen, das neu in den Wettbewerb auf einer Strecke zwischen zwei Drehkreuzen eintritt, aufgrund der Reaktion der heimischen Fluggesellschaften sehr wahrscheinlich lange Zeit Verluste hinnehmen muss. In seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, SN sei eine schwache Netzwerkfluggesellschaft, die nur einen begrenzten Anteil am Geschäft an ihrem Drehkreuz habe. Beispielsweise sei SN nur auf [0–5]* der 10 dichtesten O&D-Langstrecken und auf [15–25]* der 25 dichtesten O&D-Kurzstrecken ab BRU tätig. Doch selbst wenn SN eine schwächere Netzwerkfluggesellschaft als LH ist, ist sie immer noch der bei weitem größte Marktteilnehmer am Flughafen BRU, wo sie 32 % der Zeitnischen kontrolliert. SN befördert 35 % aller Passagiere auf den Kurzstrecken vom und zum Flughafen BRU. Darüber hinaus lässt LH das zentrale Problem der Strecken zwischen Drehkreuzen außer Acht, das darin besteht, dass es für ein Unternehmen, das neu in den Markt einzutreten versucht, sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein wird, sich gegen einen Marktteilnehmer zu behaupten, der aufgrund seiner Drehkreuze beide Enden der Strecke beherrscht.
(161) Eine dritte Zutrittsschranke hängt mit der Notwendigkeit zusammen, die Strecke von einer Basis aus zu betreiben. Sowohl LH als auch SN betreiben die Strecke BRU-FRA mit Hilfe einer Basis an einem Ende der Strecke. Das Vorhandensein einer Basis an einem Ende der Strecke ermöglicht beträchtliche Effizienzvorteile durch geringere Kosten. Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass es nur sehr selten vorkommt, dass eine Fluggesellschaft eine Strecke in Betrieb nimmt, ohne zumindest an einem Ende eine Basis zu haben. Die meisten Wettbewerber haben erklärt, dass sie keine Strecken betreiben, ohne zumindest eine Basis zu haben. Außer SN haben nur wenige andere Kurzstreckenfluglinien eine Basis in BRU (vor allem Charterfluggesellschaften wie Jetairfly und Thomas Cook Airlines) oder in FRA (Air Berlin). In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Kommission bestehe fälschlich auf der Notwendigkeit, eine Basis an einem Ende einer Strecke sei eine unabdingbare Voraussetzung für den Markteintritt. LH erwähnt die Beispiele von VLM und Air Berlin, die Strecken betreiben, ohne eine Basis an einem Ende zu haben, sowie von Flybe und KLM, die bereit wären, Strecken ohne Basis in Betrieb zu nehmen. Diese Beispiele sind jedoch alle entweder fehlerhaft oder irrelevant. Zwar ist es richtig, dass Air Berlin eine geringe Zahl von Strecken ohne Basis an einem der Enden betreibt, aber dabei handelt es sich lediglich um 8 % der von Air Berlin betriebenen Strecken.
164Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 163.
(162) Eine vierte Zutrittsschranke ist die Marktpräsenz. SN und LH haben eine starke Marktpräsenz in BRU bzw. FRA. SN bietet von BRU aus 61 Verbindungen an, und LH betreibt 159 Strecken von FRA aus. Beide Unternehmen verfügen über eine auf ihrem Heimatmarkt bekannte Marke und genießen auf dem belgischen bzw. deutschen Markt Wettbewerbsvorteile bei Vermarktung und Werbung. Beide Unternehmen haben darüber hinaus globale Vereinbarungen mit den großen belgischen und deutschen Unternehmenskunden geschlossen, was die Attraktivität der Angebote anderer Wettbewerber auf der Strecke BRU-FRA verringert. Das würde einen Wettbewerber mit nur geringer oder ohne Marktpräsenz in BRU und FRA davon abhalten, auf dieser Strecke tätig zu werden. In seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, SN sei selbst auf seinem Heimatmarkt schwach und in jedem Fall sehr viel schwächer als LH auf dem deutschen Markt. Doch SN hat immer noch eine sehr große Marktpräsenz in Belgien, mit der sich kein potenzieller neuer Wettbewerber messen kann. Darüber hinaus beruht die Zutrittsschranke in der Analyse der mit Drehkreuzen verbundenen Hindernisse nicht allein auf der Marktpräsenz von SN, sondern auf der gemeinsamen Marktpräsenz von SN und LH in beiden Ländern.
Potenzieller Eintritt anderer Fluglinien auf der Strecke BRU-FRA
(163) Keine Fluggesellschaft hat gegenüber der Kommission die Absicht geäußert, unter den gegenwärtigen Gegebenheiten auf der Strecke BRU-FRA tätig zu werden, was mit den in den Erwägungsgründen 157 bis 162 beschriebenen Zutrittsschranken zu erklären ist.
(164) Die beteiligten Unternehmen bezeichnen Air Berlin als wahrscheinlichen neuen Wettbewerber auf dieser Strecke. Air Berlin ist eine deutsche „Hybridfluglinie“, also ein Direktfluganbieter, der einige Merkmale einer Netzwerkfluggesellschaft übernommen hat. Air Berlin hat eine Basis in FRA, wo die Fluglinie mehrere Flugzeuge stationiert hat und 17 Strecken betreibt.
(165) Die Kommission hat jedoch keinen überzeugenden Hinweis darauf gefunden, dass Air Berlin beabsichtigt, auf der Strecke BRU-FRA tätig zu werden. Air Berlin selbst hat erklärt, dass es nie einen Markteintritt auf der Strecke BRU-FRA geplant hatte und nicht auf dieser Strecke tätig werden wird. Die Kommission hat von Air Berlin zahlreiche interne Dokumente zu dieser Frage angefordert und erhalten. Diese Dokumente bestätigen die Angaben von Air Berlin.
168Vergleiche die Antwort von Air Berlin vom 23. April 2009.
169Vergleiche das Protokoll der Sitzung mit Flybe am 18.2.2009.
170Vergleiche die Antworten von KLM auf Frage 42 und Frage 48 des Phase I-Fragebogens.
(166) Die Angaben von Air Berlin werden auch von der Analyse der für Air Berlin bestehenden Anreize bestätigt. Erstens würde ein Markteintritt auf der Strecke BRU-FRA dem Geschäftsmodell von Air Berlin nicht entsprechen. Als Billigfluglinie setzt Air Berlin relativ große Flugzeuge ein (normalerweise Maschinen mit 150 Sitzplätzen wie den Airbus 319 oder die Boeing 737) und bietet niedrige Tarife an, um eine hohe Auslastung zu erreichen. Obwohl Air Berlin eine Hybridfluglinie mit einem (begrenzten) Netzwerk ist, ist FRA kein Drehkreuz von Air Berlin, was bedeutet, dass diese Fluglinie auf dieser Strecke lediglich Direktverbindungen anbieten könnte. Das Geschäftsmodell von Air Berlin macht es daher unwahrscheinlich, dass dieses Unternehmen auf Strecken wie BRU-FRA, auf denen O&D-Verkehr nicht sehr hoch ist, tätig werden könnte, vor allem, wenn auf diesen Strecken vor allem Geschäftsreisende befördert werden, so dass mehr als ein Flug am Tag erforderlich ist.
Zweitens hat Air Berlin in FRA nur eine begrenzte Marktpräsenz, während es in BRU überhaupt nicht tätig ist. Air Berlin führt weniger als l,5 % aller seiner Flüge von FRA aus, während LH/LX mehr als 63 % seiner Flüge von dort aus durchführt. Aus von Air Berlin bereitgestellten Informationen geht hervor, dass Air Berlin bei belgischen Reisenden im Gegensatz zu SN und LH kaum bekannt ist: Weniger als 10 % der belgischen Reisenden kennen den Namen Air Berlin, während 96 % SN und 88 % LH kennen.
177Quelle: Daten von Paxis.
Drittens versuchte Air Berlin in der Vergangenheit bereits einmal, eine Verbindung auf einer Strecke in Betrieb zu nehmen, an der beide Drehkreuze von der Gruppe LH/LX kontrolliert werden (ZRH-FRA), und zog sich nach einer Saison wieder zurück.
178Vergleiche ein Dokument von Air Berlin mit dem Titel „Slide 7“ (Dokument Nr. 2245).
(167) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Kommission habe die unbewiesenen Behauptungen von Air Berlin, die Fluglinie könne nicht auf dieser Strecke tätig werden und habe keine Absicht dazu, übernommen ohne sie zu hinterfragen. Jedoch hat sich die Kommission besonders eingehend mit einem möglichen Markteintritt von Air Berlin auf den betroffenen Strecken beschäftigt. Um festzustellen, ob die Angaben von Air Berlin zutreffend waren, forderte die Kommission Air Berlin nicht mittels eines einfachen Auskunftsverlangens, sondern mittels einer Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung zur Vorlage interner Dokumente auf, womit der Fluggesellschaft für den Fall, dass sie unvollständige Informationen bereitstellte, gemäß Artikel 14 dieser Verordnung eine Geldbuße drohte. Zudem stützt sich die Kommission bei ihrer Schlussfolgerung nicht nur auf die Angaben von Air Berlin, sondern auch auf die in den Erwägungsgründen 163 bis 166 beschriebene Faktenanalyse.
174Vergleiche die Antwort von Air Berlin auf Frage 29 im Phase II-Fragebogen.
175Vergleiche das Protokoll der Sitzung mit Air Berlin am 11.März 2009.
176Nimmt man beispielsweise an, dass Air Berlin mit zwei täglichen Flügen auf der Strecke aktiv werden und einen Auslastungsfaktor von 70 % erreichen würde (was sehr konservativ scheint), so würde die Fluglinie 153 000 Passagiere pro Jahr benötigen.
(168) Die beteiligten Unternehmen bringen auch vor, easyJet sei ein wahrscheinlicher neuer Wettbewerber auf dieser Strecke. Die Kommission hat jedoch keine überzeugenden Belege dafür entdeckt, dass easyJet beabsichtigt, auf der Strecke BRU-FRA den Betrieb aufzunehmen. easyJet hat weder in BRU noch in FRA eine Basis, seine Marktpräsenz in BRU ist begrenzt (es betreibt vier Strecken), und das Unternehmen ist in FRA überhaupt nicht tätig. easyJet ist keine Netzwerkfluggesellschaft und würde auf dieser Strecke von keinerlei Zubringerverkehr profitieren.
(169) Die auf Geschäftsreisende spezialisierte Fluggesellschaft VLM hat erklärt, in der Vergangenheit die Möglichkeit erwogen zu haben, auf der Strecke BRU-FRA tätig zu werden, aufgrund der hohen Zutrittsschranken auf dieser Strecke und insbesondere aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Zeitnischen in FRA jedoch nicht dazu in der Lage gewesen zu sein. VLM gibt an, es sei „praktisch unmöglich, Zeitnischen in FRA zu erhalten”. VLM hat eine kleine Basis in BRU, auf der ein Flugzeug stationiert ist, eine begrenzte Marktpräsenz in BRU (eine Strecke in Betrieb) und keinerlei Marktpräsenz in FRA. Am 11. März 2009 kündigte VLM an, im Mai 2009 auf der Strecke ANR-FRA den Betrieb aufzunehmen. Doch gegenüber der Kommission hat das Unternehmen erklärt, es sei nur zum Markteintritt auf dieser Strecke imstande, da ihm seine Muttergesellschaft Air France für die Dauer der Wirtschaftskrise Zeitnischen in FRA zur Verfügung stelle. Air France hat aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage im Mai 2009 auf der Strecke Lyon-Frankfurt den Betrieb eingestellt, muss jedoch die Zeitnischen in FRA nutzen, da diese andernfalls in den Zeitnischenpool zurückwandern würden, was in Anbetracht des wirtschaftlichen Werts der Zeitnischen in FRA ein erheblicher Verlust wäre. Am 10. März 2009 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, mit der die Regel „Verfall bei Nichtnutzung” für die Zeitnischen auf den europäischen Flughäfen zeitweilig geändert werden soll. Es ist wahrscheinlich, dass Air France die Zeitnischen in erster Linie an VLM verliehen hat, um die angestammten Rechte an diesen Zeitnischen nicht zu verlieren. Wenn die Wirtschaftskrise vorüber ist, wird Air France vermutlich die an VLM verliehenen Zeitnischen zurückfordern, weshalb VLM die Strecke ANR-FRA dann wieder aufgeben muss. Jedenfalls dürfte die Verbindung ANR-FRA von VLM keinen ausreichenden Wettbewerbsdruck auf die Flüge des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens ab BRU ausüben.
(170) Eine Reihe von Charterfluggesellschaften hat eine Basis in BRU. Doch die meisten Sitzplätze in ihren Flugzeugen werden als Teil eines Urlaubspakets verkauft. Die
181Vergleiche Protokoll einer Sitzung mit VLM am 18. Februar 2009.
182Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (KOM/2009/0121 endg. COD 2009/0042).
(171) Die beteiligten Unternehmen betrachten Ryanair als wahrscheinlichen Marktzugang auf der Strecke BRU-FRA, da diese Fluggesellschaft Stützpunkte an beiden Enden dieser Strecke hat, nämlich in Brüssel-Charleroi (CRL) und Frankfurt-Hahn (HHN). Doch würde es zu einem solchen Eintritt kommen, so könnte eine Flugverbindung zwischen Charleroi und Hahn nur für einige nicht zeitabhängige Passagiere eine wettbewerbsfähige Alternative zu der Verbindung zwischen den beiden Hauptflughäfen sein, da Flugverbindungen zwischen zwei Sekundärflughäfen im Allgemeinen noch weniger als Substitute in Frage kommen als Verbindungen zwischen einem Haupt- und einem Sekundärflughafen. Abgesehen davon hat die Kommission keine überzeugenden Belege dafür gefunden, dass Ryanair beabsichtigt, auf der Strecke CRL-HHN den Betrieb aufzunehmen.
(172) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH vor, die gemeinsame Wirkung des Eintritts von VLM und der verbesserten Zugverbindung überstiege bei Weitem den Wettbewerbsdruck, der von den zwei täglichen Flügen von SN ausgehe. Doch LH bestreitet nicht, dass der Zugang von VLM zu den Zeitnischen in FRA nur befristeter Natur ist und mit der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sowie der „Use-it-or-lose-it”-Regel zusammenhängt. Daher ist es nicht erforderlich zu untersuchen, ob der Wettbewerbsdruck, den die VLM-Flüge ab ANR und der Hochgeschwindigkeitszug gemeinsam ausüben werden, genügen würde, um den Auswirkungen des Zusammenschlusses infolge der Beseitigung des nahen Wettbewerbs zwischen LH und SN entgegenzuwirken. In jedem Fall ist die Kommission der Ansicht, dass diese zwei sehr schwachen disziplinierenden Wirkungen kaum ausreichenden Druck auf das fusionierte Unternehmen ausüben werden, das die einzige Fluggesellschaft sein wird, die Flüge von BRU nach FRA anbieten würde.
(173) Die Kommission hat auch untersucht, ob eine Ausweitung der Zugverbindungen in Reaktion auf den Zusammenschluss wahrscheinlich ist. Im Gegensatz zu Flugverbindungen gibt es bei Zugverbindungen Pauschalkapazitäten. Die ICE-Hochgeschwindigkeitszüge, die zwischen Brüssel und Frankfurt verkehren, haben normalerweise eine Kapazität von 454 Passagieren, das heißt mehr als das Neunfache der Kapazität der von VLM auf dieser Strecke eingesetzten Flugzeuge des Typs Fokker 50. Das bedeutet, dass mit einer weiteren Zugverbindung die jährliche Gesamtkapazität auf dieser Strecke um 330 000 Sitzplätze steigen würde, was abrupte Ertragseinbußen für alle Marktteilnehmer zur Folge hätte. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass die Deutsche Bahn eine solche Strategie wählen wird. Außerdem geht aus den ab Juli 2009 geltenden Fahrplänen der Deutschen Bahn hervor, dass dieselbe Verbindungsfrequenz wie vor der Verkürzung der Fahrzeit beibehalten werden wird.
183Sache M.4439 – Ryanair/Aer Lingus.
184Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 143-146.
(174) Der Zusammenschluss würde daher auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere zur Entstehung eines Monopols auf der Strecke BRU-FRA führen. Zudem würde er den nahen Wettbewerb zwischen LH und SN auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere beseitigen. Und obwohl das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen Konkurrenz seitens der Bahn ausgesetzt wäre, würde der von den Zugverbindungen ausgehende Wettbewerbsdruck nicht genügen, um den Verlust an Wettbewerb auszugleichen. Die Zutrittsschranken sind hoch, und die Kommission hat keine klaren Hinweise darauf gefunden, dass andere Fluggesellschaften unter den gegenwärtig auf diesem Markt herrschenden Bedingungen kurz- oder mittelfristig auf dieser Strecke tätig werden und Wettbewerbsdruck auf die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ausüben könnten. Aus diesen Gründen wird festgestellt, dass der angemeldete Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-FRA unabhängig von der Marktdefinition, also sowohl dann, wenn man die zeitabhängigen, nicht zeitabhängigen oder die Gesamtheit der Passagiere betrachtet, erheblich beeinträchtigen würde.
b.
Brüssel-München
(175) Die Strecke Brüssel-München (BRU-MUC) ist eine O&D-Strecke, auf der im Jahr 2008 [200 000–250 000]* Passagiere befördert wurden. Dazu kommt eine große Zahl von Transferpassagieren, womit das gesamte Passagieraufkommen auf dieser Strecke im Jahr 2008 bei [350 000–400 000]* lag. Die Befragung der Passagiere hat gezeigt, dass auf dieser Strecke überwiegend Geschäftsreisende fliegen: [70–80]* % aller O&D-Passagiere reisen aus beruflichen Gründen. Der Marktwert der O&D-Reisen auf dieser Strecke beläuft sich auf etwa [0–50]* Mio. EUR. In München gibt es nur einen Flughafen.
(176) LH bietet täglich 8 Flüge auf der Strecke BRU-MUC an, SN 3 tägliche Flüge. Es gibt keine konkurrierende Direktverbindung einer anderen Fluggesellschaft. Damit haben die beteiligten Unternehmen bei den Direktflügen auf dieser Strecke gemeinsam einen Marktanteil von 100 %.
(177) Die folgende Tabelle 3 gibt Aufschluss über die Marktanteile bei zeitabhängigen, nicht zeitabhängigen und sämtlichen Passagieren:
Quelle: Umsatzzahlen der beteiligten Unternehmen.
Intermodaler Wettbewerb
(178) Die beteiligten Unternehmen erklären, die Zugverbindungen stellten auf der Strecke BRU-MUC eine Alternative zum Flugverkehr dar. Die Zugreise dauert jedoch fast doppelt so lang wie die Flugreise (7 gegenüber 4 Stunden), und nur eine sehr geringe Zahl der Passagiere (im Jahr 2007 weniger als 4 % aller Passagiere, die auf dieser O&D-Strecke reisten) fährt tatsächlich im Zug von Brüssel nach München oder umgekehrt. Eine geringe Zahl der Befragten hat angegeben, der Zug könne eine Alternative für einige nicht zeitabhängige, sehr preisbewusste Reisende sein, aber im Allgemeinen hat die Marktuntersuchung im vorliegenden Fall gezeigt, dass die Zugverbindungen auf der Strecke BRU-MUC keine wettbewerbsfähige Alternative zu den Flugverbindungen darstellen. Das gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere.
(179) Nur 16 % der im Rahmen der Umfrage der Kommission befragten Passagiere auf der Strecke BRU-MUC geben an, sich bei der Buchung ihres Flugs auch nach den Bahntarifen erkundigt zu haben. Nur 4 % der Flugreisenden hätten sich bei einer Verteuerung des Flugtickets um 5-10 % für die Bahn entschieden. Nur 12 % der Passagiere haben diese Strecke bereits einmal im Zug zurückgelegt.
Auswirkungen des Zusammenschlusses
(180) Der Zusammenschluss würde sowohl auf dem Markt für zeitabhängige als auch auf dem für nicht zeitabhängige Passagiere und damit auch auf einem sämtliche Passagiere umfassenden Markt zur Entstehung eines Monopols auf dieser Strecke führen.
(181) In seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, die Kommission habe die disziplinierenden Effekte auf der Strecke BRU-MUC nicht richtig analysiert. LH erklärt, die Kommission hätte „in Anbetracht der offenkundigen sehr unterschiedlichen Lage der beteiligten Unternehmen unbedingt die Wettbewerbsinteraktion zwischen den beteiligten Unternehmen eingehend untersuchen
186Anhang III, Absatz 78.
187Anhang III, Absatz 82.
188Anhang III, Absatz 84.
müssen. Es überrascht, dass die vom für diese Sache zuständigen Team in Auftrag gegebene Passagierbefragung keinerlei Fragen wie jene im Fragebogen zu den Strecken BRU-BER und BRU-GVA enthielt, die geeignet gewesen wären festzustellen, ob und in welchem Umfang die beiden Fluggesellschaften (nahe) Wettbewerber auf der Strecke BRU-MUC sind.
(182) LH hatte zweimal Gelegenheit, sich zu den Fragen in der Passagierumfrage zu äußern, und seine Kommentare wurden berücksichtigt, soweit dies angebracht schien. Keiner von LHs Kommentaren beinhaltete die in Erwägungsgrund 181 erwähnte Kritik. LH hatte sogar argumentiert, auf dieser Strecke werde es keine Wettbewerbsbedenken geben, da ein potenzieller Eintritt von Air Berlin oder easyJet drohe und da eine solche Bedrohung Wettbewerbsdruck auf LH/SN ausübe. Bis zur Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte behauptete LH keineswegs, LH und SN seien bestenfalls entfernte Wettbewerber.
(183) Tatsächlich zeigte LH zu Beginn der Phase II nicht das geringste Interesse an einer empirischen Analyse der Münchener Strecke. Dies geht deutlich aus den Äußerungen des Wirtschaftsberaters des Anmelders in Reaktion auf das Ansuchen der Kommission um Tarifdaten zu dieser Strecke hervor: „[H]ier haben die Parteien keineswegs argumentiert, dass dritte Fluggesellschaften gegenwärtig Wettbewerbsdruck ausüben, sondern unter anderem auf den möglichen Eintritt verschiedener Fluggesellschaften hingewiesen. Daher hat es den Anschein, als würden die von Ihnen angeforderten Daten keinerlei Schlussfolgerungen bezüglich dieser Argumente erlauben, obwohl die Daten selbstverständlich hilfreich sein können, um gegen zu prüfen, in welchem Ausmaß es vor der Fusion tatsächlich eine ausgeprägte Wettbewerbsinteraktion zwischen den Parteien auf dieser Strecke gibt. Vielleicht hat die Analyse dieser Strecke (die sich nicht direkt auf die Argumente der Parteien bezieht) daher geringere Priorität als die Analyse einiger anderer Strecken?"
(184) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH des Weiteren, die Intensität des Wettbewerbs zwischen LH und SN auf dieser Strecke sei vor dem Zusammenschluss aufgrund der unterschiedlichen Positionierung der beteiligten Unternehmen in den Augen der Kunden gering. Tatsächlich vertritt LH die Ansicht, SN sei im Wesentlichen eine „Low-frills-Fluggesellschaft“, die ihren Kunden ein rudimentäres Angebot unterbreite und sehr viel weniger Service biete als LH. Während das Passagieraufkommen von LH auf der Strecke BRU-MUC zu [50–60]*% aus Transferpassagieren bestehe, befördere SN zu [90–100]*% O&D-Passagiere. Schließlich habe SN eine sehr viel schwächere Marke, und die Markenloyalität seiner Kunden sei gering, was aus der im Vergleich zur Nutzung von LHs Vielfliegerprogramm geringeren Nutzung des Vielfliegerprogramms von SN durch seine Kunden auf dieser Strecke hervorgehe. LH stützt sich bei der Schlussfolgerung, dass LH und SN einen sehr geringen Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben, auf folgende zwei Beobachtungen: [Vergleich der Tarife von LH und SN]*. Zweitens entwickelten sich die monatlichen Erträge von LH und SN sehr unterschiedlich, was die mangelnde Interdependenz des kommerziellen Verhaltens der beiden Unternehmen zeige.
(185) Die in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegten Belege zur Preisgestaltung (und insbesondere die Analyse der Preisunterschiede) an sich genügen nicht, um einen bestimmten Markt abzugrenzen oder die Intensität des Wettbewerbs zwischen zwei Produkten zu beurteilen, da die Preisgestaltungsanalyse nur als Annäherung an den Test des hypothetischen Monopolisten betrachtet werden könne. Das einzige empirische Werkzeug, das es ermöglichen würde, die Intensität des Wettbewerbs zwischen Produkten einigermaßen genau zu bestimmen (sofern geeignete Daten verfügbar sind), wäre ein Nachfragemodell zur Schätzung der einfachen und Kreuzpreiselastizitäten von zwei Produkten. Daher muss jede Schlussfolgerung aus der Analyse der Preisgestaltung durch andere Erkenntnisse aus der Marktuntersuchung oder der Befragung der Passagiere ergänzt werden (wie von der Kommission für die Strecke BRU-FRA oder zur Abgrenzung des Produktmarktes durchgeführt).
(186) Als SN um detaillierte Auskunft darüber ersucht wurde, ob sein Ertragsmanagementsystem LH auf der Strecke BRU-MUC beobachte, erklärte das Unternehmen, dass [Beschreibung des Ertragsmanagementsystems und der Ertragsstrategie von SN]*. Da LH der einzige Wettbewerber von SN auf der Münchener Strecke ist, ergibt sich daraus, dass sich Änderungen im Verhalten von LH direkt auf SN auswirken werden. Zudem erklärt SN: [Beschreibung des Ertragsmanagementsystems und der Ertragsstrategie von SN]*. Damit ist klar, dass zumindest SN durchaus das Verhalten von LH berücksichtigt und zweifellos mit LH konkurriert. Ein einfaches Schaubild, das die unterschiedlichen Erträge der beiden Fluggesellschaften enthält, genügt also für sich genommen nicht, um die These zu stützen, die beiden Fluggesellschaften stünden nicht im Wettbewerb miteinander, wenn aus der eigenen Eingabe von SN deutlich hervorgeht, dass zumindest SN das Verhalten von LH berücksichtigt.
(187) Zweitens ist SN selbst dann, wenn es nur geringen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, das einzige Unternehmen, das überhaupt Druck auf die führende Fluggesellschaft ausübt, weshalb der Zusammenschluss ein Monopol hervorbringen würde. Daher ist es wahrscheinlich, dass im Anschluss an den Zusammenschluss die Kapazitäten verringert würden, wenn beide Fluggesellschaften ihre Kapazitätsentscheidungen intern treffen würden. Die Kunden hätten mit höheren Durchschnittstarifen zu rechnen. [Pläne von LH nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Kapazität]*. Das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen könnte auch entscheiden, dass SN den eigenen Betrieb auf der Strecke BRU-MUC vollkommen einstellen und nur noch als Marketing Carrier (Vertriebsunternehmen) für LH-Flüge fungieren sollte.
(188) Drittens hat die Marktuntersuchung bestätigt, dass SN einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt. Unabhängig von den Unterschieden zwischen den Netzmodellen der beiden Unternehmen, die LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hervorhebt, geben fast alle Unternehmenskunden an, auf dieser Strecke mit beiden Fluggesellschaften zu fliegen und die Preise von LH und SN zu vergleichen. Eine Mehrheit der Unternehmenskunden glaubt, dass SN einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, da es jene Flugfrequenz anbietet, die von zeitabhängigen Passagieren benötigt wird (obwohl einige Unternehmenskunden LH wegen der der höheren Flugfrequenz vorziehen).
(189) Daraus lässt sich schließen, dass unabhängig von der Intensität des Wettbewerbs zwischen LH und SN vor dem Zusammenschluss feststeht, dass dies gegenwärtig die einzige disziplinierende Kraft ist, die auf die beiden Wettbewerber wirkt und dass eben diese disziplinierende Wirkung durch den Zusammenschluss beseitigt werden würde. Der Zusammenschluss wird daher auf der Strecke BRU-MUC wahrscheinlich wettbewerbswidrige Wirkungen auf nicht zeitabhängige und zeitabhängige Passagiere sowie auf einen möglichen Gesamtmarkt haben, der sämtliche Passagiere umfasst.
Zutrittsschranken
(190) Die Wettbewerbsbedenken werden nicht durch den möglichen Eintritt eines neuen Wettbewerbers auf dieser Strecke ausgeräumt. Tatsächlich bestehen auf der Strecke BRU-MUC erhebliche Zutrittsschranken.
(191) Eine erste Art von Zutrittsschranke hängt mit der Auslastung der Flughäfen an beiden Enden der Strecke BRU-MUC zusammen. Wie in den Erwägungsgründen 158 und 159 in der Analyse der Strecke BRU-FRA beschrieben, ist BRU zu Spitzenzeiten
(192) Zweitens verbindet die Strecke BRU-MUC zwei Drehkreuze von zwei Netzwerkfluggesellschaften miteinander. Obwohl der relevante Markt auf die O&D-Passagiere auf der Strecke BRU-MUC begrenzt ist, hat die Tatsache, dass BRU und MUC jeweils Drehkreuze von SN bzw. LH sind, Relevanz für die Beurteilung eines möglichen Eintritts anderer Fluggesellschaften. Rund [40–50]*% des Verkehrs auf dieser Strecke entfällt gegenwärtig auf Transferpassagiere, die zum Drehkreuz von LH in MUC gebracht werden. Das macht es schwieriger für einen Direktfluganbieter wie Air Berlin, in den Markt für O&D-Passagiere einzutreten. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH vor, SN sei eine schwache Netzwerkfluggesellschaft, die nur einen begrenzten Anteil am Geschäft am Lufthansa-Drehkreuz habe, und [90–100]*% des Verkehrs von SN auf der Strecke BRU-MUC entfalle auf O&D-Passagiere. Wie in Erwägungsgrund 160 erläutert, lässt LH das zentrale Problem der Strecken zwischen Drehkreuzen außer Acht, nämlich die Tatsache, dass es für eine neuen Wettbewerber sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein würde, sich gegen einen Marktteilnehmer zu behaupten, der aufgrund seiner Drehkreuze beide Enden der Strecke beherrscht. In jedem Fall ist SN selbst dann, wenn es eine schwächere Netzwerkfluggesellschaft als LH ist, immer noch der bei weitem größte Marktteilnehmer in BRU.
(193) Eine dritte Zutrittsschranke besteht in der Notwendigkeit, die Strecke von einer Basis aus zu betreiben. Sowohl LH als auch SN betreiben BRU-MUC mit Hilfe einer Basis an einem Ende der Strecke. Neben LH hat auch Air Berlin eine Basis in MUC. Wie in Erwägungsgrund 161 in der Analyse der Strecke BRU-FRA erläutert, haben die meisten Wettbewerber bestätigt, dass nur sehr selten eine Fluggesellschaft auf einer Strecke tätig wird, ohne mindestens an einem Ende eine Basis zu haben, und die Mehrheit der Fluggesellschaften betreiben normalerweise Strecken, bei denen sie an einem Ende eine Basis haben.
(194) Eine vierte Zutrittsschranke ist die Marktpräsenz. SN und LH haben in BRU bzw. MUC eine starke Marktpräsenz. SN fliegt von BRU aus auf 61 Strecken, und LH betreibt 118 Streckenvon MUC aus. Beide Unternehmen verfügen über eine auf ihrem Heimatmarkt gut bekannte Marke und genießen auf dem belgischen bzw. deutschen Markt Wettbewerbsvorteile bei Vermarktung und Werbung. Beide Unternehmen haben darüber hinaus globale Vereinbarungen mit den großen belgischen und deutschen Unternehmenskunden geschlossen, was die Attraktivität der Angebote anderer Wettbewerber auf der Strecke BRU-MUC verringert, insbesondere, da auf dieser Strecke hauptsächlich Geschäftsreisende befördert werden. Das würde einen Wettbewerber mit nur geringer oder keiner Marktpräsenz in BRU und MUC davon abhalten, auf dieser Strecke tätig zu werden.
199Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Abs. 163-166.
200100 Kurzstrecken und 18 Langstrecken.
Potentieller Markteintritt anderer Fluggesellschaften auf der Strecke BRU-MUC
(195) Die beteiligten Unternehmen bezeichnen Air Berlin und easyJet als potenzielle neue Wettbewerber auf dieser Strecke. Die Parteien behaupten, Air Berlin, das eine Basis in München hat, sei ein natürlicher potenzieller Neuzugang auf dieser Strecke, und auch easyJet könnte den Betrieb auf dieser Strecke aufnehmen, da es bereits sowohl von Brüssel als auch von München aus andere Ziele anfliegt.
(196) Aufgrund der in den Erwägungsgründen 190 bis 194 beschriebenen Zutrittsschranken hat keine Fluggesellschaft gegenüber der Kommission die Absicht geäußert, unter den gegenwärtigen Bedingungen auf der Strecke BRU-MUC tätig zu werden.
(197) Air Berlin hat eine große Basis am Flughafen MUC, wo das Unternehmen mehrere Flugzeuge stationiert hat und 36 Kurzstrecken betreibt. Zwar kann die Möglichkeit, dass Air Berlin auf der Strecke BRU-MUC tätig werden würde, wenn LH und SN nach dem Zusammenschluss ihre Flugfrequenz rationalisiert haben, nicht vollkommen ausgeschlossen werden, aber die Kommission hat keinerlei Hinweis darauf gefunden, dass ein Vorstoß auf diese Strecke zum gegenwärtigen Zeitpunkt Bestandteil der Strategie von Air Berlin sein könnte. Air Berlin hat genau dargelegt, dass es sich nie mit einem Markteintritt auf der Strecke BRU-MUC befasst hatund nicht auf dieser Strecke tätig werden wird. Wie in Erwägungsgrund 167 im Fall der Strecke BRU-FRA erläutert, hat die Kommission die Angaben von Air Berlin nicht unkritisch übernommen, sondern eine gründliche Untersuchung durchgeführt.
(198) Erstens würde ein Markteintritt auf der Strecke BRU-MUC dem Geschäftsmodell von Air Berlin widersprechen. Zweitens ist Air Berlin, obwohl es eine gewisse Marktpräsenz in MUC hat, sehr viel kleiner als LH: Nur 9 % der Flüge, die in MUC starten, entfallen auf Air Berlin, während der Anteil der Lufthansa-Gruppe bei mehr als 66 % liegt. Drittens ist Air Berlin gegenwärtig nicht in BRU präsent und hat keine Marktpräsenz in Belgien. Viertens versuchte Air Berlin in der Vergangenheit eine Verbindung auf einer Strecke in Betrieb zu nehmen, an der beide Drehkreuze von der Gruppe LH/LX kontrolliert werden (ZRH-FRA), und zog sich nach einer Saison wieder zurück.
(199) Die Kommission hat auch keine überzeugenden Belege dafür gefunden, dass easyJet einen Markteintritt auf der Strecke BRU-MUC beabsichtigt. easyJet verfügt weder in BRU noch in MUC über eine Basis und ist sowohl in BRU (mit 4 Strecken) als auch in MUC (mit 3 Strecken) nur sehr begrenzt auf dem Markt präsent. easyJet ist keine Netzwerkfluggesellschaft und würde bei einer Inbetriebnahme dieser Strecke nicht von Zubringerverkehr profitieren.
(200) Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass irgendeine andere Fluglinie, die gegenwärtig an einem Ende der Strecke eine Basis hat, wahrscheinlich auf dieser Strecke tätig werden wird. Da auf der Strecke BRU-MUC hauptsächlich Geschäftsreisende befördert werden, ist kaum zu erwarten, dass die Charterfluggesellschaften mit Basis in BRU (zum Beispiel Jetairfly) auf dieser Strecke tätig werden wollen.
Schlussfolgerung
(201) Der Zusammenschluss wird daher ein Monopol auf der Strecke BRU-MUC begründen. Die Zutrittsschranken sind hoch, und die Kommission hat keine überzeugenden Belege dafür gefunden, dass andere Fluggesellschaften beabsichtigen, unter den gegenwärtig auf diesem Markt herrschenden Bedingungen kurzfristig oder mittelfristig auf dieser Strecke tätig zu werden und Wettbewerbsdruck auf die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auszuüben. Aus diesen Gründen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der angemeldete Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-MUC sowohl auf dem Markt für zeitabhängige als auch auf dem für nicht zeitabhängige Passagiere und damit auch auf einem sämtliche Passagiere umfassenden Markt erheblich beeinträchtigen würde.
Brüssel-Berlin
(202) Die Strecke Brüssel-Berlin (BRU-BER) ist eine O&D-Strecke, auf der im Jahr 2008 [200 000-300 000]* Passagiere befördert wurden. Nur etwa [0-10]* % der Passagiere haben an einem oder beiden Enden einen Anschlussflug. Die Umfrage unter den Reisenden hat gezeigt, dass 54 % aller O&D-Passagiere aus beruflichen Gründen auf dieser Strecke reisen. Der Gesamtwert dieses Marktes beläuft sich auf etwa [0–50]* Mio. EUR.
(203) LH bietet täglich vier Flüge, SN täglich fünf Flüge an. Die Billigfluglinie easyJet nahm diese Strecke Ende Oktober 2007 in Betrieb und fliegt gegenwärtig einmal am Tag am späten Nachmittag. Da sie jedoch ein größeres Flugzeug einsetzt, erreicht sie einen höheren Auslastungsfaktor als die beteiligten Unternehmen.
(204) Wenn man die Zugverbindungen nicht berücksichtigt (vergleiche Erwägungsgründe 207 und 208 über die Substituierbarkeit mit der Bahn), hatten die beteiligten Unternehmen im Jahr 2008 auf dieser Strecke einen Marktanteil von [60-70]* % bei allen Passagieren, während easyJet mit seinem einzigen Flug am Tag einen Marktanteil von [30-40]* % erreichte.
Tabelle 4: BRU-BER O&D-Verkehr - 2008
Zahlen für BRU-BER im Jahr 2008
Zeitabhängige Nicht zeitabhängige Alle Passagiere Passagiere Passagiere ([200 000-300 000]* ([50 000-100 000]* ([200 000-300 000]* Passagiere) Passagiere) Passagiere)
[60-70]* %
[50-60]* %
[50-60]* %
LH
[10-20]* %
[10-20]* %
[10-20]* %
Gemeinsam
[70-80]* %
[60-70]* %
[60-70]* %
easyJet
[20-30]* %
[30-40]* %
[30-40]* %
Quelle: Von den beteiligten Unternehmen sowie von easyJet bereitgestellte Umsatzzahlen.
Substituierbarkeit der Flughäfen
(205) Im Einzugsgebiet von Berlin gibt es gegenwärtig zwei Flughäfen, die in Betrieb sind, nämlich Tegel (TXL) und Schönefeld (SXF). Der dritte Flughafen im Großraum Berlin, Tempelhof (THF), wurde am 31. Oktober 2008 geschlossen. SN flog bis Oktober 2008 Tempelhof an, um seinen Betrieb anschließend nach Tegel zu verlegen. Während sowohl LH als auch SN die Strecke mittlerweile von Tegel aus betreiben, operiert easyJet, der verbleibende Wettbewerber auf dieser Strecke, von Schönefeld aus. Der Flughafen Tegel ist 8 km vom Stadtzentrum von Berlin entfernt und ist mit dem Auto oder dem Bus in relativ kurzer Zeit – in etwa einer Viertelstunde – zu erreichen. Der Flughafen Schönefeld ist 19 km vom Stadtzentrum entfernt und mit dem Auto oder der S-Bahn in weniger als einer halben Stunde zu erreichen. Der Flughafen Tegel soll geschlossen werden, wenn alle Flüge von und nach Berlin zum erweiterten Flughafen Schönefeld verlegt werden (der in Berlin-Brandenburg International Airport umbenannt wird), der im Jahr 2011 den Betrieb aufnehmen soll.
(206) Die im vorliegenden Fall durchgeführte Marktuntersuchung hat die frühere Erkenntnis der Kommission bestätigt, dass Tegel und Schönefeld sowohl bei zeitabhängigen als auch bei nicht zeitabhängigen Passagieren austauschbar sind. Das bedeutet, dass die beiden Flughäfen auch unter der Annahme substituierbar sind, dass es einen einzigen Markt gibt, der sämtliche Passagiere umfasst.
Intermodaler Wettbewerb
(207) Der Anmelder ist der Ansicht, die Zugverbindungen übten auf der Strecke BRU-BER keinen wesentlichen Wettbewerbsdruck auf die Flugverbindungen aus.
(208) Die Kommission hat festgestellt, dass die Zugreise mehr als doppelt so lange dauert wie die Flugreise (rund sieben bis acht Stunden gegenüber etwa drei Stunden). Mittlerweile haben die Zugverbindungen weiter an Attraktivität verloren, nachdem die Deutsche Bahn in der Wintersaison 2008/2009 die Direktverbindungen eingestellt hat. Jetzt muss der Reisende in Köln umsteigen. Die sehr kleine Minderheit von O&D-Passagieren, die auf dieser Strecke im Zug reisen, genügt nicht, um die Existenz einer Substituierbarkeit von Zug- und Flugverbindungen zu demonstrieren. Die Marktuntersuchung der Kommission hat bestätigt, dass die Flugverbindungen nicht durch Zugverbindungen ersetzt werden können. Es kann festgestellt werden, dass es auf dieser Strecke keine nennenswerte Zugverbindung gibt. Das gilt gleichermaßen für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere (und dafür auch für einen Markt, der alle Passagiere beinhaltet).
Auswirkungen des Zusammenschlusses
(209) Unabhängig davon, ob getrennte Märkte für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere definiert werden oder ob man von einem einzigen Markt ausgeht, der sämtliche Passagiere beinhaltet, würde der Zusammenschluss daher auf dieser Strecke ein Duopol zwischen LH/SN und easyJet begründen.
204Vergleiche Sache COMP/M.3940 – Lufthansa/Eurowings und Sache COMP/M. 3770 – Lufthansa/Swiss.
71
(210) Die beteiligten Unternehmen sind der Ansicht, dass auf dieser Strecke kaum Wettbewerbsbedenken bestehen dürften, da ihnen easyJet, das sich erfolgreich auf dieser Strecke etabliert habe und dessen Marktanteil stetig wachse, weiterhin aggressiv Konkurrenz machen würde. Die Untersuchung der Kommission hat gezeigt, dass easyJet bisher in erster Linie auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere Wettbewerbsdruck auf die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ausübt. Diese Feststellung wird sowohl durch die Resultate der Passagierbefragung als auch durch die Analyse der Preisgestaltung bestätigt.
(211) Die Umfrage hat gezeigt, dass LH und SN die meisten Geschäftsreisenden auf dieser Strecke anlocken. 66 % der Passagiere von LH und 70 % der Passagiere von SN reisen aus beruflichen Gründen, während nur 29 % der Passagiere von easyJet diesen Reisegrund nennen. Von den befragten Geschäftsreisenden auf der Strecke BRU-BER flogen 40 % mit SN, 39 % mit LH und 20 % mit easyJet, während von den Passagieren, die aus anderen Gründen reisten (Urlaub, Besuch bei Freunden und Verwandten, sonstige Gründe), 24 % mit SN, 19 % mit LH und 56 % mit easyJet flogen. Dieses Ergebnis wird auch von der Marktuntersuchung bestätigt, in der die Mehrheit der Unternehmenskunden erklärt hat, auf dieser Strecke nicht mit easyJet zu reisen. Eine Reihe dieser Kunden nennen die mangelnde Flugfrequenz als Grund dafür, dass easyJet nicht für sie in Frage kommt. Bei den Unternehmenskunden, die auf der Strecke BRU-BER die Dienste von easyJet in Anspruch nehmen, hat easyJet bestenfalls einen Anteil von 10 % an den Flügen (nur ein einziger Kunde gibt an, auf dieser Strecke hauptsächlich die Flugverbindungen von easyJet zu nutzen).
(212) Die Umfrage unter den Passagieren hat bestätigt, dass LH und SN bei allen Passagierkategorien die nächsten Substitute füreinander sind. Im Fall einer Preiserhöhung von 5-10 %, würden Passagiere von SN auf der Strecke BRU-BER, die einen Wechsel zu einer anderen Fluggesellschaft in Erwägung ziehen würden, am ehesten zu LH wechseln (14 %), während 8 % einen Wechsel zu easyJet in Betracht ziehen würden. Passagiere von LH, die einen Wechsel zu einer anderen Fluggesellschaft in Erwägung ziehen würden, würden am ehesten zu SN wechseln (16 %), während auch hier 8 % einen Wechsel zu easyJet in Betracht ziehen würden. Darüber hinaus sind Passagiere von SN beim letzten Flug mit einer anderen Fluggesellschaft überwiegend mit LH geflogen (43 %), und umgekehrt sind Passagiere von LH beim letzten Flug mit einer anderen Fluggesellschaft auf dieser Strecke überwiegend mit SN geflogen (54 %). Bei SN und LH waren bequemere Abflugzeiten der wichtigste Grund für die Wahl einer anderen Fluggesellschaft bei der letzten entsprechenden Gelegenheit (52 % bzw. 62 %), während der Preis der zweitwichtigste Grund war (46 % bei beiden Fluglinien).
(213) Bei der Analyse der Preisgestaltung hat die Kommission festgestellt, dass der Eintritt von easyJet Ende Oktober 2007 eine gewisse Wirkung auf die nicht flexiblen Economy Class-Tarife sowohl von SN als auch von LH gehabt hat, während er sich überhaupt nicht auf die Tarife ausgewirkt hat, die die beteiligten Unternehmen zeitabhängigen Passagieren anbieten. Wie die Abbildungen 5 und 6 zeigen, sanken die durchschnittlichen nicht flexiblen Economy Class-Tarife von SN und LH nach dem Eintritt von easyJet, obwohl die nicht flexiblen Economy Class-Tarife von LH bis Ende 2008 wieder auf das vor dem Eintritt des neuen Wettbewerbers beobachtete Niveau stiegen. Auf die flexiblen Business Class und flexiblen Economy Class-Durchschnittstarife von LH hatte der Eintritt von easyJet keinerlei Auswirkungen, während er sich bestenfalls geringfügig auf die flexiblen Economy Class-Tarife von SN auswirkte. Die in Anhang II dargestellte eingehende Untersuchung dieser Daten anhand ökonometrischer Techniken bestätigt, dass sich der Eintritt von easyJet tatsächlich nicht auf die Tarife auswirkte, die LH und SN ihren zeitabhängigen Kunden anboten, während er gewisse Auswirkungen auf die nicht flexiblen Economy Class-Tarife von SN hatte und auch zu einem gewissen Grad auf die Tarife von LH, wobei diese Wirkung weniger eindeutig ist.
Abbildung 5: Durchschnittliche Nettotarife von LH nach Buchungsklasse auf der Strecke BRU-BER
[VERTRAULICH]* Quelle: LH. ENS Tarife sind die nicht flexiblen Economy Class-Tarife, ETS Tarife sind die flexiblen Economy Class-Tarife und die BTS sind die flexiblen Business Class-Tarife.
Abbildung 6: Durchschnittliche Nettotarife von SN nach Buchungsklasse auf der Strecke BRU-BER
[VERTRAULICH]*
Auswirkungen auf nicht zeitabhängige Passagiere
(214) Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass die von easyJet angebotenen Flugverbindungen auf dieser Strecke ausreichen, um nicht zeitabhängigen Passagieren eine glaubwürdige Alternative zu bieten. easyJet hat eine große Basis in SXF, wo acht seiner Flugzeuge stationiert sind, und eine beträchtliche Marktpräsenz im Raum Berlin (30 Strecken in Betrieb oder vor der Inbetriebnahme).
(215) Die im Rahmen der Marktuntersuchung der Kommission Befragten haben die Ansicht geäußert, dass easyJet auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere Wettbewerbsdruck auf die beteiligten Unternehmen ausübe. Die Mehrheit der Reisebüros ist der Ansicht, dass eine beträchtliche Zahl von Urlaubsreisenden die Fluggesellschaft wechseln würden, sollte das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen die Preise auf der Strecke BRU-BER um 5-10 % erhöhen. Nur wenige Wettbewerber haben sich zu den Fragen nach der Strecke BRU-BER geäußert, aber diejenigen, die geantwortet haben, sind geteilter Ansicht darüber, ob sich die
213Vergleiche die Antwort von easyJet auf Frage 45 im Phase II-Fragebogen: easyJet ist der Meinung, dass „weniger als 10 %“ der nicht zeitabhängigen Passagiere von LH und SN im Fall einer Preiserhöhung wechseln würden.
214easyJet gab im Mai 2009 seine Absicht bekannt, in der IATA-Wintersaison 2009/2010 einen zweiten täglichen Flug anzubieten.
74
nach/von THF rund [90 000–100 000]* nicht flexible Economy Class-Passagiere und [20 000–30 000]* flexible Economy Class-Passagiere. Dieses Fallbeispiel zeigt also, dass die zeitabhängigen Passagiere einer Verbindung, die eine Hinreise am Morgen und eine Rückreise am Abend ermöglicht, eindeutig den Vorzug vor einer Nachmittagsverbindung geben. Hingegen scheint das für die nicht zeitabhängigen Passagiere nicht zu gelten (in Anbetracht der Tatsache, dass mehr als [20 000–30 000]* nicht zeitabhängige Passagiere die Verbindung nach/von SXF nutzten), was sich mit dem Ergebnis deckt, dass easyJet mit seinem einzigen Flug einen gewissen Wettbewerbsdruck auf SN und LH ausübt.
(219) In seiner Reaktion auf die Ergebnisse der Marktuntersuchung hat easyJet selbst eingeräumt, dass sein Produktangebot gegenwärtig möglicherweise nicht „besonders attraktiv für zeitabhängige Passagiere“ sei. Die Marktuntersuchung bestätigt das: Aufgefordert, LH, SN und easyJet abhängig davon einzustufen, welchem Unternehmen sie den Vorzug geben, haben sämtliche Unternehmenskunden easyJet auf dem dritten Rang eingestuft oder überhaupt nicht genannt. Die meisten Wettbewerber (darunter easyJet) sind der Ansicht, dass zeitabhängige Passagiere auch im Fall einer Preiserhöhung nach dem Zusammenschluss kaum zu easyJet wechseln werden.
(220) Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass SN und LH auf der Strecke BRU-BER bei den zeitabhängigen Passagieren die nächsten Wettbewerber sind. Insbesondere die Unternehmenskunden sind mehrheitlich der Ansicht, dass SN der nächste Wettbewerber von LH ist und umgekehrt. Fast alle Reisebüros meinen, dass die meisten Unternehmenskunden nicht zu easyJet wechseln würden, wenn das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen die Preise auf der Strecke BRU-BER um 5-10 % erhöhen würde. Darüber hinaus hat die Mehrheit der im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Unternehmenskunden erklärt, sie würden höchstwahrscheinlich zu SN wechseln, wenn LH die Preise auf der BER-Strecke um 5-10 % erhöhen würde.
215 12 von 24 Unternehmenskunden, die Frage 55 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, stufen easyJet auf dem dritten Rang ein. 7 reihen easyJet überhaupt nicht, 5 haben die Frage nicht beantwortet.
216 easyJet hält es für unwahrscheinlich, dass zeitabhängige Passagiere das tun würden, da sein gegenwärtiges Angebot nicht auf solche Passagiere abgestimmt ist.
217 3 von 18 Wettbewerbern, die Frage 45 im Phase II-Fragebogen für Wettbewerber beantwortet haben, erklären, dass zumindest einige zeitabhängige Passagiere von LH zu easyJet wechseln würden, während 6 erwidern, dies werde nicht der Fall sein. 9 von 18 Wettbewerbern haben die Frage nicht beantwortet. Auf dieselbe Frage haben 4 von 18 Wettbewerbern geantwortet, dass mindestens einige zeitabhängige Passagiere von SN zu easyJet wechseln würden, während 4 erwidert haben, dies werde nicht der Fall sein.
(221) Im Verlauf des Verfahrens im vorliegenden Fall kündigte easyJet an, ab der Wintersaison 2009-2010 die Flugfrequenz auf der Strecke BRU-BER auf zwei tägliche Flüge zu verdoppeln (easyJet geht oft so vor, nachdem es zunächst mit einem täglichen Flug auf einer Strecke tätig wird). Die zwei Flüge von easyJet auf der Strecke BRU-BER werden seit 1. Mai 2009 auf der Website des Unternehmens angeboten: easyJet wird am frühen Morgen in direkter Konkurrenz mit den Flügen von LH/SN einen Flug BER-BRU anbieten (easyJet: 07:00 Uhr morgens, LH/SN: 06:45 Uhr), und zwar mit einem größeren Flugzeug (einem A319 mit 156 Sitzplätzen gegenüber dem von LH/SN eingesetzten Avro RJ85 mit 96 Sitzplätzen). Darüber hinaus ist die Pünktlichkeit von easyJet auf der Strecke BRU-BER in der Vergangenheit mit der von LH/SN vergleichbar gewesen, was zweifellos ein wichtiges Entscheidungskriterium für zeitabhängige Passagiere ist.
(222) Mit dieser Frequenzerhöhung nimmt easyJet das wichtigste Hindernis in Angriff, das dem Bemühen im Weg steht, zeitabhängige Passagiere für seine Flüge zu gewinnen, da ein beträchtlicher Anteil dieser Passagiere entweder Rückflüge am selben Tag oder die von zwei Flügen gewährleistete größere zeitliche Flexibilität zu schätzen weiß. Das bestätigt auch easyJet. Es ist daher wahrscheinlich, dass easyJet eben deshalb einen zweiten Flug anbietet, um sein Angebot für diese Kategorie von Passagieren attraktiv zu machen. Wie am Beispiel der Strecke nach Genf zu sehen (vgl. Anhang IV, in dem die Auswirkungen des Markteintritts von easyJet auf der Strecke nach Genf quantifiziert werden), übt easyJet mit einer Frequenz von zwei täglichen Flügen (einem am Morgen und einem später am Tag) offenbar sowohl bei zeitabhängigen als auch bei nicht zeitabhängigen Passagieren erheblichen Wettbewerbsdruck auf das fusionierte Unternehmen aus. Angesichts dieser Umstände wird festgestellt, dass die Expansion von easyJet die Kriterien erfüllt, die in den Absätzen 74 und 75 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse festgelegt sind, da diese Expansion innerhalb eines angemessenen Zeitraums stattfinden und von ausreichendem Umfang sein wird.
(223) Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere keine Wettbewerbsbedenken weckt.
Auswirkungen auf einen Markt für alle Passagiere
(224) Da der Zusammenschluss weder mit Blick auf zeitabhängige Passagiere noch bezüglich der nicht zeitabhängigen Passagiere Wettbewerbsbedenken weckt, würden auch auf einem hypothetischen Markt, der sämtliche Passagiere umfasst, keine Wettbewerbsbedenken auftreten. Unter Berücksichtigung des Wettbewerbsdrucks, den easyJet bereits heute auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere ausübt, sowie der Erhöhung der Frequenz auf zwei Flüge ab der kommenden Saison kann der Schluss gezogen werden, dass die Präsenz von easyJet wahrscheinlich genügen wird, um den Wettbewerb auf dem alle Passagiere umfassenden Markt auf dieser Strecke aufrechtzuerhalten, womit die Parteien einen geringeren Anreiz haben werden, nach dem Zusammenschluss die Preise zu erhöhen.
Schlussfolgerung
(225) Da easyJet den Spielraum der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere bereits ausreichend einschränkt und ab der kommenden Wintersaison auch auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere Wettbewerbsdruck ausüben wird, wird festgestellt, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf dieser Strecke unabhängig davon, ob der Markt als ein einziger Markt für alle Passagiere definiert oder ob zwischen zeitabhängigen und nicht zeitabhängigen Passagieren differenziert wird, nicht erheblich beeinträchtigen wird.
d.
Brüssel-Hamburg
(226) Die Strecke Brüssel-Hamburg (BRU-HAM) ist eine O&D-Strecke, auf der im Jahr 2008 [90 000–100 000]* Passagiere befördert wurden, zu denen eine Reihe von Transferpassagieren kamen (womit sich die Gesamtzahl auf [100 000–150 000]* Passagiere im Jahr 2008 belief). Die Befragung der Passagiere hat gezeigt, dass auf dieser Strecke hauptsächlich Geschäftsreisende befördert werden: [80–90]*% der O&D-Passagiere reisen aus beruflichen Gründen.
(227) LH fliegt viermal täglich, SN dreimal täglich auf dieser Strecke. Keine andere Fluggesellschaft bietet eine konkurrierende Direktverbindung an, womit der angemeldete Zusammenschluss zur Entstehung eines Monopols auf dieser Strecke führen würde. Der Wert des gesamten O&D-Marktes beläuft sich auf etwa [0–50]* Mio. EUR.
222 Anhang III, Absatz 12.
Tabelle 5: BRU-HAM O&D-Verkehr - 2008
Zahlen für die Strecke BRU-HAM im Jahr 2008
Alle Passagiere Nicht zeitabhängig ([90 000–100 000]* Passagiere) Passagiere)
Zeitabhängig ([20 000–30 000]* Passagiere)
[70–80]*%
[50–60]*%
[50–60]*%
LH (einschl. LX)
[30–40]*%
[40–50]*%
[40–50]*%
Gemeinsam
100 %
100 %
100 %
Quelle: Von den beteiligten Unternehmen bereitgestellte Umsatzzahlen
Substituierbarkeit der Flughäfen
(228) Im Einzugsgebiet von Hamburg gibt es innerhalb von 100 km zwei Flughäfen, und zwar den Flughafen Hamburg (HAM) und den Flughafen Lübeck (LBC), der 75 km von Hamburg entfernt ist. Sowohl SN als auch LH fliegen von Brüssel aus den Flughafen Hamburg an. Der Flughafen Lübeck wird von den Billigfluggesellschaften Ryanair und Wizzair angeflogen, doch keine dieser Fluggesellschaften bietet eine Verbindung von LBC nach BRU (oder zum Flughafen Charleroi) an oder beabsichtigt, auf dieser Strecke tätig zu werden. Daher ist es für die Zwecke dieser Untersuchung nicht erforderlich, die Substituierbarkeit zwischen LBC und HAM zu beurteilen.
Intermodaler Wettbewerb
(229) Die beteiligten Unternehmen vertreten die Ansicht, dass die Bahn auf der Strecke BRU-HAM zumindest bei den zeitabhängigen Passagieren Wettbewerbsdruck auf den Flugverkehr ausübt. Die Zugreise dauert jedoch fast doppelt so lange wie der Flug (nämlich 6 Stunden und 24 Minuten gegenüber 3 Stunden und 35 Minuten), und nur eine begrenzte Zahl von Reisenden (im Jahr 2007 8 % aller O&D-Passagiere) reist tatsächlich im Zug zwischen Brüssel und Hamburg. Während einzelne Befragte in der Passagierumfrage erklärt haben, die Bahn könne eine Alternative für preisempfindliche und nicht zeitabhängige Reisende darstellen, deuten die Ergebnisse der Marktuntersuchung im vorliegenden Fall im Allgemeinen darauf hin, dass die Zugverbindungen auf der Strecke BRU-HAM sowohl für die zeitabhängigen als auch für die nicht zeitabhängigen Passagiere und damit auch für die Gesamtheit der Passagiere keine wettbewerbsfähige Alternative zu den Flugverbindungen darstellen.
(230) Nur 17 % der von der Kommission befragten Flugreisenden auf der Strecke BRU-HAM informieren sich bei der Buchung eines Flugs auf dieser Strecke auch über die Bahntarife. Nur 7 % der Flugreisenden erklären, sie würden im Zug reisen, sollten sich die Flugtickets um 5-10 % verteuern. Rund 13 % der Passagiere haben diese Strecke bereits im Zug zurückgelegt.
223 Anhang III, Absatz 78.
224 Anhang III, Absatz 82.
225 Anhang III, Absatz 84.
78
Auswirkungen des Zusammenschlusses
(231) Der Zusammenschluss würde daher auf dieser Strecke ein Monopol bei allen Passagierkategorien (sowohl zeitabhängigen als auch nicht zeitabhängigen Passagieren) begründen.
(232) Wie im Fall der Strecke BRU-MUC bringt LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte auch bezüglich der Strecke BRU-HAM vor, die Wettbewerbsinteraktion zwischen LH und SN sei insbesondere mit Blick auf [Vergleich der Erträge der Unternehmen]* . Dieses Argument überzeugt die Kommission nicht, und zwar aus denselben Gründen wie jenen, die in den Erwägungsgründen 184 bis 189 im Fall der Strecke BRU-MUC dargelegt wurden. Insbesondere ist der Wettbewerbsdruck, den LH und SN aufeinander ausüben, die einzige Einschränkung, der sich die beiden Unternehmen ausgesetzt sehen. Der Zusammenschluss würde diese Einschränkung beseitigen.
(233) Die Marktuntersuchung hat bestätigt, dass LH und SN auf dieser Strecke beträchtlichen Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben und dass diese Einschränkung durch den Zusammenschluss beseitigt werden würde. LH erklärt in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, SN und LH hätten unterschiedliche Netzwerkmodelle, aber sämtliche Unternehmenskunden geben an, mit beiden Fluggesellschaften zu fliegen und die Preise der beiden Anbieter auf dieser Strecke zu vergleichen. Eine Mehrheit der Unternehmenskunden ist der Meinung, dass SN wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübe, da es die von zeitabhängigen Passagieren benötigte Flugfrequenz anbiete.
(234) Im Verlauf der Marktuntersuchung ist jedoch die Ansicht geäußert worden, die Strecke BRU-HAM könne nicht als natürliches Monopol betrachtet werden, da das Passagieraufkommen zu gering für zwei konkurrierende Anbieter sei und da auch ohne den Zusammenschluss zu erwarten sei, dass entweder LH oder SN diese Strecke aufgeben werde. Doch weder LH noch SN haben nachweislich glaubwürdige Pläne, den Betrieb auf der Strecke BRU-HAM einzustellen. Zudem weist diese Strecke einige Merkmale auf, die darauf hindeuten, dass es sich nicht um eine natürliche Monopolstrecke handelt. Erstens ist auf [hoher Prozentsatz]* der vergleichbaren Kurzstrecken in Europa, auf denen LH tätig ist, Platz für zwei oder mehr Fluggesellschaften. Auch ein Blick auf die von SN betriebenen Strecken zeigt, dass [hoher Prozentsatz]* der vergleichbaren Kurzstrecken in Europa Platz für zwei oder mehr Fluggesellschaften bieten.
226 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 202-211.
227 13 von 24 Unternehmenskunden, die Frage 64 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, nehmen auf der Strecke BRU-MUC die Dienste beider Fluggesellschaften in Anspruch. 1 von 24 fliegt nur mit LH, und 10 haben diese Frage nicht beantwortet. 13 von 24 Unternehmenskunden, die Frage 66 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, vergleichen die Angebote der beiden Fluggesellschaften auf der Strecke BRU-MUC miteinander. Keiner der Kunden gibt an, keine Vergleiche anzustellen, während 11 diese Frage nicht beantwortet haben.
228 9 von 24 Unternehmenskunden, die Frage 68 im Phase II-Fragebogen für Unternehmenskunden beantwortet haben, sind der Ansicht, dass SN auf der Strecke BRU-HAM Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, während nur 1 Befragter ausdrücklich das Gegenteil behauptet. 14 haben diese Frage nicht beantwortet.
(235) Der Zusammenschluss würde somit auf der Strecke BRU-HAM sowohl auf dem Markt für nicht zeitabhängige als auch auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere (und damit auch auf einem Markt, der sämtliche Passagiere umfasst) wahrscheinlich wettbewerbswidrige Wirkungen haben. Das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen würde nach dem Zusammenschluss einen Anreiz haben, die Kapazitäten zu verringern (und folglich die Tarife anzuheben), da der Zusammenschluss den einzigen Wettbewerbsdruck beseitigen würde, der die Fähigkeit der beteiligten Unternehmen einschränkt, die Kapazitäten (und die Preise) zu steuern. [Pläne von LH nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Kapazität]* .
Zutrittsschranken
(236) Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese Wettbewerbsbedenken durch den Eintritt eines neuen Wettbewerbers auf dieser Strecke ausgeräumt werden. Tatsächlich gibt es auf der Strecke BRU-HAM hohe Zutrittsschranken.
(237) Die erste Zutrittsschranke besteht in der hohen Auslastung des Flughafens Brüssel. Hingegen sind weder der Flughafen Hamburg noch der Flughafen Lübeck überlastet.
(238) Zweitens ist die Strecke BRU-HAM eine „Hub-to-spoke-Strecke“, das heißt eine Strecke, bei der sich an einem Ende ein Drehkreuz einer Netzwerkfluggesellschaft befindet. Obwohl der relevante Markt auf die O&D-Passagiere auf der Strecke BRU-HAM begrenzt ist, hat die Tatsache, dass BRU das Drehkreuz von SN ist, Relevanz für die Einschätzung der Möglichkeit eines Eintritts anderer Fluggesellschaften. [20–30]*% der Passagiere von SN auf dieser Strecke sind Transferpassagiere, die zum Drehkreuz von SN in BRU befördert werden. [Erwägungen zur Rentabilität der Strecke]*. Ein Direktfluganbieter, der auf dieser Strecke den Betrieb aufnehmen würde, hätte bei den O&D-Passagieren einen inhärenten Kosten- und Rentabilitätsnachteil gegenüber der etablierten Fluggesellschaft, die ein Drehkreuz an einem Ende der Strecke betreibt. Daher weist die Kommission das von LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argument, das Aufkommen an Transferpassagieren sei keine Zutrittsschranke, zurück.
230 SN betreibt seinen eigenen Angaben zufolge 10 Strecken, auf denen jährlich zwischen 75 000 und 125 000 O&D-Passagiere befördert werden. Auf 2 dieser Strecken ist SN der einzige Marktteilnehmer, auf 3 weiteren gibt es einen weiteren Wettbewerber, und auf 5 Strecken gibt es (einschließlich von SN) mehr als drei Wettbewerber.
231 Anhang 10 zur Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 32.
232 In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, dass der „gemeinsame zukünftige Marktanteil des fusionierten Unternehmens bei den Transferpassagieren lediglich bei etwa 20 % liegen wird“.
233 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 214-217.
80
betreiben BRU-HAM mit Hilfe einer Basis an einem Ende der Strecke. Eine solche Basis verschafft einem Marktteilnehmer erhebliche Effizienzvorteile durch Kosteneinsparungen. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH erneut vor, es gebe „keine greifbaren Elemente, die zeigen, dass eine Basis eine Voraussetzung für die aktive Beteiligung am Wettbewerb auf einer gegebenen Strecke darstellt.“ Doch wie bereits in Erwägungsgrund 161 erläutert, haben die meisten Wettbewerber bestätigt, dass es sehr selten vorkommt, dass eine Fluggesellschaft den Betrieb auf einer Strecke aufnimmt, ohne zumindest an einem Ende eine Basis zu haben, und dass die Mehrheit der Fluggesellschaften normalerweise auch im laufenden Betrieb eine Basis an einem Ende der Strecke haben. Nur wenige Kurzstreckenfluglinien haben eine Basis in BRU (Jetairfly) oder in HAM (Air Berlin).
(240) Viertens stellt auch eine mangelnde Marktpräsenz eine Zutrittsschranke dar. SN und LH haben eine starke Marktpräsenz in BRU bzw. HAM. SN betreibt von BRU aus 61 Strecken, und LH betreibt von HAM aus 38 Kurzstrecken. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte behauptet LH, dass Air Berlin und TUIfly von Hamburg aus 30 bzw. 25 Strecken betreiben. Doch eine starke Marktpräsenz hängt nicht nur davon ab, wie viele Strecken eine Fluggesellschaft von einem Flughafen aus betreibt, sondern auch von der allgemeinen Marktpräsenz im jeweiligen Land. Die beiden beteiligten Unternehmen verfügen jeweils über eine auf ihrem Heimatmarkt gut bekannte Marke und haben auf dem belgischen bzw. deutschen Markt Wettbewerbsvorteile bei Vermarktung und Werbung. Beispielsweise haben beide beteiligten Unternehmen globale Vereinbarungen mit den großen belgischen und deutschen Unternehmenskunden geschlossen, was die Attraktivität der Angebote anderer Wettbewerber auf der Strecke BRU-HAM verringern kann. Und in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, sie habe dank der Stärke ihres Vielfliegerprogramms „im örtlichen Passagieraufkommen auf dieser Strecke eine beträchtliche Gruppe loyaler Teilnehmer des Vielfliegerprogramms“. . Im Gegensatz dazu haben potenzielle Neuzugänge kein Vielfliegerprogramm (wie easyJet) oder nur ein schwaches Vielfliegerprogramm (wie Air Berlin). Ein Wettbewerber mit nur geringer oder ohne Marktpräsenz in BRU und HAM wird daher wahrscheinlich von einem Markteintritt auf dieser Strecke Abstand nehmen.
Potenzieller Eintritt anderer Fluggesellschaften auf der Strecke BRU-HAM
(241) Die beteiligten Unternehmen bezeichnen Air Berlin, easyJet und Ryanair allesamt als mögliche neue Wettbewerber auf dieser Strecke. Nach Angabe der beteiligten Unternehmen könnte Air Berlin, das eine Basis in Hamburg hat, auf der Strecke BRU-HAM den Betrieb aufnehmen. Auch easyJet könnte Flüge auf dieser Strecke anbieten, da es bereits von Brüssel und Hamburg aus andere Ziele anfliegt. Ryanair könnte nach
234 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 218.
235 Die indische Fluggesellschaft Jet Airways hat eine Basis in BRU für ihre Langstreckenverbindungen.
236 Antwort von LH vom 17. März 2009, Frage 4.
237 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 219.
238 Beispielsweise hat SN Vereinbarungen mit 27 der 50 größten belgischen Unternehmen geschlossen, und LH hat Vereinbarungen mit 45 der 50 größten deutschen Unternehmen.
239 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 207.
81
Ansicht der beteiligten Unternehmen ebenfalls auf dieser Strecke tätig werden, da es eine Basis in Charleroi (CLR) und eine beträchtliche Präsenz in Lübeck (LBC) hat.
(242) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bezeichnet LH einen Eintritt neuer Wettbewerber nach dem Zusammenschluss als realistische Möglichkeit. Bevor die Kommission die Wahrscheinlichkeit eines Einstiegs der einzelnen Fluggesellschaft untersucht, weist sie darauf hin, dass nach Maßgabe der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse ein potenzieller Eintritt nur als Ausgleichsfaktor berücksichtigt werden kann, wenn er nachweislich wahrscheinlich ist, rechtzeitig erfolgen wird und geeignet ist, um potenzielle wettbewerbswidrige Auswirkungen des Zusammenschlusses zu verhindern oder aufzuheben. Der bloße Hinweis darauf, dass ein Eintritt eine „realistische Möglichkeit” ist, genügt nicht, um seine Berücksichtigung zu rechtfertigen.
(243) Air Berlin hat zwar eine Basis am Flughafen Hamburg, hält die Nachfrage auf der Strecke BRU-HAM jedoch nicht für ausreichend, um nach dem Zusammenschluss einem weiteren Anbieter einen rentablen Flugbetrieb auf dieser Strecke zu ermöglichen, und beabsichtigt daher nicht, sich am Wettbewerb zu beteiligen. In Anbetracht der starken Präsenz von Air Berlin am Flughafen Hamburg kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass diese Fluglinie nach dem Zusammenschluss und einer Rationalisierung der Flugfrequenz von LH und SN den Betrieb auf der Strecke BRU-HAM aufnehmen wird, vor allem im Rahmen einer übergeordneten Strategie zum Ausbau der Präsenz von Air Berlin in Hamburg und/oder Brüssel. Air Berlin hat jedoch erklärt, dass es bisher nicht über einen Markteintritt auf der Strecke BRU-HAM nachgedacht hatte und wahrscheinlich nicht auf dieser Strecke tätig werden wird. Die von der Kommission geprüften internen Dokumente von Air Berlin bestätigen diese Angaben.
244 Antwort von Air Berlin auf Frage 47 im Phase II-Fragebogen.
245 Protokoll einer Sitzung mit Air Berlin am 11. März 2009.
(246) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt LH, dass Air Berlin in Brüssel um die Zuweisung von Zeitnischen für den Betrieb der Strecke Brüssel-Berlin angesucht habe, was als Beweis für das allgemeine Interesse von Air Berlin diene, von Brüssel aus verschiedene Strecken zu betreiben. LH verweist zudem darauf, dass Air Berlin nicht bestritten habe, dass es auf der Strecke BRU-HAM tätig werden könnte, sondern lediglich erklärt habe, BRU-HAM zum gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts der derzeitigen Überkapazitäten nicht als besonders attraktive Strecke zu betrachten. Da LH plant, nach dem Zusammenschluss auf dieser Strecke Kapazitäten abzubauen, ist es in den Augen von LH wahrscheinlich, dass sich Air Berlin zur Inbetriebnahme einer Flugverbindung entschließen wird. Die Kommission kann diesen Argumenten nicht beipflichten. Erstens ist ein potenzielles Interesse an der Strecke Brüssel-Berlin ungeachtet der Tatsache, dass Air Berlin letztendlich von einer eigenen Verbindung auf dieser Strecke Abstand genommen hat, nicht relevant für andere Strecken, da jede Strecke einen eigenen Markt mit spezifischen Merkmalen darstellt. Zweitens hat die Kommission Air Berlin aufgefordert, die Aussage über BRU-HAM zu erklären. Air Berlin hat geantwortet, das Unternehmen schätze diesen Markt als zu klein und schrumpfend ein und sehe in Anbetracht der gegenwärtigen Kapazitäten keine Möglichkeit für einen rentablen Betrieb, sofern keine Abhilfemaßnahmen ergriffen würden. [Pläne von LH nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Kapazität]*.
246 Antwort von Air Berlin auf Frage 51 im Phase II-Fragebogen.
247 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absätze 221-227.
(248) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bezeichnet LH auch TUIfly als wahrscheinlichen neuen Wettbewerber, wobei der Anmelder insbesondere auf die 25 Strecken verweist, die TUIfly von Hamburg aus betreibt. Die Kommission ist jedoch der Ansicht, dass ein Eintritt von TUIfly auf dieser Strecke nicht wahrscheinlich ist, weil dies nicht dem Geschäftsmodell dieser Fluglinie entspricht. Auf der Strecke BRU-HAM verkehren in erster Linie Geschäftsreisende, während TUIfly Urlaubsreisende befördert. Dazu kommt, dass TUIfly zum Teil eine Charterfluggesellschaft ist, und dass ein beträchtlicher Teil der Sitzplätze in den Flügen von TUIfly im Rahmen von Urlaubspaketen verkauft wird.
(249) LH äußert in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte auch die Einschätzung, OLT müsse als potenzieller Wettbewerber betrachtet werden. OLT hat jedoch nur eine sehr geringe Präsenz in Hamburg, von wo aus es eine einzige Strecke betreibt, auf der lediglich ein Flug pro Woche angeboten wird. Darüber hinaus fliegt OLT im Rahmen einer Vereinbarung mit SN von Bremen aus 11 Ziele in Afrika an, was ebenfalls den Anreiz für OLT verringert, auf Strecken tätig zu werden, die gegenwärtig von SN betrieben werden, denn ein solcher Markteintritt könnte SN dazu bewegen, die Vereinbarung als Vergeltung zu kündigen. Die Kommission ist daher der Ansicht, dass ein Markteintritt von OLT auf der Strecke Brüssel-Hamburg unwahrscheinlich ist.
(250) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH auch vor, FlyBE habe erklärt, „den Markteintritt auf mehreren Strecken zwischen Brüssel und Deutschland, darunter Brüssel-Hamburg, erwogen zu haben“. FlyBE hat jedoch weder in Brüssel noch in Hamburg eine Basis und fliegt auf keiner einzigen Strecke zwischen Belgien und Deutschland. Die Kommission betrachtet FlyBE daher nicht als wahrscheinlichen neuen Wettbewerber auf der Strecke Brüssel-Hamburg.
(251) Schließlich gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass irgendeine andere Fluggesellschaft, die gegenwärtig an einem Ende der Strecke eine Basis hat, wahrscheinlich in den Markt eintreten wird. In Anbetracht der Tatsache, dass auf der Strecke BRU-HAM hauptsächlich Geschäftsreisende befördert werden, ist es insbesondere unwahrscheinlich, dass die in BRU stationierten Charterfluggesellschaften (zum Beispiel Jetairfly) auf dieser Strecke tätig werden könnten.
250 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Abs. 226.
Von Hamburg aus fliegt TUIfly in erster Linie die Kanarischen Inseln, Portugal, Südspanien, die Balearen, Sizilien, Italien (Venedig und Neapel), griechische Inseln, die Türkei, Israel, Ägypten und Österreich an.
Die vor kurzem angekündigte Partnerschaft zwischen Air Berlin und TUIfly wirkt sich nicht auf diese Analyse aus.
234 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Abs. 226.
254 OLT fliegt jeden Sonntag um 20:00 Uhr von Hamburg nach Toulouse und jeden Freitag um 19:00 von Toulouse nach Hamburg.
255 Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Absatz 226.
84
Schlussfolgerung
(252) Daher würde der Zusammenschluss zur Entstehung eines Monopols auf der Strecke BRU-HAM führen. Die Zutrittsschranken sind hoch, und die Kommission hat keine überzeugenden Belege dafür gefunden, dass andere Fluggesellschaften kurz- oder mittelfristig auf dieser Strecke tätig werden und damit Wettbewerbsdruck auf die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ausüben könnten. Aus diesen Gründen wird festgestellt, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-HAM sowohl auf dem Markt für zeitabhängige als auch auf dem für nicht zeitabhängige Passagiere und damit auch auf einem Markt, dem sämtliche Passagiere zugerechnet werden, erheblich beeinträchtigen würde.
3.2
Die Strecken zwischen Belgien und der Schweiz
a.
Hintergrund und analytischer Rahmen
(253) Das bilaterale Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr bevollmächtigt die Kommission, die Strecken zwischen der Schweiz und der EU im vorliegenden Fall zu beurteilen. Gemäß Artikel 11 Absatz 1 des Luftverkehrsabkommens kontrollieren die Organe der Gemeinschaft „Zusammenschlüsse zwischen Unternehmen gemäß den im Anhang aufgeführten Rechtsvorschriften der Gemeinschaft“.
(254) Sabena und Swissair waren bis 1995 unabhängige Unternehmen, die auf den Strecken Brüssel-Basel, Brüssel-Genf und Brüssel-Zürich im Wettbewerb miteinander standen.
256 ABL. L 114 vom 30.4.2002, S. 73.
257 Sache COMP/M.616 – Swissair/Sabena.
(255) Im Jahr 1995 erwarb Swissair eine Mehrheitsbeteiligung an Sabena. Anschließend schloss Swissair mit ihrer Tochtergesellschaft Sabena für diese drei Strecken eine Codeshare-Vereinbarung, in deren Rahmen Sabena die Strecke Brüssel-Genf und Swissair die Strecken Brüssel-Zürich sowie Brüssel-Basel betrieb.
(256) Zwischen Oktober 2001 und März 2002 wurde Swissair schrittweise aufgelöst, während Crossair (später in Swiss umbenannt) als neue „nationale Fluggesellschaft“ den Betrieb aufnahm. Der Betrieb im Netz und besonders am Flughafen Genf wurde erheblich eingeschränkt.
(257) Zur selben Zeit, im November 2001, wurde auch Sabena aufgelöst, und Delta Air Transport (unter dem Namen SN Brussels Airlines, später umbenannt in Brussels Airlines) übernahm Sabenas Flotte von Regionalflugzeugen. Der Aktionsradius der Fluggesellschaft wurde ebenfalls erheblich verringert. Die Kapazitäten von SN entsprachen zu Beginn der Tätigkeit gemessen an der Zahl der Flugzeuge etwa 40 % und gemessen an der Zahl der verfügbaren Sitzkilometer etwa 28 % der Kapazitäten
258 Protokoll der Sitzung bei SN am 4. Februar 2009.
259 Sache 38.477 British Airways/SN Brussels Airlines, Erwägungsgrund 5.
(258) LX ist das Nachfolgeunternehmen von Swissair als nationale Fluggesellschaft der Schweiz. SN ist das Nachfolgeunternehmen von Sabena als größte belgische Fluggesellschaft.
(259) Am 25. März 2002 schlossen SN und LX eine Codeshare-Vereinbarung (und zwar eine Freeflow-Vereinbarung ohne Preisabstimmung) bezüglich „der Strecken zwischen den Heimatländern der beteiligten Unternehmen, auf denen eine oder beide Unternehmen tätig sind“. Mit dieser Vereinbarung wird die Codeshare-Kooperation zwischen ihren Vorgängergesellschaften fortgesetzt, obwohl die Vereinbarung vom 25. März 2002 die beiden beteiligten Unternehmen nicht daran hindert, Verbindungen auf irgendeiner Strecke zu betreiben. In der Praxis betreibt SN seit damals weiterhin die Strecke Brüssel-Genf, während LX auf den Strecken Brüssel-Zürich und Brüssel-Basel tätig ist.
(260) Im Jahr 2005 erwarb LH LX und SN erwarb Virgin Express.
(261) Daher ist gegenwärtig auf allen drei Strecken zwischen Belgien und der Schweiz (Brüssel-Basel, Brüssel-Genf sowie Brüssel-Zürich) eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ein Operating Carrier (Betriebsunternehmen), während das andere Unternehmen ein Marketing Carrier (Vertriebsunternehmen) gemäß der Codeshare-Vereinbarung ist.
(262) In Randnummer 9 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse heißt es: „Bei der Bewertung der wettbewerblichen Auswirkungen eines Zusammenschlusses vergleicht die Kommission die Wettbewerbsbedingungen, die sich aus dem angemeldeten Zusammenschluss ergeben, mit den Bedingungen, wie sie ohne den Zusammenschluss herrschen würden. In den meisten Fällen sind die zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses vorherrschenden Wettbewerbsbedingungen der Vergleichsmaßstab zur Bewertung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses. Unter besonderen Umständen kann die Kommission jedoch zukünftige Änderungen im Markt berücksichtigen, die mit einiger Sicherheit erwartet werden können.“
260 Zum Zeitpunkt des Bankrotts im Oktober 2001 besaß Sabena 68 Kurzstreckenflugzeuge (der Typen Avros, A319, A320 und A321 sowie B737), während SN den Betrieb mit 32 Avros aufnahm. Quelle: „Rapport fait au nom de la commission d'enquête parlementaire visant à examiner die Umstände, die zur Insolvenz von Sabena führten, um mögliche Verantwortlichkeiten zu bestimmen und Empfehlungen für die Zukunft zu formulieren“, Chambre des représentants de Belgique, 29. Januar 2003, Dokument Nr. 50 1514/003, Seite 89, sowie interne Dokumente von SN.
261 Dort, wo sich die Kommission auf die Beziehung zwischen Vorgänger-/Nachfolgeunternehmen zwischen Swissair und LX sowie zwischen Sabena und SN bezieht, haben diese Begriffe keinerlei rechtliche Bedeutung. Sie werden ausschließlich aus praktischen Gründen verwendet.
262 Artikel 1 der Codeshare-Vereinbarung vom 25. März 2002.
263 Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss.
264 Entscheidung Nr. 2004-C/C-69 des belgischen Conseil de la concurrence vom 24. Dezember 2004 in der Sache CONC-C/C-04/0064 SN Airholding II/Virgin Express.
(263) Bei der Bewertung eines angemeldeten Zusammenschlusses gemäß der Fusionskontrollverordnung kann nicht von der Kommission verlangt werden, dass sie eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen vor dem Zusammenschluss, die Artikel 81 des Vertrags widerspricht, als kontrafaktische Annahme akzeptiert. Dennoch ist es im vorliegenden Fall nicht erforderlich, dass die Kommission dieser Frage bezüglich jeder Strecke weiter nachgeht.
b.
Brüssel-Basel
(264) Die Strecke Brüssel-Basel (BRU-EAP) ist eine O&D-Strecke, auf der im Jahr 2008 [20 000–30 000]* Passagiere befördert wurden. LX fliegt zweimal täglich auf dieser Strecke, und SN fungiert im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung als Marketing Carrier.
Tabelle 6: BRU-EAP O&D-Verkehr - 2008
Zahlen für BRU-EAP im Jahr 2008
Zeitabhängig ([1 000–5 000]* Passagiere)
Nicht zeitabhängig ([20 000–30 000]* Passagiere)
Alle Passagiere ([20 000–30 000]* Passagiere)
[10–20]*%
[80–90]*%
[100 %]
[80–90]*%
[100 %]
Gemeinsam
Quelle: Um Direktverkäufe der beteiligten Unternehmen bereinigte MIDT-Daten
(265) Die beteiligten Unternehmen behaupten, das Passagieraufkommen auf dieser Strecke sei zu gering, um zwei Operating Carriers einen rentablen Betrieb zu ermöglichen. Um diese Behauptung zu stützen, erklärt SN, es befinde sich auf Strecken, wo im O&D-Verkehr weniger als 100 000 Passagiere im Jahr befördert werden, nicht im Wettbewerb mit einer anderen Fluggesellschaft und habe nie die Möglichkeit erwogen, den Betrieb auf dieser Strecke aufzunehmen.
(266) Da Basel weder eine europäische Hauptstadt noch eines der wichtigsten europäischen Geschäftszentren ist, würde SN es wahrscheinlich nicht als strategisches Flugziel betrachten, das im Rahmen der übergeordneten Strategie des Unternehmens von Brüssel aus angeflogen werden sollte. Darüber hinaus hat die Marktuntersuchung gezeigt, dass die Wettbewerber der beteiligten Unternehmen der Meinung sind, dass das O&D-Passagieraufkommen auf der Strecke BRU-EAP nicht genügt, um Direktverbindungen von zwei unabhängigen Operating Carriers zu rechtfertigen. Das
265 Vergleiche auch COMP/M.5403 – Lufthansa/British Midland, Fußnote 30: „Könnte die Rechtswidrigkeit einer vor dem Zusammenschluss geschlossen Vereinbarung zwischen den beteiligten Unternehmen bei der Fusionskontrolle nicht berücksichtigt werden, so könnten die beteiligten Unternehmen argumentieren, der Wettbewerb werde durch den Zusammenschluss nur geringfügig oder überhaupt nicht verringert. Eine Entscheidung über einen Zusammenschluss unter solchen Umständen würde die Rechtswidrigkeit vor dem Zusammenschluss übernehmen und dauerhaft etablieren, da gemäß der Fusionskontrollverordnung genehmigte Zusammenschlüsse nicht mehr gemäß Artikel 81 des Vertrags anfechtbar sind.“
87
zeigt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein weiterer Wettbewerber auf der Strecke BRU-EAP tätig werden wird, solange diese von LX betrieben wird.
(267) Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf dieser Strecke unabhängig von der kontrafaktischen Analyse nicht erheblich beeinträchtigen wird. Das gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere auf dieser Strecke sowie für einen Markt, der sämtliche Passagiere umfasst.
c.
Brüssel-Genf
(268) Die Strecke Brüssel-Genf (BRU-GVA) ist eine O&D-Strecke, auf der im Jahr 2008 [400 000-500 000]* Passagiere befördert wurden. SN bietet täglich sechs Flüge auf dieser Strecke an. LX fungiert im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung als Marketing Carrier. easyJet nahm im Juni 2007 mit einem täglichen Flug den Betrieb auf dieser Strecke auf und erhöhte seine Flugfrequenz im Oktober 2007 auf zwei Flüge.
Tabelle 7: BRU-GVA O&D-Verkehr - 2008
Zahlen für BRU-GVA im Jahr 2008
Zeitabhängig Nicht Zeitabhängig Alle Passagiere ([100 000-200 000]*([300 000-400 000]*([400 000-500 000]* Passagiere) Passagiere) Passagiere)
[50-60]* %
[60-70]* %
[60-70]* %
100 %
Gemeinsam
Quelle: Um Direktverkäufe der beteiligten Unternehmen bereinigte MIDT-Daten
[0-10]* %
[0-10]* %
[0-10]* %
LX
[60-70]* %
[60-70]* %
[60-70]* %
Gemeinsam
[30-40]* %
[30-40]* %
[30-40]* %
easyJet
Quelle: Um Direktverkäufe der beteiligten Unternehmen bereinigte MIDT-Daten
Auswirkungen des Zusammenschlusses
(269) Da LX als Marketing Carrier auf dieser Strecke selbst keine Passagiere befördert, lautet die Frage, ob der Zusammenschluss dem in Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse dargelegten Kriterium für Fusionen zwischen potenziellen Wettbewerbern entspricht: „Erstens müssen vom potenziellen Wettbewerber bereits spürbare, den Verhaltensspielraum begrenzende Wirkungen ausgehen, oder es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser sich zu einer wirksamen Wettbewerbskraft entwickelt. … Zweitens dürfen keine anderen potenziellen Wettbewerber vorhanden sein, die einen hinreichenden Wettbewerbsdruck nach dem Zusammenschluss aufrechterhalten können.“
(270) Bezüglich der ersten Komponente der ersten Bedingung hat die Untersuchung der Kommission gezeigt, dass der Marketing Carrier keinen wesentlichen Wettbewerbsdruck auf den Operating Carrier ausübt, mit dem er eine Codeshare-Vereinbarung geschlossen hat. Tatsächlich zeigen die von den beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten, [Beschreibung des Tarifniveaus]*. Der
88
Grund dafür ist, dass der Marketing Carrier zwar einen direkten Zugang zu den Buchungsklassen des Operating Carriers hat, dieser die Buchungsklassen jedoch nach Belieben schließen kann. Der Marketing Carrier hat also keinen Einfluss auf die Bestandspolitik. Zudem könnte der Operating Carrier die Codeshare-Vereinbarung kündigen, sollte der Marketing Carrier beginnen, deutlich niedrigere Tarife anzubieten. So würde der Marketing Carrier jeglichen Vorteil einer aggressiven Preispolitik einbüßen. Abgesehen davon, dass die Preisgestaltung von LX auf dieser Strecke keinerlei Wettbewerbsdruck auf die Preisgestaltung von SN ausübt, hat die Marktuntersuchung auch bestätigt, dass die Drohung eines Markteintritts von LX zumindest auf kurze Sicht keinen Druck auf die Preisgestaltung von SN auf der Strecke BRU-GVA ausübt. Folglich trifft es nicht zu, dass von LX „bereits spürbare den Verhaltensspielraum begrenzende Wirkungen ausgehen“, was den Betrieb von SN auf der Strecke BRU-GVA betrifft.
(271) Bezüglich der zweiten Komponente der ersten Bedingung stellt die Kommission fest, dass keine „Anhaltspunkte“ dafür vorliegen, dass sich LX mit oder ohne geltende Codeshare-Vereinbarung, „zu einer wirksamen Wettbewerbskraft entwickelt“. Dafür gibt es drei Gründe:
– die Tatsache, dass LX ihren Betrieb in GVA zugunsten des Drehkreuzes ZRH deutlich eingeschränkt hat;
– die Tatsache, dass easyJet im Juni 2007 auf dieser Strecke tätig wurde; und
– die Tatsache, dass LX an keinem Ende der Strecke die größte Fluggesellschaft ist.
(272) Diese drei Gründe werden in den Erwägungsgründen 273 bis 275 genauer untersucht.
(273) Ab 1995 verfolgte Swissair die Strategie, den Flughafen ZRH als Drehkreuz zu bevorzugen und die von GVA aus betriebenen Flugverbindungen einzuschränken. Von 2002 (dem ersten vollen Betriebsjahr von LX) bis 2006 (dem ersten Jahr, in dem LX nach der Übernahme durch LH und der Sanierung Gewinn erzielte) schraubte LX den Betrieb in GVA weiter zurück. Die Flugzeugflotte wurde um [50–60]*% verringert, die Zahl der von GVA aus betriebenen innereuropäischen Strecken wurde um [60–70]*% gesenkt, und die Zahl der in GVA startenden Flüge wurde um [60–70]*% reduziert. Beispielsweise heißt es in der Entscheidung der Kommission in der Sache Lufthansa/Swiss aus dem Jahr 2005: „Mit Blick auf die Tatsache, dass Swiss nach ihren finanziellen Schwierigkeiten ihren Drehkreuzbetrieb in Genf drastisch eingeschränkt hat, kann Swiss nicht mehr als potenzieller direkter Neuzugang auf dieser Strecke [Genf-Düsseldorf] betrachtet werden“. Insgesamt war Swiss im Jahr 2008 immer noch deutlich kleiner als Swissair vor der Krise.
(274) Im Februar 2007 gab easyJet bekannt, dass es ab 29. Juni 2007 auf der Strecke Brüssel-Genf einen täglichen Flug anbieten werde. Im Oktober 2007 erhöhte easyJet die Frequenz auf zwei tägliche Flüge. Obwohl LX ihren Betrieb in GVA ab 2007 geringfügig gegenüber dem Tiefpunkt im Jahr 2006 ausweitete, nahmen der geringe Umfang des Betriebs in GVA und die zusätzliche Konkurrenz durch easyJet auf dieser Strecke LX vermutlich den Anreiz, auf der Strecke BRU-GVA tätig zu werden, auf der bereits acht tägliche Flüge angeboten wurden (sechs Flüge von SN und zwei Flüge von easyJet).
(275) Dazu kommt, dass LX an keinem der beiden Enden der Strecke eine starke Stellung einnimmt, was die Wirkung der Werbung und die kommerzielle Präsenz des Unternehmens verringert. SN ist die größte Fluggesellschaft in Brüssel, und easyJet ist sowohl gemessen an der Streckenzahl als auch gemessen an der Zahl der beförderten Passagiere die größte Fluggesellschaft in Genf. Auch die Präsenz von easyJet in Genf ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Zur Verdeutlichung: im Jahr 2004 entfielen 26 % der von und nach Genf beförderten Passagiere auf easyJet (der Anteil von LX lag bei 18 %), und bis 2007 stieg dieser Anteil auf 34 % (während der von LX auf 12 % sank). Gegenwärtig hat LX nur noch [0–10]* Flugzeuge in Genf stationiert (insgesamt hat LX in der Schweiz 100 Flugzeuge stationiert, den Großteil davon in Zürich). LX ist weiterhin in geringem Umfang am Flughafen Genf tätig – [Erwägungen zur Rentabilität der innereuropäischen Strecken, die LX von GVA aus betreibt, und zur LX-Basis in GVA]*.
(276) Ausgehend davon gelangt die Kommission trotz der Existenz gegenteiliger Argumente zu dem Schluss, dass LX wahrscheinlich nicht in den Markt eintreten würde, wenn der Zusammenschluss nicht stattfände.
(277) Da die beiden Bedingungen in Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse kumulativ sind und die erste Bedingung nicht erfüllt ist, ist es nicht erforderlich zu prüfen, ob die zweite Bedingung erfüllt ist.
Schlussfolgerung
(278) Für die Zwecke des vorliegenden Falls wird LX nicht als potenzieller Wettbewerber auf der Strecke Brüssel-Genf betrachtet. Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dieser Strecke führen würde. Das gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere auf dieser Strecke, und daraus folgt, dass derselbe Schluss auch für einen einzigen Gesamtmarkt gelten würde, der sämtliche Passagiere umfasst.
268 Zum Beispiel durch die Ergänzung von Opportunitätsflügen, wie eines Nachtflugs von und nach Istanbul.
269 Ein Benchmarking der typischen Streckenplanung von LX würde zeigen, dass es ungewöhnlich ist, dass LH/LX eine Strecke dieser Größe (vor dem Eintritt von easyJet) nicht betrieben, solange es nur eine andere in der Passagierbeförderung aktive Fluglinie (Operating Carrier) auf dieser Strecke gab. Nur auf 2 von 73 Strecken mit einem jährlichen Passagieraufkommen (O&D) von mehr als 150 000 im Streckenplan von Lufthansa/Swiss besteht ein Monopol. Auch gibt es keine einzige Strecke mit einem jährlichen Passagieraufkommen (O&D) von mehr als 150 000 im Streckenplan von SN, auf der ein Monopol besteht. Für sich genommen könnte dies als Hinweis darauf gedeutet werden, dass Swiss das Monopol von SN auf der Strecke Brüssel-Genf in Abwesenheit der Fusion wahrscheinlich angegriffen hätte.
90
d.
Brüssel-Zürich
(279) Auf der Strecke BRU-ZRH wurden im Jahr 2008 [150 000–200 000]* O&D-Passagiere befördert, zu denen eine beträchtliche Zahl von Transferpassagieren kam (womit sich die Gesamtzahl der Passagiere im Jahr 2008 auf [250 000–300 000]* belief). Die Kundenbefragung hat gezeigt, dass 80 % aller O&D-Passagiere auf dieser Strecke aus beruflichen Gründen reisen. Der jährliche Gesamtwert dieses Marktes beläuft sich auf rund [0–50]*Mio. EUR.
(280) LX bietet auf dieser Strecke täglich sechs Flüge an. SN fungiert als Marketing Carrier im Rahmen der Codeshare-Vereinbarung. Keine andere Fluggesellschaft bietet Direktverbindungen auf dieser Strecke an. Air Berlin hat eine kleine Basis in ZRH, während easyJet dort keinen Stützpunkt hat. Ausgehend von den Tickets, die SN für LX-Flüge verkauft, lassen sich folgende Marktanteile errechnen:
Tabelle 8: BRU-ZRH O&D-Verkehr - 2008
Zahlen für die Strecke BRU-ZRH im Jahr 2008
Zeitabhängig Nicht zeitabhängig Alle Passagiere ([60 000–70 000]*([100 000–150 000]*([150 000–200 000]* Passagiere) Passagiere) Passagiere)
[10–20]*%
[80–90]*%
[100 %]
[80–90]*%
[100 %]
Gemeinsam
Quelle: Um den Direktverkauf der beteiligten Unternehmen bereinigte MIDT-Daten.
(281) Gegenwärtig gibt es eigentlich nur einen Verkehrsflughafen in Zürich.
(282) Die Kommission stimmt dem Vorschlag von LH zu, den intermodalen Wettbewerb nicht in den relevanten Markt auf dieser Strecke einzubeziehen.
Kontrafaktische Analyse
(283) Die Kommission ist der Ansicht, dass die Codeshare-Vereinbarung gelöst werden dürfte, wenn der Zusammenschluss nicht zustande kommt, da sich SN in diesem Fall der oneworld-Allianz und British Airways („BA“) anschließen würde, weshalb das Codesharing aufgegeben würde.
(284) Infolge der Beendigung der Codeshare-Vereinbarung würde SN wahrscheinlich auf der Strecke BRU-ZRH tätig werden. Somit würde der Zusammenschluss den Wettbewerb zwischen LX als gegenwärtigem Operating Carrier und SN als wahrscheinlichen potenziellen Wettbewerber gemäß Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse beseitigen.
(285) Die einzelnen Schritte des Gedankengangs werden in den Erwägungsgründen 286 bis 333 eingehender dargelegt.
(286) SN wird sich wahrscheinlich oneworld/BA anschließen, wenn es nicht zum Zusammenschluss kommt. Im ersten Schritt der Analyse stellt die Kommission fest,
91
dass [Bezugnahme auf interne Dokumente von SN über Allianz-Strategien]*. Daher ist für den Fall, dass es nicht zum Zusammenschluss kommt, zu erwarten, dass sich SN in absehbarer Zukunft der oneworld-Allianz anschließen würde.
(287) In der Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte argumentiert LH diesbezüglich, dass [SN eine andere Allianz-Strategie hatte]*.
(288) Diese Argumente müssen zurückgewiesen werden. [Die Kommission stellt ihre Auslegung der internen Dokumente von SN zur Allianz-Strategie dar]*.
(289) Drittens schließt die Suche nach einem Investor für SN den Beitritt zu einer Allianz nicht aus, und in wirtschaftlichen Krisenzeiten ist ein Beitritt zu oneworld nicht unattraktiv: SN würde seine Stellung im Gegenteil durch den Beitritt zu einer Allianz ungeachtet einer parallelen Suche nach einem Investor zwischenzeitlich verbessern (z. B. durch reziproke Vielfliegerprogramme, mehr Transferverkehr und gemeinsamen Einkauf). Da LH das einzige realistisch in Frage kommende Mitglied der European Star Alliance ist, das bereit wäre, SN zu übernehmen, und da das Skyteam-Mitglied Air France/KLM kein Interesse an SN bestätigt hat (was vermutlich auf die Nähe seiner eigenen Drehkreuze in Paris Charles de Gaulle und Amsterdam Schiphol zurückzuführen ist), würde die Entwicklung ohne den Zusammenschluss wahrscheinlich auf eine Mitgliedschaft in der oneworld-Allianz und/oder einen Investor aus oneworld hinauslaufen. Dies würde sich auch mit der gegenwärtigen Codeshare-Vereinbarung zwischen SN und BA und der gegenwärtigen Vereinbarung über Codesharing sowie dem Antitrust-Immunitäts-Bündnis zwischen SN und American Airlines auf den transatlantischen Strecken decken. [Die Kommission legt den Inhalt und ihre Auslegung der internen Dokumente von SN zu Übernahmeangeboten dar]*.
(290) Aus diesen Gründen hätte sich SN höchstwahrscheinlich oneworld angeschlossen und wäre eine Tochtergesellschaft von BA geworden, wäre keine Einigung mit LH zustande gekommen.
(291) Aufgrund des Beitritts von SN zu oneworld würde die Codeshare-Vereinbarung zwischen LX und SN gelöst. Im zweiten Schritt der Analyse gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Codeshare-Vereinbarung infolge des Beitritts zu oneworld wahrscheinlich gekündigt worden wäre – sei es auf Betreiben von SN oder auf Initiative von LX. Obwohl LH in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hat, dass [die Tatsachen eine andere Schlussfolgerung zulassen, folgert die Kommission aus den internen Dokumenten von SN, dass die Codeshare-Vereinbarung wahrscheinlich gekündigt würde, sollte sich SN oneworld anschließen]*.
(292) In der Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte und in anderen Vorlagen vertritt LH die Ansicht, dass [Auslegung der internen Dokumente von SN zu Allianz-Strategien durch LH]*.
(293) Diesbezüglich weist die Kommission erstens darauf hin, dass in der eigenen Präsentation von SN steht, dass [Inhalt und Bewertung der internen Dokumente von SN zu Allianz-Strategien]*.
(294) Zweitens müsste eine Codeshare-Vereinbarung zwischen einem oneworld-Mitglied und einem Mitglied der Star Alliance (in diesem Szenario) sowohl mit der Vereinbarung über die oneworld-Allianz als auch mit der Vereinbarung über die Star Alliance vereinbar sein. In jedem Fall ist [Inhalt der oneworld-Allianz-Vereinbarung und der Star-Allianz-Vereinbarung]* an sich nicht entscheidend. Selbst wenn die Regeln von oneworld und Star eine solche Codeshare-Vereinbarung zulassen würden, deuten einige weitere Faktoren darauf hin, dass die Codeshare-Kooperation zwischen SN und LX in der Praxis beendet würde.
(295) Drittens [die kommission führt weiter aus, warum die Codeshare-Vereinbarung gekündigt würde und verweist auf die Möglichkeit einer allgemeineren oneworld-Strategie für Verbindungen in die Schweiz]*.
(296) Viertens hat die Kommission die Auswirkungen der Übernahme von LX durch LH im Jahr 2005 und des Beitritts von LX zur Star Alliance im Jahr 2006 untersucht. Alle Codeshare-Vereinbarungen, die LX vor dem Jahr 2005 mit oneworld-Mitgliedern geschlossen hatte, wurden kurz nach der Übernahme von LX durch LH oder nach dem Beitritt von LX zur Star Alliance gekündigt [Annahmen im Hinblick auf die Kündigung der Vereinbarung]*. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht keine einzige Codeshare-Kooperation zwischen LX und irgendeinem oneworld-Mitglied. Solche Vereinbarungen hat LX nur noch mit (a) gegenwärtigen Mitgliedern der Star Alliance und Fluggesellschaften wie Air India und TAM, die dieser Allianz in naher Zukunft beitreten werden; (b) bündnisfreien Fluggesellschaften wie El Al und Air Malta; sowie (c) dem Skyteam-Mitglied Air France, was durch eine Ausnahmeregelung in der Star Alliance-Vereinbarung im Kontext des Rückzugs von LX von der Strecke GVA-Paris ermöglicht wurde. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung der Vergangenheit, dass LX bereit ist, eine Codeshare-Kooperation sogar dann zu beenden, wenn die Qualität seiner Flugverbindungen darunter leidet (zum Beispiel auf den Strecken ZRH-HEL und GVA-MAD, wo im Rahmen der Codeshare-Vereinbarung ein Direktflug angeboten werden konnte und mittlerweile nur noch eine indirekte Verbindung verfügbar ist) oder wenn LX selbst den Betrieb auf der Strecke aufnehmen muss, um die Lücke zu füllen (zum Beispiel im Fall von BUD-GVA und BSL-BCN).
(297) Dass eine Beendigung der Codeshare-Kooperationen zwischen oneworld-Mitgliedern und Angehörigen der Star Alliance wahrscheinlich ist, wird schließlich auch durch die Reaktion von BA [ein oneworld-Mitglied] verdeutlicht [Inhalt der vertraulichen Mitteilung]*. Das zeigt, dass für den Fall, dass SN nicht nur oneworld beitreten, sondern auch eine Tochtergesellschaft von BA werden würde, seine Codeshare-Vereinbarung mit LX kaum Bestand haben würde.
(298) Daher wird festgestellt, dass SN ohne den Zusammenschluss eher oneworld beigetreten wäre und die Codeshare-Vereinbarung gekündigt hätte. Daher muss die Kommission bewerten, welchen Anreiz SN nach dem Ende der Codeshare-
Vereinbarung gemäß Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, der Fusionen zwischen potenziellen Wettbewerbern betrifft, zu einem Markteintritt auf der Strecke BRU-ZRH hat.
Auswirkungen des Zusammenschlusses
(299) Damit gemäß Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse festgestellt werden kann, dass ein Zusammenschluss mit einem potenziellen Wettbewerber spürbar negative Auswirkungen auf den Wettbewerb hat, müssen von dem potenziellen Wettbewerber erstens „bereits spürbare den Verhaltensspielraum begrenzende Wirkungen ausgehen, oder es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser sich zu einer wirksamen Wettbewerbskraft entwickelt“, wenn es nicht zu einem Zusammenschluss kommt. „Zweitens dürfen keine anderen potenziellen Wettbewerber vorhanden sein, die einen hinreichenden Wettbewerbsdruck nach dem Zusammenschluss aufrechterhalten können.“
(300) Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich SN zu einer wirksamen Wettbewerbskraft entwickeln würde. Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die erste Bedingung erfüllt ist (es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich SN ohne den Zusammenschluss zu einer wirksamen Wettbewerbskraft entwickeln würde). Dafür gibt es mehrere Gründe. Für sich genommen, würden diese Gründe möglicherweise nicht schlüssig beweisen, dass SN auf der Strecke BRU-ZRH in den Markt eintreten würde, aber betrachtet man sie in ihrer Gesamtheit, so zeigt sich, dass es ausreichend wahrscheinlich ist, dass SN auf dieser Strecke tätig werden würde.
(301) Benchmarking. Das von der Kommission im vorliegenden Fall vorgenommene Benchmarking zeigt, dass es ungewöhnlich ist, dass eine Fluggesellschaft eine Strecke dieser Größe nicht betreibt, wenn sie eine Basis an einem Ende der Strecke hat. In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH vor, SN betreibe die Strecke Brüssel-Zürich nicht, da LX auf dieser Strecke eine starke Stellung einnehme. Das Benchmarking der Kommission zeigt jedoch, dass nur [0–5]* von [60–70]* vergleichbaren Strecken im Netz von LH/LX (Strecken mit einem Passagieraufkommen von 100 000 und 200 000 pro Jahr) Monopole sind. Bei SN liegt der entsprechende Anteil bei [0–5]* von [10–20]* Strecken. Das bedeutet, dass SN auf [80–90]*% der vergleichbaren Strecken ([10–20]* von [10–20]*) in seinem Streckennetz einem etablierten Wettbewerber gegenübersteht.
(302) In der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bringt LH zudem vor, es gebe zahlreiche innereuropäische Strecken zwischen Drehkreuzen, auf denen mindestens eine der Fluglinien, die ein Drehkreuz an einem Ende der Strecke betreibe, auf der Strecke selbst nicht tätig sei, weshalb es durchaus einleuchtend sei, dass SN die Strecke BRU-ZRH nicht betreibe. Um diese These zu stützen, hat LH eine Liste von 44 innereuropäischen Strecken vorgelegt, die solche Merkmale aufweisen (auf denen also eine der Fluggesellschaften, die ein Drehkreuz an einem Ende der Strecke haben, auf der Strecke selbst nicht tätig ist).
(303) Doch die 44 Strecken in dieser Liste sind gemessen am jährlichen O&D-Volumen im Allgemeinen kleiner als BRU-ZRH (das durchschnittliche O&D-Aufkommen auf diesen 44 Strecken lag im Jahr 2008 bei 54 106 Passagieren gegenüber [150 000–200 000]* Passagieren auf der Strecke BRU-ZRH). Nur eine einzige von diesen 44 Strecken hat ein jährliches O&D-Passagieraufkommen, das dem der Strecke BRU-ZRH vergleichbar ist (nämlich Kopenhagen-Prag mit [150 000–200 000]* Passagieren pro Jahr). Bei sechs weiteren Strecken liegt das jährliche Passagieraufkommen zwischen 100 000 und 150 000 Passagieren. Die von den beteiligten Unternehmen vorgelegten Daten stützen daher eher die Einschätzung der Kommission, dass es ungewöhnlich ist, dass eine Fluggesellschaft mit einem Drehkreuz oder einer Basis an einem Ende einer Strecke in der Größenordnung von BRU-ZRH diese Strecke nicht betreibt, vor allem, wenn auf dieser Strecke nur eine andere Fluglinie tätig ist. Darüber hinaus sind viele der von LH genannten 44 Strecken nicht mit BRU-ZRH vergleichbar. Teilweise handelt es sich um Strecken, die Städte verbinden, von denen mindestens eine kleiner oder wirtschaftlich weniger bedeutend ist als Brüssel oder Zürich. Teilweise sind es besonders kurze Strecken (zum Beispiel BRU-AMS), oder auf der Strecke ist eine sehr starke Billigfluggesellschaft präsent (zum Beispiel auf den Dublin-Strecken). Auf einigen dieser Strecken gibt es zahlreiche indirekte Verbindungen (zum Beispiel Warschau-Lissabon), oder es sind Strecken, die im Rahmen einer Codesharing-Kooperation betrieben werden.
(304) Preis. Auf dieser Strecke ist der Ertrag besonders hoch ([…]* EUR gegenüber […]* EUR auf der Strecke BRU-GVA, um ein Beispiel zu nennen). LH hat den Durchschnittsertrag von LX auf 20 Strecken ab Zürich vorgelegt. Abgesehen von den Strecken nach Moskau und Tel Aviv, auf denen die Flugzeit erheblich länger ist als auf der Strecke BRU-ZRH, liegt der Durchschnittsertrag auf all diesen Strecken unter […]* EUR. Das deutet darauf hin, dass auf der Strecke BRU-ZRH Platz für eine zweite Fluggesellschaft ist.
(305) LH bringt vor, der einzige relevante Preisindikator sei die Preisschätzung von SN, falls es in diese Strecke einsteigen würde. Diesen auf […]* EUR geschätzten Preis bezeichnet LH als „normalen, nicht besonders attraktiven Preis“. Die Kommission bestreitet nicht, dass im Fall des Markteintritts einer zweiten Fluggesellschaft auf dieser Strecke die Preise zum Vorteil der Verbraucher sinken würden. Doch das besonders hohe Preisniveau auf der Strecke BRU-ZRH in der gegenwärtigen Monopolsituation übt auf jeden potenziellen Wettbewerber und insbesondere für SN einen gewissen Reiz aus.
(306) Strategisches Flugziel. Zürich ist ein großes europäisches Geschäftszentrum und zählt zu den 25 führenden O&D-Strecken, die von BRU aus betrieben werden. Da SN das „Ziel“ verfolgt, die führenden Geschäftszentren Europas anzufliegen, liegt es nahe,
(307) Rentabilität. [Die Kommission erörtert die hypothetische Rentabilität des Streckenbetriebs durch SN]* .
(308) LH bringt vor, [Beschreibung der Eintrittsstrategie von SN und Anmerkungen zum kürzlichen Eintritt von SN]* .
(309) Verfügbarkeit von Flugzeugen. Um mit den sechs täglichen Flügen von LX konkurrieren zu können, würde SN von Anfang an [0–5]* tägliche Flüge anbieten müssen (einen am frühen Morgen und einen am Abend, um Geschäftsreisende, die einen Rückflug am selben Tag wünschen, anlocken zu können, [strategische Überlegungen von SN]*. Das bedeutet, dass SN ein Flugzeug von [0–5]* anderen Strecke[n]* verlegen [müsste]* [strategische Überlegungen von SN]*. Die beteiligten Unternehmen argumentieren, die Flottenplanung sei ein langfristiger Prozess und sie hätten bisher nicht geplant, ein Flugzeug für diese Strecke zu leasen oder zu kaufen. Die Verlegung eines Flugzeugs von einer anderen Strecke wäre entweder unmöglich, da einige Flugzeuge auf mehreren Strecken verkehren, oder wirtschaftlich unvernünftig, da diese Vorgehensweise gleichbedeutend mit dem Verlust der Einnahmen auf der aufgegebenen Strecke wäre [Inhalt des internen Dokuments von SN]*. Schließlich argumentieren die beteiligten Unternehmen, SN verfolge gegenwärtig eher eine konservative als eine expansive Politik und neige eigentlich eher zur Stilllegung von Strecken als zur Eröffnung neuer Strecken.
(310) SN betreibt zahlreiche Strecken, die im Jahr 2008 keinen RODOC-Wert von […]*% erreichten, und [Beispiele für Strecken von SN im Vergleich mit BRU-ZRH]* . Da die Opportunitätskosten niedrig sind, wäre es möglich, dass SN ein Flugzeug, das auf einer oder mehrerer dieser weniger rentablen Strecken eingesetzt wird, für die Strecke Brüssel-Zürich abstellt.
(311) LH erklärt, der RODOC-Wert von […]*% für die Strecke BRU-ZRH sei im Jahr 2007 berechnet worden, bevor sich die Krise in der Flugverkehrsindustrie gravierend auf die Rentabilität der Strecken ausgewirkt habe; im Jahr 2008 wäre die Rentabilität der Strecke BRU-ZRH geringer gewesen. Die Rentabilität von BRU-ZRH auf der Basis eines RODOC-Werts von […]*% müsse daher mit der Rentabilität anderer Strecken im Jahr 2007 (d. h. vor der Krise) verglichen werden, da die Krise die Rentabilität der meisten Strecken in ähnlicher Weise beeinträchtigen sollte. Im Jahr 2007 lag der RODOC-Wert für die Strecke BRU-MAD bei […]*% und der Flottengewinn bei […]*Mio. EUR, verglichen mit Werten von […]*% und […]*Mio. EUR für die Strecke BRU-ZRH. Für die Strecke BRU-Wien wurden ein RODOC von […]*% und ein Flottengewinn von […]*Mio. EUR ermittelt. Die finanziellen Resultate mehrerer von SN betriebener Strecken im Jahr 2007 bestätigen also, dass ein Betrieb von BRU-ZRH durch SN folgerichtig wäre und dass SN Gelegenheit hätte, Flugzeuge von einer weniger rentablen Strecke abzuziehen und für BRU-ZRH abzustellen.
(312) Was schließlich das von LH in der Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argument betrifft, SN betreibe eher eine vorsichtige als eine expansive Politik, was nach Ansicht von LH gegen einen Einstieg auf einer neuen Strecke wie BRU-ZRH sprechen würde, so sollte darauf hingewiesen werden, dass SN [Beschreibung der aktuellen Flottensituation von SN]*. Die Tatsache, dass BRU-ZRH wahrscheinlich nicht zu dieser Gruppe zählen würde, wird durch die Tatsache bestätigt, dass die von SN im Fall eines Scheiterns des Zusammenschlusses für die Stilllegung vorgemerkten Strecken fast alle aktuell einen RODOC-Wert von weit weniger als […]*% aufweisen.
(313) Da SN kurzfristig nicht imstande ist, auf breiter Front Kapazitäten abzubauen, muss das Unternehmen zwischen den verschiedenen Streckenoptionen abwägen, um einen möglichst rentablen Einsatz seiner Flugzeuge zu gewährleisten. Unter diesem Gesichtspunkt würde die Verlegung eines Flugzeugs auf eine Strecke wie BRU-ZRH, deren erwarteter RODOC-Wert bei […]*% liegt (zuzüglich Zubringerverkehr), trotz der zurückhaltenden Politik von SN wahrscheinlich.
(314) Eintrittsstrategie. Die Kommission hat die Eintritte von SN auf verschiedenen Strecken seit 2003 analysiert. Anscheinend entschloss sich SN in der Mehrheit der Fälle ungeachtet der Tatsache, dass die erwartete Rentabilität einer neuen Strecke geringer war als die von BRU-ZRH, zum Markteintritt auf diesen Strecken.
Insbesondere [Anmerkungen zu den Rentabilitätszielen von SN für neue Strecken]*. Das deutet darauf hin, dass ein Einstieg auf der Strecke BRU-ZRH für SN ohne den Zusammenschluss ein rentabler und vernünftiger Schritt wäre. Zumindest wäre ein Engagement auf dieser Strecke rentabler als auf vielen der Strecken, auf denen SN seit 2003 tätig geworden ist.
Tabelle 9: SN Streckeneintritte
Gewinnziel bei der Beurteilung Zeitpunkt desO&D-Verkehr imRODOC-Ziel für des möglichen EintrittsJahr 2008 Jahr Eins Eintritts (Mio. EUR) Strecke
Brüssel - Sevilla
2002
[40 000–50 000]*
[…] *
[150 000–200 000]*
[…] *
Brüssel - Budapest
2003
[90 000–100 000]*
Brüssel - Casablanca
2003
[…] *
Brüssel - London
2003
[20 000–30 000]*
[…] *
[150 000–200 000]*
Brüssel - Istanbul
2004
[…] *
Brüssel – St. Petersburg
2004
[30 000–40 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Neapel
2004
[50 000–60 000]*
[…] *
Brüssel - Porto
2004
[60 000–70 000]*
[…] *
Brüssel - Glasgow
2005
[5 000–10 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Sofia
2005
[40 000–50 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Dubrovnik
2006
[5 000–10 000]*
[…] *
[…] *
[150 000–200 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Frankfurt
2006
Brüssel - Cagliari
2007
[10 000–20 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Ljubljana
2007
[40 000–50 000]*
[…] *
[…] *
Brüssel - Vilnius
2009
[10 000–20 000]*
[…] *
[…] *
[150 000–200 000]*
Brüssel - Zürich
k.A.
[…] *
[…] *
(315) Mehrere Strecken, auf denen SN seit 2003 tätig geworden ist, haben zumindest in mancher Hinsicht Ähnlichkeit mit BRU-ZRH. Einige dieser Strecken führen zum Drehkreuz eines Konkurrenten (BUD, FRA, LON), sind Strecken, auf denen mehr als ein täglicher Flug verkehrt (LON, FRA), oder erfordern gegenwärtig eine kritische Flugzeugkapazität (LON, FRA). Interessant ist, dass alle diese Strecken noch immer in Betrieb sind. LH argumentiert in der Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, keine dieser Strecken weise sämtliche Aspekte von BRU-ZRH auf, die gegen einen Eintritt sprechen. Die Kommission räumt ein, dass diese Strecken nicht in jeder Hinsicht mit BRU-ZRH vergleichbar sind, aber Tabelle 9 zeigt, dass SN oft auf Strecken tätig geworden ist, die Ähnlichkeit mit BRU-ZRH hatten, jedoch einen erwarteten RODOC-Wert von weniger als […]*% aufwiesen (also [Vergleich mit BRU-ZRH]*).
(316) Codeshare-Vereinbarung. [Die Kommission erörtert den Inhalt und die Auslegung interner Dokumente von SN]*.
(317) Transferpassagiere. Die beteiligten Unternehmen haben darauf hingewiesen, dass der Flughafen Brüssel kein so wertvolles Drehkreuz für SN sei wie Zürich für LX. Die MIDT-Daten für die Strecke BRU-ZRH zeigen, dass die Zahl der Transferpassagiere in ZRH sehr viel höher ist als in BRU. Das bedeutet, dass (a) LX wahrscheinlich mit einer vergleichbaren Flugfrequenz höhere Auslastungsfaktoren hätte als SN, und (b) SN einen geringeren Anreiz zum Betrieb dieser Strecke hat als LX, da SN auf der Strecke BRU-ZRH hauptsächlich Direktflüge anbieten würde. Zudem bringt LH in der Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vor, dass SN mit dem Angebot eigener Verbindungen verglichen mit dem bestehenden Codesharing Transferpassagiere verlieren würde.
(318) Diese Argumente lassen die Tatsache außer Acht, dass eine bestimmte Zahl von O&D-Passagieren an sich ausreichend attraktiv sein können und dass SN durchaus eine attraktive Verbindung mit mindestens [0–5]* täglichen Flügen anbieten könnte, vor allem, da die Einführung des Preiswettbewerbs wahrscheinlich den Markt vergrößern und das Aufkommen an O&D-Passagieren erhöhen dürfte.
(319) Darüber hinaus wird eine Netzwerkfluggesellschaft, die eine Zubringerstrecke mit eigenen Flugzeugen betreibt, dank der mit einer nahtlos angeschlossenen Verbindung einhergehenden Bequemlichkeit und der Kostenersparnis wahrscheinlich mehr Transferpassagiere anlocken als durch ein bloßes Codesharing mit den Flügen einer anderen Fluggesellschaft. Die Zahlen zum Verkehrsaufkommen von SN zeigen, dass [Darlegung der Zahlen zum Verkehrsaufkommen von SN]*. Würde SN die Strecke BRU-ZRH also mit eigenen Flugzeugen betreiben, so würde das Unternehmen wahrscheinlich die Zahl der Transferpassagiere erhöhen, [Beschreibung des Geschäftsplans von SN]*. Das wäre ein Anstieg von [50–100]*%, der BRU-ZRH gemessen am Zubringeraufkommen auf eine Stufe mit den gegenwärtigen SN-Strecken stellen würde, die einen RODOC-Wert von weniger als […]*% aufweisen und eine kritische Kapazität erfordern [Beispiele für Strecken]*.
(320) Schließlich muss festgehalten werden, dass die Frage im vorliegenden Fall lautet, ob SN ohne Codeshare-Vereinbarung und ohne den Zusammenschluss auf der Strecke BRU-ZRH tätig werden würde. Unter diesem Gesichtspunkt sollte der Zugewinn an Zubringerpassagieren (verglichen mit keinerlei Zubringeraufkommen) eher als Anreiz zum Markteintritt betrachtet werden.
(321) Auswirkungen des gegenwärtigen Wirtschaftsabschwungs. Die gegenwärtige Wirtschaftslage beeinträchtigt das Geschäft der Fluggesellschaften erheblich, und der Abschwung hat im gegenständlichen Fall drei Auswirkungen: Erstens beeinträchtigt die Verringerung des Zubringeraufkommens aus dem Kurzstreckennetz von SN die Rentabilität seines Langstreckennetzes (also der afrikanischen Strecken). Daher wird SN vermutlich daran interessiert sein, ein ausreichendes Zubringeraufkommen zu gewährleisten, unter anderem, indem Zubringerpassagiere von der Strecke BRU-ZRH ergänzt werden.
(322) Zweitens wirkt sich die Wirtschaftskrise unabhängig von ihrer Dauer auf die Rentabilität der Strecke BRU-ZRH nicht stärker aus als auf die Rentabilität anderer Strecken, was bedeutet, dass sie sich auch nicht auf den Anreiz für SN auswirkt, BRU-ZRH statt weniger rentabler Strecken in Betrieb zu nehmen. Mit anderen Worten: Während der RODOC-Wert auf der Strecke BRU-ZRH […]* […]*% bleiben würde, [Bewertung der Auswirkungen der Krise auf die Eintrittsentscheidungen von SN]*.
(323) Drittens [derzeitige Flottensituation von SN]*. Wenn einer Fluggesellschaft dadurch, dass sie ein Flugzeug nicht nutzt, hohe Kosten entstehen, ist es wahrscheinlich rentabler – oder weniger verlustträchtig – dieses Flugzeug einzusetzen, um zumindest irgendwelche Einnahmen zu erzielen. Viertens kann selbst unter der Annahme, dass der gegenwärtige Wirtschaftsabschwung den Anreiz für SN auf einen Markteintritt auf der Strecke BRU-ZRH verringert, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass sich die wirtschaftliche Lage innerhalb des Zeithorizonts für die Analyse der zukünftigen Auswirkungen des Zusammenschlusses (üblicherweise drei Jahre) bessern wird.
(324) Reichweite des Allianznetzes. Die kontrafaktische Analyse, in der von einer hypothetischen Beendigung des Codesharing ausgegangen wird, weil sich SN der oneworld-Allianz anschließt, führt zu dem Ergebnis, dass SN dank der Allianz wahrscheinlich eine Reihe zusätzlicher Transferpassagiere befördern wird. Da kein oneworld-Mitglied die Strecke Brüssel-Zürich betreibt, aber mehrere Fluggesellschaften, die dieser Allianz angehören, entweder Brüssel oder Zürich anfliegen, ist es wahrscheinlich, dass SN dank der Mitgliedschaft bei oneworld einige Transferpassagiere für die BRU-ZRH dazu gewinnen wird.
(325) Relevanz der Flughafenauslastung als Zutrittsschranke für SN. Schließlich scheint die Beschaffung von Zeitnischen in ZRH für SN keine unüberwindliche Herausforderung zu sein, wenn man berücksichtigt, dass (a) es trotz der Tatsache, dass eine hohe Nachfrage nach Zeitnischen in ZRH zu Spitzenzeiten besteht, nicht unmöglich ist, auf normalem Weg (durch Beantragung) Slots zu erhalten, wie es SN zum Beispiel am Frankfurter Flughafen in der jüngsten Vergangenheit getan hat; (b) [Inhalt des internen Dokuments von SN]*. Dies könnte mit der Tatsache erklärt werden, dass die Zeitnischen in ZRH für SN ein geringeres Hindernis sind, da das Unternehmen bereits über ein Portfolio an Zeitnischen in BRU verfügt, die es mit den vom Slotkoordinator in ZRH zugeteilten Zeitnischen abstimmen kann, während ein neuer Wettbewerber, der weder in BRU noch in ZRH Zeitnischen besitzt, nicht nur Zeitnischen an beiden Flughäfen beschaffen, sondern diese auch erst aufeinander abstimmen müsste.
(326) LH erklärt, [Auslegung des Geschäftsszenarios von SN durch LH und Bewertung dieser Auslegung durch die Kommission]*.
(327) Es wird daher festgestellt, dass sich SN ohne den Zusammenschluss nach dem Beitritt zu oneworld/BA und der Kündigung der Codeshare-Vereinbarung mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer wirksamen Wettbewerbskraft auf der Strecke Brüssel-Zürich entwickeln würde. Ein Markteintritt von SN auf dieser Strecke ist um so wahrscheinlicher, wenn man berücksichtigt, dass das Unternehmen die Codesharing-Kooperation auch beenden könnte, ohne sich oneworld/BA anzuschließen, wie LH in seiner Antwort auf die Ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte einräumt, und dass SN sich auch unter Aufrechterhaltung des Codesharing entschließen könnte, auf dieser Strecke tätig zu werden, [Verweis auf das interne Dokument von SN]*. Fest steht, dass der Zusammenschluss die Möglichkeit eines Eintritts von SN vollkommen beseitigen würde. Die Abwesenheit von SN auf der Strecke BRU-ZRH würde (obwohl es einigermaßen wahrscheinlich ist, dass sich das Unternehmen dazu entschließen würde, wenn es nicht zum Zusammenschluss käme) durch den Zusammenschluss zu einem Dauerzustand.
(328) Es gibt keinen anderen potenziellen Wettbewerber, der einen ausreichenden Wettbewerbsdruck aufrechterhalten könnte. Bezüglich der Bedingung, dass es keinen anderen potenziellen Wettbewerber geben darf, der nach dem Zusammenschluss einen ausreichenden Wettbewerbsdruck aufrechterhalten könnte, so ist die Kommission aus den folgenden Gründen zu dem Schluss gelangt, dass es keine solche Fluggesellschaft gibt.
(329) Zutrittsschranken. Erstens stellt der Grad der Auslastung der Flughäfen an beiden Enden der Strecke BRU-ZRH gemäß der Analyse in Erwägungsgrund 325 dieser Entscheidung eine Zutrittsschranke dar. Sowohl BRU als auch ZRH sind koordinierte Flughäfen mit hoher Auslastung. Beide Flughäfen sind zu Spitzenzeiten überlastet, und die Schwierigkeit, geeignete Zeitnischen zu erhalten, stellt auf dieser Strecke eine Zutrittsschranke dar.
(330) Zweitens verbindet die Strecke BRU-ZRH die Drehkreuze von zwei Netzwerkfluggesellschaften. Wie in Erwägungsgrund 160 in der Analyse der Strecke BRU-FRA erläutert, ist ein neuer Wettbewerber beim Markteintritt auf einer solchen Hub-to-hub-Strecke mit hohen Zutrittsschranken konfrontiert. Etwa [50–60]*% des Verkehrs auf dieser Strecke entfällt auf Transferpassagiere, die in ZRH oder BRU Anschlussflüge nehmen. Somit könnten sich SN und LX auf den Transferverkehr als zusätzliche Einnahmequelle stützen, während sich ein neuer Wettbewerber nur auf O&D-/Direktflugpassagiere stützen könnte. In diesem Fall wäre das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen in der Lage, die Verteidigungsstrategien von SN und LX in Reaktion auf einen Neueintritt zu koordinieren. Die Wettbewerber
293 In Absatz 21: „[E]s kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Codesharing-Verbeinbarung LX/SN in Zukunft gekündigt werden könnte.“
(331) Eine dritte Zutrittsschranke hängt mit dem Betrieb der Strecke von einer Basis oder einem Drehkreuz aus zusammen. Sowohl SN als auch LX würden BRU-ZRH mit Hilfe eines Drehkreuzes an einem Ende der Strecke betreiben. Die Existenz einer Basis/eines Drehkreuzes an einem Ende verschafft einem Marktteilnehmer beträchtliche Effizienzvorteile durch geringere Kosten. Die meisten Wettbewerber haben bestätigt, dass es nur sehr selten vorkommt, dass eine Fluggesellschaft auf einer Strecke tätig wird (vor allem mit zwei oder mehr täglichen Flügen), ohne dass sie zumindest an einem Ende eine Basis hat. Nur wenige Kurzstreckenbetreiber sind in BRU (SN und einige Charterfluggesellschaften) oder in ZRH ansässig (LX und Air Berlin).
(332) Viertens stellt eine fehlende Marktpräsenz eine Zutrittsschranke dar. SN und LX haben eine starke Marktpräsenz in BRU bzw. in ZRH. SN betreibt 61 Strecken von BRU aus, LX betreibt 76 Strecken von ZRH aus. Beide Unternehmen verfügen über eine auf ihrem Heimatmarkt gut bekannte Marke und genießen auf dem belgischen bzw. schweizerischen Markt Wettbewerbsvorteile bei Vermarktung und Werbung. Dank dieser „Städtepräsenz“ sind die beiden Unternehmen in der besten Position, um die belgischen und schweizerischen Unternehmenskunden für sich zu gewinnen, was einem neuen Wettbewerber die Tätigkeit auf dieser Strecke zusätzlich erschweren würde. Daher würde es einem Wettbewerber ohne oder mit nur geringer Marktpräsenz in BRU und ZRH schwer fallen, auf dieser Strecke tätig zu werden.
(333) Potenzieller Eintritt auf der Strecke BRU-ZRH. Unter diesen Umständen wird Air Berlin nicht als potenzieller neuer Wettbewerber betrachtet, der in der Lage wäre, durch einen wahrscheinlichen Eintritt, der rechtzeitig erfolgt, eine Preiserhöhung des fusionierten Unternehmens zu verhindern oder aufzuheben. Erstens ist die Marktpräsenz von Air Berlin in ZRH begrenzt. Air Berlin hat eine kleine Basis am Flughafen Zürich, von der aus nur Flugziele in Deutschland und dem Mittelmeerraum angeflogen werden, und die Kommission hat keinen Hinweis darauf gefunden, dass die Wachstumsstrategie von Air Berlin für ZRH einen Markteintritt auf der Strecke BRU-ZRH einschließt. Diese Erkenntnis deckt sich mit der gegenwärtigen Strategie von Air Berlin, von ZRH aus Ziele in Deutschland und im Mittelmeerraum anzufliegen, während SN sowohl Urlaubsziele als auch europäische Geschäftszentren anfliegt. LH verweist darauf, dass Air Berlin die zweitgrößte Fluggesellschaft in ZRH ist, doch der Abstand zur „Nummer Eins“ ist sehr groß, denn Air Berlin hat nur einen Anteil von 6 % an den Flügen, die in ZRH starten, während der Anteil von LH/LX bei 60 % liegt. Air Berlin hat in ZRH keine regelrechte Drehkreuzstruktur, und der Anteil der Transferpassagiere am Passagieraufkommen in den Air Berlin-Flügen liegt unter 5 %. Zudem hat Air Berlin mit weniger als 20 der 50 größten schweizerischen Unternehmenskunden Vereinbarungen geschlossen, während LX [40–50]* solche Vereinbarungen hat.
(334) Schließlich gibt es keine ausreichenden Belege dafür, dass eine andere Fluggesellschaft wahrscheinlich ausreichend schnell und in ausreichendem Umfang auf dieser Strecke tätig werden könnte, um die Ausübung der Marktmacht durch das fusionierte Unternehmen zu verhindern oder aufzuheben. Folglich gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass es keinen anderen potenziellen Wettbewerber gibt, der ausreichenden Wettbewerbsdruck auf das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen aufrechterhalten könnte. Damit ist das in Randnummer 60 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse beschriebene Kriterium erfüllt.
Schlussfolgerung
(335) Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass der Zusammenschluss die große Wahrscheinlichkeit eines Markteintritts von SN beseitigen und daher auf der Strecke BRU-ZRH sowohl auf dem Markt für zeitabhängige als auch auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs führen würde.
3.3
Andere Kurz- und Mittelstrecken
(336) Der Zusammenschluss wirkt sich auch auf mehrere andere Kurzstrecken aus. Die Kommission hat die Wettbewerbswirkung des Zusammenschlusses auf jede dieser Strecken für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere getrennt untersucht und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Urteil unabhängig von der Passagierkategorie dasselbe ist und daher auch für einen Markt gilt, der sämtliche Passagiere umfasst. Folglich werden, sofern nicht anders angegeben, aufgrund der großen Zahl der betroffenen Strecken in diesem Abschnitt nur die aggregierten Marktanteile für alle Passagiere angeführt.
a.
Überschneidungen zwischen Direktverbindungen
Brüssel-London
(337) Auf der Strecke Brüssel-London werden jährlich [2–3]*Mio. O&D-Passagiere befördert. SN bietet Flüge von Brüssel nach London Gatwick an und vermarktet im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung Sitzplätze in den Flügen von British Airways zwischen Brüssel und London. LH verkauft im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung Tickets für British Midland-Flüge zwischen Brüssel und London Heathrow. Sowohl die Codeshare-Vereinbarung zwischen SN und British Airways als auch die Vereinbarung zwischen LH und British Midland sind „Freeflow-Vereinbarungen“, die keine Abstimmung der Preise zwischen dem Marketing Carrier und dem Operating Carrier vorsehen.
(338) Auf der Strecke zwischen Brüssel und London reisen jedes Jahr mehr als [2–3]*Mio. Passagiere, von denen mehr als drei Viertel die Eurostar-Zugverbindung nutzen, die eine kürzere Gesamtreisezeit als die Flugverbindungen aufweist (die Gesamtreisezeit einschließlich Check-in und Fahrt von/zum Stadtzentrum beträgt im Zug 2 Stunden 20 Minuten gegenüber etwa 3 Stunden bei der Flugverbindung). Die Ergebnisse der Marktuntersuchung im vorliegenden Fall haben klar bestätigt, dass die Zugverbindungen auf der Strecke Brüssel-London sowohl bezüglich der zeitabhängigen als auch bezüglich der nicht zeitabhängigen Passagiere substituierbar sind.
(339) Die verschiedenen Wettbewerber hatten im Jahr 2008 folgende Marktanteile:
Tabelle 10: Marktanteile 2008 auf der Strecke Brüssel-London
[0–5]*%
LH
[0–5]*%
[0–5]*%
Gemeinsam
Eurostar
[70–80]*%
British Airways
[5–10]*%
Ryanair
[5–10]*%
British Midland
[5–10]*%
VLM
[0–5]*%
(340) Gemeinsam haben die beteiligten Unternehmen bei diesem Städtepaar einen Marktanteil von [0–5]*% bei allen Passagiergruppen, während der Anteil von Eurostar bei [70–80]*% liegt. Dazu kommt, dass auch weitere Wettbewerber wie British Airways und VLM auf dieser Strecke Flugverbindungen unterhalten. In Anbetracht des von den Zugverbindungen ausgehenden Wettbewerbsdrucks ist es im vorliegenden Fall nicht erforderlich festzustellen, ob die Verbindungen, die die Wettbewerber von den Londoner Flughäfen aus anbieten, einen Wettbewerbsdruck auf die Verbindungen der beteiligten Unternehmen ausüben.
(341) In Anbetracht dessen stellt der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf der Strecke BRU-LON dar.
Brüssel-Mailand
(342) Der Zusammenschluss würde sich auf die Strecke Brüssel-Mailand (BRU-MIL) auswirken. SN ist auf dieser Strecke präsent, und LH ist im März 2009 mit der neu gegründeten Tochtergesellschaft Lufthansa Italia in den Markt eingetreten.
(343) Mailand wird von drei Flughäfen versorgt: Malpensa (MXP), Linate (LIN) und Bergamo (BGY). In der Sache Ryanair/Aer Lingus gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die drei Flughäfen für aus Dublin kommende Passagiere von Ryanair und Aer Lingus substituierbar sind. Der Anmelder erklärt, dass die drei Flughäfen sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere austauschbar sind.
(344) Die Frage nach der Substituierbarkeit der Flughäfen, muss in diesem Fall nicht geklärt werden, da der Zusammenschluss unabhängig von der Definition des relevanten Marktes nicht zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken führen würde.
(345) SN kooperiert gegenwärtig mit Alitalia im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung auf der Strecke BRU-MIL. Gemäß dieser Vereinbarung verkehren gegenwärtig auf der Strecke BRU-MXP nur Flugzeuge von SN und auf der Strecke BRU-LIN nur Flugzeuge von Alitalia, während die beiden Fluggesellschaften jeweils Marketing Carrier auf den vom anderen Partner durchgeführten Flügen sind. Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen erklären, die gegenwärtige Codeshare-Vereinbarung zwischen SN und Alitalia werde nach der Integration von SN in die Star Alliance gelöst. Folglich räumen die beteiligten Unternehmen ein, dass SN möglicherweise mit eigenen Flügen auf der Strecke BRU-LIN tätig werden wird. Dieser Eintritt ist umso wahrscheinlicher, als SN in LIN über Zeitnischen verfügt, die gegenwärtig im Rahmen der Codeshare-Vereinbarung von Alitalia genutzt werden. Alitalia stellte den Flugbetrieb von BRU nach MXP im Mai 2008 aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein, wird jedoch wahrscheinlich wieder auf dieser Strecke tätig werden, vor allem, wenn die Codeshare-Kooperation eingestellt wird. Doch um die Auswirkungen des Zusammenschlusses im schlechtesten möglichen Fall zu untersuchen, wird in den Kapazitätsanteilen in Tabelle 11 nur ein Eintritt von SN auf der Strecke BRU-LIN berücksichtigt.
(346) Da sich die Marktstruktur in den vergangenen Monaten erheblich geändert hat (wirtschaftliche Schwierigkeiten von Alitalia und Fusion zwischen Alitalia und Air One, Gründung von Lufthansa Italia), sind die Marktanteile im vergangenen Jahr nicht
aufschlussreich. Für die Sommersaison 2009 werden folgende Flugfrequenzen und Kapazitäten erwartet:
Tabelle 11: Kapazitätsanteile im Sommer 2009 auf der Strecke Brüssel-Mailand
Kapa- Fre-Sitz-Kapa-Kapa-
zitäts- zitäts-anteil pro proanteilanteil
MXP-Ziel-ortWocheWochenur MXPMXP-LIN
AZ SN
BRU LIN 18
BRU LIN 13
2754 1209
23 10
18% 8%
LH SN U2
BRU MXP 18
BRU MXP 29
BRU MXP 13
2268 2708 2028
32 39 29
19 22 17
15% 18% 14%
FR
CRL BGY 21
3969
-
27%
42
3917
32
26%
LH
18
2268
19
15%
Fusioniertes Unt.
60
6185
71
51
41%
Gesamt
12,176 14,936
Erläuterung: AZ ist Alitalia, U2 ist easyJet
(347) Auf einem Gesamtmarkt, der alle drei Mailänder Flughäfen umfasst, würde das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen einen moderaten Kapazitätsanteil von 41% haben und Wettbewerb seitens mehrerer Fluglinien ausgesetzt sein (Alitalia, easyJet, Ryanair). Auf einem Markt, der nur BRU-MXP und BRU-LIN umfasst, würde das fusionierte Unternehmen einen Kapazitätsanteil von 51% haben und Wettbewerbsdruck seitens easyJet und Alitalia ausgesetzt sein. Alitalia hat eine starke Präsenz auf der Strecke BRU-LIN. easyJet fliegt zweimal täglich von MXP und stellt daher sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere eine glaubwürdige Alternative dar. Dasselbe gilt für einen auf BRU-MXP begrenzten Markt. Wie in Erwägungsgrund 345 erwähnt, wird Alitalia darüber hinaus wahrscheinlich auf der Strecke BRU-MXP tätig werden. Diese Analyse gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere.
(348) Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-MIL nicht beeinträchtigen würde.
b.
Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Kurzstreckenverbindungen
(349) Die Tätigkeit der beteiligten Unternehmen überschneidet sich auf einigen Kurzstrecken, auf der die eine Partei Direktflüge und die andere indirekte Flüge anbietet. Wären die direkten und indirekten Verbindungen auf diesen Strecken substituierbar, so würde sich daraus eine Reihe betroffener Märkte ergeben. Wie
(350) Auf der Strecke Brüssel-Florenz (BRU-FLR) werden jährlich [30 000–40 000]* O&D-Passagiere befördert. SN ist die einzige Fluglinie, die auf dieser Strecke eine Direktverbindung mit 10 Flügen in der Woche anbietet. LH/LX bietet indirekte Verbindungen über eines ihrer Drehkreuze (Frankfurt, München oder Zürich) an. Alitalia bietet zudem eine indirekte Verbindung über Rom an. Die Billigfluggesellschaft Ryanair bietet Direktverbindungen von Charleroi (CRL) nach Pisa (PSA) an.
(351) Wie in Erwägungsgrund 40 erläutert, sind indirekte Verbindungen auf der Strecke BRU-FLR für zeitabhängige Passagiere nicht mit direkten Verbindungen austauschbar. Bezüglich der nicht zeitabhängigen Passagiere und des Gesamtmarktes, der sämtliche Passagiere umfasst, kann die Frage offen gelassen werden, da die Antwort nichts am Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung ändern würde.
(352) Tatsächlich hat die Marktuntersuchung gezeigt, dass die Direktverbindungen von CRL nach PSA bei nicht zeitabhängigen Passagieren Wettbewerbsdruck auf die Direktverbindungen von BRU nach FLR ausüben (nicht jedoch bei zeitabhängigen Passagieren). Auf die Frage, ob die Verbindungen von Ryanair auf der Strecke CRL-PSA einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf die Direktverbindung von SN auf der Strecke BRU-FLR ausübt, antwortete die Mehrheit der Unternehmenskunden positiv. Die Reisebüros bestätigen, dass Ryanair eine Alternative für Privatreisende ist, nicht jedoch für Geschäftsreisende. Die beteiligten Unternehmen behaupten, die Flughäfen FLR und PSA seien für nicht zeitabhängige Passagiere austauschbar. Sie erklären insbesondere, der Flughafen PSA sei weniger als 100 km oder etwa eine Stunde Fahrzeit vom Stadtzentrum von Florenz entfernt. Darüber hinaus argumentieren die beteiligten Unternehmen, dass viele Passagiere auf dieser Strecke Privatreisende seien, die nicht nur nach Florenz reisten, sondern auch zu anderen Orten in der Toskana. Aus von LH vorgelegten internen Dokumenten geht hervor, dass es erhebliche Überschneidungen zwischen den Einzugsgebieten der Flughäfen FLR und PSA gibt und dass beide einen großen Teil der Toskana umfassen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Verbindungen von Ryanair auf der Strecke CRL-PSA bei den nicht zeitabhängigen Passagieren demselben Markt zuzuordnen sind wie die Flüge von SN auf der Strecke BRU-FLR. Da auf dieser Strecke in erster Linie nicht zeitabhängige Urlaubsreisende befördert werden, gilt dieselbe Schlussfolgerung für einen Markt, der sämtliche Passagiere beinhaltet.
(353) In Bezug auf die zeitabhängigen Passagiere bieten SN und LH somit Verbindungen auf zwei getrennten Märkten an (Direktverbindungen oder indirekte Verbindungen), weshalb es keine Überschneidungen und keine wettbewerbswidrigen Wirkungen des
Zusammenschlusses geben würde. Bei den nicht zeitabhängigen Passagieren oder auf einem Markt, der alle Passagiere beinhaltet, gäbe es entweder ebenfalls keine Überschneidungen oder die Verbindungen von SN und LH überschnitten einander auf dem größeren Markt für die Verbindungen von Belgien nach Florenz-Pisa (einschließlich direkter und indirekter Verbindungen von BRU nach FLR und der Verbindungen von CLR nach PSA).
Tabelle 12: Marktanteile 2008 auf der Strecke Belgien-Florenz/Pisa
Zahlen für die Strecken BE-FLR/PSA im Jahr 2008 – alle Passagiere
SN (direkt BRU-FLR)
[10–20]*%
LH/LX (indirekt BRU-FLR)
[0–5]*%
Gemeinsam
[20–30]*%
Alitalia (indirekt BRU-FLR)
[0–5]*%
Ryanair (direkt CRL-PSA)
[70–80]*%
Gesamt
[100 000–150 000]* Passagiere
Quelle: MIDT-Zahlen, von den beteiligten Unternehmen vervollständigt
(354) SN bietet 10 Direktflüge pro Woche an, während LH/LX gemeinsam 10 indirekte Flüge pro Tag über MUC, FRA oder ZRH anbietet. Das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen hätte auf dem alle Passagiere umfassenden Markt einen Marktanteil von [20–30]*% bei den Verbindungen zwischen Belgien und Florenz-Pisa (bei den nicht zeitabhängigen Passagieren dürfte der Marktanteil noch geringer sein) und wäre Wettbewerbsdruck von Seiten mehrerer Konkurrenten ausgesetzt. Alitalia bietet indirekte Verbindungen auf der Strecke BRU-FLR über Rom (FCO) an. Der Marktanteil von Alitalia ist seit dem zweiten Quartal 2008 aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieser Fluglinie gesunken. Alitalia bietet jedoch eine große Flugfrequenz an (3 tägliche Flüge) und wird seinen Marktanteil im Jahr 2009 sehr wahrscheinlich wieder erhöhen. Ryanair bietet Flüge von CRL nach PSA an (9 Flüge pro Woche) und würde eine disziplinierende Wirkung auf das fusionierte Unternehmen ausüben. Darüber hinaus deutet die Marktuntersuchung auf keinerlei Wettbewerbsbedenken bezüglich dieser Strecke hin.
(355) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke Brüssel-Florenz nicht wesentlich beeinträchtigen.
Brüssel-Neapel
(356) Auf der Strecke Brüssel-Neapel (BRU-NAP) werden jährlich [40 000–50 000]* O&D-Passagiere befördert. Die verschiedenen Wettbewerber hatten im Jahr 2008 folgende Marktanteile:
Tabelle 13: Marktanteile 2008 auf der Strecke Brüssel-Neapel
Fluglinie
Marktanteil
SN (direkt, saisonal)
[50–60]*%
LH/LX (indirekt, ganzjährig)
[5–10]*%
Gemeinsam
[60–70]*%
Alitalia (indirekt, ganzjährig)
[20–30]*%
Jetairfly (direkt und indirekt, saisonal)
[10–20]*%
Quelle: Anmelder
(357) Die Frage, ob die direkten und indirekten Flüge auf der Strecke BRU-NAP demselben Markt angehören, kann offen gelassen werden, da die Antwort das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung nicht ändern würde. Würden direkte und indirekte Flüge als zwei separate Märkte betrachtet, so bestünde keine Überschneidung zwischen LH und SN.
(358) Bilden die direkten und indirekten Flüge einen gemeinsamen Markt, so würde der Zusammenschluss zu einer Überschneidung führen, die jedoch keinerlei Wettbewerbsbedenken weckt. Der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen würde sich auf [60–70]*% belaufen. Es gibt zwei weitere Wettbewerber. Im März 2008 nahm Jetairfly Linienflugverbindungen auf dieser Strecke in Betrieb, die jedoch saisonabhängig sind: Von April bis September werden zwei Flüge pro Woche angeboten. Die nationale italienische Fluggesellschaft Alitalia ist ebenfalls auf dieser Strecke präsent und bietet ganzjährig indirekte Flüge an. Während der Marktanteil von Alitalia im Jahr 2008 von mehr als [20–30]*% auf [20–30]*% sank, gewann Jetairfly innerhalb eines Jahres einen Marktanteil von [10–20]*%. Die in Tabelle 13 genannten Marktanteile übertreiben das Ausmaß der Überschneidung, da sich die Angebote der beteiligten Unternehmen nur in der Sommersaison überschneiden, wenn auch zwei weitere Wettbewerber auf dieser Strecke präsent sind. Darüber hinaus hat die Marktuntersuchung keine Wettbewerbsbedenken bezüglich dieser Strecke zutage gefördert. Diese Analyse gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere.
(359) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-NAP nicht wesentlich beeinträchtigen.
Brüssel-Porto
(360) Auf der Strecke Brüssel-Porto (BRU-OPO) werden jährlich [50 000–60 000]* O&D-Passagiere befördert (2008). SN bietet fünf wöchentliche Direktflüge an, während LH/LX auf dieser Strecke indirekte Flüge über ihre jeweiligen Drehkreuze anbietet. TAP bietet auf der Strecke direkte und indirekte Verbindungen an. Zudem fliegen jährlich [40 000–50 000]* Passagiere vom Flughafen Charleroi mit Ryanair nach Porto. Es ist nicht erforderlich festzustellen, ob die Verbindungen von Ryanair in den relevanten Markt einbezogen werden sollten, da der Zusammenschluss den
wirksamen Wettbewerb unabhängig von der Marktdefinition nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Wettbewerber hatten im Jahr 2008 folgende Marktanteile:
Tabelle 14: Marktanteile 2008 auf der Strecke Brüssel-Porto
Fluglinie
Ohne CRL-OPO
Mit CRL-OPO
SN (direkt)
[50–60]*%
[30–40]*%
LH/LX (indirekt)
[0–5]*%
[0–5]*%
Gemeinsam
[50–60]*%
[30–40]*%
TAP (direkt und indirekt)
[40–50]*%
[20–30]*%
Iberia (indirekt)
[0–5]*%
[0–5]*%
Ryanair (direkt)
-
[40–50]*%
Quelle: Anmelder
(361) Wie in Erwägungsgrund 42 dargestellt, kann offen gelassen werden, ob die direkten und indirekten Flüge auf der Strecke BRU-OPO zum selben Markt gehören, da die Klärung dieser Frage nichts am Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung ändern würde. Würden die direkten und indirekten Flüge als separate Märkte betrachtet, so gäbe es keine Überschneidung zwischen LH und SN. Würden die direkten und indirekten Flüge demselben Markt zugerechnet, so würde der Zusammenschluss zu einer Überschneidung führen, jedoch keinerlei Wettbewerbsbedenken wecken. Der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen beliefe sich im schlimmsten Fall auf [50–60]*%, und der Zuwachs infolge des Zusammenschlusses wäre nicht signifikant. Das fusionierte Unternehmen wäre durch die starke Präsenz von TAP eingeschränkt. Zwar gehört TAP der Star Alliance an und arbeitet auf einer Reihe von Strecken im Rahmen von Codeshare-Vereinbarungen mit LH zusammen, aber LH hat keinerlei bilaterale Kooperationsvereinbarung mit TAP, was bedeutet, dass TAP in diesem Fall als Wettbewerber von LH auf der Strecke BRU-OPO betrachtet werden kann.
(362) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf der Strecke BRU-OPO nicht wesentlich beeinträchtigen.
Brüssel-Krakau
(363) Auf der Strecke Brüssel-Krakau (BRU-KRK) werden jährlich [20 000–30 000]* O&D-Passagiere befördert (2008). SN bietet als einzige Fluggesellschaft vier wöchentliche Direktflüge auf der Strecke an. Eine Reihe von Fluglinien, darunter LH, bieten indirekte Verbindungen über ihre Drehkreuze an. Im Jahr 2008 hatten die Wettbewerber folgende Marktanteile:
Tabelle 15: Marktanteile 2008 auf der Strecke Brüssel-Krakau
Fluglinie
Marktanteil
SN (direkt)
[60–70]*%
LH/LX (indirekt)
[10–20]*%
Gemeinsam
[70–80]*%
LOT (indirekt)
[10–20]*%
Czech Airlines (indirekt)
[5–10]*%
Austrian Airlines (indirekt)
[5–10]*%
Quelle: Anmelder
(364) Wie in Erwägungsgrund 43 dargestellt, kann offen gelassen werden, ob die direkten und indirekten Flüge auf der Strecke BRU-KRK demselben Markt angehören, da die Antwort auf diese Frage nichts am Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung ändern würde. Würde man die direkten und indirekten Flüge als zwei separate Märkte einstufen, so gäbe es keine Überschneidung zwischen LH und SN.
(365) Würden direkte und indirekte Flüge demselben Markt angehören, so würde der Zusammenschluss zu einer Überschneidung führen, die jedoch keinerlei Wettbewerbsbedenken hervorrufen würde. Obwohl das fusionierte Unternehmen einen Marktanteil von [70–80]*% erreichen würde, gibt es drei weitere Wettbewerber (LOT, Czech Airlines und Austrian Airlines), die indirekte Verbindungen anbieten und auf SN einen ähnlichen oder höheren Wettbewerbsdruck ausüben würden als LH vor dem Zusammenschluss. Ihr gemeinsamer Marktanteil ist höher als der von LH infolge des Zuwachses aufgrund des Zusammenschlusses. Und schließlich war der vor dem Zusammenschluss von LH ausgeübte Wettbewerbsdruck schwach und mit dem von LOT vergleichbar oder sogar geringer, wenn man die starke Marktpräsenz von LOT in Polen berücksichtigt. Mit anderen Worten, die Erhöhung des Marktanteils von LH um [10–20]*% wird weitgehend durch den Marktanteil von LOT ([10–20]*%) aufgewogen und der Zusammenschluss würde den wirksamen Wettbewerb auf dieser Strecke nicht wesentlich beeinträchtigen.
(366) LOT gehört der Star Alliance an, betreibt Codesharing mit LH auf mehreren Strecken und hat eine Reihe von bilateralen Kooperationsvereinbarungen mit LH unterzeichnet. Die Marktuntersuchung hat jedoch gezeigt, dass LOT im gegenständlichen Fall als Wettbewerber von LH auf der Strecke BRU-KRK betrachtet werden kann. Austrian Airlines gehört ebenfalls der Star Alliance an und hat mehrere bilaterale Vereinbarungen mit LH geschlossen. Es ist nicht erforderlich festzustellen, ob Austrian Airlines auf der Strecke BRU-KRK mit LH konkurriert, da die Gegenwart anderer Wettbewerber genügt, um Wettbewerbsdruck auf das durch den Zusammenschluss entstehende Unternehmen auszuüben.
(367) Darüber hinaus hat die Marktuntersuchung keine Hinweise auf Wettbewerbsbedenken bezüglich dieser Strecke erbracht. Diese Analyse gilt sowohl für zeitabhängige als auch für nicht zeitabhängige Passagiere und damit auch für einen Markt, der sämtliche Passagiere beinhaltet. In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf der Strecke BRU-KRK darstellen.
c. Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Verbindungen auf Mittelstrecken
(368) Die Aktivitäten der beteiligten Unternehmen überschneiden sich auf einigen Mittelstrecken, auf der das eine Unternehmen direkte und das andere indirekte Verbindungen anbietet. Wären die direkten und indirekten Verbindungen auf diesen Strecken substituierbar, so wäre eine Reihe von Märkten betroffen. Wie in Erwägungsgrund 45 erwähnt, hat die Marktuntersuchung im vorliegenden Fall gezeigt, dass indirekte Flüge auf Mittelstrecken Wettbewerbsdruck auf Direktflüge ausüben können, insbesondere, wenn eine Direktverbindung keinen Rückflug am selben Tag ermöglicht. Das gilt für die Strecken Brüssel-Kiew, Hamburg-Lissabon, Hamburg-Madrid und Brüssel-Tel Aviv. Auf den übrigen hypothetisch betroffenen Märkten werden indirekte Flüge eher keinen Wettbewerbsdruck auf Direktflüge ausüben.
Brüssel-Kiew ([30 000–40 000]* Passagiere pro Jahr)
(369) SN verkauft Flüge auf dieser Strecke im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung mit Ukraine International Airlines. Diese Standardvereinbarung sieht keine Abstimmung der Preise zwischen Marketing Carrier und Operating Carrier vor. Im Jahr 2008 hatte SN auf dieser Strecke einen Marktanteil von etwa [5–10]*% am Gesamtverkehr. LH (einschließlich LX) bietet eine indirekte Verbindung zwischen Brüssel und Kiew an und hat einen Marktanteil von etwa [10–20]*%. Ukraine International Airlines, die einzige Fluggesellschaft, die Direktflüge zwischen Brüssel und Kiew anbietet, hat einen Marktanteil von [50–60]*%.
(370) Der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen auf dem alle Passagiere umfassenden Markt bleibt mit [10–20]*% beschränkt. Selbst auf dem enger eingegrenzten Markt für zeitabhängige Passagiere bleibt der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen relativ gering ([20–30]*%), und die beteiligten Unternehmen würden weiterhin im Wettbewerb mit dem Marktführer Ukraine International Airlines ([30–40]*% Marktanteil) stehen.
(371) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf der Strecke Brüssel-Kiew darstellen.
Hamburg-Madrid ([40 000–50 000]* Passagiere pro Jahr)
(372) LH hat einen Marktanteil von [70–80]*% am gesamten Verkehrsaufkommen (direkte und indirekte Verbindungen, einschließlich LX), während SN, das auf dieser Strecke eine indirekte Verbindung betreibt, einen Marktanteil von [0–5]*% am Gesamtverkehrsaufkommen hat. Air France bietet eine indirekte Verbindung an und hat einen beträchtlichen Marktanteil ([10–20]*%).
(373) In Anbetracht der geringen Erhöhung des Marktanteils (von [70–80]*% auf [70–80]*%) und der Gegenwart eines starken Wettbewerbers (Air France) würde der
Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dieser Strecke darstellen.
Brüssel-Tel Aviv ([100 000–150 000]* Passagiere pro Jahr)
(374) SN und die nationale israelische Fluggesellschaft El Al bieten beide Direktverbindungen zwischen Brüssel und Tel Aviv an und verkaufen im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung Tickets für die Flüge der jeweils anderen Fluglinie. Dieses wechselseitige Codesharing beruht auf einer Standardvereinbarung, die keine Abstimmung der Preise zwischen dem jeweiligen Marketing Carrier und dem Operating Carrier vorsieht. SN hat einen Marktanteil von rund [30–40]*% am Gesamtverkehr zwischen Brüssel und Tel Aviv, während LH (einschließlich LX) einen Marktanteil von rund [10–20]*% am (indirekten) Gesamtverkehrsaufkommen hat. El Al hat einen Marktanteil von [40–50]*%. Austrian Airlines und Malev haben jeweils einen Marktanteil von [0–5]*%.
(375) Trotz des hohen gemeinsamen Marktanteils der beteiligten Unternehmen wird davon ausgegangen, dass der Wettbewerb auf diesem Markt nicht beeinträchtigt werden wird, da El Al ein starker Wettbewerber ist und LH nur indirekte Verbindungen anbietet und daher nicht der nächste Wettbewerber von SN ist.
(376) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf der Strecke Brüssel-Tel Aviv darstellen.
Andere Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Verbindungen auf Mittelstrecken
(377) Bei anderen Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Mittelstreckenverbindungen sind Rückflüge am selben Tag mit Direktflügen möglich, so dass es weniger wahrscheinlich ist, dass indirekte mit direkten Verbindungen konkurrieren. Der Vollständigkeit halber hat die Kommission jedenfalls die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf diese Märkte untersucht. Würden die indirekten Verbindungen dem relevanten Markt zugerechnet, so wären zwei Strecken vom Zusammenschluss betroffen, nämlich Brüssel-Athen und Brüssel-Moskau. Es ist jedoch nicht erforderlich festzustellen, ob die indirekten Verbindungen Wettbewerbsdruck auf die direkten Verbindungen auf diesen Strecken ausüben, da die beteiligten Unternehmen nicht die nächsten Wettbewerber sind und weiterhin Wettbewerbsdruck seitens Konkurrenten wie Aeroflot (mit einem Marktanteil von [40–50]*% bei allen Passagieren auf der Strecke Brüssel-Moskau) und Olympic Airways (mit einem Marktanteil von [50–60]*% bei allen Passagieren auf der Strecke Brüssel-Athen) ausgesetzt wären. Darüber hinaus hat die Marktuntersuchung keinerlei Hinweise auf Wettbewerbsbedenken bezüglich einer dieser Strecken ergeben.
(378) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf den Strecken Brüssel-Athen und Brüssel-Moskau darstellen.
d. Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen
(379) Die Tätigkeit der beteiligten Unternehmen überschneidet sich auch auf Strecken, auf denen beide Unternehmen indirekte Flüge anbieten. Wie in Erwägungsgrund 36 erwähnt, sollten die Direktflüge in solchen Fällen ebenfalls in den relevanten Markt einbezogen werden. Daher sind im vorliegenden Fall Lissabon-Wien, Athen-Manchester und Helsinki-Nizza betroffene Märkte.
(380) Wie Tabelle 16 zeigt, wäre der Zuwachs infolge des Zusammenschlusses auf diesen drei Strecken gering, und die Passagiere hätten nach dem Zusammenschluss die Wahl zwischen einer Reihe von Wettbewerbern.
Tabelle 16: Marktanteile auf Kurzstrecken, Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen
Fusioniertes Wettbewerber (indirekte Verbindungen, sofern nicht anders angegeben)
LH SN Marktanteil
Lissabon-Wien ([30 000–40 000]* Passagiere)
[50–60]*% [0–5]*% [50–60]*% TAP ([10–20]*%), Air France ([0–5]*%)
Athen-Manchester ([30 000–40 000]* Passagiere)
[20–30]*% [0–5]*% [20–30]*% Olympic (direkt, [40–50]*%), Air France ([10–20]*%)
Helsinki-Nizza ([30 000–40 000]* Passagiere)
[20–30]*% [5–10]*% [30–40]*% Finnair (direkt/indirekt, [10–20]*%), Air France ([5–10]*%)
Quelle: Formblatt CO
(381) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf den Strecken Lissabon-Wien, Athen-Manchester und Helsinki-Nizza darstellen.
3.4
Langstrecken
(382) Es gibt keine Überschneidungen auf direkten Langstreckenverbindungen, die einen vom Zusammenschluss betroffenen Markt darstellen würden.
(383) Was die Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Langstrecken anbelangt, so sind mehrere dieser Strecken zu klein, um als erheblicher Bestandteil des
gemeinsamen Marktes betrachtet zu werden. Daher hat sich die Kommission bei ihrer Untersuchung auf drei betroffene Märkte beschränkt.
(384) Was die Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen anbelangt, so ist die Strecke Brüssel-Los-Angeles vom Zusammenschluss betroffen.
(385) Die Kommission hat auch hier die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf jeder dieser Strecken für zeitabhängige und nicht zeitabhängige Passagiere getrennt untersucht und festgestellt, dass das Ergebnis der Analyse für alle Passagierkategorien dasselbe ist. Folglich werden mit Blick auf die Zahl der Strecken in diesem Abschnitt nur aggregierte Marktanteile für den alle Passagiere umfassenden Markt angegeben.
a. Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Verbindungen
Brüssel-Peking ([30 000–40 000]* Passagiere pro Jahr)
(386) SN verkauft Tickets für die Direktflüge von Hainan Airlines zwischen Brüssel und Peking. Die Codeshare-Vereinbarung sieht keine Abstimmung der Preise zwischen Marketing Carrier und Operating Carrier vor. SN hat aufgrund dieses Codesharing einen Marktanteil von [10-20]* % am Gesamtverkehrsaufkommen, während LH eine indirekte Verbindung auf dieser Strecke anbietet und einen Marktanteil von 10 % hat. Hainan Airlines ist die einzige Fluglinie, die auf dieser Strecke eine Direktverbindung anbietet. Hainan hat einen Marktanteil von [40–50]*%. Weitere Wettbewerber, die indirekte Flüge auf dieser Strecke anbieten, sind Air France ([10–20]*%), British Airways ([0–5]*%) und Finnair ([0–5]* %).
(387) Der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen ist mit [20–30]*% beschränkt. In Anbetracht des geringen Marktanteils der beteiligten Unternehmen und der Gegenwart mehrerer starker Wettbewerber würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dieser Strecke darstellen.
Brüssel-Delhi ([40 000–50 000]* Passagiere pro Jahr)
(388) SN vermarktet Direktflüge auf dieser Strecke im Rahmen eines Codesharing mit Jet Airways. Die Codeshare-Vereinbarung sieht keine Abstimmung der Preise zwischen dem Marketing Carrier und dem Operating Carrier vor.
(389) SN hatte im Jahr 2008 einen Marktanteil von [0–5]*% bei allen Passagieren, während LH (einschließlich LX) mit indirekten Verbindungen einen Marktanteil von [20–30]*% bei allen Passagieren hatte. Die wichtigsten Wettbewerber sind Jet Airways ([50–60]*%), British Airways und Air France (jeweils [0–5]%).
(390) In Anbetracht des geringen Zuwachses infolge des Zusammenschlusses und der Gegenwart mehrerer Marktteilnehmer, unter denen ein sehr starker Wettbewerber ist (Jet Airways), würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dieser Strecke darstellen.
Brüssel-Chicago ([30 000–40 000]* Passagiere pro Jahr)
(391) SN setzt auf dieser Strecke keine eigenen Flugzeuge ein, sondern verkauft lediglich Tickets im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung mit American Airlines. Es handelt sich dabei um eine normale Codeshare-Vereinbarung, die keine Abstimmung der Preise zwischen dem Marketing Carrier und dem Operating Carrier vorsieht. United Airlines ist der einzige andere Wettbewerber, der eine Direktverbindung zwischen Brüssel und Chicago anbietet, die allerdings eine Zwischenlandung in Washington D.C. beinhaltet, welche die Flugdauer um drei Stunden erhöht.
(392) SN hat einen Marktanteil von [10–20]*%, LH (einschließlich LX) hat einen Marktanteil von [0–5]*%. Von LH und SN vorgelegte interne Dokumente zeigen, dass die Codeshare-Vereinbarung zwischen SN und American Airlines nach dem Zusammenschluss und dem Beitritt von SN zur Star Alliance gelöst werden wird. American Airlines hat im Rahmen der Marktuntersuchung bestätigt, dass es ebenfalls erwartet, dass die Codesharing-Kooperation nach dem Zusammenschluss beendet werden wird. Die Überschneidung zwischen den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen würde daher verschwinden.
(393) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf dieser Strecke darstellen.
b.
Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen
Brüssel-Los Angeles ([40 000–50 000]* Passagiere pro Jahr)
(394) SN verkauft auf dieser Strecke Flugtickets im Rahmen einer Codeshare-Vereinbarung mit American Airlines, das indirekte Verbindungen anbietet. Es handelt sich um ein Standard-Codesharing, das keine Abstimmung der Preise zwischen Marketing Carrier und Operating Carrier beinhaltet.
(395) SN hat einen Marktanteil von [0–5]*%, während LH (einschließlich LX) einen Marktanteil von [5–10]*% hat. Wie in Erwägungsgrund 392 erwähnt, wird die Codeshare-Vereinbarung nach dem Zusammenschluss vermutlich gelöst, womit die Überschneidung zwischen den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen verschwinden würde.
(396) In Anbetracht dessen würde der Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs auf der Strecke darstellen.
116
3.5
Schlussfolgerung
(397) Es wird daher festgestellt, dass der Zusammenschluss in der ursprünglich vom Anmelder vorgeschlagenen Form den wirksamen Wettbewerb auf den Strecken Brüssel-Frankfurt, Brüssel-München, Brüssel-Hamburg und Brüssel-Zürich sowohl auf dem Markt für zeitabhängige Passagiere als auch auf dem Markt für nicht zeitabhängige Passagiere und damit auch auf einem Markt, der sämtliche Passagiere umfasst, erheblich beeinträchtigen würde. Hingegen würde der Zusammenschluss auf den anderen betroffenen Strecken keine Wettbewerbsbedenken wecken.
B.
LUFTFRACHTVERKEHR
1.
DEFINITION DES RELEVANTEN MARKTS
(398) In der Vergangenheit hat die Kommission festgestellt, dass eine Definition der Luftfrachtmärkte gemäß dem Abgangs- und Zielflughafen-Ansatz nicht zweckmäßig ist, da Frachtgüter generell weniger zeitabhängig sind als Passagiere und üblicherweise bereits vor dem Abgangsflughafen und über den Zielflughafen hinaus mit verschiedenen Verkehrsmitteln befördert werden. Daher sollte der relevante geografische Markt breiter gefasst definiert werden. Auf den Interkontinentalstrecken entsprechen die Einzugsbereiche weitgehend den Kontinenten, zumindest für jene Kontinente, deren Transportinfrastruktur den Weitertransport, zum Beispiel auf der Schiene, auf der Straße oder auf Binnengewässern ermöglicht. Die Marktuntersuchung hat in Übereinstimmung mit den früheren Entscheidungen der Kommission und den Vorlagen des Anmelders bestätigt, dass Afrika nicht über eine ausreichend ausgebaute Transportinfrastruktur verfügt, um als ein Gesamteinzugsgebiet angesehen zu werden. Der Luftfrachtverkehr mit Afrika sollte daher auf der Grundlage von Kontinent-Land-Paaren bewertet werden.
(399) Da die Luftfrachtmärkte zudem aufgrund der unterschiedlichen Nachfrage nach Gütern an den beiden Enden einer Strecke naturgemäß eindirektional sind, müssen die relevanten Märkte entsprechend bewertet werden.
(400) Die Frage, ob der Luftfrachtmarkt abhängig von der Art der beförderten Güter noch weiter unterteilt werden sollte, ließ die Kommission in früheren Fällen offen. Sie wies jedoch darauf hin, dass manche Güter, darunter zum Beispiel Gefahrengüter, eventuell eine besondere Behandlung erfordern, da sie nur in reinen Frachtmaschinen befördert werden können. Auf einigen der betroffenen Märkte sind im gegenwärtigen Fall rund 80-90 % der von den beteiligten Unternehmen beförderten Güter verderbliche Waren (Fisch, Fleisch und Gemüse, frische Schnittblumen usw.). Der Anmelder bringt vor, dass eine Unterteilung der Luftfrachtmärkte in Segmente je nach Art der beförderten Güter nicht zweckmäßig sei. Die Marktuntersuchung hat bestätigt, dass eine Unterteilung der Luftfrachtmärkte nach der Art der zu befördernden Güter nicht zweckmäßig ist. Ob potenzielle Teilmärkte für verderbliche oder andere Güter existieren, kann im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, da eine andere Abgrenzung des Marktes keinerlei Wettbewerbsbedenken wecken würde.
309 Siehe Sache COMP/M.3280 – Air France/KLM, Erwägungsgrund 36, und Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss, Erwägungsgrund 19.
310 Sache COMP/M.5181 – Delta Air Lines/Northwest Airlines, Erwägungsgrund 19.
311 Sache COMP/M.3280 – Air France/KLM, Erwägungsgrund 37.
117
2.
WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG
(401) Auf den Strecken zwischen Europa und Kamerun sowie zwischen Europa und Senegal überschneidet sich die Geschäftstätigkeit der beteiligten Unternehmen. Wie bereits in Erwägungsgrund 399 erwähnt, sind die Luftfrachtmärkte eindirektional abzugrenzen, und was den afrikanischen Kontinent anbelangt, so muss der Markt auf Grundlage von Kontinent-Land-Paaren definiert werden.
(402) Da in öffentlichen Quellen keine zuverlässigen Daten über den Luftfrachtverkehr in die afrikanischen Länder erhältlich sind, beruhen die unten angeführten Marktanteile auf Schätzungen der beteiligten Unternehmen.
Tabelle 17: Marktanteile auf den drei betroffenen Luftfrachtmärkten
Marktanteil Marktanteil von LH (einschl. von SN fusionierten Unternehmen)
Wettbewerber (alle indirekt, falls nicht anders angegeben)
Air France/KLM ([40–50]*%), Afrika nach Europa [10–20]*% [0–5]*% [20–30]*% mehrere andere Wettbewerber mit jeweils mindestens [5–10]*%
Air France/KLM ([40–50]*%), Afrika nach Europa [0–5]*% [5–10]*% [10–20]*% mehrere andere Wettbewerber mit jeweils mindestens [5–10]*%
Air France/KLM ([50–60]*%), Senegal nach Europa [10–20]*% [20–30]*% [30–40]*% mehrere andere Wettbewerber mit jeweils mindestens [5–10]*%
Air France/KLM ([50–60]*%), Europa nach Senegal [0–5]*% [20–30]*% [20–30]*% mehrere andere Wettbewerber mit jeweils mindestens [5–10]*%
Quelle: Formblatt CO
(403) Der gemeinsame Marktanteil der beteiligten Unternehmen bleibt begrenzt, am höchsten ist er auf der Strecke Senegal nach Europa mit [30–40]*%. Berücksichtigt man alle Strecken, so ist Air France/KLM mit einem Marktanteil von rund [50–60]*% der unangefochtene Marktführer. Zudem gibt es weitere Wettbewerber. Die Marktuntersuchung hat ferner gezeigt, dass die Hindernisse für einen Eintritt in den Luftfrachtmarkt gering sind, was auch daran zu erkennen ist, dass in den letzten Jahren neue Marktteilnehmer hinzugekommen sind. Zudem handelt es sich bei den Kunden der Luftfrachtunternehmen um gut informierte, große Unternehmen mit einer bestimmten Verhandlungsmacht.
118
(404) In Anbetracht dieser Erkenntnisse und der Tatsache, dass die Marktuntersuchung keine Hinweise auf Wettbewerbsbedenken bezüglich einer dieser Strecken erbracht hat, würde der Zusammenschluss auf keinem der Luftfrachtmärkte zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs führen.
C.
EFFIZIENZVORTEILE
(405) In einer Präsentation am 3. März 2009 teilten die beteiligten Unternehmen der Kommission anhand einer sehr allgemein gehaltenen Beschreibung den Grund des geplanten Zusammenschlusses mit und legten die erwarteten Synergien dar. Im Anhang der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde eine Beschreibung der Effizienzvorteile vorgelegt.
1.
BEHAUPTUNGEN DER ANMELDER
(406) Entsprechend den Ausführungen der beteiligten Unternehmen ergeben sich aus dem geplanten Zusammenschluss in vier Bereichen Effizienzvorteile und zusätzliche Kundennutzen. In erster Linie würde SN aufgrund der finanziellen Stärke und Kaufmacht von LH seine variablen und Fixkosten senken können. Zweitens würden SN und LH auf den Überschneidungsstrecken die Verbindungsnetze und Frequenzen optimieren, was ihnen Kosteneinsparungen und die Gestaltung günstigerer Flugpläne ermöglichen würde. Drittens würde das Treueprogramm von SN durch die Integration in das Vielfliegerprogramm „Miles & More“ von LH verbessert. Viertens würde der Zusammenschluss durch das Beibehalten einer Reihe von Strecken, die SN ansonsten möglicherweise aufgegeben hätte, und durch die Entwicklung neuer direkter Linien ab BRU das Streckennetz verbessern. Im weiteren Abschnitt dieses Erwägungsgrunds werden diese vier Effizienzvorteile/Nutzen näher untersucht:
− Verringerung der Gesamtkosten von SN: Sofern alle potenziellen Sparmaßnahmen umgesetzt werden können, würde die Einbindung von SN in der LH-Gruppe die Fixkosten und variablen Kosten um rund […]*Mio. EUR oder mehr pro Jahr verringern. Erzielt werden diese Einsparungen durch niedrigere Kaufpreise für Flugzeuge, niedrigere Finanzierungskosten, niedrigere Beschaffungspreise für Treibstoff sowie niedrigere Kosten für Wartung, Reparatur und Überholung (MRO), geringere Kosten für das Personal der Außenstationen und die Bodenabfertigung.
− Streckenspezifischer Nutzen und Kosteneinsparungen: Durch den Zusammenschluss könnten die beteiligten Unternehmen ihre Kapazitätsauslastung und/oder Kapazitätsplanung auf den Überschneidungsstrecken verbessern. Den Kunden könnten bequemere Flugpläne auf den Strecken BRU-MUC und BRU-BER angeboten werden, während Kapazitätsoptimierungen erhebliche Kosteneinsparungen auf den Strecken BRU-HAM und BRU-FRAU ermöglichen würden. Insgesamt könnten die Kosten im Bereich der Überschneidungsstrecken – abhängig von den schließlich gewählten Flugplänen – um zwischen […]*Mio. und […]*Mio. EUR pro Jahr verringert werden. Diese Einsparungen würden sich auf […]*EUR pro Passagier auf der Strecke BRU-FRA, auf […]*EUR pro Passagier auf der Strecke BRU-HAM und auf […]*EUR pro Passagier auf der Strecke BRU-MUC belaufen.
312 Siehe Anhang 10 der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte „Lufthansa/SN: Effizienzgewinne und Nutzen für den Kunden” (in der Folge, das Effizienzpapier genannt).
119
− Aufwertung des Vielfliegerprogramms von SN durch die Zusammenlegung mit dem Vielfliegerprogramm von LH. Die Möglichkeiten zum „Sammeln und Einlösen“ (earn and burn) von Prämienmeilen sind wegen des deutlich kleineren Streckennetzes beim Vielfliegerprogramm Privilege von SN wesentlich geringer als beim Vielfliegerprogramm Miles & More (M&M) von LH [Vergleich des Vielfliegerprogramms von LH und SN]*. Durch die Zusammenlegung des Privilege-Programms von SN mit dem M&M-Programm erhalten die Kunden von SN die Möglichkeit, ihr Vielfliegerprogramm im gleichen Ausmaß wie bestehende LH-Kunden zu nutzen. Das wiederum bedeutet, dass das Vielfliegerprogramm zu einem wirksameren Werkzeug zur Gewährung von Preisabschlägen im Sinn von Freiflügen werden würde und den Mitgliedern des Vielfliegerprogramms die Möglichkeit geboten würde, schneller einen höheren Bonusstatus zu erreichen.
− Direktverbindungen ab Brüssel würden in Betrieb genommen/aufrechterhalten: Der Zusammenschluss würde es SN ermöglichen, das derzeitige Angebot an Strecken und Verbindungen aufrechtzuerhalten und neue Direktverbindungen von BRU aus anzubieten. Würde SN eigenständig bleiben, müsste das Unternehmen wahrscheinlich [Netzstrategie von SN falls das Unternehmen eigenständig bleiben sollte]*. Hingegen würde der geplante Zusammenschluss die Eröffnung von […]* zusätzlichen Langstrecken und […]* zusätzlichen Mittelstrecken ermöglichen, die von rund [700 000–800 000]* Passagieren genützt würden und Mehreinnahmen von rund […]*Mio. EUR/Jahr für SN bringen würden. Der Zuwachs infolge des Zusammenschlusses würde sich somit auf […]* Millionen Passagiere und […]*Mio. EUR an Einnahmen belaufen.
(407) LH zufolge haben alle genannten Effizienzvorteile Gültigkeit gemäß der Fusionskontrollverordnung und den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse:
− Nachprüfbarkeit: Die erwarteten Effizienzvorteile würden den vor dem Zusammenschluss erstellten Planungen und Prognosen der beteiligten Unternehmen sowie den Erfahrungen von LH bei der Eingliederung von LX entsprechen. Soweit sie quantifizierbar sind, würden diese Vorteile potenzielle nachteilige Auswirkungen auf die Verbraucher auf den Überschneidungsstrecken bei Weitem übersteigen.
− Fusionsspezifität: Ohne den geplanten Zusammenschluss hätte LH kein Interesse daran, SN die Möglichkeit zu geben, von LHs niedrigerer Kostenbasis, von seiner Verkaufsorganisation und seinen Unternehmenskunden zu profitieren. Auch wären weder Rationalisierungen im Bereich der Kapazität noch Flugplanoptimierungen auf Überschneidungsstrecken möglich. Ohne Zugang zu den von LH eingebrachten Kosten- und Ertragssynergien könnte SN nicht auf den in Erwägungsgrund 406 angeführten Strecken tätig werden bzw. müsste es bestimmte Strecken aufgeben. Auch hätte LH keinen Anreiz, diese Strecken von Brüssel aus zu betreiben.
− Kundennutzen: LH ist der Ansicht, dass viele der Vorteile, wie z. B. optimierte Flugpläne auf Überschneidungsstrecken, die Erweiterung der Vielfliegerprogramme und mehr Direktverbindungen von Brüssel aus den Kunden sofort und zwangsläufig zugute kommen würden. Sonstige Kosteneinsparungen, die üblicherweise von den angebotenen Strecken/Sitzplätzen abhängen, würden die Gewinnschwelle von SN beim
120
Angebot zusätzlicher Verbindungen ab Brüssel senken. Diese Vorteile kommen den Kunden in den Einzugsgebieten der Flughäfen BRU, HAM, FRA, BER und MUC und damit derselben Gruppe von Kunden zugute, die auf Überschneidungsstrecken fliegen.
2.
BEWERTUNG DURCH DIE KOMMISSION
(408) Gemäß den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse sind die drei folgenden kumulativen Bedingungen anzuwenden: Die Effizienzvorteile (i) kommen den Verbrauchern zugute, (ii) sind fusionsspezifisch und (iii) sind nachprüfbar. Wie bereits in Erwägungsgrund 407 erwähnt, sind diese drei grundlegenden Prinzipien für LH klar erkennbar.
(409) Die Kommission ist der Ansicht, dass die Effizienzvorteile nicht nachprüfbar und weitgehend nicht fusionsspezifisch sind, und dass sie wahrscheinlich den Verbrauchern auf den betroffenen Strecken nicht ausreichend zugute kommen würden, um die Beeinträchtigung des Wettbewerbs auszugleichen.
2.1
Nachprüfbarkeit
(410) Die von LH geltend gemachten Effizienzvorteile beruhen offenbar größtenteils auf Unterlagen, die eigens für diese Untersuchung erstellt wurden. Es handelt sich nicht um Geschäftsunterlagen, die mit Blick auf den geplanten Zusammenschluss erstellt wurden und eine objektive und unabhängige Einschätzung der Effizienzgewinne durch die Übernahme von SN ermöglichen könnten. Beispielsweise finden sich im Anhang der Analyse der Effizienzvorteile [Netzstrategie von SN falls das Unternehmen eigenständig bleiben sollte und falls es zu dem Zusammenschluss kommen sollte]*. Dabei handelt es sich um ein mit […]* (das heißt lange Zeit nach Beginn von Phase II der Untersuchung) datiertes Dokument, das nicht durch genaue Daten untermauert wird. LH hat keine aus der Zeit vor dem Zusammenschlussvorhaben stammenden Dokumente zur Untermauerung der geltend gemachten Vorteile vorgelegt.
(411) Die Angaben von LH zu geringeren Finanzierungs- und Beschaffungskosten beim Kauf von Flugzeugen beruhen auf fragwürdigen Schätzungen. Die Behauptungen werden nicht durch stichhaltige Belege untermauert. Die Kommission kann auch die von LH vorgelegten Schätzungen der Betriebskosten, für die – mit Ausnahme der bei der Eingliederung von LX angefallenen Kosten – keine Nachweise erbracht werden, nicht unabhängig prüfen.
(412) Die Tatsache, dass durch den Zusammenschluss von LX und LH Synergien im Bereich der Betriebskosten möglich wurden, ist natürlich insofern relevant, als sie darauf hindeutet, dass durch den Zusammenschluss von Luftlinien und insbesondere durch die Eingliederung ins LH-Netz bestimmte Kosteneinsparungen und Effizienzvorteile im operativen Bereich erzielt werden können. Es erscheint dennoch nicht angemessen, die durch den LH/LX-Zusammenschluss erzielten Kostensynergien im operativen Bereich ohne weitere Erklärungen oder Beschreibungen auf den geplanten Zusammenschluss zwischen LH und SN anzuwenden. LH behauptet, im […]* Jahr nach dem Zusammenschluss seien Kostensynergien von […]*EUR pro Jahr erzielt worden, was […]*% des Umsatzes von LX im Jahre 2008 entspreche, und folgert daraus, dass die erwarteten Kosteneinsparungen von […]*EUR bei SN im operativen Bereich realistisch seien. Für die Kommission ist dieser Vergleich nicht überzeugend, da (i) die Kostenbasis von LX vor dem Zusammenschluss nicht erläutert wird, (ii) nicht begründet wird, welche Faktoren die Synergien ermöglichen, und (iii) die angeblichen Gemeinsamkeiten zwischen den durch die geplante Übernahme von SN und den durch die erfolgte Übernahme von LX herbeigeführten Synergien nicht erklärt werden.
(413) LH führt seine Erfahrungen mit der Übernahme von LX auch ins Feld, um die Kommission davon zu überzeugen, dass wahrscheinlich neue Routen eröffnet werden würden (obgleich LH selbst feststellt, dass „der Aufschwung, den SN durch LH erleben wird, im Detail schwer vorauszusagen ist”). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Übernahme von LX durch LH unter ganz anderen Marktbedingungen vonstatten ging und dass das Geschäftsmodell von LX auf einem Drehkreuz in Zürich beruht, das von zwei weiteren Stützpunkten (Genf und Basel) statt von einem einzigen Drehkreuz in Brüssel unterstützt wird, so dass zwischen den beiden Fluggesellschaften SN und LX erhebliche Unterschiede bestehen. Dieser einfache Vergleich scheint daher – ohne weitere Analysen und Begründungen – nicht überzeugend.
(414) Schließlich bietet das von LH vorgelegte Effizienzpapier der Kommission im Allgemeinen nicht die Möglichkeit, die geltend gemachten Effizienzvorteile nachzuprüfen.
2.2
Fusionsspezifität
(415) Die von LH vorgebrachten Effizienzvorteile wurden von der Kommission im Hinblick auf die Fusionsspezifität bewertet. Während einige Effizienzvorteile als fusionsspezifisch angesehen werden können (zum Beispiel Kosteneinsparungen, durch geringere Anschaffungspreise von Flugzeugen), scheinen andere, darunter z. B. die Vorteile aus dem Vielfliegerprogramm, aber auch die Netzerweiterung die Kriterien der Fusionsspezifität nicht zu erfüllen.
(416) In der Analyse der Effizienzgewinne versucht LH die Fusionsspezifität nachzuweisen, [Grundlage der Analyse von LH]*. Dies entspricht nicht den in den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse vorgesehenen Kriterien der Fusionsspezifität. Bei ihrer Beurteilung der Fusionsspezifität der Effizienzvorteile prüft die Kommission, ob SN und LH die gleichen Effizienzvorteile auch durch andere, weniger wettbewerbswidrige Alternativen erzielen könnten. Die Kommission
314 Vergleiche Abschnitt 53 der von LH vorgelegten Effizienzanalyse.
122
erwägt ausschließlich Alternativen, die in Anbetracht der in dem betroffenen Wirtschaftszweig üblichen Geschäftspraktiken und in der wirtschaftlichen Situation der beteiligten Unternehmen praktikabel sind. Zudem liegt es bei den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen, rechtzeitig den Nachweis dafür vorzulegen, dass es keine weniger wettbewerbswidrigen, realistischen und erreichbaren Alternativen als den Zusammenschluss gibt, um die behaupteten Effizienzvorteile aufrechtzuerhalten. Die Kommission stellt fest, dass LH keinen solchen Nachweis vorgelegt hat.
(417) Die Kommission ist der Ansicht, dass SN und LH einige der geltend gemachten Effizienzvorteile auch hätten erzielen können, wenn sich SN an weniger wettbewerbswidrigen Kooperationsvereinbarungen mit LH oder anderen Fluggesellschaften beteiligt hätte. Das gilt insbesondere für die Effizienzvorteile in Zusammenhang mit den Vielfliegerprogrammen. Die Beteiligung an Vielfliegerprogrammen ist eine sehr grundlegende Kooperation zwischen Fluggesellschaften, die nicht einmal die Zugehörigkeit zur selben Allianz erfordert. So bietet das Vielfliegerprogramm von SN den Teilnehmern die Möglichkeit, Prämienmeilen nicht nur auf SN-Flügen zu sammeln bzw. einzulösen, sondern auch auf Flügen, die von einigen anderen Fluggesellschaften durchgeführt werden, wie zum Beispiel American Airlines, British Airways, Etihad, Jet Airways und Hainan Airlines. Auch das Vielfliegerprogramm von LH („Miles & More”) erstreckt sich auf viele Fluggesellschaften, die nicht der Star Alliance angehören. Von den 41 Fluggesellschaften, die sich an Miles & More beteiligen, sind 17 keine Mitglieder der Star Alliance; darunter sind große Fluggesellschaften wie Air India, Ethiopian, Jet Airways und Mexicana. Gemeinsame oder gegenseitige Vielfliegerprogramme ohne Zusammenschluss oder Mitgliedschaft in einer Allianz sind in der Luftverkehrsbranche also eine übliche Praxis. Diese Art von Vereinbarungen ist außerdem von wesentlich geringerer Tragweite als eine Allianz oder ein Zusammenschluss, weshalb sie sich sehr viel weniger auf den Wettbewerb auswirken als der Zusammenschluss. SN ist tatsächlich bereits seit März 2009 Mitglied des Vielfliegerprogramms Miles & More, obwohl es nicht Mitglied der Star Alliance ist und obwohl der Zusammenschluss noch nicht vollzogen wurde. Daher wären etwaige Effizienzvorteile in Zusammenhang mit einem Vielfliegerprogramm im vorliegenden Fall nicht als fusionsspezifisch zu betrachten.
(418) Dasselbe gilt für die Netzwerkoptimierung. Mit Hilfe von Codeshare-Vereinbarungen könnten SN und LH ihr Streckennetz auch ohne den Zusammenschluss optimieren. Codeshare-Vereinbarungen, die es ermöglichen, eine Strecke anzubieten, die man sonst nicht bedienen würde, sind weniger wettbewerbswidrig als ein Zusammenschluss. In der Luftverkehrsbranche sind solche Vereinbarungen üblich, was auch bei SN derzeit sowohl bei Kurzstrecken als auch bei Langstrecken der Fall ist (als Beispiel sei das Codesharing mit American Airlines auf den USA-Strecken genannt). LH und SN haben bereits im März 2009 Codeshare-Vereinbarungen für grenzüberschreitende Flüge zwischen Deutschland und Belgien sowie für andere europäische Strecken unterzeichnet. Aus diesem Grund sind Effizienzvorteile infolge von Netzoptimierungen nicht als fusionsspezifisch zu bezeichnen.
315 Vergleiche Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, Randnummer 85.
123
(419) Schließlich scheinen die von Lufthansa behaupteten Effizienzgewinne durch verringerte Betriebskosten darauf hinzuweisen, dass SN nicht in der Lage wäre, diese Einsparungen von sich aus zu erzielen. Tatsächlich wird in der Analyse der Effizienzvorteile überhaupt nicht auf etwaige Betriebskosteneinsparungen eingegangen, die SN als eigenständiges Unternehmen vornehmen könnte. Unter den derzeitigen Bedingungen, die beinahe jede Fluggesellschaft zwingen, angesichts der Wirtschaftskrise nach Möglichkeiten für Einsparungen zu suchen, ist anzunehmen, dass SN auch allein eine Reihe von Maßnahmen zur Kostensenkung ergreifen kann.
(420) Daher wird aus den vorliegenden Belegen geschlossen, dass die geltend gemachten Effizienzvorteile nicht fusionsspezifisch sind (mit Ausnahme bestimmter Kosteneinsparungen im Bereich der Finanzierungskosten, was jedoch nichts daran ändert, dass die übrigen Kriterien der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse nicht gegeben sind).
2.3
Vorteile für die Verbraucher
(421) Um die wettbewerbswidrigen Wirkungen eines Zusammenschlusses ausgleichen zu können, muss wahrscheinlich sein, dass die Effizienzvorteile den Verbrauchern zugute kommen werden. Effizienzvorteile sollten grundsätzlich den Verbrauchern auf jenen relevanten Märkten zugute kommen, auf denen sonst wahrscheinlich Wettbewerbsbedenken geweckt würden.
(422) Wie in Erwägungsgrund 406 erwähnt, behauptet LH, dass sein Vielfliegerprogramm und die Eröffnung von mehr direkten Flügen ab Brüssel sofort und unweigerlich den Kunden zugute kommen würden.
(423) LH hat keine konkreten Beweise dafür vorgelegt, dass das Vielfliegerprogramm genügend Effizienzvorteile mit sich bringen wird, um eine fusionsbedingte Beeinträchtigung des Wettbewerbs ausgleichen zu können. Verglichen mit den Preisunterschieden aufgrund des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins des Wettbewerbs auf einer Strecke ist der Geldwert der Prämienmeilen im Vielfliegerprogramm gering. Beispielsweise senkte LH infolge des Eintritts von SN auf der Strecke Brüssel-Frankfurt die Tarife für die nicht flexiblen Economy Class Tickets um [15-20]*% (vergleiche Erwägungsgrund 143). Abgesehen davon, dass die Effizienzvorteile im Bereich der Vielfliegerprogramme die Kriterien der Fusionsspezifität nicht erfüllen und die beteiligten Unternehmen die behaupteten Vorteile nicht hinreichend mit Zahlen untermauern können, reichen die Effizienzvorteile im Bereich der Vielfliegerprogramme bei weitem nicht an die Größenordnung der wettbewerbswidrigen Auswirkungen des Zusammenschlusses heran.
316 Vergleiche Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, Randnummer 79.
317 In seiner Analyse der Vielfliegerprogramme hat LH ferner grundlegende Fakten wie die Unterschiede zwischen der Zahl der für einen Gratisflug mit LH bzw. SN einzulösenden Prämienmeilen nicht berücksichtigt. Zusätzlich zu den in den Erwägungsgründen 410 bis 414 erwähnten Argumenten zeigt dies an sich, dass das Kriterium der Verifizierbarkeit der behaupteten Effizienzvorteile in Bezug auf das Vielfliegerprogramm im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.
124
(424) Zudem muss bezüglich der neu zu eröffnenden bzw. aufrechtzuerhaltenden Direktverbindungen festgestellt werden, dass nicht klar ist, ob die Kunden auf den betroffenen Strecken von der Ergänzung neuer Verbindungen in einem Maß profitieren würden, das die Vorteile die fusionsbedingte Schädigung des Wettbewerbs auf diesen Märkten ausgleichen würde. Die Argumentation von LH scheint zu lauten, dass selbst dann, wenn es auf den betroffenen Strecken zu hypothetischen Preiserhöhungen käme, die Kunden von SN insofern für diese Preiserhöhungen entschädigt würden, als sie von neuen Verbindungen profitieren könnten. Zur Untermauerung dieses Arguments legt LH die Ausgaben der größten Unternehmenskunden auf den Überschneidungsstrecken im Vergleich zu deren Gesamtausgaben vor, woraus hervorgeht, dass die Ausgaben auf den Überschneidungsstrecken vergleichsweise gering sind. Das schließt jedoch die Möglichkeit nicht aus, dass zahlreiche Kunden (wie z. B. einige Unternehmenskunden oder Urlaubsreisende) in erster Linie auf den Überschneidungsstrecken fliegen und daher von diesen vermeintlichen Effizienzvorteilen nicht profitieren würden; LH hat nichts vorgebracht, was diese Annahme widerlegen würde. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Passagiere aus dem Einzugsgebiet Brüssel eventuell von den Effizienzvorteilen profitieren könnten, ist nicht klar, inwiefern die Passagiere im Einzugsbereich an den anderen Enden der Strecke (FRA, MUC, HAM und BER) von der Eröffnung der neuen Strecken ab Brüssel profitieren sollten. So sind zum Beispiel sowohl MUC als auch FRA große LH-Drehkreuze, weshalb etwaige neue Verbindungen von Brüssel aus (die aus der Sicht der Passagiere in den Einzugsgebieten FRA und MUC neue indirekte Verbindungen darstellen würden) wahrscheinlich bereits heute von diesen großen LH-Drehkreuzen aus entweder über eine direkte oder eine indirekte Verbindung erreicht werden können.
(425) Was die niedrigeren Kaufpreise für Flugzeuge und niedrigere Finanzierungskosten anbelangt, so ist nicht geklärt, wie diese Kosteneinsparungen, die üblicherweise als Fixkosteneinsparungen anzusehen sind, in Form von Preissenkungen an die Verbraucher weitergegeben werden sollen. Auch die Kosteneinsparungen im Bereich von Wartung, Reparatur und Überholung (MRO) bzw. im Bereich der IT-Plattform können als Fixkosteneinsparungen angesehen werden. In Randnummer 80 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse ist festgehalten, dass „… bei der Ermittlung der Frage, ob Effizienzvorteile zu Nettovorteilen für die Verbraucher führen, Kosteneinsparungen, die zu Rückgängen bei den variablen und den Grenzkosten führen, stärker ins Gewicht fallen als eine Senkung der Fixkosten, da erstere grundsätzlich eher zu niedrigeren Preisen zugunsten der Verbraucher führen.“
(426) Mit Blick auf Randnummer 80 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse hält LH fest, dass „die betreffenden Kosteneinsparungen größtenteils abhängig von der Zahl der bedienten Flüge und/oder Strecken sowie der angebotenen Sitzplätze (Kapazität) schwanken, sei es auf Kurz- (zum Beispiel Treibstoffpreise), Mittel- oder Langstrecken (zum Beispiel Kosten für die Flugzeugbesatzung, Kosten der Flotte, Wartungs-, Reparatur- und Überholungskosten usw.)“. LH erklärt außerdem, die Kommission habe in der Sache Ryanair/Aer Lingus akzeptiert, „… dass das Argument, demzufolge niedrigere Fixkosten auf einer Strecke das Ertragsniveau senken, ab dem ein Eintritt rentabel wird, und dass ein solcher Eintritt zu einem erhöhten Wettbewerb auf einer bestimmten Strecke führt, im Prinzip [in der Luftverkehrsbranche] gilt. Mit anderen Worten ermöglichen Kostensenkungen, die abhängig von den Strecken (oder Flügen) variieren, der Fluggesellschaft den Betrieb von Strecken mit geringem Passagieraufkommen, die gegenwärtig nicht lebensfähig sind, da der zur Rechtfertigung des Betriebs auf dieser Strecke erforderliche Ertrag dank der Kosteneinsparungen sinkt.“
(427) Gemäß den Erläuterungen von LH in seiner Analyse der Effizienzvorteile plant das fusionierte Unternehmen, [von LH geltend gemachten Effizienzvorteile und Pläne im Hinblick auf die Frequenz/Kapazität nach dem Zusammenschluss]*. Der in der Entscheidung in der Sache Ryanair/Aer Lingus erwartete Effizienzvorteil für den Verbraucher, der sich aus der Verringerung der Fixkosten ergeben sollte (also infolge erhöhter Flugfrequenzen), würde sich daher auf der gegenständlichen Strecke nicht verwirklichen lassen. Es ist ganz im Gegenteil wahrscheinlich, dass der Kapazitätsrückgang nach dem Zusammenschluss bei ansonsten gleich bleibenden Faktoren zu höheren Flugpreisen führen würde.
(428) [Von LH geltend gemachten Effizienzvorteile und Pläne nach dem Zusammenschluss im Hinblick auf die Frequenz/Kapazität]*. Wie aus Randnummer 80 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse hervorgeht, können „Kosteneinsparungen, die sich allein aus wettbewerbswidrigen Produktionseinschränkungen ergeben, … nicht als Effizienzvorteile für die Verbraucher angesehen werden“. Diese Kosteneinsparungen können daher nicht in Betracht gezogen werden. Die Kommission hält fest, dass die aufgrund der Kapazitätsverringerung erwarteten Kosteneinsparungen – mit Ausnahme jener auf der […]* Strecke – erstaunlich niedrig sind und [von LH geltend gemachte Effizienzvorteile]*.
(430) In Randnummer 84 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse ist Folgendes festgehalten: „Das Interesse für das fusionierte Unternehmen, Effizienzvorteile an die Verbraucher weiterzugeben, hängt häufig davon ab, ob seitens der im Markt verbleibenden Unternehmen oder von einem potenziellen Markteintritt Wettbewerbsdruck ausgeht.“ Angesichts der Tatsache, dass (i) der geplante Zusammenschluss auf zumindest den Strecken Brüssel-München und Brüssel-Hamburg ein Monopol begründen und auf der Brüssel-Frankfurt-Strecke den engsten Wettbewerber abbauen würde, (ii) viele der vom Anmelder geltend gemachten Einsparungen Fixkosten betreffen und (iii) der Anmelder nicht erklärt hat, wie die Einsparungen den Passagieren auf den betroffenen Überschneidungsstrecken zugute kommen sollen, wird festgestellt, dass es unwahrscheinlich ist, dass das fusionierte Unternehmen die Effizienzgewinne in ausreichendem Maß an die Verbraucher weitergeben würde, um den wettbewerbswidrigen Wirkungen des Zusammenschlusses entgegenzuwirken.
3.
SCHLUSSFOLGERUNG
(431) Es wird ausgehend von den vom Anmelder vorgelegten Informationen festgestellt, dass die Effizienzvorteile nicht nachprüfbar und weitgehend nicht fusionsspezifisch sind, und dass es nicht wahrscheinlich ist, dass sie auf den betroffenen Strecken den Verbrauchern in einem derart hohem Maße zugute kommen, dass sie die Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch den Zusammenschluss ausgleichen würden. In Randnummer 84 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse steht: „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Zusammenschluss, der zu einer Marktstellung führt, die einem Monopol nahe kommt oder ein ähnliches Maß an Marktmacht erbringt, mit der Begründung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könnte, dass Effizienzvorteile ausreichen würden, den möglichen wettbewerbswidrigen Wirkungen entgegenzuwirken.“
D.
VERPFLICHTUNGSZUSAGEN
1. VON DEN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN VORGELEGTE VERPFLICHTUNGSZUSAGEN
(432) Um die von der Kommission festgestellte erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf den Strecken Brüssel-Frankfurt, Brüssel-München, Brüssel-Hamburg und Brüssel-Zürich beseitigen zu können, haben die beteiligten Unternehmen am 29 April 2009 Verpflichtungszusagen („die Verpflichtungszusagen“) gemacht. Am 30. April 2009 wurde von der Kommission ein Markttest in die Wege geleitet, um festzustellen, wie die Wettbewerber und Kunden die Verpflichtungszusagen beurteilen. Angesichts der Ergebnisse des erwähnten Markttests haben die beteiligten Unternehmen am 28. Mai 2009 eine überarbeitete Version der Verpflichtungszusagen vorgelegt, um die Schwachpunkte des ersten Vorschlags zu beheben.
(433) Die Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmen sollen die Zutrittschranken verringern und den Markteintritt eines neuen Wettbewerbers auf den Strecken Brüssel-Frankfurt, Brüssel-München, Brüssel-Hamburg and Brüssel-Zürich erleichtern.
(434) Die Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmen enthalten eine Reihe von Maßnahmen, die den Eintritt eines potenziellen neuen Wettbewerbers erleichtern sollen. Insbesondere sehen die Verpflichtungszusagen die Freigabe und Übertragung einer Reihe von Zeitnischen auf den Flughäfen Brüssel, Frankfurt, München, Hamburg und Zürich sowie einige ergänzende Maßnahmen vor.
Verpflichtungszusagen bezüglich der Zeitnischen
a) Freigabe von Zeitnischen für Städtepaare, bei denen wettbewerbsrechtliche Bedenken bestehen
(435) Um den Eintritt eines oder mehrerer neuer Wettbewerber auf den vier Strecken zu erleichtern, auf denen die Kommission eine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs festgestellt hat (im Folgenden als „identifizierte Städtepaare“ bezeichnet), verpflichten sich die beteiligten Unternehmen, auf den Flughäfen Brüssel, Frankfurt, München, Hamburg und Zürich nach einem speziellen Verfahren Zeitnischen zur Verfügung zu stellen.
(436) Die Zahl der Zeitnischen, die zur Verfügung gestellt werden sollen, wird es einem neuen Wettbewerber ermöglichen, bis zu drei Flüge täglich auf den Strecken Brüssel-Hamburg und Brüssel-München sowie bis zu zwei Flüge täglich auf den Strecken Brüssel-Frankfurt und Brüssel-Zürich zu betreiben. Wurden dem neuen Wettbewerber bereits Zeitnischen übertragen, so verringert sich die Zahl der zur Verfügung gestellten Zeitnischen entsprechend, es sei denn, dass der neue Wettbewerber diese Zeitnischen nicht mehr verwenden will und sie wieder den beteiligten Unternehmen zufallen. Auch wird die Zahl der Frequenzen um die Zahl der Frequenzen reduziert, die einem neuen Wettbewerber für ein bestimmtes Städtepaar bereits vorher übertragen worden sind.
b)
Bedingungen für die Übertragung von Zeitnischen
(437) Das im Rahmen der Verpflichtungszusagen vorgesehene Verfahren zur Übertragung von Zeitnischen wird parallel zum normalen Verfahren zur Zuweisung von Zeitnischen angewandt. Wenn eine Fluggesellschaft für eines der identifizierten Städtepaare Zeitnischen benötigt, muss sie über das normale Zuweisungsverfahren um Zeitnischen ansuchen und eine Zeitnischenübertragung gemäß der Verpflichtungszusagen beantragen. Wenn der Zeitnischenkoordinator die Nachfrage einer Fluggesellschaft infolge der IATA-Flugplankonferenz nicht bedienen kann, ist in den Verpflichtungszusagen vorgesehen, dass die beteiligten Unternehmen der interessierten Fluggesellschaft anbieten müssen, ihr die angeforderten Zeitnischen innerhalb einer Woche, nachdem sich der Antragsteller zur Nutzung dieser Zeitnischen verpflichtet hat, zu übertragen. Die Vereinbarung zur Übertragung von Zeitnischen zwischen den beteiligten Unternehmen und dem Antragsteller muss innerhalb von drei Wochen nach dem Ende der Frist für die Rückgabe der Zeitnischen (Slot Handback Deadline) – am 15. Januar in der IATA-Sommersaison und am 15. August in IATA-Wintersaison – unterzeichnet werden. Die Übertragung von Zeitnischen erfolgt für einen Zeitraum, der der Nutzungsdauer des relevanten identifizierten Städtepaares (gemäß der Definition in Erwägungsgrund 439) entspricht. Der neue Wettbewerber ist jedoch dazu berechtigt, die Vereinbarung am Ende jeder IATA-Saison zu kündigen, ohne eine Strafe zu riskieren. Schließlich ist in den Verpflichtungszusagen vorgesehen, dass einem potenziellen neuen Wettbewerber, der von Brüssel aus die Höchstzahl möglicher Strecken zu betreiben beabsichtigt, der Vorzug zu geben ist.
(438) Sofern eines der beteiligten Unternehmen über entsprechende Zeitnischen verfügt, so hat es diese kostenlos und innerhalb von 20 Minuten ab dem Zeitpunkt des Ersuchens durch den Antragsteller freizugeben. Anderenfalls haben die beteiligten Unternehmen dem Antragsteller auf Anfrage die zeitlich am nächsten liegenden Zeitnischen zur Verfügung zu stellen.
c)
Angestammte Rechte (“Grandfathering Rights”)
(439) Die Verpflichtungszusagen sehen die Möglichkeit vor, angestammte Rechte an den von den beteiligten Unternehmen erhaltenen Zeitnischen zu erwerben. Sobald der neue Wettbewerber das relevante identifizierte Städtepaar während zwei vollen aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen für die Strecke Brüssel-Hamburg, während vier vollen aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen für die Strecke Brüssel-München und die Strecke Brüssel-Zürich und während acht vollen aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen für die Strecke Brüssel-Frankfurt (die Nutzungsdauer) betrieben hat, erwirbt er angestammte Rechte an diesen Zeitnischen, was bedeutet, dass er dann berechtigt wäre, die ihm von den beteiligten Unternehmen übertragenen Zeitnischen auf einer anderen innereuropäischen Strecke als für das identifizierte Städtepaar zu nutzen. Nach Ablauf der Nutzungsdauer kann der neue Wettbewerber die übertragenen Zeitnischen verwenden, um andere europäische Strecken als die zwischen dem identifizierten Städtepaar zu betreiben. Gibt der neue Wettbewerber jedoch vor Ablauf der Nutzungsdauer den Betrieb auf der Strecke auf, für die ihm die Zeitnischen übertragen wurden, so werden diese Zeitnischen an LH zurückgegeben und einem anderen neuen Wettbewerber zur Verfügung gestellt.
d)
Mitglieder der Star Alliance als neue Wettbewerber
(440) Die in den Erwägungsgründen 437 bis 439 genannten Bestimmungen sind nur für neue Wettbewerber, die nicht der Star Alliance angehören, uneingeschränkt gültig. Mitglieder der Star Alliance können ebenfalls im Rahmen der Verpflichtungszusagen Zeitnischen erhalten, aber die Nichtmitglieder haben Priorität, falls verschiedene potenzielle Wettbewerber in den Markt eintreten wollen und Zeitnischen für eine von den Verpflichtungszusagen betroffene Strecke anfordern. Ein neuer Wettbewerber, der Mitglied der Star Alliance ist, hat ferner nicht die Möglichkeit, angestammte Rechte an Zeitnischen, die er von den beteiligten Unternehmen erhalten hat, zu erwerben, und die Laufzeit der Vereinbarung über die Übertragung von Zeitnischen kann von dem neu eintretenden Star Alliance-Mitglied und den beteiligten Unternehmen frei vereinbart werden. Einem neu eintretenden Mitglied der Star Alliance wird es auf Strecken, die ein identifiziertes Städtepaar verbinden, nicht gestattet sein, mit den beteiligten Unternehmen oder anderen Star Alliance-Partnern Codeshare-Vereinbarungen oder Joint Ventures für Einnahmen-/Ertragsteilung einzugehen. Sobald ein Mitglied der Star Alliance den Betrieb in den gemäß Verpflichtungszusagen freigegebenen Zeitnischen auf der relevanten Strecke zwischen einem identifizierten Städtepaar aufgibt, müssen die beteiligten Unternehmen diese Zeitnischen für andere neue Wettbewerber freigeben.
Sonstige Verpflichtungszusagen und sonstige Bestimmungen
a)
Spezielle Prorata- und Codeshare-Vereinbarungen
(441) Gemäß der Verpflichtungszusagen wird einem neuen Wettbewerber die Möglichkeit angeboten, eine spezielle Prorata- und Codeshare-Vereinbarung zu unterzeichnen, wonach er die Möglichkeit erhält, seine Flugnummern (d.h. seine Codes) Flügen zuzuteilen, deren Ursprungs- und Zielflughafen entweder in Deutschland, der Schweiz und/oder Belgien liegt, vorausgesetzt, dass ein Teil der Flugreise auf der Strecke Brüssel-Hamburg, Brüssel-Frankfurt, Brüssel-Zürich, oder Brüssel-München erfolgt. Die Bedingungen einer speziellen Prorata-Vereinbarung müssen so gestaltet sein, dass ein neuer Wettbewerber genauso behandelt wird wie die Star Alliance-Partner der Lufthansa auf derselben Strecke zwischen einem identifizierten Städtepaar.
(442) Darüber hinaus kann der neue Wettbewerber, um eine Anschlussverbindung nach/von Hamburg aus anbieten zu können, für die Brüssel-Hamburg-Strecke den Antrag stellen, eine spezielle Prorata- und Codeshare-Vereinbarung mit den beteiligten Unternehmen einzugehen, damit er seine Flugnummern Flügen zuweisen kann, die von den beteiligten Unternehmen von Brüssel aus durchgeführt werden. Durch eine solche Vereinbarung kann der neue Anbieter auf der Strecke Brüssel-Hamburg z. B. Tickets für die Strecke Hamburg-Brüssel-Toulouse anbieten (vergleiche diesbezüglich den Erwägungsgrund 457).
130
b)
Sonstige Bestimmungen
(443) Ergänzt werden die Verpflichtungszusagen bezüglich der Zeitnischenfreigabe durch andere Verpflichtungen, darunter beispielsweise jene, dass ein neuer Wettbewerber die Möglichkeit erhält, Teilstreckenabkommen und Vereinbarungen über den Zugang zu Vielfliegerprogrammen mit den beteiligten Unternehmen sowie intermodale Abkommen mit einer Bahngesellschaft bzw. einem anderen Land- oder Seeverkehrsunternehmen abzuschließen.
(444) Die Verpflichtungszusagen sehen die Ernennung eines treuhänderischen Beobachters vor, der die Einhaltung der Verpflichtungszusagen durch die beteiligten Unternehmen und die in den Verpflichtungszusagen vorgesehene Übertragung von Zeitnischen überwachen wird.
(445) Die Verpflichtungszusagen enthalten zudem Bestimmungen über die Schlichtung von Streitfragen im Schnellverfahren, wonach der neue Wettbewerber beschließen kann, etwaige Streitfragen mit den beteiligten Unternehmen in Bezug auf diese Verpflichtungszusagen über ein Schlichtungsverfahren beizulegen. Die Schiedssprüche sind sowohl für den neuen Wettbewerber als auch für die beteiligten Unternehmen bindend. Die Beweislast ist so verteilt, dass in jeder Streitfrage der neue Wettbewerber einen Prima-facie-Beweis und die beteiligten Unternehmen den Gegenbeweis erbringen müssen.
(446) Die Verpflichtungszusagen, insbesondere die Verpflichtung zur Übertragung von Zeitnischen, gelten für unbestimmte Zeit, enthalten jedoch eine Revisionsklausel.
2.
ANALYSE DER VERPFLICHTUNGSZUSAGEN
(447) Zur Angemessenheit der Verpflichtungszusagen, die den Markteintritt eines neuen Wettbewerbers erleichtern sollen, hält die Kommission in ihrer Mitteilung über nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission zulässige Abhilfemaßnahmen („Mitteilung der Kommission über Abhilfemaßnahmen“) Folgendes fest:
„Oft wird eine ausreichende Senkung der Marktzutrittsschranken nicht durch Einzelmaßnahmen erreicht, sondern durch … ein Verpflichtungspaket, mit dem Mitbewerbern der Markteintritt durch eine ganze Reihe unterschiedlicher Maßnahmen allgemein erleichtert werden soll. [Fußnote: Bei Zusammenschlüssen im Luftfahrtbereich reicht die bloße Senkung der Marktzutrittsschranken durch eine Verpflichtung der beteiligten Unternehmen, Zeitnischen auf bestimmten Flughäfen anzubieten, möglicherweise nicht immer aus, um den Markteintritt neuer Wettbewerber auf den Strecken, auf denen Wettbewerbsprobleme bestehen, zu gewährleisten und um die Abhilfemaßnahme in ihrer Wirkung einer Veräußerung gleichwertig zu machen.]“
328 ABl. C 267, 22.10.2008, S. 1.
329 Randnummer 63.
(448) Die Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmen stellen ein umfassendes Paket dar, das auf den Erfahrungen mit Verpflichtungszusagen bei Zusammenschlüssen in der Luftverkehrsbranche beruht. Im Rahmen des Markttests haben die Wettbewerber und die Kunden in ihren Antworten die Verpflichtungszusagen allgemein positiv beurteilt.
1. Zeitnischen
(449) In den Verpflichtungszusagen wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Überlastung der Zeitnischen eine der größten Zutrittsschranken auf den Strecken darstellt, auf denen Wettbewerbsprobleme bestehen. Tatsächlich sind alle Flughäfen, die zu den identifizierten Städtepaaren gehören (mit Ausnahme von Hamburg) überlastet und zum Teil sogar stark überlastet. Angesichts dessen wurden die Verpflichtungszusagen so gestaltet, dass sie diese Schranken aufheben und den Markteintritt auf Strecken, auf denen Wettbewerbsbedenken bestehen, erleichtern. Selbst wenn der Flughafen Hamburg nicht überlastet ist, so ist jedoch der Flughafen Brüssel bis zu einem gewissen Ausmaß überlastet, und daher dienen die für die Strecke Brüssel-Hamburg angebotenen Zeitnischenpaare dazu, den Zutritt auf dieser Strecke und überhaupt zum Flughafen Brüssel zu erleichtern.
Zahl der Zeitnischen
(450) Die von den beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellten Zeitnischen werden es einem oder mehreren neu eintretenden Wettbewerber(n) ermöglichen, auf den Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren die gleiche Flugfrequenz anzubieten wie derzeit SN, womit gewährleistet ist, dass ein neuer Wettbewerber die Möglichkeit hat, den Wettbewerbsdruck zu ersetzen, den die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen gegenwärtig noch aufeinander ausüben.
(451) In Bezug auf die Strecken Brüssel-München, Brüssel-Hamburg und Brüssel-Zürich hat der Markttest bestätigt, dass die in den Verpflichtungszusagen angebotene Zahl von Zeitnischen einem neuen Anbieter von Flugverbindungen genügen wird, um wirksamen Wettbewerbsdruck auf die beteiligten Unternehmen auszuüben. Dies entspricht den Feststellungen in dieser Entscheidung, wonach SN auf der Strecke BRU-FRA mit zwei Flügen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, easyJet auf der Strecke BRU-GVA mit zwei Flügen Wettbewerbsdruck auf SN ausübt und easyJet auf der Strecke BRU-BER mit zwei Flügen Wettbewerbsdruck auf LH/SN ausüben wird.
(452) In Bezug auf die Strecke Brüssel-Frankfurt hat rund die Hälfte der im Rahmen des Markttests zu den Verpflichtungszusagen befragten Kunden/Reisebüros erklärt, dass auf der Strecke Brüssel-Frankfurt zwei tägliche Flüge für einen wettbewerbsfähigen Betrieb genügen würden, während die andere Hälfte vorbrachte, dass auf dieser besonderen Strecke eine höhere Flugfrequenz erforderlich sei. Mehr als die Hälfte der Wettbewerber hat erklärt, auf der Strecke Brüssel-Frankfurt genügten zwei Flüge, um mit den beteiligten Unternehmen wirksam in Wettbewerb treten zu können. Trotz uneinheitlicher Einschätzungen der Kunden wird angesichts der positiven Bewertung durch die Wettbewerber sowie in Anbetracht der Tatsache, dass SN, wie aus der in Erwägungsgrund 150 erwähnten Wettbewerbsanalyse der Strecke BRU-FRA hervorgeht, mit zwei täglichen Flügen einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf LH ausübt, festgestellt, dass die beiden in den Verpflichtungszusagen angebotenen Zeitnischenpaare auf der Strecke Brüssel-Frankfurt ausreichen, damit ein neuer Anbieter von Flugverbindungen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausräumen kann.
Zuweisung von Zeitnischen
(453) Die Zuweisung von Zeitnischen muss innerhalb von 20 Minuten ab der ersten Anforderung erfolgen, womit der Geschäftsstrategie von Direktfluggesellschaften Rechnung getragen wird, die genau angepasste Flugpläne benötigen, um ihre kurzen Turnaround-Zeiten aufrechterhalten zu können. Darüber hinaus enthalten die Verpflichtungszusagen keine Begrenzungen bezüglich der in Spitzenzeiten zuzuteilenden Zeitnischen, was die angebotenen Zeitnischen attraktiver macht. Die Verpflichtungszusagen enthalten ferner zweckmäßigere und effizientere Verfahren zur Zuweisung von Zeitnischen als Verfahren, die in Verpflichtungszusagen in früheren Entscheidungen über Airline-Zusammenschlüsse enthalten waren. Der in der gegenständlichen Sache verbesserte Zuweisungsmechanismus sieht vor, dass die Anforderung der Zeitnischen zu Beginn der Saison erfolgt, so dass dem/den neuen Wettbewerber/n genug Zeit bleibt, die neuen Dienstleistungen zu starten und zu vermarkten. Darüber hinaus muss ein neuer Wettbewerber während der Laufzeit der Zeitnischenvereinbarung oder ab dem Zeitpunkt des Erwerbs angestammter Rechte nicht jede Saison die in den Verpflichtungszusagen vorgesehene Anforderung von Zeitnischen durchlaufen. Im Rahmen des Markttests konnte die Wirksamkeit des vorgeschlagenen Mechanismus zur Zuweisung von Zeitnischen bestätigt werden. Die Frage, ob sie der Ansicht seien, „dass das in den vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen vorgesehene Verfahren zur Freigabe von Zeitnischen so gestaltet ist, dass es einem potenziellen neuen Wettbewerber die Möglichkeit gibt, die benötigten Zeitnischen rechtzeitig und den Bedürfnissen entsprechend zu erhalten“, haben zehn der befragten Wettbewerber allgemein bejaht. Nur ein Wettbewerber verneinte die Frage und begründete das damit, dass LH/SN nach dem Zusammenschluss immer noch über zu viele Flüge verfügen würden, was jedoch nicht Gegenstand dieser Frage war.
Angestammte Rechte (“Grandfathering Rights”)
(454) Zusätzlich erhöht wird die Attraktivität der Verpflichtungszusagen dadurch, dass der Erwerb von angestammten Rechten in Aussicht gestellt wird. Für Zeitnischen auf der Strecke Brüssel-Hamburg können diese angestammten Rechte nach einer Nutzungsdauer von nur zwei vollen aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen, für Zeitnischen auf der Strecke Brüssel-München und der Strecke Brüssel-Zürich nach einer Nutzungsdauer von vier aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen und für Zeitnischen auf der Strecke Brüssel-Frankfurt nach acht vollen aufeinanderfolgenden IATA-Saisonen erworben werden. Die Gewährung von angestammten Rechten stellt für neue Wettbewerber einen zusätzlichen Anreiz für den Marktzutritt auf den identifizierten Städtepaaren dar, da die Zeitnischen insbesondere auf den stark ausgelasteten Flughäfen Frankfurt, München und Zürich ein wertvolles Gut darstellen. Die längere Nutzungsdauer für die Strecke Brüssel-Frankfurt wird dadurch gerechtfertigt, dass die Zeitnischen in Frankfurt einen höheren Wert haben, was wiederum das Risiko birgt, dass ein neuer Wettbewerber nur auf der Strecke Brüssel-Frankfurt tätig werden will, um an diese wertvollen Zeitnischen heranzukommen.
(455) Im Rahmen des Markttests äußerten sich die Wettbewerber insgesamt positiv über die Nutzungsdauer, die erforderlich ist, bevor dem neuen Anbieter von Flugverbindungen angestammte Rechte gewährt werden. Die Mehrheit der Wettbewerber hält die in Bezug auf die Strecken Brüssel-Frankfurt, Brüssel-München, Brüssel-Hamburg und Brüssel-Zürich vorgesehene Nutzungsdauer für angemessen.
2. Sonstige Verpflichtungen and sonstige Bestimmungen
Spezielle Prorata- und Codeshare-Vereinbarungen
(456) Für die Mehrzahl der Wettbewerber ist die dem neuen Wettbewerber angebotene Möglichkeit, mit den beteiligten Unternehmen eine spezielle Prorata- und Codeshare-Vereinbarung einzugehen, ein zusätzlicher Anreiz für den Markteintritt auf den Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren.
(457) Insbesondere wird die für die Strecke Brüssel-Hamburg angebotene Codeshare-Vereinbarung die Zahl der Passagiere, denen der potenzielle neue Wettbewerber angepasste Dienstleistungen anbieten kann, erheblich steigern. Pro Jahr fliegen [95 000-105 000] O&D-Passagiere auf der Strecke zwischen Brüssel und Hamburg, und [15 000-25 000] weitere Passagiere benutzen diese Strecke, um in Brüssel einen Anschlussflug zu nutzen (Transferpassagiere). Auf den Flügen zwischen Hamburg und Toulouse steigen [8 000-12 000] Passagiere in Brüssel um. Aufgrund der Code-Share-Vereinbarung wird der neue Wettbewerber auf der Strecke Brüssel-Hamburg, seine Passagierzahlen um rund 20 % gegenüber dem O&D-Verkehr erhöhen können.
Sonstige Bestimmungen
(458) Die sonstigen Regelungen der Verpflichtungszusagen, zum Beispiel bezüglich der Beteiligung an Vielfliegerprogrammen, Teilstreckenabkommen oder intermodalen Abkommen, werden allgemein als zusätzliche, jedoch nicht entscheidende Anreize für einen potenziellen neuen Wettbewerber bewertet.
3.
ALLGEMEINE BEWERTUNG DER VERPFLICHTUNGSZUSAGEN
(459) In der Mitteilung der Kommission über zulässige Abhilfemaßnahmen ist festgehalten: „Wenn aufgrund dieser Verpflichtungen der rechtzeitige Markteintritt einer ausreichenden Zahl neuer Wettbewerber wirklich wahrscheinlich ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie ähnliche Auswirkungen auf den Wettbewerb auf dem Markt haben wie eine Veräußerung. Kann dagegen nicht festgestellt werden, dass infolge der durch die vorgeschlagenen Verpflichtungen bewirkten Senkung der Marktzutrittsschranken der Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt wahrscheinlich ist, so lehnt die Kommission das Verpflichtungspaket ab.“
(460) Im vorliegenden Fall hat die Marktuntersuchung bestätigt, dass aufgrund der vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen der zeitnahe Markteintritt einer ausreichenden Zahl neuer Wettbewerber auf den Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren wahrscheinlich ist.
(461) VLM hat ein direktes Interesse an Zeitnischen auf den Strecken Brüssel-Frankfurt, Brüssel-München und Brüssel-Zürich geäußert. Croatia Airlines hat ein direktes Interesse an den Strecken Brüssel-München und Brüssel-Zürich geäußert. Wie in den Erwägungsgründen 463 bis 468 erläutert wird, wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmen infolge der Verpflichtungszusagen tatsächlich in diese Strecken eintreten werden, durch eine Reihe weiterer Faktoren bestätigt.
(462) Ferner haben Air Berlin und easyJet Interesse an allen identifizierten Städtepaaren bekundet, wobei ihr Interesse von einer wesentlichen Nachbesserung der Verpflichtungszusagen abhängig ist. So verlangen sie beispielsweise eine Erhöhung der Zahl der angebotenen Zeitnischen, eine Verkürzung der für die Gewährung von angestammten Rechten erforderlichen Nutzungsdauer oder die Zusage der beteiligten Unternehmen, dass sie die Anzahl ihrer angebotenen Frequenzen auf den identifizierten Strecken nicht erhöhen werden ("frequency squeeze"). Air Berlin hat Stützpunkte in Frankfurt, München, Hamburg und Zürich, und auf dem Flughafen Brüssel wird in nächster Zukunft ein Billigflugterminal entstehen. Es kann daher die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass diese beiden Fluggesellschaften in Zukunft beschließen werden, auf den identifizierten Strecken tätig zu werden. Insbesondere in Anbetracht der Schwierigkeit, Zeitnischen in Frankfurt zu erhalten, und der (etwas geringeren) Schwierigkeit, in München, Zürich und Brüssel an Zeitnischen heranzukommen, könnten die Verpflichtungszusagen für diese beiden Fluggesellschaften eine attraktive Gelegenheit darstellen, auf den relevanten Strecken tätig zu werden, auch wenn in den Verpflichtungszusagen nicht alle ihre Forderungen berücksichtigt worden sind.
335 Mitteilung der Kommission über zulässige Abhilfemaßnahmen, Randnummer 63.
336 Es wird erwartet, dass das Terminal für Billigflüge in Brüssel zu Beginn der IATA-Wintersaison 2009-2010 eröffnet wird.
Brüssel-Frankfurt
(463) Die Marktuntersuchung hat bestätigt, dass Frankfurt nach London Heathrow einer der am stärksten überlasteten Flughäfen Europas ist. Folglich sind Zeitnischen in Frankfurt sehr wertvoll, und die Abhilfemaßnahme auf dieser Strecke ist für einen potenziellen neuen Wettbewerber sehr verlockend.
(464) VLM nahm im Mai 2009 mit Hilfe von Zeitnischen, die von der Muttergesellschaft Air France-KLM geborgt wurden, mit drei Flügen den Betrieb auf der Strecke Antwerpen-Frankfurt auf. So baut VLM eine Marktpräsenz in Frankfurt auf. Auch wenn es VLM vorzieht, Flüge von Antwerpen aus anzubieten, hat das Unternehmen angegeben, dass es überlegt, von Brüssel ausgehende Strecken zu eröffnen, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, Zeitnischen zu erhalten. Sollte VLM beschließen, die Flugfrequenz nach Frankfurt zu erhöhen, so wäre es angesichts der Schwierigkeit, in Frankfurt Zeitnischen zu erhalten, durchaus wahrscheinlich, dass VLM die Verpflichtungszusagen nutzen wird, um die Strecke Brüssel-Frankfurt zu betreiben. Mit Blick auf das Geschäftsmodell dieser Fluggesellschaft, die mit hohen Frequenzen und kleinen Flugzeugen arbeitet, ist es wahrscheinlich, dass VLM Interesse an einer höheren Anzahl von Flügen hätte. Zwar hat VLM erklärt, dass es aufgrund der Zeitnischen von Air France mit der täglichen Flugfrequenz mit LH konkurrieren könne, aber VLM gibt auch an, typischerweise 4-5 tägliche Flüge zu von Geschäftsreisenden frequentierten Flugzielen anzubieten. So bietet VLM täglich 4-5 Flüge auf der Strecke Antwerpen-London City und 8 tägliche Flüge auf den Strecken Amsterdam-London und Rotterdam-London an.
(465) Darüber hinaus hat VLM die Zeitnischen in Frankfurt über Air France-KLM nur erhalten, weil die Muttergesellschaft die Strecke Lyon-Frankfurt für die Dauer der Wirtschaftskrise aufgegeben hat. Gegenwärtig bedient Air France-KLM von Frankfurt aus nur seine Drehkreuze Paris und Amsterdam, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass Air France-KLM beabsichtigen könnte, seine Flugfrequenzen auf einer dieser Hub-to-hub-Strecken aufzugeben bzw. zu verringern. Daher wird VLM auch in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zumindest in nächster Zukunft kaum weitere Zeitnischen in Frankfurt von Air France-KLM erhalten.
(466) VLM hat darüber hinaus erklärt, die Bereitstellung von Zeitnischen in Frankfurt durch Air France-KLM sei nur vorübergehend und nur auf die Tatsache zurückzuführen, dass Air France-KLM gegenwärtig die Strecke Lyon-Frankfurt nicht betreiben wolle, ohne jedoch gemäß dem Grundsatz „Verfall bei Nichtnutzung“ die angestammten Rechte an den Frankfurter Zeitnischen einzubüßen. Es ist anzunehmen, dass Air France nach dem Ende der Wirtschaftskrise die an VLM verliehenen Zeitnischen zurückfordern wird. Wenn es dazu kommt, kann VLM seine Tätigkeit auf der Frankfurt-Strecke nur fortsetzen, wenn es den in den Verpflichtungszusagen vorgesehenen Mechanismus zur Übertragung von Zeitnischen nutzt. Daher ist es wahrscheinlich, dass VLM diese Regelung in Anspruch nehmen wird und die Strecke Brüssel-Frankfurt betreiben wird. Die Verpflichtungszusagen werden es VLM nicht nur ermöglichen, Zeitnischen in Frankfurt zu erhalten, sondern VLM wird aufgrund des in den Verpflichtungszusagen garantierten Zeitfensters von +/- 20 Minuten auch Zeitnischen zur besten Zeit erhalten.
Brüssel-München und Brüssel-Zürich
(467) VLM hat Interesse bekundet, auf den Strecken Brüssel-München und Brüssel-Zürich tätig zu werden. Angesichts des Auslastungsniveaus der Flughäfen München und Zürich ist es unwahrscheinlich, dass VLM ab der ersten IATA-Saison alle erforderlichen Zeitnischen erhalten wird, um auf diesen Strecken eine ausreichende Flugfrequenz anbieten zu können. Darüber hinaus hätte ein neuer Wettbewerber auf den Flughäfen München und Zürich keine Garantie, zu den besten Zeiten Zeitnischen zu erhalten, die eine optimale Flugzeugrotation ermöglichen würden. Hingegen gewährleistet der in den Verpflichtungszusagen vorgesehene Mechanismus für die Zuweisung von Zeitnischen, dass der potenzielle neue Wettbewerber mit einiger Sicherheit die angefragten Zeitnischen in einem Fenster von +/- 20 Minuten erhalten wird.
(468) Auch Croatia Airlines ist daran interessiert, die Verpflichtungszusagen zu nutzen, um gestützt auf die „Fünfte Freiheit“ den Betrieb auf den Strecken Brüssel-München und Brüssel-Zürich aufzunehmen, obwohl die „Fünfte Freiheit“ von Croatia Airlines von den Maßnahmen der kroatischen Regierung zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Anforderungen gemäß dem European Common Aviation Area („ECAA“)-Abkommen abhängt und daher aus der Sicht der Croatia Airlines erst ab der Sommersaison 2010 realistisch scheint. Aufgrund der Zugehörigkeit zur Star Alliance kann Croatia Airlines gemäß den Verpflichtungszusagen Zeitnischen beantragen; allerdings würde VLM als Nichtmitglied der Star Alliance den Vorzug erhalten, sollten beide Unternehmen einen Antrag stellen.
Brüssel-Hamburg
(469) Der Markttest hat bestätigt, dass die Verpflichtungszusagen wahrscheinlich zum Markteintritt eines neuen Wettbewerbers auf der Strecke Brüssel-Hamburg führen werden, da sie die Zutrittsschranken erheblich verringern, und die Prorata- und Codeshare-Vereinbarungen die Attraktivität dieser Strecke beträchtlich erhöhen. Insbesondere hat die große Mehrheit der Kunden/Reisebüros/Flughäfen und auch die Mehrheit der Wettbewerber bestätigt, dass die Verpflichtungszusagen insgesamt den Eintritt auf der Strecke Brüssel-Hamburg erleichtern werden.
(470) Gemäß Verpflichtungszusagen wird ein potenzieller neuer Wettbewerber, der beschließt, von Brüssel aus die maximale Zahl von Strecken zu betreiben, bevorzugt behandelt werden. Mit Blick auf das Interesse an den Strecken Frankfurt, München und Zürich ist es wahrscheinlich, dass infolge der Verpflichtungszusagen eine neue Fluggesellschaft eine Basis in Brüssel errichten wird. In der Folge hätten dann zwei Fluggesellschaften eine Basis an einem Ende der Strecken (der potenzielle neue Wettbewerber in Brüssel und Air Berlin in Hamburg), so dass die Wahrscheinlichkeit des Markteintritts auf der Brüssel-Hamburg-Strecke erhöht wird.
(471) Darüber hinaus wird der potenzielle neue Wettbewerber auf der Strecke Brüssel-Hamburg dank der Prorata- und Code-Share-Vereinbarung die Möglichkeit haben, nicht nur O&D-Verkehr, sondern auch Teile des Verbindungsverkehrs zu erfassen. Der potenzielle neue Wettbewerber wird in dieser Hinsicht in einer besseren Position sein als LH vor dem Zusammenschluss, da LH auf dieser Strecke praktisch nur O&D-Passagiere befördern kann.
(472) Air Berlin erwägt unter der Voraussetzung, dass die Verpflichtungszusagen nachgebessert werden, die Möglichkeit, auf den Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren tätig zu werden. In Bezug auf die Strecke Brüssel-Hamburg werden einige der Forderungen von Air Berlin erfüllt: Air Berlin ist der Ansicht, dass die Zeitnischen auf der Strecke Brüssel-Hamburg ausreichend attraktiv sein könnten, wenn die für die Einräumung von angestammten Rechten erforderliche Nutzungsdauer auf zwei IATA-Saisonen verkürzt würde. Darüber hinaus hat Air Berlin erklärt: „Abhängig von der Situation/der Marktposition des neuen Wettbewerbers könnte die [Prorata- und Codeshare-Vereinbarung für Brüssel-Hamburg] einen Anreiz für einen Eintritt oder für eine Erweiterung darstellen.“ Obwohl einige andere von Air Berlin geforderte Nachbesserungen nicht in die Verpflichtungszusagen aufgenommen wurden und die Verpflichtungszusagen in Anbetracht des Geschäftsmodells von Air Berlin nur zum Teil das Problem des geringen Passagieraufkommens auf dieser Strecke lösen können, gehen die Verpflichtungszusagen auf der Strecke Brüssel-Hamburg auf die meisten von Air Berlin gestellten Bedingungen ein, damit diese Fluggesellschaft den Betrieb auf dieser Strecke aufnehmen kann.
(473) easyJet hält sowohl die Flugfrequenz als auch die für die Gewährung von angestammten Rechten erforderliche Nutzungsdauer für die Strecke Brüssel-Hamburg für angemessen.
Krise im Luftverkehr
(474) Die Kommission hat bei ihrer Bewertung auch die Tatsache berücksichtigt, dass die Luftverkehrsbranche zum Zeitpunkt des Markttests (April-Mai 2009) mit einer schweren Krise konfrontiert war, die Berichten zufolge zahlreiche Fluggesellschaften dazu bewegt hat, ihre Markteintrittsvorhaben erheblich einzuschränken. Die Kommission berücksichtigt insbesondere, dass sich die Marktteilnehmer unter diesen besonderen Umständen bei der Mitteilung ihrer Markteintrittsabsicht zurückhalten. Die Kommission nimmt an, dass sie vor der Krise ambitionierter gewesen wären und nach deren Ende wieder expansiver denken werden. Aus den genannten Gründen wird es wahrscheinlich länger bis zum Markteintritt eines oder mehrerer Wettbewerber auf den identifizierten Strecken dauern.
(475) Das hat beispielsweise Air France-KLM betont: „In der Gesamtanalyse sollte überdies berücksichtigt werden, dass dies angesichts der Wirtschaftskrise wahrscheinlich nicht der beste Zeitpunkt für die Marktteilnehmer ist, ihr Interesse am Markteintritt auf neuen Strecken zu bekunden, dass jedoch wieder Bewegung in den Markt kommen dürfte, sobald die Krise vorbei ist.“
Nicht mehr als [500–1 500]* Passagiere nehmen einen Anschlussflug, nachdem sie auf der Strecke Brüssel-Hamburg geflogen sind.
Schlussfolgerung
(476) Mit Blick auf all diese Elemente wird auf der Grundlage der verfügbaren Informationen und insbesondere in Anbetracht des Interesses einiger Fluggesellschaften an einem Markteintritt auf diesen Strecken festgestellt, dass aufgrund der Verpflichtungszusagen ein zeitnaher Markteintritt einer oder mehrerer Fluggesellschaften auf den identifizierten Strecken sehr wahrscheinlich ist und dass er ausreichen wird, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auf diesen Märkten auszuräumen.
V. BEDINGUNGEN UND AUFLAGEN
(477) Gemäß Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission ihre Entscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind.
(478) Die Einhaltung der Maßnahmen, die die Marktstruktur verändern sollen, ist eine Bedingung, während die Schritte, die erforderlich sind, um diese Maßnahmen umzusetzen und das angestrebte Ergebnis zu erreichen, im allgemeinen Auflagen für die beteiligten Unternehmen sind. Wird eine Bedingung nicht erfüllt, so verliert die Entscheidung der Kommission zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt ihre Gültigkeit. Wenn ein beteiligtes Unternehmen einer Auflage zuwiderhandelt, steht es der Kommission frei, die Genehmigungsentscheidung gemäß Artikel 8 Absatz 6 der EG-Fusionskontrollverordnung zu widerrufen. Den betroffenen Unternehmen können nach Maßgabe der Artikel 14 Absatz 2 und 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung auch Geldbußen und Zwangsgelder auferlegt werden.
(479) Im Einklang mit der grundlegenden Unterscheidung zwischen Bedingungen und Auflagen ergeht diese Entscheidung unter der Bedingung, dass der Anmelder die von ihm am 28. Mai 2009 vorgelegten Verpflichtungszusagen in den Abschnitten 1.1.1, 1.1.2, 1.2.2, 1.2.5, 1.2.8., 1.3.1, 2, 4.1, 5.1, 5.2, 6.1 und 7.1 vollständig einhält. Alle weiteren Abschnitte werden als Auflagen im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung betrachtet. Der ausführliche Text der Verpflichtungszusagen wird dieser Entscheidung als Anhang V beigefügt.
VI. SCHLUSSFOLGERUNG
(480) Es wird festgestellt, dass der Zusammenschluss in seiner vom Anmelder ursprünglich vorgeschlagen Form den wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 der EG-Fusionskontrollverordnung erheblich behindern würde.
(481) Der Anmelder hat jedoch eine Reihe von Verpflichtungszusagen vorgelegt, die geeignet sind, den wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen. Daher wird festgestellt, dass der angemeldete Zusammenschluss unter der Voraussetzung, dass die vom Anmelder eingegangenen Verpflichtungszusagen umgesetzt werden, nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs führen wird.
(482) Daher wird festgestellt, dass der Zusammenschluss gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung sowie Artikel 57 des EWR-Abkommens unter der Voraussetzung, dass die in Anhang V angeführten Verpflichtungszusagen umgesetzt werden, mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar ist –
HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Der angemeldete Zusammenschluss, durch den Deutsche Lufthansa AG die Kontrolle über SN Airholding SA/NV im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 erlangt, wird für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar erklärt.
Artikel 2
Artikel 1 gilt unter der Bedingung, dass die in den Abschnitten 1.1.1, 1.1.2, 1.2.2, 1.2.5, 1.2.8, 1.3.1, 2, 4.1,5.1, 5.2, 6.1 und 7.1 des Anhangs V enthaltenen Zusagen vollständig erfüllt werden.
Artikel 3
Deutsche Lufthansa AG soll die Verpflichtungen, die in den Abschnitten des Annex V aufgeführt sind und auf die sich Artikel 2 nicht bezieht, erfüllen.
Artikel 4
Diese Entscheidung ist gerichtet an:
Deutsche Lufthansa AG Von-Gablenz-Straße, 2-6 50679 Köln Deutschland
Brüssel, den 22.6.2009
Für die Kommission (unterzeichnet) Neelie KROES Mitglied der Kommission
INHALTSVERZEICHNIS
I. Die beteiligten Unternehmen.......................................................................................... 3
II. Der Zusammenschluss .................................................................................................... 4
III. Gemeinschaftsweite Bedeutung ..................................................................................... 4
IV. Wettbewerbsrechtliche Würdigung............................................................................... 5
A. P ASSAGIERLINIENFLUGVERKEHR ............................................................................................................... 5
1.1. definition des RelevantEN marktes ...................................................................................................... 5
1.1.1 Abgangsort/Zielort )-Städtepaare..................................................................................................................... 5
1.1.2 Zeitabhängige oder nicht zeitabhängige Passagiere ......................................................................................... 6
1.1.3 Substituierbarkeit von direkten und indirekten Flügen .................................................................................. 14
a.a. Kurz- und Mittelstrecken .......................................................................................................................... 14
b.b. Langstrecken............................................................................................................................................. 16
1.1.4 Analyse der Substituierbarkeit der Brüsseler Flughäfen ................................................................................ 17
a.a. Charleroi Brüssel Süd ("CRL") ................................................................................................................ 18
b.b. Antwerpen Brüssel Nord ("ANR") ........................................................................................................... 19
c.c. Flughafen Lüttich (LGG).......................................................................................................................... 37
2.2. Behandlung der Allianzpartner von LH ............................................................................................. 37
2.2.1 Der Standpunkt des Anmelders...................................................................................................................... 37
2.2.2 Der Standpunkt der Kommission ................................................................................................................... 38
3.3. beurteilung der einzelnen Strecken .................................................................................................... 39
3.3.1 Die Strecken von Belgien nach Deutschland ................................................................................................. 39
a.a. Brüssel-Frankfurt...................................................................................................................................... 39
b.b. Brüssel-München...................................................................................................................................... 63
c.c. Brüssel-Berlin........................................................................................................................................... 70
d.d. Brüssel-Hamburg...................................................................................................................................... 77
3.3.2 Die Strecken zwischen Belgien und der Schweiz .......................................................................................... 85
a.a. Hintergrund und analytischer Rahmen ..................................................................................................... 85
b.b. Brüssel-Basel ............................................................................................................................................ 87
c.c. Brüssel-Genf............................................................................................................................................. 88
d.d. Brüssel-Zürich .......................................................................................................................................... 91
3.3.3 Andere Kurz- und Mittelstrecken................................................................................................................. 103
a.a. Überschneidungen zwischen Direktverbindungen.................................................................................. 104
b.b. Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Kurzstreckenverbindungen ................................. 106
c.c. Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Verbindungen auf Mittelstrecken ....................... 112
d.d. Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen .......................................................................... 114
3.3.4 Langstrecken................................................................................................................................................ 114
a.a. Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Verbindungen ..................................................... 115
b.b. Überschneidungen zwischen indirekten Verbindungen .......................................................................... 116
3.3.5 Schlussfolgerung.......................................................................................................................................... 117
B. LUFTFRACHTVERKEHR.................................................................................................................. 117
1.1. definition des relevanten markts ...................................................................................................... 117
2.2. WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG............................................................................. 118
C. EFFIZIENZVORTEILE ........................................................................................................................ 119
1.1. BEHAUPTUNGEN der Anmelder.................................................................................................... 119
2.2. BEWertung durch die KOMMISSION.............................................................................................. 121
2.2.1 Nachprüfbarkeit ........................................................................................................................................... 121
2.2.2 Fusionsspezifität .......................................................................................................................................... 122
2.2.3 Vorteile für die Verbraucher ........................................................................................................................ 124
3.3. SCHLUSSFOLGERUNG ................................................................................................................. 127
D. VERPFLICHTUNGSZUSAGEN......................................................................................................... 127
1.1. VON DEN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN VORGELEGTE VerpflichtungSZUSAGEN............. 127
2.2. Analyse DER VerpflichtUNGSZUSAGEN ....................................................................................... 131
3.3. ALLGEMEINE Bewertung DER VerpflichtungSZUSAGEN ............................................................ 135
V. Bedingungen und Auflagen ........................................................................................ 139
VI. Schlussfolgerung.......................................................................................................... 140
Der Originaltext der Bedingungen und Auflagen gemäß Artikel 2 und 3 kann auf folgender Webseite der Kommission eingesehen werden: http://ec.europa.eu/competition/mergers/cases/