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NOKIA / NAVTEQ

M.4942

NOKIA / NAVTEQ
July 1, 2008
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Valentina R., lawyer

DE

Die Veröffentlichung dieses Textes dient lediglich der Information.

Eine Zusammenfassung dieser Entscheidung wird in allen Amtssprachen der Gemeinschaft im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Sache COMP/M.4942 - NOKIA/ NAVTEQ

Nur der englische Text ist verbindlich.

VERORDNUNG (EG) Nr. 139/2004 FUSIONSKONTROLLVERFAHREN

Artikel 8 Absatz 1 Datum: 2.7.2008

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 2.7.2008 K(2008) 3328

NICHTVERTRAULICHE FASSUNG

ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 2.7.2008 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen

(Sache COMP/M.4942 - NOKIA/NAVTEQ)

1

ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 2.7.2008 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen

(Sache COMP/M.4942 - NOKIA/ NAVTEQ)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 57,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Fusionskontrollverordnung), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 1,

gestützt auf die Entscheidung der Kommission vom 28. März 2008, das Verfahren in dieser Sache einzuleiten,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,

in Kenntnis des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten in dieser Sache,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.

2

I. EINLEITUNG

(1) Am 19. Februar 2008 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 und infolge einer Verweisung nach Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates („Fusionskontrollverordnung“) bei der Kommission eingegangen. Danach ist Folgendes beabsichtigt: Das Unternehmen Nokia Inc. (Vereinigte Staaten von Amerika), das zur Gruppe Nokia Corporation gehört (zusammen „Nokia“, Finnland), erwirbt im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung durch den Erwerb von Anteilen die Kontrolle über die Gesamtheit des Unternehmens NAVTEQ Corporation („NAVTEQ“, Vereinigte Staaten von Amerika, „USA“).

(2) Mit Entscheidung vom 28. März 2008 stellte die Kommission fest, dass das angemeldete Vorhaben Anlass zu ernsthaften Zweifeln gibt, ob es mit dem Gemeinsamen Markt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vereinbar ist, und leitete daher das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung ein.

(3) Am 9. April 2008 legte Nokia seine Antwort auf die Entscheidung der Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c vor.

(4) Am 21. April 2008 wurden Nokia von der Kommission nicht vertrauliche Versionen mehrerer wichtiger Stellungnahmen Dritter zur Verfügung gestellt.

(5) Am 1. Mai 2008 legte Nokia eine allgemeine Antwort auf die Stellungnahmen Dritter vor.

(6) Die Antworten von Nokia wurden sorgfältig von der Kommission geprüft, und neue Angaben wurden mit den Angaben betroffener Dritter abgeglichen. Die Kommission führte weitere Ermittlungen durch und versandte insbesondere eine zweite Reihe von Fragebögen an Mobiltelefonhersteller, Mobilfunknetzbetreiber (Mobile Network Operators, MNOs) und Online-Anbieter standortbezogener Dienste (Location-Based Services, LBS). Im Rahmen dieser eingehenden Prüfung führte die Kommission eine empirische Studie durch, in der untersucht wurde, welche Anreize für das fusionierte Unternehmen bestehen, sich an der vertikalen Abschottung zu beteiligen. Des Weiteren wurde darin analysiert, welche Auswirkungen das Vorhaben auf den nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen sowie auf den nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Mobiltelefonen hätte. Die Ergebnisse der Studie wurden sorgfältig überprüft.

II. DIE PARTEIEN

(7) Nokia ist ein Anbieter von Ausrüstung, Lösungen und Diensten für elektronische Kommunikationsnetze, der in erster Linie als Hersteller von Telefonen für den mobilen Einsatz („Mobiltelefone“) bekannt ist. Nokia strebt darüber hinaus die Entwicklung und Bereitstellung mobiler Online-Dienste über das unternehmenseigene Multimediaportal Ovi, einschließlich sogenannter LBS, an.

(8) NAVTEQ ist ein Anbieter navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken für Navigationsgeräte und bietet eine Vielzahl standortbezogener Dienste an.

3

III. DER ZUSAMMENSCHLUSS

(9) Am 1. Oktober 2007 kündigte Nokia die Unterzeichnung einer Vereinbarung an, der zufolge es alle Anteile und ausstehenden Optionen von NAVTEQ erwirbt. Die Übernahme erfolgt durch die North Acquisition Corp. (USA), eine eigens zu diesem Zweck gegründete hundertprozentige Tochtergesellschaft von Nokia Inc. (USA), die wiederum eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Nokia ist. Die North Acquisition Corp. wird in der Folge mit NAVTEQ fusionieren und stellt somit keine Tochtergesellschaft von Nokia mehr dar; NAVTEQ wird als hundertprozentige indirekte Tochtergesellschaft von Nokia weiter bestehen.

(10) Da Nokia durch das Vorhaben die alleinige Kontrolle über NAVTEQ erhalten wird, handelt es sich um einen Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung.

IV. G EMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG

(11) Die an dem geplanten Zusammenschluss beteiligten Parteien erreichen keine der in Artikel 1 Absätze 2 und 3 der Fusionskontrollverordnung angegebenen Umsatzschwellen, da der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz von NAVTEQ unter 250 Mio. EUR liegt und das Unternehmen darüber hinaus in drei Mitgliedstaaten lediglich einen Gesamtumsatz von unter 25 Mio. EUR erzielt. Das Vorhaben ist daher nicht von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne von Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung.

V. VERWEISUNG NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 5

(12) In den folgenden elf Mitgliedstaaten hätte das Vorhaben nach einzelstaatlichem Fusionskontrollrecht geprüft werden können: [...]*.

(13) Am 22. November 2007 ist bei der Kommission ein begründeter Antrag von Nokia eingegangen, in dem das Unternehmen gemäß Artikel 4 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung die Verweisung an die Kommission beantragte. Gegen die Verweisung des Vorhabens an die Kommission ist von keinem Mitgliedstaat Widerspruch eingelegt worden. Für das Vorhaben gilt deshalb die Vermutung einer gemeinschaftsweiten Bedeutung, weshalb es von der Kommission geprüft wird.

VI. DIE RELEVANTEN M ÄRKTE

6.1 Einleitung

(14) Das Vorhaben ist rein vertikaler Natur, da die beiden daran beteiligten Unternehmen auf unterschiedlichen Ebenen der Lieferkette tätig sind. Bei dem geplanten Zusammenschluss handelt es sich um eine vertikale Rückwärtsintegration in dem Sinne, dass ein Hersteller einer Ware seinen Hauptanbieter eines wichtigen Einsatzmittels übernimmt.

* Teile dieses Textes wurden ausgelassen, um zu gewährleisten, daß keine vertraulichen Informationen bekanntgegeben werden; diese Teile sind durch eckige Klammern und ein Sternchen gekennzeichnet.

4

(15) Der Erwerber – Nokia – ist hauptsächlich auf dem nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Mobiltelefonen tätig. Mobiltelefone werden zunehmend als Navigationsgeräte genutzt. Um Navigationsfunktionen auf seinen Mobiltelefonen bereitstellen zu können, verwendet Nokia die Quellcodes der navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken des Zielunternehmens NAVTEQ und integriert diese in die Navigationssoftware der Nokia-Tochtergesellschaft gate5 AG (Deutschland). Derzeit verfügen erst einige wenige Nokia-Modelle (z. B. das Nokia N95) über eine vorinstallierte Navigationsanwendung; künftig plant Nokia jedoch die Installation von Navigationssoftware auf einer Vielzahl seiner Mobiltelefone. Nokia bietet für seine navigationsfähigen Mobiltelefone mit vorinstallierten Navigationsanwendungen kostenfrei eine Kartenanzeige- und Routenplanungsfunktion; die Navigation nach Abbiegepunkten (turn-by-turn) kann in Form eines Abonnements bezogen werden.

(16) Die meisten Mobiltelefonhersteller produzieren unternehmensintern keine Navigationssoftware, sondern beziehen das integrierte Produkt (Navigationssoftware und digitale Kartendatenbank) für den Einsatz in ihren Mobiltelefonen von einem Drittanbieter. Alternativ können Mobilfunknetzbetreiber und Anbieter internetgestützter Navigationslösungen dieses Produktpaket erwerben und den Kunden anschließend servergestützte Navigationsdienste für das Mobiltelefon zur Verfügung stellen. Bei dem Markt für Navigationssoftware handelt es sich folglich um einen Zwischenmarkt, der in der vertikalen Lieferkette zwischen den vorgelagerten Märkten (Bereitstellung nicht navigationsfähiger bzw. navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken) und den

2 Neben Mobiltelefonen stehen noch drei weitere Arten von Navigationsgeräten zur Verfügung: tragbare Navigationsgeräte (PNDs, auch als Satellitennavigationsgeräte oder SatNavs bekannt), Personal Digital Assistants (PDAs) sowie Geräte für den dauerhaften Einbau in die Armaturenbretter von Fahrzeugen („In-Dash-Geräte“). Nokia stellt selbst keine PDAs oder In-Dash-Geräte her und ist auf dem Markt für PNDs nur am Rande vertreten. Es stellt gegenwärtig [...]* her, der Anteil am Markt ist gering. [...]* Vgl. die Antwort von Nokia vom 9. April 2008 auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c, S. 24 und die Antwort von Nokia vom 1. Mai 2008 auf das Auskunftsverlangen der Kommission, S. 2. Aufgrund des unbedeutenden Marktanteils wird der nachgelagerte Markt für die Bereitstellung von PNDs in dieser Entscheidung nicht weiter untersucht.

3 Für die Zwecke dieser Entscheidung bezeichnet der Begriff „Navigation“ den Einsatz von Global Positioning System-Technologie („GPS“) zur Anzeige der aktuellen Position des Benutzers und zur Bereitstellung von Anweisungen, die jeden Abbiegepunkt (turn-by-turn) umfassen, um den Benutzer in Echtzeit zu einem bestimmten Ziel zu führen. Auf dem Bildschirm des Navigationsgeräts wird der Benutzer visuell geleitet – üblicherweise ergänzt durch Sprachanweisungen. Darüber hinaus steht im Normalfall eine Neuberechnungsfunktion (back-on-track) zur Verfügung.

4 Für die Zwecke dieser Entscheidung bezeichnet der Begriff „Routenplanung“ die Bereitstellung einer sequenziellen Beschreibung einer Route von einem Ausgangsort zu einem Zielort. Die berechnete Route wird in der Regel auf einer Karte mit Schritt-für-Schritt-Anweisungen in Textform angezeigt. Die Wegbeschreibung kann auf dem Display des Mobiltelefons angezeigt werden; häufig nutzen die Anwender jedoch die Online-Anzeige und drucken die Wegbeschreibung dann aus.

5 Anmeldung, Seite 73.

Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass Anbieter standortbezogener Dienste (LBS) in der Regel eigene Navigationssoftware entwickeln und digitale Karten bei externen Anbietern beziehen.

5

nachgelagerten Märkten (Bereitstellung von Navigationsanwendungen für Mobiltelefone sowie die Bereitstellung von Mobiltelefonen) angesiedelt ist.

(17) Nokia ist über die Tochtergesellschaft gate5 AG auf dem Markt für die Bereitstellung von Navigationssoftware tätig.

(18) Zur Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Wettbewerb müssen zunächst der vorgelagerte Markt, der Zwischenmarkt und der nachgelagerte Markt definiert werden.

6.2 Die vorgelagerten Märkte – Nicht navigationsfähige und navigationsfähige digitale Kartendatenbanken

6.2.1 Definition der relevanten Produktmärkte

Einleitung

(19) Eine digitale Kartendatenbank ist eine Sammlung digitaler Daten, die in der Regel Folgendes umfasst: (i.) geografische Informationen, die Position und Gestalt jedes Elements auf der Karte enthalten (z. B. Straßen, Eisenbahnlinien, Flüsse und Angaben zur Flächennutzung), (ii.) Attribute, die Zusatzinformationen zu den Kartenelementen beinhalten (z. B. Straßennamen, Adressen, Fahrtrichtungen, Abbiegeverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen) und (iii.) Display-Informationen. Die Anbieter verwalten Kartendaten in einer relationalen Datenbank, die selbst keine digitale Karte ist. Die relationale Datenbank wird von Kunden verwendet, die digitale Karten erstellen und Dienstleistungen auf der Grundlage von Karteninformationen bereitstellen. Die in den Datenbanken enthaltenen Kartendaten stammen aus einer Vielzahl von Quellen, darunter Luftaufnahmen, Satellitenbilder, offizielle Kartendatenbanken von Regierungen und aus anderen Regierungsquellen sowie aus Felddaten, die von Mitarbeitern im Außeneinsatz mit Hilfe spezieller Fahrzeuge generiert wurden.

(20) Neben der Basiskarte (Basisdatenbank mit grundlegenden Informationen, die die Anzeige einer digitalen Karte ermöglichen) werden von den Anbietern der digitalen Kartendatenbanken mehrere Schichten von Zusatzinformationen angeboten. Diese zusätzlichen Schichten umfassen unter anderem Orte von Interesse (Points of Interest, POI, z. B. Restaurants, Hotels, Tankstellen, Sehenswürdigkeiten), Phoneme (ermöglichen die Bereitstellung gesprochener Anweisungen), spezielle Attribute für Lastkraftwagen (z. B. Höhen- und Gewichtsbeschränkungen, Fahrspurverengungen und optimale Routen), Postleitzahlen, dreidimensional angezeigte Sehenswürdigkeiten und ADAS-Attribute (Advanced Driver Assistance Systems, erweiterte Fahrerassistenzsysteme). Kunden kaufen jedoch nicht zwangsläufig alle angebotenen Schichten von einem Kartendatenbank-Anbieter. Alternativ können Kunden die verschiedenen Schichten von Zusatzinformationen (z. B. POI) auch von einem Drittanbieter beziehen und an ihre Bedürfnisse anpassen. [...]*.

7 In einer relationalen Datenbank werden die Daten intern in Tabellen angeordnet.

8 Fahrerassistenzsysteme bieten „Vehicle Intelligence“, einschließlich Fahrerunterstützung, erweiterten Sicherheitsfunktionen, Systemen mit Vorausschaufunktionen und Systeme für vorausschauende Fahrstrategien.

(21) Digitale Kartendatenbanken werden an Hersteller von Navigationsgeräten, Hersteller von Navigationssoftware und Anbieter von Anwendungen, die nicht der Navigation dienen (z. B. Internet-Karten, verschiedene staatliche Nutzungsmöglichkeiten und Unternehmenslösungen wie Flottenmanagement), verkauft. Digitale Kartendatenbanken werden für eine Reihe von Zwecken eingesetzt. Die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten sind Kartenanzeige, Adressfindung, Routenplanung und Navigation. Damit Navigation möglich ist, muss die digitale Kartendatenbank mit einem System für die sofortige geografische Positionsbestimmung (hauptsächlich mittels GPS-Technologie) kombiniert werden.

(22) Die wichtigsten Anwendungen für die digitalen Kartendatenbanken von NAVTEQ, die im Jahr 2007 im EWR verkauft wurden, waren PNDs und in das Armaturenbrett eingebaute Geräte (In-Dash-Anwendungen für den Einsatz in Fahrzeugen). Der Vertrieb von digitalen Kartendatenbanken für den Einsatz in Mobiltelefonen machte im Jahr 2007 nur [0-5]* % des Gesamtumsatzes von NAVTEQ im EWR aus.

Nicht navigationsfähige oder navigationsfähige digitale Kartendatenbanken

(23) Es ist zu prüfen, ob digitale Kartendatenbanken für Navigationszwecke und andere Zwecke als die Navigation zwei voneinander getrennte relevante Produktmärkte darstellen oder nicht.

(24) Nokia vertritt die Auffassung, dass die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken einen relevanten Produktmarkt darstellt, der von dem Markt für nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken getrennt zu betrachten ist. Das Unternehmen erkennt die Tatsache an, dass nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken in Form von PNDs und In-Dash-Systemen im Gegensatz zu navigationsfähigen Kartendatenbanken für den Einsatz in Fahrzeugen nur bedingt geeignet sind. Gleichzeitig führt Nokia jedoch an, dass im Hinblick auf die Navigation mit einem Mobiltelefon eine gewisse Ersetzbarkeit zwischen navigationsfähigen und nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken gegeben sei. Auf Mobiltelefonen wird eine Vielzahl von standortbezogenen Diensten (LBS) bereitgestellt, für die keine navigationsfähige Kartendatenbank erforderlich ist. Nokia zufolge wird für die meisten auf Mobiltelefonen bereitgestellten LBS keine Navigationsfunktion benötigt. Nokia gibt weiter an, dass für die Bereitstellung von Navigationsdiensten für Fußgänger über das Mobiltelefon eine zwar Kartenanzeige, jedoch nicht zwingend eine Navigation nach Abbiegepunkten erforderlich sei. Nokia kommt zu der Schlussfolgerung, dass nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken zwar einen eigenen Produktmarkt darstellen, hinsichtlich der Bereitstellung von LBS (einschließlich Navigation) auf Mobiltelefonen jedoch ein geeigneter Ersatz für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken seien.

9 Anmeldung, S. 42 und Antwort von Nokia vom 9. April 2008 auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c, S. 23.

10 Antwort von Nokia vom 9. April 2008 auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c, S. 23.

(25) NAVTEQ erklärt, dass digitale Kartendatenbanken – je nach vorgesehenem Endverwendungszweck der Datenbank – in die folgenden vier Hauptkategorien aufgeteilt werden können. Je anspruchsvoller der standortbezogene Dienst ist, desto detaillierter und präziser muss auch die digitale Kartendatenbank sein.

(26) Datenbanken der ersten Kategorie bieten Routenplanung für Fußgänger und LBS ohne Zielführung. Die angebotenen Dienste umfassen eine Kartenanzeige, die Anzeige von POI-Inhalten sowie eine entsprechende Suchfunktion und eine Routenplanungsfunktion für Fußgänger mit manueller Eingabe des Startpunkts. Um diese Dienste bereitstellen zu können, muss die digitale Kartendatenbank eine präzise relative Straßengeometrie aufweisen und Straßennamen sowie Verwaltungsgrenzen beinhalten. Für diese Basisdatenbank ist kein Upgrade verfügbar, da für erweiterte LBS ein vollständiger Austausch der Straßengeometrie erforderlich wäre.

(27) Datenbanken der zweiten Kategorie bieten die Zielführung für Fußgänger. Folgende Funktionen stehen zur Verfügung: Positionsbestimmung und Streckenverfolgung, Routenplanung auf der Grundlage einer automatischen Startpunkterfassung (Positionierung über GPS), Zielführung für Fußgänger sowie eine Basis-Routenplanung für Fahrzeuge. Um diese Dienste bereitstellen zu können, muss die digitale Kartendatenbank eine absolute Straßengeometrie aufweisen und Straßennamen sowie Verwaltungsgrenzen beinhalten.

(28) Datenbanken der dritten Kategorie bieten Routenplanung für Fahrzeuge und eine Basis-Navigationsfunktion für Fahrzeuge. Um diese Dienste bereitstellen zu können, muss die digitale Kartendatenbank eine absolute Straßengeometrie aufweisen, Straßennamen und Verwaltungsgrenzen sowie zusätzlich noch Attribute für die Fahrtrichtung beinhalten.

(29) Datenbanken der vierten Kategorie bieten eine Fahrzeugnavigation. Zusätzlich können eine zuverlässige Routenplanungsfunktion für Fahrzeuge und erweiterte Zielführungsdienste eingebunden werden. Um diese Dienste bereitstellen zu können, muss die digitale Kartendatenbank eine absolute Straßengeometrie aufweisen, Straßennamen und Verwaltungsgrenzen sowie Attribute für die Fahrtrichtung beinhalten. Darüber hinaus muss die Datenbank verschiedene erweiterte Straßenattribute, wie Abbiegeverbote, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Einfahrtbeschränkungen und Verkehrsschilder, umfassen.

(30) Für die Zwecke dieser Entscheidung werden digitale Kartendatenbanken der ersten drei Kategorien als nicht navigationsfähig und Datenbanken der vierten Kategorie als navigationsfähig eingestuft.

(31) Das Maß an nachfrageseitiger Ersetzbarkeit zwischen navigationsfähigen und nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken wurde von der Kommission ausgewertet. Navigationsfähige digitale Kartendatenbanken werden hauptsächlich bei der Fahrzeugnavigation eingesetzt. In der heutigen Zeit erfolgt die

11 „Digital Map Entry – Decreasing Costs and Increasing Efficiencies“, NAVTEQ-Präsentation vom 6. Mai 2008.

12 „Digital Map Entry – Decreasing Costs and Increasing Efficiencies“, NAVTEQ-Präsentation vom 6. Mai 2008, S. 4.

8

Mobiltelefone sind für die Fahrzeugnavigation weniger gut geeignet: Der Bildschirm von Mobiltelefonen ist kleiner und die Benutzeroberfläche ist für eine Vielzahl von Funktionen (z. B. Telefonie, Kurznachrichten, Kamerafunktion, Abspielen von Audiodateien) konzipiert, so dass das Erfassen von Navigationsdaten sehr mühsam ist; darüber hinaus sind Sprachanweisungen häufig nicht verfügbar.

„Digital Map Entry – Decreasing Costs and Increasing Efficiencies“, NAVTEQ-Präsentation vom 6. Mai 2008, S. 9.

9

Feldstudien zurück, und keines der Unternehmen hat die Absicht gezeigt, in Zukunft keine Feldstudien mehr zu nutzen.

(36) Es ist derzeit im Hinblick auf die Erstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken unerlässlich, umfassende Feldstudien durchzuführen.

(37) Ein Hersteller digitaler Basis-Kartendatenbanken, der seine Produktion auf digitale Kartendatenbanken umstellen möchte, müsste daher umfassende Ressourcen einsetzen, um die für die Navigationsfähigkeit notwendigen Zusatzinformationen zusammenzustellen. Sobald eine vollständige Datenbank zusammengestellt wurde, muss sie ständig aktualisiert werden, damit sie alle Änderungen enthält, die am Straßennetz durchgeführt wurden. Feldstudien werden auch für die Aktualisierung der Datenbank benötigt. Selbst wenn der Datenbankanbieter Informationen über Änderungen aus verschiedenen externen Quellen (z. B. von lokalen Behörden) erhält, müssen die Richtigkeit und Genauigkeit der bereitgestellten Informationen mit Hilfe einer Feldstudie überprüft werden. Sobald die Daten zusammengestellt wurden, müssen sehr große Datenmengen verarbeitet und in die Datenbank aufgenommen werden.

(38) Die Zusammenstellung und Verarbeitung der Daten, die für die navigationsfähige digitale Kartendatenbank benötigt werden, ist ein sehr zeitaufwändiges Verfahren. In ihrer jüngsten Entscheidung hinsichtlich der Übernahme von Tele Atlas durch TomTom vertrat die Kommission die Auffassung, dass das Aufrüsten einer digitalen Basis-Kartendatenbank, die die gesamte Gemeinschaft abdeckt, vermutlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde.

(39) Die Erstellung und Pflege einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank in ausreichender Qualität ist erheblich kostspieliger als die Erstellung und Pflege einer digitalen Basis-Kartendatenbank, die nicht navigationsfähig ist. Tele Atlas, Mitbewerber von NAVTEQ, schätzt die Kosten für eine navigationsfähige Datenbank auf etwa [5-10 EUR] pro Kilometer und die Kosten für eine nicht navigationsfähige Datenbank auf rund [0-5 EUR] pro Kilometer.

(40) Die Marktuntersuchung der Kommission in dieser Sache unterstreicht diese Ergebnisse.

(41) Angesichts der mangelnden nachfrageseitigen Ersetzbarkeit und der einseitigen Lieferbedingungen (eine navigationsfähige digitale Kartendatenbank kann leicht auf eine nicht navigationsfähige Qualität herabgestuft werden, die Aufrüstung einer nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank auf eine navigationsfähige Qualität ist hingegen erheblich zeitaufwändiger und kostspieliger) ist der Schluss zu ziehen, dass digitale Kartendatenbanken für Navigationsanwendungen und Anwendungen, die nicht der Navigation dienen, getrennte Produktmärkte darstellen.

15 Entscheidung der Kommission vom 14. Mai 2008 in der Sache COMP/M.4854 – TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 26.

16 Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 26.

10

(42) Da bei den standortbezogenen Diensten auf Mobiltelefonen sowohl navigationsfähige als auch nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken zum Einsatz kommen, sind in dieser Sache beide Märkte relevant.

Verschiedene Endverwendungszwecke und Kundenkategorien

(43) Es ist zu prüfen, ob eine Unterteilung des Marktes für nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken nach Endverwendungszweck oder Kunde, der dieses Produkt erwirbt, möglich ist.

(44) Nokia hält eine Definition einzelner Produktmärkte für verschiedene Endkunden für nicht angemessen.

(45) Nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken kommen bei der Bereitstellung von LBS (außer Navigation) über die folgenden beiden Vertriebskanäle zum Einsatz: Mobiltelefone und das Internet. Diese Kanäle überschneiden sich teilweise, da Websites, die LBS anbieten, auch über das Mobiltelefon aufgerufen werden können. NAVTEQ beliefert Mobiltelefonhersteller, Mobilfunknetzbetreiber und Internetunternehmen mit digitalen Kartendatenbanken für andere Zwecke als die Navigation.

(46) Die für die Bereitstellung von LBS über die genannten Vertriebskanäle und für die genannten Kundenkategorien verwendeten nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken sind vollständig oder zumindest nahezu identisch, und die bereitgestellten LBS gleichen sich ebenfalls (in erster Linie: Kartenanzeige, Suche und Anzeige von POI-Inhalten sowie Routenplanung).

(47) Es gibt daher keinen Grund, den Markt für die Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken nach Vertriebskanälen zu unterteilen.

(48) Die Kommission hat ebenfalls geprüft, ob eine Unterteilung des Marktes für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken nach der Art des Navigationsgeräts, über das die entsprechenden Dienste bereitgestellt werden (PNDs, PDAs, Mobiltelefone oder in das Armaturenbrett eingebaute Navigationsgeräte), oder nach Kunde, der die entsprechenden Datenbanken verwendet, möglich ist. NAVTEQ beliefert Hersteller von PNDs, Automobilhersteller, Originalgerätehersteller (Original Equipment Manufacturers, OEM) der Automobilhersteller, Anbieter von Navigationssoftware, Mobiltelefonhersteller und Mobilfunknetzbetreiber mit navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken.

17 Anmeldung, Seite 69.

18 Per Definition werden nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken nicht in Navigationsgeräten wie PNDs oder In-Dash-Geräten verwendet. Grundlegende LBS können zwar auf dem PDA bereitgestellt werden, dieser Endverwendungszweck dürfte jedoch nicht besonders verbreitet sein.

19 Anmeldung, Seite 48.

20 Anmeldung, Seiten 47 und 48.

11

(49) Obwohl sich bestimmte Merkmale von beispielsweise PNDs und Mobiltelefonen voneinander unterscheiden und verschiedene Kunden unterschiedliche Dienste mit unterschiedlichen Attributen anbieten können, sind die für alle Arten von Navigationsgeräten verwendeten Datenbanken aus technischer Sicht und leistungsmaßig einander sehr ähnlich.

(50) Eine Unterteilung des Marktes für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken nach Arten von Navigationsgeräten ist daher nicht angemessen.

Datenbankformate

(51) Es ist zu prüfen, ob eine Unterteilung der entsprechenden Märkte für nicht navigationsfähige und navigationsfähige digitale Kartendatenbanken nach dem Format der Datenbanken, die an die Kunden ausgeliefert werden, angemessen ist.

(52) Nokia hält eine Definition einzelner Produktmärkte für bestimmte Typen von Kartendaten für nicht angemessen.

(53) Digitale Kartendatenbanken werden den Kunden in einer Reihe unterschiedlicher Formate angeboten, die von den Anforderungen der Kundenanwendungen vorgegeben werden. Sowohl NAVTEQ als auch Tele Atlas sind in der Lage, Kartendaten in allen verfügbaren Formaten bereitzustellen, und die Kunden können zwischen den verschiedenen Formaten wechseln, in denen Daten bereitgestellt werden. Der Wechsel zwischen Formaten kann eine Neukonfiguration der Daten erfordern, damit sie mit der vom Kunden verwendeten Navigationssoftware kompatibel sind. Die Kosten für die Neukonfiguration und damit verbundene Verzögerungen belaufen sich auf ein vertretbares Maß.

(54) Deshalb ist es nicht angemessen, einzelne Produktmärkte für digitale Kartendatenbanken abhängig von dem Format, in dem die Daten an die Kunden ausgeliefert werden, voneinander abzugrenzen. Diese Schlussfolgerung gilt sowohl für nicht navigationsfähige als auch für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken.

Geografische Abdeckung digitaler Kartendatenbanken

(55) Es muss geprüft werden, ob die entsprechenden Märkte für die Bereitstellung navigationsfähiger und nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken nach geografischer Abdeckung der verkauften Datenbanken unterteilt werden sollte. Die geografische Abdeckung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken stellt ein Produktmerkmal dar, das für die Abgrenzung des jeweiligen Produktmarktes in dieser Sache relevant ist. Die geografische Abdeckung der Datenbank darf nicht mit dem räumlichen Markt verwechselt werden; dieser wird in Abschnitt 6.2.2. gesondert erläutert.

(56) NAVTEQ und Tele Atlas vergeben Lizenzen zur Verwendung ihrer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken. Sie gewähren üblicherweise nicht ausschließliche, unbegrenzte Lizenzen „pro Gerät“, mit denen es möglich ist, die lizenzierte Datenbank auf dem Gerät während dessen Nutzungsdauer zu verwenden. Die Höhe der Lizenzgebühr richtet sich nach verschiedenen Aspekten, darunter der Umfang der geografischen Abdeckung und der Inhalt der Kartendaten. Je größer die geografische Abdeckung der Kartendaten und des Inhalts ausfällt, desto höher ist die Lizenzgebühr. Der wichtigste Faktor für die Lizenzgebühr – die in den Kundenverträgen festgelegt wird, die von NAVTEQ und Tele Atlas abgeschlossen werden – ist die geografische Abdeckung der lizenzierten Datenbank, d. h. das Lizenzgebiet .

(57) Auf Nachfrageseite muss die Ersetzbarkeit der digitalen Kartendatenbanken durch verschiedene geografische Abdeckungen allgemein als begrenzt angesehen werden. Ein Gerätehersteller, der beabsichtigt, ein Navigationsgerät in einem bestimmten Gebiet zu verkaufen, muss eine digitale Kartendatenbank mit der entsprechenden geografischen Abdeckung in sein Gerät einbauen; andernfalls würde das Gerät nicht funktionieren und könnte nicht verkauft werden. Ebenso müssen Mobilfunknetzbetreiber oder andere Unternehmen, die servergestützte Navigationsdienste (oder sonstige LBS) anbieten, ihren Kunden den Zugriff auf digitale Kartendatenbanken ermöglichen, die das Gebiet abdecken, in dem der Dienst angeboten wird. Digitale Kartendatenbanken, deren Gebietabdeckung sich in einigen Punkten mit der anderer Datenbanken deckt, sind teilweise ersetzbar. Beispielsweise ist eine digitale Kartendatenbank mit regionaler Abdeckung (die mehrere Länder umfasst) gegenüber einer Datenbank mit nationaler Abdeckung teilweise ersetzbar (unter der Voraussetzung, dass das abgedeckte Land in der regionalen Datenbank enthalten ist). Ein Gerätehersteller könnte eine größere regionale Datenbank möglicherweise durch eine kleinere nationale Datenbank ersetzen und sie in den Navigationsgeräten installieren, die er in dem betreffenden Land verkaufen möchte. Gleichermaßen können Mobilfunknetzbetreiber oder andere Unternehmen, die servergestützte Navigationsdienste (oder sonstige LBS) anbieten, eine größere regionale Datenbank auch durch eine kleinere nationale Datenbank ersetzen, die das Land abdeckt, in dem der Dienst angeboten wird.

(58) Der Umfang der angebotsseitigen Ersetzbarkeit bei digitalen Kartendatenbanken mit unterschiedlicher geografischer Abdeckung ist verhältnismäßig begrenzt. Dies gilt aufgrund der für den Neuaufbau einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank benötigten Ressourcen und Zeit insbesondere für navigationsfähige Datenbanken.

(59) Die von NAVTEQ und Tele Atlas lizenzierten Gebiete sind entweder Länder oder länderübergreifende Regionen, die aus verschiedenen Ländern bestehen, die gebündelt werden. Beispiele für solche in Verträgen geregelten regionalen

In diesem Zusammenhang bezieht sich der Begriff „Lizenzgebiet“ anders als in den meisten anderen Branchen nicht auf das Gebiet, in dem die Lizenz gültig ist, sondern auf die geografische Abdeckung der lizenzierten Datenbank.

13

Lizenzen sind die DACH-Region, die Alpenregion, die Benelux-Länder, die skandinavischen Länder, die Iberische Halbinsel, Westeuropa, Osteuropa und Gesamteuropa (Westeuropa und Osteuropa). NAVTEQ und Tele Atlas lizenzieren selten Gebiete, die kleiner sind als ein einzelnes Land .

(60) Derzeit bezieht sich ein bedeutender Teil der Nachfrage nach navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken für Navigationsgeräte auf nationale oder regionale Abdeckung (gegenüber einer breiteren europäischen Abdeckung).

(61) NAVTEQ bietet eine einzige Datenbank für alle Kunden und alle Arten von Navigationsanwendungen an. Die Kartendaten werden den Kunden über eine Lizenz zur Verfügung gestellt. Der Kunde wählt die gewünschte geografische Abdeckung aus und zahlt die Lizenzgebühren entsprechend. NAVTEQ lizenziert die gleiche Datenbank für alle Kunden. Wenn ein Kunde nicht alle Informationen in der Datenbank benötigt, muss er die nicht benötigten Informationen unterdrücken; er zahlt dann nur anteilig für die von ihm genutzten Daten. NAVTEQ lizenziert seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken im Allgemeinen auf der Grundlage von Kontinenten. Der Kunde kann die geografische Abdeckung (d. h. die gesamte Datenbank, eine bestimmte Region oder ein bestimmtes Land) und den Funktionsumfang (z. B. Kartenanzeige, Routenplanung oder Navigation) wählen, die er nutzen möchte. NAVTEQ weiß in der Regel nicht vorher, welche Länder ein Kunde auswählen wird, da er erst später für die tatsächlich genutzten geografischen Regionen bezahlt.

(62) Tele Atlas pflegt ebenfalls eine einzige Basis-Kartendatenbank, die allen Kunden bereitgestellt wird. Jeder Kunde kann auswählen, welche geografische Abdeckung (und welche Funktionen) er nutzen möchte und zahlt die Lizenzgebühren entsprechend.

(63) Daher ist es angebracht, die betreffenden Produktmärkte für die Bereitstellung navigationsfähiger und nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken nach geografischer Abdeckung der entsprechenden Datenbank zu unterteilen.

24 Deutschland, Österreich und die Schweiz.

25 Üblicherweise Süddeutschland, Südostfrankreich, die Schweiz, Österreich und Norditalien.

26 Belgien, die Niederlande und Luxemburg.

27 Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland.

28 Spanien, Portugal, Andorra, Gibraltar und ein kleiner Teil Frankreichs.

29 Üblicherweise Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Norwegen, Portugal, die Republik Irland, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Niederlande, Österreich und das Vereinigte Königreich.

30 Üblicherweise Estland, Griechenland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, die Türkei, Ungarn und Anschlusskarten für Mittel- und Osteuropa.

31 Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 34.

32 Die einzige Ausnahme bildet Südkorea. Die Kartendaten werden für dieses Land in einem anderen Format bereitgestellt, das von einem später von NAVTEQ übernommenen Unternehmen entwickelt wurde. Anmeldung, Seite 45.

33 Anmeldung, Seite 46.

34 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 36.

(64) Es ist der Schluss zu ziehen, dass die beiden relevanten vorgelagerten Produktmärkte getrennt als Markt für die Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken und als Markt für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendaten definiert werden sollten. Bei beiden Datenbanken bestimmt die geografische Abdeckung der Lizenz den Umfang der relevanten Produktmärkte. Für die Zwecke dieser Entscheidung kann die genaue Abgrenzung der relevanten Produktmärkte (d. h., ob die jeweiligen Landes- oder Regionallizenzen voneinander getrennte Produktmärkte darstellen) jedoch offengelassen werden, da sie keine Auswirkungen auf die Bewertung des Vorhabens durch die Kommission hat.

6.2.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

(65) Nokia vertritt die Auffassung, dass der geografische Markt die ganze Welt abdeckt.

(66) NAVTEQ pflegt eine einzige Datenbank, die auf einem Server in den USA bereitgestellt wird. Die Datenbank steht Kunden in aller Welt zur Verfügung. NAVTEQ verfolgt die gleiche Preisgestaltungspolitik unabhängig vom Standort des Kunden.

(67) Tele Atlas stellt seine Datenbanken über einen Server in den Niederlanden ebenfalls allen Kunden weltweit zur Verfügung. Kleinere regionale Anbieter digitaler Kartendatenbanken sind vor allem in Europa, in Nordamerika und in Südostasien ansässig.

(68) Gerätehersteller, Anbieter von Software sowie Mobilfunknetzbetreiber und Unternehmen, die LBS anbieten, sind vor allem in der Gemeinschaft, in den USA und in Südostasien ansässig.

(69) NAVTEQ, Tele Atlas und weitere Anbieter stellen ihre Produkte bereit, indem sie den Kunden eine Master-CD-ROM mit den Kartendaten senden oder ihnen erlauben, die Daten, für die diese eine Lizenz erworben haben, über das Internet herunterzuladen. Die Transportkosten sind unbedeutend und schränken den Vertrieb der navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken nicht ein.

(70) Importe und Exporte digitaler Kartendaten im Bereich des EWR werden durch keine Quoten, Zölle oder andere Handelsbarrieren eingeschränkt. Es bestehen keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Art, wie die navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken innerhalb des EWR und in anderen Teilen der Welt verkauft oder vertrieben werden.

(71) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass der relevante geografische Markt für die Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken die ganze Welt abdeckt. Der Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken deckt ebenfalls die ganze Welt ab.

6.3 Der Zwischenmarkt – Navigationssoftware

6.3.1 Definition der relevanten Produktmärkte

(72) Für die Bereitstellung von Navigationsdiensten ist eine Navigationssoftware erforderlich. Diese Navigationssoftware kombiniert die Daten einer digitalen Kartendatenbank mit der geografischen Positionsbestimmung durch einen GPS-Empfänger. Die Navigationssoftware verwendet einen Algorithmus zur Berechnung von Routen und zur Bereitstellung von Abbiegepunkten auf dem Bildschirm des Geräts sowie über Sprachanweisungen.

(73) Die meisten Mobiltelefonhersteller und Mobilfunknetzbetreiber produzieren unternehmensintern keine Navigationssoftware. Diese Unternehmen erwerben die erforderliche Navigationssoftware in der Regel bei Drittanbietern.

(74) Es lassen sich drei Arten von Navigationssoftware unterscheiden:

(i) On-Board-Systeme, bei denen die Navigationssoftware und Kartendaten in das Gerät integriert und dort gespeichert sind. PNDs, Geräte für den Einbau in Armaturenbretter sowie bestimmte Mobiltelefone verwenden On-Board-Navigationssoftware.

(ii) Off-Board-Systeme auf der Grundlage einer Client-Server-Architektur. Hierbei greift die Anwendung auf einen Navigationsserver zu, der die Routenberechnungen durchführt und die Kartendaten speichert.

(iii) Hybridsysteme, bei denen ein On-Board-System mit dynamischen Informationen, z. B. Verkehrsdaten aus externen Quellen, kombiniert wird.

(75) Im Jahr 2006 hat Nokia gate5, einen Anbieter von Navigationssoftware, übernommen. Das Unternehmen vertreibt unter der Marke Smart2go On-Board- und Hybridsysteme für PNDs, PDAs und Mobiltelefone. Nach der Übernahme durch Nokia konzentrierte sich gate5 verstärkt auf die Bereitstellung von Navigationslösungen für Mobiltelefone. Gegenwärtig bietet Gate5 unter der Marke Nokia Maps Navigationssoftware für Mobiltelefone an. Bei der Software von Nokia Maps handelt es sich um ein Hybridsystem, das eine On-Board-Routenberechnung und Navigation nach Abbiegepunkten auf der Grundlage von Off-Board-Kartendaten erlaubt, die über eine drahtlose Verbindung abgerufen werden. Häufig verwendete Karten werden vom System direkt im Gerät gespeichert. Die Navigationssoftware von Nokia Maps ist derzeit erst auf einigen wenigen Nokia-Modellen vorinstalliert (z. B. auf dem Nokia N95). Die Software kann zur selbstständigen Installation auf geeigneten Modellen jedoch auch aus dem Internet heruntergeladen werden.

(76) Nokia ist der Ansicht, dass für das gesamte Angebot an Navigationssoftware ein einzelner relevanter Produktmarkt definiert werden sollte.

(77) Zunächst muss geprüft werden, ob es angemessen wäre, einzelne relevante Produktmärkte für jede der in Erwägungsgrund 74 genannten Kategorien von Navigationssoftware voneinander abzugrenzen.

(78) Aus Sicht der Endkunden ist das Maß an Ersetzbarkeit im Allgemeinen als relativ hoch anzusehen. Die verschiedenen Arten von Navigationssoftware erfüllen die gleichen Funktionen, nämlich die Berechnung von Routen und die Navigation nach Abbiegepunkten. Für die Endkunden ist es weniger von Interesse, ob es sich dabei um ein On-Board-, ein Off-Board oder um ein Hybridsystem handelt, solange er den gewünschten Navigationsdienst erhält. Derzeit werden On-Board- und Off-Board-Systeme über verschiedene Geschäftsmodelle vertrieben, was die Ersetzbarkeit zwischen diesen beiden Systemen verringert. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, welches dieser beiden Geschäftsmodelle sich durchsetzen wird.

(79) Die nachfrageseitige Ersetzbarkeit ist als relativ begrenzt anzusehen. Ein Unternehmen, das servergestützte Navigationsdienste anbietet, benötigt keine Navigationssoftware für On-Board-Systeme, und ein Hersteller von On-Board-Navigationsgeräten (hauptsächlich PNDs) wird ein Off-Board-System als für seine Zwecke nicht geeignet erachten. Die Ersetzbarkeit zwischen Hybridsystemen und On-Board-Systemen sowie zwischen Hybridsystemen und Off-Board-Systemen ist vermutlich höher anzusiedeln. Darüber hinaus verwischt der Unterschied zwischen On-Board- und Off-Board-Systemen durch die Entwicklung von Hybridsystemen immer mehr.

(80) Aus Sicht der Anbieter wird das Maß an Ersetzbarkeit als hoch eingeschätzt. Einige Anbieter von Navigationssoftware, darunter Garmin Ltd. (Kaimaninseln), Idevio AB (Schweden), Jentro Technologies GmbH (Deutschland) und

41 Anmeldung, Seite 73.

42 Anmeldung, Seite 80.

43 Es ist zu beachten, dass die verschiedenen Navigationslösungen mit unterschiedlich hohen Kosten verbunden sind. Für ein Navigationsgerät mit einer On-Board-Software fallen lediglich eine einmalige, im Voraus zu zahlende Gebühr und dazu keine weiteren Betriebskosten an, bei einem Off-Board- oder Hybridsystem sind jedoch zusätzliche Verbindungsgebühren zu zahlen (einschließlich Roaming-Kosten, wenn der Nutzer sich außerhalb seines Heimatlands aufhält).

NAVIGON AG (Deutschland), bieten sowohl On-Board- als auch Off-Board- Lösungen an. Angesichts der Tatsache, dass die verwendeten Algorithmen und die Funktionen der verschiedenen Arten von Navigationssoftware sehr ähnlich oder sogar identisch sind, ist anzunehmen, dass die Hindernisse für eine Umstellung der Produktion von On-Board-Systemen auf Hybrid- oder Off-Board-Systeme oder umgekehrt verhältnismäßig gering sind.

(81) Insbesondere aufgrund des hohen Maßes an angebotsseitiger Ersetzbarkeit und der immer stärker verschwimmenden Linien zwischen den einzelnen Kategorien von Navigationssoftware ist es nicht angemessen, einzelne relevante Produktmärkte für On-Board-, Off-Board- und Hybridsysteme voneinander abzugrenzen.

(82) Des Weiteren ist zu prüfen, ob es angemessen wäre, je nach dem Datenbankformat, das von der Navigationssoftware verwendet wird, einzelne relevante Produktmärkte zu definieren.

(83) Wie bereits in Abschnitt 6.2.1 beschrieben, werden digitale Kartendatenbanken in verschiedenen Formaten ausgeliefert. Die Interoperabilität der Navigationssoftware mit den verschiedenen Datenbankformaten muss daher gewährleistet werden. Die Ergebnisse der Marktuntersuchung der Kommission belegen, dass ein Großteil der Navigationssoftware mit mehreren Datenbankformaten kompatibel ist. Außerdem kann die Software zu vertretbaren Kosten an verschiedene Formate angepasst werden.

(84) Eine Unterteilung des Marktes für die Bereitstellung von Navigationssoftware je nach verwendetem Datenbankformat ist daher nicht erforderlich.

(85) Schließlich muss geprüft werden, ob es möglich wäre, einzelne relevante Produktmärkte je nach Art des Navigationsgeräts, in dem die Navigationssoftware installiert ist, voneinander abzugrenzen. Dabei handelt es sich um die Märkte für PNDs, in das Armaturenbrett eingebaute Geräte, PDAs und Mobiltelefone.

(86) Navigationssoftware für diese Endverwendungszwecke kann sich zwar in bestimmten technischen Aspekten unterscheiden, diese Unterschiede sind jedoch nicht maßgeblich. Technische Unterschiede beziehen sich häufig auf die grafische Benutzeroberfläche. Beispielsweise benötigen PNDs und PDAs größere und detailliertere Bilder als Mobiltelefone.

(87) Darüber hinaus sind die Kernfunktionen von Navigationssoftware (d. h. die Algorithmen zur Routenberechnung) bei allen Arten von Navigationsgeräten gleich, und die Software verwendet immer die gleichen Eingaben. Die verwendeten GPS-Signale sind für alle Gerätearten gleich, und die digitalen Kartendatenbanken unterscheiden sich nicht voneinander, egal, auf welchem Gerät sie installiert sind. Aus diesen Gründen ist das Maß an angebotsseitiger Ersetzbarkeit für Navigationssoftware, die für den Einsatz in den verschiedenen Arten von Navigationsgeräten konzipiert ist, als sehr hoch anzusehen. Diese Folgerung wird von der Tatsache gestützt, dass die Navigationssoftware der meisten Hersteller für den Einsatz in den verschiedenen Gerätearten geeignet ist.

(88) Es ist daher nicht angemessen, einzelne Produktmärkte abhängig von der Art des Navigationsgeräts, in der die Software verwendet wird, voneinander abzugrenzen.

(89) In dieser Sache ist daher der Schluss zu ziehen, dass es sich bei dem relevanten Zwischenmarkt um den Markt für die Bereitstellung von Navigationssoftware handelt.

6.3.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

(90) Nokia vertritt die Auffassung, dass der relevante Markt die ganze Welt abdeckt.

(91) Anbieter von Navigationssoftware sind in der Regel in verschiedenen Teilen der Welt tätig (insbesondere in Europa und in Nordamerika). Anbieter von Navigationssoftware lizenzieren ihre Produkte am Standort des jeweiligen Kunden.

(92) Obwohl die mit der Navigationssoftware eingesetzten digitalen Kartendatenbanken verschiedene Gebiete abdecken, kann die Software (nach einer Anpassung an die entsprechenden Marktanforderungen) im Grunde für die Bereitstellung von Navigationsdiensten im gesamten EWR, in den USA sowie in anderen Teilen der Welt eingesetzt werden.

(93) Die Transportkosten sind unbedeutend; für den Fall, dass Transportkosten entstehen (in der Regel kann die Software gratis oder gegen eine geringe Gebühr über das Internet bereitgestellt werden), machen diese Kosten jedoch nur einen Bruchteil der Lizenzgebühren für die Software aus.

(94) Importe und Exporte der Navigationssoftware im Bereich des EWR werden durch keine Quoten, Zölle oder andere Handelsbarrieren eingeschränkt. Es bestehen keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Art, wie Navigationssoftware innerhalb des EWR und in anderen Teilen der Welt verkauft oder vertrieben wird.

(95) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass der relevante geografische Markt für die Bereitstellung von Navigationssoftware die ganze Welt abdeckt.

6.4 Die nachgelagerten Märkte

6.4.1 Navigationsanwendungen für Mobiltelefone

(96) Die Analyse der Kommission konzentrierte sich auf die dem Markt für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken nachgelagerten Märkte. Gemäß Abschnitt VII (Marktbedingungen) unterliegt der Markt für nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken keinen Wettbewerbsbedenken, und es ist daher nicht erforderlich, Wettbewerbsprobleme auf den nachgelagerten Märkten näher zu untersuchen.

(97) Es wurden zwei relevante nachgelagerte Märkte ermittelt: (i) Navigationsanwendungen für Mobiltelefone sowie (ii) Mobiltelefone. Navigationsfähige digitale Kartendatenbanken sind für alle

46 Anmeldung, Seite 80.

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Navigationsanwendungen, aber auch zunehmend für Mobiltelefone mit vorinstallierten Navigationsfunktionen von Bedeutung.

6.4.1.1 Definition des relevanten Produktmarktes

(98) Eine Navigationsanwendung für Mobilgeräte umfasst eine digitale Kartendatenbank und Navigationssoftware, die die relevanten Informationen aus der Datenbank und über einen GPS-Chip ermittelt und so Informationen zum Aufenthaltsort des Nutzers sowie grafische und sprachgestützte Anweisungen für die Zielführung bereitstellen kann.

(99) Die Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen werden von Mobilfunknetzbetreibern, Anbietern von Navigationssoftware oder über mobile Web-Browser (z. B. Google Maps) vermarktet. Einige Mobiltelefonhersteller vermarkten ebenfalls Navigationsanwendungen in Form von Zusatzfunktionen.

(100) Die Entwicklung der für die Triangulation erforderlichen Technologie, mit deren Hilfe der Standort eines Mobiltelefons über die Entfernung zu den verschiedenen Funkzellen bestimmt werden kann, hat entscheidend zu dem dynamischen Wachstum von LBS für Mobiltelefone beigetragen. Die Triangulation ist jedoch im Gegensatz zu GPS-gestützten Lösungen nur ungenau und reicht für eine Navigation nach Abbiegepunkten auf Mobiltelefonen nicht aus. Entsprechende Navigationsanwendungen wurden für Mobiltelefone mit GPS sowie für Java-fähige Mobiltelefone und Smartphones mit externen Bluetooth-GPS-Empfängern entwickelt.

(101) Navigationsanwendungen für Mobiltelefone nutzen eine Technologie für die geografische Positionsbestimmung – hauptsächlich GPS oder Unterstütztes GPS (Assisted Global Positioning System, A-GPS) –, navigationsfähige digitale Kartendatenbanken und Navigationssoftware zur Bereitstellung von Navigationsfunktionen. Sie zeigen den Nutzern Abbiegepunkte in Echtzeit an und liefern Zusatzinformationen zu den gewählten Routen, wie etwa Geschwindigkeits- und Höhenbegrenzungen sowie POI von Interesse wie Restaurants, Parkplätze und Tankstellen.

(102) Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen (d. h., dem Nutzer wird seine Position auf einer digitalen Karte angezeigt und er erhält statische Anweisungen hinsichtlich der Route von einem Punkt A zu einem Punkt B) bieten ähnliche Funktionen wie Navigationsanwendungen, allerdings sind hierbei weniger präzise Karten erforderlich, die in der Regel nicht navigationsfähig sind. Da solche Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen im Normalfall auf navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit eingeschränkten Nutzungsrechten basieren, werden sie in den Erwägungsgründen 104 bis 107 genauer analysiert.

(103) Die Bereitstellung von Navigationsanwendungen für Mobiltelefone stellt einen aufstrebenden Markt dar, was zu einer Vielzahl von Geschäftsmodellen führt, die nebeneinander auf diesem Markt vertreten sind. Die von Tele Atlas und NAVTEQ angebotenen navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken sind für die Navigationsanwendungen für Mobiltelefone unverzichtbar.

Basis-Routenplanung

(104) Online-Navigationsanwendungen, wie z. B. Google Maps, Mappy oder Map24, bieten den Nutzern Basis-Routenplanungsfunktionen. In aller Regel wird neben einer statischen Karte eine Wegbeschreibung von einem Punkt A zu einem Punkt B angezeigt. Es werden jedoch keine weiterführenden Informationen hinsichtlich der Richtung in Echtzeit angezeigt, und die Anweisungen sind häufig nicht so präzise wie bei einer Navigation nach Abbiegepunkten.

(105) Diese Anwendungen sind in der Regel kostenfrei und können über einen mobilen Web-Browser aufgerufen werden (z. B. Google Maps). Mobile Websites, wie Google Maps, Map24 oder Mappy, werden über Werbeanzeigen in der Anwendung finanziert. Häufig weisen die Mobilfunknetzbetreiber ihre Kunden auf diese Websites hin oder bauen sogar Partnerschaften mit den Betreibern der Websites auf, da die Nutzung dieser mobilen Online-Anwendungen Datenübertragungen im Netz des Mobilfunknetzbetreibers nach sich ziehen, die den Endkunden dann in Rechnung gestellt werden können. Mobiltelefonhersteller schließen ebenfalls Partnerschaftsverträge mit den Betreibern solcher Websites und verweisen dann auf ihren Geräten direkt auf diese Seiten. Beispiele für solche Partnerschaften sind das iPhone von Apple oder das neue Walkman-Handy von Sony, die beide Google Maps nutzen.

(106) Für Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen sind weniger präzise Karten erforderlich wie für die Navigation nach Abbiegepunkten. Die Grundlage bilden jedoch ebenfalls die navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken von NAVTEQ und Tele Atlas. Zwar werden nicht alle Funktionen dieser navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken genutzt, doch NAVTEQ und Tele Atlas bieten eine größere geografische Abdeckung als jeder ihrer Mitbewerber. Obwohl auch kleinere Anbieter, wie z. B. die Automotive Navigation Data International Publishers N.V. („AND“), Karten in einer für webgestützte Navigationsanwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen erforderlichen Qualität liefern könnten, verfügen sie gegenwärtig nicht über die nötigen Ressourcen für eine weltweite Abdeckung. Digitale Kartendatenbanken mit einer weltweiten Abdeckung werden daher nur von NAVTEQ und Tele Atlas angeboten. Aufgrund geringerer Anforderungen an die Qualität der Karten bei Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen ist ein Markteintritt in diesem Bereich unter Umständen wahrscheinlicher und mit weniger Kosten verbunden als auf dem Markt für Echtzeitnavigation nach Abbiegepunkten. Während für die Erstellung digitaler Kartendatenbanken für die Echtzeitnavigation nach Abbiegepunkten der Einsatz speziell hierfür ausgerüsteter Fahrzeuge erforderlich ist, können die Informationen für die Basis-Routenplanung auch über Satelliten- und andere Luftaufnahmen zusammengetragen werden.

48 Im Rahmen der Verträge mit den Herstellern von Karten darf beispielsweise keine Echtzeitnavigation nach Abbiegepunkten angeboten werden.

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(107) Diese Anwendungen bieten alle eine Basis-Routenplanung und sind somit durchaus als Navigationshilfe für Fußgänger geeignet, auch wenn sie den erweiterten Anwendungen für eine Navigation nach Abbiegepunkten bei dem Einsatz in Fahrzeugen klar unterlegen sind. Der Nutzer muss die entsprechende Route selbstständig planen und erhält keine Richtungsanweisungen in Echtzeit. Die Ersetzbarkeit dieser beiden Anwendungsarten ist daher aus Sicht des Nutzers nur als begrenzt einzustufen. Anwendungen für die Navigation nach Abbiegepunkten haben einen großen Einfluss auf Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen; umgekehrt ist dies nur in geringem Maße der Fall. Für die Zwecke dieser Entscheidung werden die Anwendungen für eine Basis-Routenplanung und die anspruchsvolleren Anwendungen für eine Navigation nach Abbiegepunkten unterschiedlichen Märkten zugeordnet. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich dies aufgrund der dynamischen Entwicklung in dieser Branche künftig ändert.

Navigation nach Abbiegepunkten (turn-by-turn)

(108) Im Gegensatz zu den Online-Anwendungen mit Basis-Routenplanungsfunktionen bieten diese anspruchsvolleren Anwendungen eine durch Sprachanweisungen unterstützte Navigation nach Abbiegepunkten in Echtzeit. Hierfür muss auf dem Navigationsgerät eine spezielle Software installiert werden.

(109) Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen bieten Funktionen zur Routenberechnung und Navigationsanweisungen in Form von Pfeilen oder Sprachanweisungen. Solche Navigationsanwendungen machen Mobiltelefone ähnlich leistungsstark wie PNDs. Da Mobiltelefone in der Regel eher nicht für die Fahrzeugnavigation genutzt werden, zeichnen sich Navigationsanwendungen für Mobiltelefone durch einen zusätzlichen Fokus auf die Navigation für Fußgänger aus.

(110) Navigationsanwendungen können entweder direkt auf dem Mobiltelefon installiert oder auf einem zentralen Server abgelegt werden, auf den das Mobiltelefon dann über eine drahtlose Verbindung zugreift. Im ersten Fall sind die Kartendatenbank und die Navigationssoftware im internen Speicher des Geräts abgelegt. Im zweiten Fall können die Navigationsdatenbank und die Software von einem Server abgerufen und auf das Mobiltelefon heruntergeladen werden. Sowohl On-Board- als auch Off-Board-Geräte können mit einer GPS-Funktion ausgerüstet werden. Hierzu wird ein GPS-Chip entweder in das Mobiltelefon eingebaut, oder es wird eine Bluetooth-Verbindung zwischen einem GPS-Modul oder Mobiltelefon und dem GPS-Chip hergestellt.

Off-Board-Navigationsanwendungen

(111) Servergestützte Navigationsanwendungen können direkt über das Mobiltelefon aufgerufen werden. Der Nutzer kann direkt auf die Karten auf dem zentralen Server zugreifen und diese auf seinem Mobilgerät anzeigen. Die Verbindung zu dem Server erfolgt über ein drahtloses Netzwerk. Zum Abrufen der Karten ist ein Abonnement erforderlich, für das der Nutzer pro Nutzung, Monat oder Jahr eine Nutzungsgebühr zu entrichten hat. Off-Board-Anwendungen können erweiterte Funktionen, z. B. die Anzeige von Verkehrsdaten oder Wetterberichten, umfassen. Hierfür ist eine Übertragung großer Datenmengen an das Mobiltelefon nötig, die dem Kunden in Rechnung gestellt wird. Es ist außerdem nicht auszuschließen,

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dass Navigationsdienste über Nutzungsgebühren künftig über einen mobilen Web-Browser zugänglich gemacht werden; dies entspricht jedoch nicht dem gegenwärtigen Geschäftsmodell der Online-Unternehmen.

(112) Bei servergestützten Anwendungen ist die Kartendatenbank nicht auf dem Mobiltelefon installiert. Karten und Richtungsangaben nach Abbiegepunkten in Echtzeit werden von dem zentralen Server über eine drahtlose Datenverbindung an das Mobiltelefon gesendet. Die wesentlichen Vorteile von Off-Board-Anwendungen liegen darin, dass die Karten laufend aktualisiert werden und der interne Speicher des Mobiltelefons für andere Anwendungen genutzt werden kann, z. B. zum Speichern von Musikdateien, Bildern oder sonstiger Software. Einer der wesentlichen Nachteile von Off-Board-Systemen ist Voraussetzung einer drahtlosen Verbindung, ohne die nicht auf die Karten zugegriffen werden kann. Off-Board-Anwendungen werden für Geräte mit Enhanced Data Rates for GSM Evolution- („EDGE“) oder 3G- (Third generation of mobiles standards and technology) Konnektivität angeboten. Eine Hochgeschwindigkeits-datenübertragung sorgt dafür, dass sich die Nutzung in Gebieten mit Netzabdeckung nicht von der eines PND unterscheidet.

(113) Off-Board-Anwendungen können in der Regel bei Mobilfunknetzbetreibern erworben werden, die durch die damit verbundenen höheren Datenübertragungsvolumina ihre Einnahmen steigern können. Diese Anwendungen werden den Mobilfunknetzbetreibern von Entwicklern von Navigationssoftware, wie Apello, Jentro, Networks in Motion, TelNav, Wayfinder und Webraska, zur Verfügung gestellt. Orange (Vereinigtes Königreich) und Vodafone (Italien und Rumänien) beispielsweise vertreiben unter ihrem Namen Navigationsanwendungen, die von Webraska entwickelt wurden. Von Tele Atlas entwickelte Navigationsanwendungen werden in Europa von T-Mobile vertrieben. Nokia hat ebenfalls einen Navigationsdienst (Smart2go) entwickelt, der gegen eine Nutzungsgebühr zur Verfügung gestellt wird. Dieser Dienst wird entweder direkt oder im Rahmen einer Partnerschaft mit einem Mobilfunknetzbetreiber an den Endkunden verkauft. Die Abonnenten können diese Anwendungen dann in der Regel von den Websites der Betreiber herunterladen. Darüber hinaus bieten Softwareentwickler zunehmend Dienste unter ihren eigenen Marken an, die sie selbst im Internet oder über die Websites von Mobilfunknetzbetreibern bereitstellen.

On-Board-Navigationsanwendungen

(114) On-Board-Navigationsanwendungen werden von einer Vielzahl von Entwicklern angeboten, darunter ALK, Destinator, Garmin, Navicore, Navigon, Route66 und TomTom. Diese Anwendungen können in herkömmlichen Geschäften oder online erworben werden. Im Gegensatz zu Off-Board-Navigationsanwendungen ist für die Nutzung von On-Board-Systemen keine drahtlose Verbindung erforderlich. Die Karten und die Software sind – üblicherweise auf SD-Karten – lokal auf dem Gerät gespeichert. Alle Daten können lokal auf dem Gerät aufgerufen werden, eine drahtlose Datenübertragung ist damit überflüssig. On-Board-Anwendungen können also auch in Gebieten ohne Netzabdeckung genutzt werden.

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Die Kunden zahlen in der Regel einen einmaligen Festbetrag und können die Anwendung dann nutzen. Navigationsanwendungen, die gemeinsam mit einem Mobiltelefon erworben wurden, sind außerdem sofort betriebsbereit. Einer der größten Nachteile reiner On-Board-Navigationsanwendungen liegt darin, dass die Nutzer keinerlei Zugriff auf dynamische Informationen, z. B. auf Verkehrsdaten oder Wetterberichte, erhalten und Kartenaktualisierungen nicht sofort zu Verfügung stehen. Kartenaktualisierungen können nur über das Internet (PC) erworben werden und sind in der Regel recht kostspielig. Die einmaligen Kosten für die Anwendung, inklusive Kartenmaterial für ein großes Gebiet oder gar einen ganzen Kontinent, können somit sehr hoch liegen. Darüber hinaus kann der Speicher des Mobiltelefons nicht länger für andere Anwendungen genutzt werden.

Hybridanwendungen

(116) Bei Hybridsystemen werden die Funktionen von Off-Board- und On-Board-Anwendungen miteinander kombiniert. Einige Anwendungen dieser Art basieren auf lokal gespeicherten Informationen und benötigen zum Herunterladen dynamischer Daten, wie Verkehrsdaten oder Wetterberichten, von einer externen Quelle eine drahtlose Verbindung. Bei anderen Hybridsystemen wiederum sind die Kartendaten zu häufig genutzten Routen bereits auf dem Gerät gespeichert. Der Nutzer kann – ebenso wie bei den Off-Board-Anwendungen – gegen eine Gebühr über eine drahtlose Verbindung auf weitere Karten zugreifen. Hybridanwendungen bieten den Vorteil, dass weniger Daten vom Server auf das Mobiltelefon übertragen werden müssen und somit mehr Speicherplatz vorhanden ist.

(117) Nokia Maps ist ein gutes Beispiel für eine Hybridanwendung. Nach der Übernahme von gate5 vertreibt Nokia nun unter dem Namen Nokia Maps eine eigene Navigationsanwendung für Mobiltelefone. Bei dieser Navigationsanwendung handelt es sich um ein Hybridsystem, das eine On-Board-Routenberechnung, eine Navigation nach Abbiegepunkten, den Abruf von Kartendaten über eine drahtlose Verbindung sowie die Sicherung von häufig verwendeten Kartendaten direkt auf dem Gerät erlaubt. Nokia Maps bietet eine Kartenanzeige und eine kostenlose Basis-Routenberechnung sowie gegen Gebühr eine erweiterte Navigation nach Abbiegepunkten.

(118) Nokia Maps wird künftig in das neue Nokia-Internetportal Ovi eingebunden sein. [...]*

(119) Spezialisierte Softwareentwickler bieten ebenfalls Hybridanwendungen an. Webraska hat vor Kurzem eine Navigationsanwendung auf den Markt gebracht, die es dem Nutzer ermöglicht, häufig benötigte Karten herunterzuladen und auf dem Gerät zu speichern. Karten, die seltener benötigt werden, sind auf einem zentralen Server gespeichert und können über das Mobiltelefon gegen eine Gebühr aufgerufen werden.

(120) TomTom – ein Hersteller von Navigationshardware und -software – vertreibt NAVIGATOR 6, eine Navigationsanwendung für Mobiltelefone. Dabei handelt es sich um eine On-Board-Anwendung, die mit den PLUS-Diensten von TomTom kombiniert werden kann. Diese PLUS-Dienste bieten den Kunden von TomTom in Form eines Abonnements Zugang zu Verkehrs- und Wetterinformationen in Echtzeit, die sie über eine drahtlose Verbindung abrufen können.

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(121) Infolge des hohen Innovationspotenzials, der Einführung ständig neuer Geschäftsmodelle und der Entwicklung von Hybridanwendungen verschwimmen die Grenzen zwischen Off-Board- und On-Board-Navigationsanwendungen immer mehr. Aus Sicht des Endkunden bieten die verschiedenen Gerätetypen alle den gleichen Leistungsumfang. Obwohl sich die Preismodelle der Anbieter voneinander unterscheiden, bewegen sich die Kosten für eine Navigationsanwendung, einschließlich des aktualisierten Kartenmaterials, im Hinblick auf die gesamte Lebensdauer des Geräts in einem ähnlichen Bereich. Die Anbieter können ihre Geschäftsmodelle ändern oder anpassen, indem Sie verschiedene Elemente von On-Board- und Off-Board-Anwendungen miteinander kombinieren. [...]* Dieses Vorgehen steht im Einklang mit der Ansicht, dass die beiden Anwendungstypen austauschbar sind. Deshalb ist eine Unterteilung des Marktes nach Off-Board-, Hybrid- und On-Board-Navigationsanwendungen nicht erforderlich.

Verschiedene Vertriebskanäle

(122) Kartenanwendungen können über verschiedene Kanäle vertrieben werden. On-Board-Navigationsanwendungen werden in der Regel einzeln in Fachgeschäften oder über die Websites der Softwareentwickler verkauft. Der NAVIGATOR 6 von TomTom ist auf DVD erhältlich und kann entweder über das Internet oder in Computerfachgeschäften erworben werden. Der MobileNavigator 6.3 von Navigon kann direkt von der Website des Anbieters heruntergeladen werden. Einige On-Board-Navigationsanwendungen werden von den Herstellern bereits auf den Mobiltelefonen vorinstalliert. Die neuen Samsung-Modelle SGH i560 und i550 verwenden beispielsweise das Nokia-Betriebssystem Symbian und werden in Europa mit der On-Board-Anwendung MobileNavigator 6 von Navigon und Kartenmaterial von NAVTEQ ausgeliefert. Der Nokia 6110 Navigator ist mit einer Navigationsanwendung von Route 66 ausgestattet, das neue Walkman W760 von Sony Ericsson wird in Europa mit der vorinstallierten hybriden Navigationsanwendung Wayfinder Navigator und Kartenmaterial von Tele Atlas ausgeliefert.

(123) Off-Board- und Hybridanwendungen werden von Mobilfunknetzbetreibern und anderen Anbietern (einschließlich Nokia) vertrieben. Die Software, über die das Mobiltelefon auf die digitalen Karten auf dem zentralen Server zugreift, kann aus dem Internet heruntergeladen werden. Sie kann vom Mobilfunknetzbetreiber vorinstalliert werden. Dies trifft auf das von SFR in Frankreich vertriebene Nokia-Modell N95 zu, das mit einer Navigationssoftware von SFR ausgestattet ist.

(124) Aus Sicht der Endkunden sind sich die über die verschiedenen Kanäle vertriebenen Navigationsanwendungen im Grunde sehr ähnlich. Die Anbieter können die Vertriebskanäle an die Anforderungen ihrer Kunden anpassen. Deshalb ist eine Unterteilung des Marktes für Navigationsanwendungen je nach Vertriebskanal nicht erforderlich.

Schlussfolgerung

(125) Die meisten Mobilfunknetzbetreiber im EWR bieten ihren Kunden bereits solche Navigationsdienste oder möchten dies künftig tun. Navigationsanwendungen für Mobiltelefone beinhalten eine Navigationssoftware, die die Endkunden entweder in einem Fachgeschäft erwerben oder von den Websites der Softwareentwickler

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herunterladen können (z. B. NAVIGATOR 6 von TomTom). Sie können auch in einem Paket erworben werden, beispielsweise im Rahmen einer Werbeaktion für ein Mobiltelefon, das bereits mit einem Navigationsdienst der Eigenmarke des jeweiligen Mobilfunknetzbetreibers ausgestattet ist. Navigationsanwendungen für Mobiltelefone können auch über einen Web-Browser aufgerufen werden (z. B. Google Maps).

(126) Der Markt für Navigationsanwendungen für Mobiltelefone ist noch jung und unterliegt damit einer ständigen Weiterentwicklung. Es gibt verschiedene Geschäftsmodelle, die miteinander konkurrieren. Aus Sicht der Endkunden jedoch sind sich die On-Board-, Hybrid- und Off-Board- Navigationsanwendungen, die über verschiedene Kanäle vertrieben werden, sehr ähnlich. Auch wenn eine weitere Differenzierung in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, wird für die Zwecke dieser Entscheidung ein einziger Markt für Navigationsanwendungen für Mobiltelefone, die eine Navigation nach Abbiegepunkten ermöglichen, definiert.

6.4.1.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

(127) Für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung wird die geografische Abdeckung des Marktes für Navigationsanwendungen als mindestens EWR-weit betrachtet. Letztlich hängt die Bewertung durch die Kommission jedoch nicht von der geografischen Abdeckung der nachgelagerten Märkte ab. Die im Zusammenhang mit der Software anfallenden Transportkosten sind unerheblich und können sogar noch reduziert werden, wenn die Anwendungen aus dem Internet heruntergeladen werden.

(128) Obwohl Mobilfunknetzbetreiber die Navigationsanwendungen nur für das Gebiet vermarkten, für das sie eine Telekommunikationslizenz besitzen, stehen sie im Wettbewerb mit mobilen Websites und Anbietern von Navigationssoftware, die keiner territorialen Einschränkung unterliegen. Anbieter von Navigationsanwendungen sind hauptsächlich in Europa, den USA und Asien tätig. Sie bieten ähnliche Produkte, die auf die spezifischen Anforderungen der Märkte in den unterschiedlichen Regionen zugeschnitten sind.

6.4.2 Markt für Mobiltelefone

6.4.2.1 Definition des relevanten Produktmarktes

(129) Heute ist der Großteil der Mobiltelefone mit Multimedia-Funktionen (z. B. Digitalkamera, MP3-Spieler) ausgestattet. Mobiltelefone in mittleren und höheren Preissegmenten enthalten zunehmend Navigationsfunktionen.

Mobiltelefone und andere Navigationsgeräte

(130) Mobiltelefone mit Navigationsanwendungen stellen eine der vier Hauptarten von Navigationsgeräten dar. Zu den anderen Geräten mit Navigationsfunktionen zählen PNDs und PDAs ohne Drahtlos-Konnektivität (bei drahtlosen PDAs handelt es sich in der Regel um Smartphones).

(131) PNDs sind überwiegend Geräte, die nur einem Zweck dienen, die jedoch auch Multimedia- und Foto-Funktionen beinhalten können. Die Bildschirmgröße und die Benutzeroberfläche sind für Navigationszwecke optimiert. Die digitale Kartendatenbank und die Navigationssoftware werden in das Gerät integriert und in dessen internem Speicher oder auf Speicherkarten abgelegt (z. B. SD (Secure Digital Card), MMC (MultiMedia Card)). Anders als Mobiltelefone verfügen die meisten PNDs derzeit nicht über eine Drahtlos-Konnektivität.

(132) Bei PDAs handelt es sich um tragbare Geräte mit einer Vielzahl hauptsächlich datenorientierter Anwendungen, die häufig auch Navigationsfunktionen bieten. PDAs bieten in der Regel keine Mobilfunk-Funktionen, können jedoch lokale Konnektivitätsfunktionen wie Bluetooth oder Wi-Fi umfassen. In letzter Zeit waren die PDA-Verkäufe aufgrund der Konkurrenz durch andere Geräte rückläufig. Drahtlose PDAs stehen in direkter Konkurrenz zu den Smartphones und können daher demselben Markt zugeordnet werden.

(133) Es muss bewertet werden, ob es angemessen ist, einzelne Produktmärkte für jede Hauptart von mobilen Navigationsgeräten zu definieren, oder ob die Definition eines einzigen Produktmarktes, der alle Arten von Geräten umfasst, die Marktrealität besser widerspiegelt. Unter Anerkennung der Tatsache, dass diese Märkte sich aufgrund der rasanten technischen Entwicklung in einem gewissen Umfang annähern, geht aus der Marktuntersuchung der Kommission hervor, dass sich Smartphones in einer Reihe von Faktoren von anderen Arten von Navigationsgeräten unterscheiden.

(134) PNDs, PDAs und Mobiltelefone mit Navigationsfunktionen erfüllen unterschiedliche Verbraucherbedürfnisse. Ein PND ist in erster Linie ein Navigationsgerät, während ein Mobiltelefon primär als Kommunikationsgerät dient. Ein Mobiltelefon mit Navigationsfunktionen verfügt üblicherweise über eine Vielzahl von Funktionen, mit denen der Benutzer telefonieren, Kurzmitteilungen und Multimediamitteilungen versenden, fotografieren und Musik hören sowie auf das Internet zugreifen und E-Mails versenden kann. Die Navigation ist nur eine von vielen Funktionen. Die verschiedenen Funktionen schlagen sich im Preis nieder. Während PNDs der mittleren Preisklasse im Einzelhandel bei etwa 200 EUR liegen, kosten Mobiltelefone mit Navigationsfunktionen normalerweise rund 500 EUR.

(135) Im Vergleich zu PNDs verfügen Mobiltelefone in der Regel über weniger zuverlässige GPS-Empfänger und schlechtere Antennen. Des Weiteren haben sie kleinere Bildschirme und sind aufgrund der kleinen Tastatur weniger gut für die Eingabe geografischer Daten geeignet.

(136) Mobiltelefone unterscheiden sich durch ihre großflächige Abdeckung hinsichtlich der Drahtlos-Konnektivität von anderen Arten von Navigationsgeräten, darunter PNDs, PDAs ohne Drahtlos-Konnektivität und in das Armaturenbrett eingebaute Geräte für die Fahrzeugnavigation. Die Austauschbarkeit von Mobiltelefonen durch andere Arten von Navigationsgeräten ist gerade für Kunden, die ein multifunktionales Kommunikationsgerät wünschen, als sehr begrenzt anzusehen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen sind die verschiedenen Arten von Navigationsgeräten nicht vollständig austauschbar. Daraus muss geschlossen werden, dass Mobiltelefone einen eigenen relevanten Markt bilden.

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Mobiltelefone und Smartphones

(137) Die neuesten Funktionen sind in aller Regel erst für Mobiltelefone der oberen Preisklassen verfügbar, werden – sofern die Funktion für die Mobilfunkkunden interessant ist – jedoch recht schnell für andere Mobiltelefone übernommen. Die derzeit technisch hochwertigsten Mobiltelefone werden aufgrund ihrer leistungsstarken Betriebssysteme, die zahlreiche Anwendungen ermöglichen und sogar einige computerspezifische Funktionen bieten, auch als „Smartphones“ bezeichnet. Viele Funktionen der Smartphones, z. B. Internetfähigkeit, stehen auch auf vielen anderen Mobiltelefonen zur Verfügung. Sowohl Smartphones als auch zahlreiche Mobiltelefone der mittleren und oberen Preisklasse verfügen mittlerweile über Betriebssysteme, die auch Navigationsanwendungen unterstützen. Die Grenzen zwischen Smartphones und anderen Mobiltelefonen sind daher nicht mehr eindeutig. Deshalb ist eine Unterteilung des Marktes in einzelne relevante Märkte für Smartphones und andere Mobiltelefone nicht erforderlich.

Mobiltelefone mit und ohne GPS-Sensoren

(138) Die Kommission hat geprüft, ob es für den Zweck der Definition des Marktes angemessen wäre, zwischen Mobiltelefonen mit GPS und Mobiltelefonen ohne eingebaute GPS-Sensoren zu unterscheiden. Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht erforderlich ist. Zunächst kann festgestellt werden, dass die Mehrheit der Mobiltelefone, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind, zu Navigationszwecken eingesetzt werden können. Ermöglicht wird dies durch relativ kostengünstige externe GPS-Sensoren, die über Bluetooth eine Verbindung zu einem Mobiltelefon herstellen können. Des Weiteren gehen Analysten davon aus, dass im Jahr 2011 rund [65-75]* % aller Mobiltelefone mit einem eingebauten GPS-Sensor ausgestattet sein werden.

Schlussfolgerung

(139) Aus diesen Gründen wird für die Zwecke dieser Entscheidung festgelegt, dass der relevante Produktmarkt alle Mobiltelefone, einschließlich mobiler Computer mit WAN-Konnektivität, umfasst.

6.4.2.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

(140) Für die Zwecke dieser Entscheidung ist festzulegen, dass der relevante geografische Markt mindestens den EWR abdeckt. Letztlich hängt die Bewertung durch die Kommission jedoch nicht von der geografischen Abdeckung der nachgelagerten Märkte ab. Unabhängig von der geografischen Lage vertreiben die Hersteller im Grunde im gesamten EWR die gleichen Produkte an die Kunden. Zwischen den in verschiedenen Regionen des EWR angebotenen Produkten bestehen keine größeren Preisunterschiede. Darüber hinaus schränken die Transportkosten den grenzüberschreitenden Handel nicht ein.

50

VII. M ARKTBEDINGUNGEN

7.1 Vorgelagerte Märkte – Digitale Karten

7.1.1 Nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken

(141) Nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken machen nur einen Bruchteil der von NAVTEQ vertriebenen Datenbanken aus. Im Jahr 2006 stammten rund [0-5]* % der Gesamtumsätze von NAVTEQ aus dem Verkauf nicht navigationsfähiger digitaler Datenbanken.

(142) Bei Tele Atlas, dem wichtigsten Mitbewerber NAVTEQs, beliefen sich die Erlöse aus dem Verkauf digitaler Kartendatenbanken für andere Zwecke als die Navigation auf [20 %-30 %] des Gesamtumsatzes des Unternehmens.

(143) Zahlreiche Anbieter stellen Karten, die den EWR ganz oder teilweise abdecken, von ausreichend hoher Qualität für andere Zwecke als die Navigation bereit, darunter Europa Technologies Limited (Vereinigtes Königreich), Collins Bartholomew Limited (Vereinigtes Königreich) und American Digital Cartography, Inc. (USA).Darüber hinaus erwerben auch öffentliche Einrichtungen in Westeuropa, wie das Institut Géographique National (IGN) in Frankreich, das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) in Deutschland und Ordnance Survey im Vereinigten Königreich, digitale Kartendatenbanken. Außerdem bieten auch viele private Unternehmen digitale Kartendatenbanken mit einer nationalen oder auch einer darüber hinausgehenden geografischen Abdeckung an. In Osteuropa stellen unter anderem folgende private Unternehmen digitale Kartendatenbanken bereit: Emapa sp. z o.o. (Polen), Datecs Ltd. (Bulgarien), Top-Map Kft, Ungarn (das Unternehmen wurde im Jahr 2007 von dem ungarischen Anbieter von Navigationssoftware, Nav N Go Kft, übernommen) und Regio Ltd. (Estland).

(144) Angesichts des begrenzten Umsatzes von NAVTEQ aus Verkäufen nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken und der zahlreichen Mitbewerber des Unternehmens im EWR, ist anzunehmen, dass der Marktanteil von NAVTEQ im Bereich der nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung eher begrenzt ist.

51

52

53

54

55

56

(145) Im Hinblick auf den Markteintritt vertritt NAVTEQ die Auffassung, dass der Aufbau einer nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank der dritten Kategorie gemäß Erwägungsgrund 28 in Abschnitt 6.2.1 – also eine Datenbank für die Routenplanung für Fahrzeuge –, die den gesamten EWR abdeckt, [weniger als zwei Jahre]* in Anspruch nehmen würde und mit Kosten in Höhe von rund [weniger als 40 Mio. EUR]* verbunden wäre. Das Erstellen der Karte würde den Erwerb einer Basiskarte bei einem Dritthersteller (z. B. bei einem der in Erwägungsgrund 143 genannten Unternehmen) voraussetzen. NAVTEQ zufolge beinhalten einige dieser Karten von Drittanbietern bereits das Attribut für die Fahrtrichtung, das für die Routenplanung unabdingbar ist. In einigen Fällen stehen auch weitere Attribute von Drittanbietern zu Verfügung. Bei Gebieten, für die die erforderlichen Attribute nicht erhältlich sind, kann auch eine Kartenerstellung über Satellitenbilder erfolgen. In begrenztem Maße sind in der Regel auch Feldstudien erforderlich, beispielsweise zum Erfassen der Attribute für die Fahrtrichtung in ländlichen Gebieten. Die gesammelten Informationen müssen anschließend analysiert und dann in die Basis-Kartendatenbank integriert werden. Die für diese Aufgaben erforderliche Datenbanksoftware ist bei Drittanbietern kommerziell verfügbar. Eine Nachbearbeitung kann in geringem Maße ebenfalls möglich sein 57 (Codierung).

(146) Die Marktuntersuchung der Kommission hat die Aussage von NAVTEQ bestätigt, dass die Hindernisse für einen Markteintritt im Bereich der nicht navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken nicht übermäßig hoch seien.

(147) Allgemeiner betrachtet ist der Schluss zu ziehen, dass auf dem vorgelagerten Markt für nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken kein Anlass zu Wettbewerbsbedenken bestehen, da viele Mitbewerber auf diesem Markt tätig sind und nur wenige Hindernisse für einen Markteintritt bestehen.

7.1.2 Navigationsfähige digitale Kartendatenbanken

7.1.2.1 Marktanteile

(148) Zwei Anbieter von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken decken Länder im EWR ab, nämlich NAVTEQ und Tele Atlas. Der Verkauf von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken, die den EWR abdecken, wird vollständig von diesen beiden Unternehmen bestritten. Die Märkte für die Bereitstellung von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken, die die EWR-Länder umfassen, können daher als Duopol betrachtet werden.

(149) NAVTEQ lizenziert seine europäische digitale Kartendatenbank normalerweise auf Kontinentbasis, bietet jedoch auch Preise für die Nutzung der Datenbanken mit regionaler und nationaler Abdeckung an.

57 „Digital Map Entry – Decreasing Costs and Increasing Efficiencies“, NAVTEQ-Präsentation vom 6. Mai 2008, S. 7.

58 Diese Ansicht wird von Analysten der Branche geteilt, die den Markt übereinstimmend als Duopol beschreiben. Siehe z. B.: „Tele-Atlas – Potential still there but pricing is an issue“, Bericht von SNS Securities, 1. August 2006.

(150) Im Jahr 2007 machten die Umsätze von Tele Atlas aus nationalen, regionalen und europaweiten Lizenzen jeweils [20 % bis 40 %] der Gesamtzahl der verkauften 59 Lizenzen des Unternehmens aus.

(151) In ihrer kürzlichen Entscheidung in der Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas hat die Kommission eine Tendenz zum wachsenden Verkauf von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit einer breiteren geografischen Abdeckung festgestellt und ist zu dem Schluss gekommen, dass diese Tendenz den Entwicklungen in den nachgelagerten Märkten für Navigationsgeräte entspricht, in denen zunehmend leistungsstarke (im Hinblick auf die Speicherkapazitäten für Daten) und ausgereifte Geräte in immer kürzerer 60 Zeit auf den Markt gebracht werden.

(152) In dieser Entscheidung hat die Kommission die folgenden alternativen Schätzungen hinsichtlich der Marktanteile von NAVTEQ und Tele Atlas 61 gemacht.

(153) Unter der Annahme, dass alle navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung (ob national, regional oder europäisch) einen eigenen relevanten Produktmarkt darstellen, lassen sich folgende Marktanteile berechnen: Der Marktanteil von NAVTEQ lag im Jahr 2006 bei [40 % bis 45 %], der Marktanteil von Tele Atlas betrug [55 % bis 60 %].

(154) Unter der Annahme, dass alle navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit 62 regionaler und europäischer Abdeckung demselben relevanten Produktmarkt angehören, lassen sich folgende Marktanteile berechnen: NAVTEQ erhielt einen Marktanteil von [45 % bis 50 %], der Marktanteil von Tele Atlas belief sich auf [50 % bis 55 %].

(155) Wenn schließlich alle navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken, die nur ein bestimmtes Land innerhalb des EWR abdecken, als zum selben relevanten Produktmarkt gehörig betrachtet werden, können die in der folgenden Tabelle angegebenen Marktanteile angesetzt werden (alle Zahlen beziehen sich auf das 63 Jahr 2006).

59 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 74.

60 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgründe 74 und 76.

61 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgründe 77 bis 80.

62 Tele Atlas hat Daten bereitgestellt, bei denen der Umsatz nach kleineren Regionen, z. B. die Benelux-Länder, die DACH-Region und die skandinavischen Länder, und größeren Regionen, wie Westeuropa, Osteuropa und Gesamteuropa, aufgeschlüsselt ist (von NAVTEQ liegen solche Daten nicht vor).

63 Tele Atlas verfügt über keine präzisen, nach Ländern geordneten Verkaufsdaten, da Kunden, die Lizenzgebühren für digitale Kartendatenbanken mit nationaler Abdeckung entrichten, Tele Atlas nicht mitteilen müssen, für welches Land genau sie die Lizenz erwerben. Tele Atlas verwendet Schätzungen der Unternehmensführung sowie Angaben von Drittquellen, um den Umsatz für jedes Lizenzland zu berechnen. Anders als die Angaben, zu denen die Kunden des Unternehmens verpflichtet sind (d. h. ob national, regional oder europäisch), ist die Aufschlüsselung nach Ländern als Schätzung anzusehen.

Marktanteile von NAVTEQ und Tele Atlas auf der Grundlage des geschätzten Umsatzes der Unternehmen im Jahr 2006 mit navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit nationaler Abdeckung.

LAND

ANTEIL NAVTEQ (%)

ANTEIL TELE ATLAS (%)

Belgien

[80-100]

[0-20]

Bulgarien

[80-100]

[0-20]

Tschechische Republik

[80-100]

[0-20]

Dänemark

[80-100]

[0-20]

Deutschland

[20-40]

[50-70]

Irland

[0-20]

[80-100]

Griechenland

[20-40]

[60-80]

Spanien

[30-50]

[50-70]

Frankreich

[40-60]

[40-60]

Italien

[20-40]

[50-70]

Ungarn

[80-100]

[0-20]

Niederlande

[80-100]

[0-20]

Norwegen

[0-20]

[80-100]

Österreich

[30-50]

[50-70]

Polen

[80-100]

[0-20]

Portugal

[80-100]

[0-20]

Rumänien

[80-100]

[0-20]

Slowenien

[80-100]

[0-20]

Finnland

[80-100]

[0-20]

Schweden

[80-100]

[0-20]

Vereinigtes Königreich

[0-20]

[80-100]

(156) Das gleiche Bild ergibt sich bei einer Analyse der Marktanteile, unabhängig davon, welcher alternative Produktmarkt zugrunde gelegt wird. Die weltweiten Märkte für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung sind ein Duopol, in dem Tele Atlas der größere Akteur ist. Dies ergibt sich aus dessen größerem Anteil am Gesamtmarkt, am Markt für Datenbanken mit regionaler und europäischer Abdeckung und an größeren Märkten für Datenbanken mit nationaler Abdeckung, also für einzelne Länder, z. B. Datenbanken, die Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien oder das 64 Vereinigte Königreich abdecken.

64 Die Messung von Marktanteilen für Datenbanken, die kleinere Länder abdecken, ist nicht besonders sinnvoll, da die verkauften Mengen sehr begrenzt sind. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Abdeckung zahlreicher kleinerer Länder in regionalen Paketen enthalten ist (Datenbanken, die z. B. Belgien oder Schweden abdecken, werden fast nie einzeln, sondern nahezu ausschließlich im Rahmen regionaler Pakete verkauft, die die Benelux-Länder bzw. die skandinavischen Länder enthalten), oder auf den Umstand, dass der Verkauf von Navigationsgeräten in anderen Ländern (wie Bulgarien und Rumänien) erst noch anlaufen muss. Die größeren Länder sind in Hinblick auf ihre Einwohnerzahlen und geografisch gesehen jedoch groß genug, um eigenständige Märkte zu bilden.

(157) Die Marktuntersuchung der Kommission hat die in der Entscheidung TomTom/Tele Atlas angestellten Schätzungen hinsichtlich der Marktanteile bestätigt.

(158) NAVTEQ und Tele Atlas bedienen leicht voneinander abweichende Kundenkreise. Ein wesentlicher Anteil der Umsätze von NAVTEQ erfolgt durch die Geschäfte mit Herstellern von Geräten für den Einbau in das Armaturenbrett (Automobilhersteller und Originalgerätehersteller), wohingegen die Geschäfte mit Herstellern von PNDs den größten Anteil an den Umsätzen von Tele Atlas haben.

(159) Da der Markt noch jung ist, sind bei NAVTEQ und Tele Atlas noch keine verlässlichen Zahlen im Hinblick auf den Verkauf von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken an Mobiltelefonhersteller und Anbieter von Navigationsanwendungen für Mobiltelefone verfügbar.

(160) Es ist zu betonen, dass die Märkte für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken sich rasch weiterentwickeln. Der Kundenbereich für die persönliche Navigation machte im Jahr 2004 – dem Jahr, in dem die ersten PNDs auf den Markt kamen – insgesamt [0-10]* % der Umsätze von NAVTEQ im EWR aus. Im Jahr 2007 ist der Anteil der persönlichen Navigation am Gesamtumsatz auf [30-40]* % angestiegen. Im gleichen Jahr machten die Erlöse aus dem Verkauf navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken für den Einsatz in Mobiltelefonen weniger als [0-10]* % des Umsatzes von NAVTEQ im EWR aus. Die Umsätze von NAVTEQ (und von Tele Atlas) in diesem Kundenbereich werden vermutlich rasch ansteigen. NAVTEQ schätzt, dass der Vertrieb an Mobiltelefonhersteller im Jahr 2010 insgesamt [5-15]* % des Gesamtumsatzes ausmachen wird. Dieser Bereich durchläuft derzeit die stärkste Entwicklung auf 65 dem Markt.

7.1.2.2 Preisentwicklungen

Bisherige Preisentwicklungen

(161) Die durchschnittlichen Verkaufspreise für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken sind in den vergangenen Jahren gesunken.

(162) Laut Schätzung eines Branchenanalysten, der sich mit der Marktleistung von NAVTEQ befasst hat, sind die Preise für navigationsfähige digitale 66 Kartendatenbanken im Jahr 2006 um 6 % bis 8 % gefallen.

(163) Ein weiterer Analyst gab an, dass die Preise für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken im Jahr 2006 um 6 % bis 15 % zurückgegangen sind. Ein großer Teil dieses Rückgangs sei jedoch auf die Preise für Hersteller von Geräten für den Einbau in Armaturenbretter zurückzuführen. Bei einer reinen Betrachtung von Datenbanken für die persönliche Navigation sind die Preise nach den

65 Antwort von Nokia auf das Auskunftsverlangen vom 6. Februar 2008. 2.

66 „NAVTEQ, Opportunities and Challenges Aplenty“, Bericht von CIBC World Markets, 20. Mai 2007.

(164) Die Marktuntersuchung der Kommission in der Entscheidung TomTom/Tele Atlas bestätigte den Trend, dass die durchschnittlichen Verkaufspreise für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken weiter fallen. Ein Hersteller von PNDs gab an, dass der durchschnittliche Einkaufspreis für Datenbanken, die in PNDs zum Einsatz kommen, zwischen 2005 und 2007 für das Unternehmen um 40 % bis 50 % gesunken ist; ein anderer Hersteller von Navigationsgeräten erklärte, dass die Preise, die das Unternehmen für seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken bezahlte, im gleichen Zeitraum um 10 % bis 15 % gesunken sind. Wieder einem anderen PND-Hersteller zufolge sind die Preise, die das Unternehmen für seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken 68 bezahlte, in den vergangenen drei Jahren um 1 % bis 10 % gesunken.

(165) Die in dieser Sache durchgeführte Marktuntersuchung der Kommission bestätigt 69 den Trend zu sinkenden Preisen.[Mobiltelefonhersteller] gab an, dass die Preise für digitale Kartendatenbanken in den vergangenen drei Jahren um 20 % bis 25 % 70 gesunken sind.[Anbieter internetgestützter Kartenlösungen] schätzte, dass die durchschnittlichen Preise in den vergangenen drei Jahren um 15 % gesunken 71 sind.[Hersteller von Navigationsgeräten] gab an, dass die Preise pro Jahr um 72 15 % gesunken sind.

(166) Die in den vorhergehenden Erwägungsgründen genannten Preisrückgänge weichen erheblich voneinander ab und stammen aus einer begrenzten Anzahl von Quellen. Die verschiedenen Preisrückgänge lassen sich teilweise auch durch die unterschiedliche Verhandlungsstärke der einzelnen Gerätehersteller gegenüber den Anbietern navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken erklären. Es ist anzunehmen, dass ein bedeutender Hersteller von PNDs größere Preisnachlässe aushandeln kann als ein kleinerer Hersteller. Eine weitere Erklärung können Veränderungen hinsichtlich der Produktpalette sein. So ist es z. B. möglich, dass ein bestimmter Kunde mehr Datenbanken mit regionaler Abdeckung und gleichzeitig weniger Datenbanken erworben hat, die ganz Europa abdecken. Für diesen Kunden musste wahrscheinlich ein geringerer Einkaufspreis angesetzt werden, die Preismatrix des Datenbankherstellers hat sich jedoch nicht geändert. Dennoch zeichnet sich ein deutlicher Trend zu sinkenden Verkaufspreisen für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ab.

67 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 82.

68 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 85.

69 Siehe auch: Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten] vom 4. März 2008, Antwort von [Anbieter von Navigationsgeräten und Navigationssoftware] vom 6. März 2008 und Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten] vom 4. März 2008.

Künftige Preisentwicklungen

(167) Vor der Ankündigung des geplanten Zusammenschlusses zwischen TomTom und Tele Atlas (und der darauf folgenden Ankündigung der geplanten Übernahme von NAVTEQ durch Nokia) sagten Branchenanalysten vorher, dass die durchschnittlichen Verkaufspreise für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken weiterhin sinken würden.

(168) In einem im April 2007 veröffentlichten Bericht sagte Fortis vorher, dass die Preise der Datenbanken für die persönliche Navigation von NAVTEQ (d. h. ohne die Datenbanken für Geräte für den Einbau in Armaturenbretter) um 10 % sinken würden; für die Preise von Tele Atlas wurde ein Preisabfall von 10 % vorhergesagt. Fortis erklärte außerdem, dass „sich der Kartenpreisverfall angesichts der Tendenz zu allgemein mehr Inhalten in den verschiedenen Marktsegmenten in den kommenden Jahren wohl verlangsamen wird […], und dass das mengenmäßige Wachstum in der Navigationsindustrie die Kosten pro 73 Karte jedes Jahr nach unten drückt“.

(169) Die Vorhersage der künftigen Preisentwicklung für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken gestaltet sich schwierig. Eine Extrapolation der deutlichen Senkungen in den letzten Jahren und die Annahme, dass die Preise weiterhin in der gleichen Größenordnung sinken werden wie in den vergangenen Jahren, wären allzu einfach. Die Marktuntersuchung der Kommission sowie die allgemeinen Merkmale der Branche lassen jedoch den Schluss zu, dass die Preise in den kommenden Jahren voraussichtlich weiterhin sinken werden, wenn auch in einem gemäßigteren Tempo als bisher.

7.1.2.3 Vertragsbeziehungen

(170) Mit Ausnahme von Nokia und Motorola, Inc. (USA) tendieren die Mobiltelefonhersteller dazu, keine direkten Vertragsbeziehungen zu NAVTEQ und Tele Atlas zu unterhalten. Die meisten Mobiltelefonhersteller – z. B. Sony 74 Ericsson Mobile Communications AB („Sony Ericsson“, Schweden)– beziehen ihre navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken von den entsprechenden Anbietern in einem Gesamtpaket mit der Navigationssoftware.

(171) Nokia bezieht seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken derzeit sowohl von NAVTEQ als auch von Tele Atlas. Nokia hat einen Rahmenvertrag mit NAVTEQ abgeschlossen, der 2010 ausläuft. Des Weiteren haben Nokia und NAVTEQ mehrere Verträge zu bestimmten Projekten abgeschlossen. Mit Ablauf 75 der entsprechenden Projekte enden auch diese Verträge.Tele Atlas ist derzeit der Hauptlieferant navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken an Nokia. Das Unternehmen verwendet diese Datenbanken mit europaweiter Abdeckung für 76 seine Anwendung Nokia Maps.[...]*

73 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 90.

74 Antwort von Sony Ericsson vom 14. März 2008.

(172) Motorola [bezieht zurzeit navigationsfähige Kartendatenbanken von NAVTEQ]*.[...]*

(173) Sony Ericsson hat Vereinbarungen mit Google Mobile Maps und Wayfinder 77 Systems AB („Wayfinder“, Schweden) abgeschlossen.

(174) Die Mobiltelefone von Samsung (Südkorea), die in Europa vertrieben werden, 78 werden mit der Navigationssoftware von Garmin ausgerüstet sein.Die beiden Unternehmen unterzeichneten im März 2008 eine Vereinbarung, die Mobiltelefone von Samsung mit den Navigationslösungen von Garmin auszustatten.

(175) Die Laufzeit für die aktuellen Verträge zwischen NAVTEQ und Tele Atlas beträgt 79 [null bis fünf Jahre].

(176) Einige Verträge enthalten Klauseln, in denen sich NAVTEQ und Tele Atlas verpflichten, in regelmäßigen Abständen Aktualisierungen der Datenbank zur Verfügung zu stellen (z. B. zweimal pro Jahr oder sogar häufiger). Einige Verträge sehen vor, dass die Aktualisierungen gemäß veröffentlichten Zeitplänen bereitgestellt werden, während in anderen Verträgen keinerlei Aktualisierungen erwähnt werden. Folglich verfügen einige – wenn auch nicht alle – Kunden über Verträge, die sie zumindest teilweise vor möglichen Versuchen des fusionierten Unternehmens schützen, den Mitbewerbern von NAVTEQ Aktualisierungen der Datenbank „vorzuenthalten“. Das fusionierte Unternehmen könnte damit beginnen, seine Datenbank öfter zu aktualisieren, diese Aktualisierungen jedoch lediglich in den vertraglich geforderten Mindestzeitabständen bereitzustellen. In einem solchen Szenario würden diese Klauseln nur teilweise Schutz gegen verspätete Aktualisierungen bieten.

(177) In ihrer Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas vertrat die Kommission die Ansicht, dass nur sehr wenige Kunden von NAVTEQ und Tele Atlas über Verträge mit Meistbegünstigungsklauseln, die ihnen mindestens den gleichen Zugang zu digitalen Kartendatenbanken wie allen anderen Kunden garantieren, oder mit Klauseln, die die Qualität der bereitgestellten Daten garantieren. Lediglich ein kleiner Teil der Kunden wäre daher vor möglichen Versuchen des fusionierten Unternehmens geschützt, die Qualität der Datenbanken zu mindern, die an die 80 Mitbewerber von Nokia ausgeliefert werden.

(178) Mit einigen wenigen Ausnahmen ist der Bezug navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken bei zwei Anbietern bei Automobilherstellern üblich. Der Bezug bei zwei Anbietern scheint in der Branche jedoch nicht verbreitet zu sein. Die meisten Kunden erwerben ihre navigationsfähigen Kartendatenbanken für eine bestimmte Region lieber bei einem Anbieter. Vor allem erwerben die Kunden die Datenbanken offenbar gern „en bloc“ pro Kontinent (d. h., sie erwerben beispielsweise Datenbanken für Westeuropa bzw. Nordamerika jeweils vom gleichen Anbieter). In den Fällen, in denen die Kunden ihre Datenbanken bei zwei

77 Antwort von Sony Ericsson vom 14. März 2008.

78 „Garmin Provides Navigator for Samsung Mobile Phones“, Pressemitteilung von Garmin, 31. März 2008. Verfügbar unter: http://www8.garmin.com/pressroom/mobile/033108.html.

79 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 95.

80 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 97.

(179) Beim Wechsel eines Anbieters navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken muss der Kunde die neue Datenbank so konfigurieren, dass sie mit der Navigationssoftware des Kunden kompatibel ist. Die meisten Kosten entstehen bei einem Wechsel durch die Neukonfiguration. Weitere wechselbedingte Kosten fallen für die Änderung der Erstellungswerkzeuge, die mit den verschiedenen Datenformaten zurechtkommen müssen, sowie für die Änderung der Produktverpackung und der Werbematerialien an.

(180) NAVTEQ und Tele Atlas sind in der Lage, Kartendaten in allen verfügbaren Formaten bereitzustellen. Die Formate, in denen NAVTEQ und Tele Atlas ihre Datenbanken anbieten, sind weitgehend gleich. Daraus folgt, dass ein Kunde entweder den Anbieter wechseln kann, ohne das Datenbankformat ändern zu müssen, oder den Anbieter wechseln und gleichzeitig das Format ändern kann. Die Kosten für die Neukonfiguration sind im letzteren Fall vermutlich höher als im ersteren.

(181) Nach dem Erwerb der Kontrolle über NAVTEQ plant Nokia hinsichtlich der Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung einen Anbieterwechsel von Tele Atlas zu NAVTEQ. [...]* Nokia geht davon aus, dass den Kunden die Umstellung auf einen anderen Kartenanbieter nicht schwer fallen wird. Anbieter von Navigationssoftware verfügen häufig über ausreichend Erfahrung bei der Zusammenstellung der Daten von NAVTEQ und Tele Atlas.

(182) In der Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas brachte NAVTEQ vor, dass ein Wechsel nicht kostenaufwändig ist. Die Kosten für den Umgang mit verschiedenen Datenbankformaten fallen nicht ins Gewicht, da die Kunden in der Regel Kartendaten erwerben, die öffentlich verfügbare und branchenübliche Formate nutzen. Informationen über die Definition dieser Formate und die Methoden für die Zusammenstellung der Kartendaten sind einfach über das Internet zugänglich. Daher kann jeder Kunde schnell und effizient Daten zusammenstellen, die er im branchenüblichen Format empfangen hat. NAVTEQ geht davon aus, dass der Prozess des Wechsels zwischen den Formaten von Kartendaten normalerweise [weniger als ein Jahr]* dauert.

(183) In der Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas gab der Anmelder an, dass die bei einem Wechsel entstehenden Kosten niedrig sind und schätzte die Kosten für den Wechsel von einem Datenbankanbieter zu einem anderen auf [100 000 EUR bis 300 000 EUR]. Er ging davon aus, dass [null bis zehn] Programmierer etwa [null bis zehn] Monate damit beschäftigt wären, eine geänderte Umwandlungssoftware zu entwickeln und deren Interaktion mit der neuen Datenbank zu testen. Die Vorlaufzeit könnte bei mehr als [null bis zehn] Programmierern entsprechend verkürzt werden.

81 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 98.

82 Anmeldung, Seiten 56-57.

83 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 102.

(184) Aus der im Rahmen der Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas durchgeführten Marktuntersuchung der Kommission ging jedoch hervor, dass die Kosten für einen Wechsel höher liegen könnten als von TomTom angenommen. Befragte der Marktuntersuchung schätzten die Kosten für einen Wechsel auf bis zu 1 Mio. EUR.

(185) Die Marktuntersuchung der Kommission hat die in der Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas angestellten Schätzungen hinsichtlich der Marktanteile bestätigt. [Hersteller von Navigationsgeräten] schätzt die Kosten für einen Wechsel eher hoch ein. Ein anderer [Hersteller von Navigationsgeräten] geht davon aus, dass ein Anbieterwechsel für den EWR rund 200 Mannmonate dauern würde. Ein [Hersteller von Navigationsgeräten und Anbieter von Navigationssoftware] schätzt die Kosten für einen Wechsel auf 1 Mio. EUR mit einer Vorlaufzeit von 18 Monaten. Ein dritter [Hersteller von Navigationsgeräten] vertritt die Auffassung, dass der Wechsel zu einem anderen Anbieter von Kartendatenbanken zwischen einer und drei Mio. EUR kosten würde, und dass das Unternehmen für die erforderlichen Anpassungen an die neue Kartendatenbank rund zwei Jahre benötigen würde.

(186) Insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Wechsel erst vor Kurzem durchgeführt wurde, sind die Hindernisse für einen Wechsel als verhältnismäßig begrenzt zu betrachten. Da jedoch die Kosten für einen Wechsel (insbesondere die Kosten für die Neukonfiguration) unabhängig von der Größe des Unternehmens, das den Anbieter wechseln möchte, vermutlich die gleichen sind, liegen die relativen Kosten für die Umstellung für einen kleinen Gerätehersteller oder Anbieter von Navigationssoftware höher als für einen großen Hersteller von Navigationsgeräten.

84 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 101.

85 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 105.

86 Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten] vom 4. März 2008.

87 Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten] vom 28. Februar 2008.

88 Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten und Anbieter von Navigationssoftware] vom 4. März 2008.

89 Antwort von [Hersteller von Navigationsgeräten] vom 28. Februar 2008.

90 In der Anmeldung nennt Nokia zahlreiche Unternehmen – hauptsächlich Gerätehersteller und Anbieter von Navigationssoftware –, die in den vergangenen drei Jahren zwischen NAVTEQ und Tele Atlas gewechselt haben. Anmeldung, Seiten 59 und 60.

7.1.2.5 Markteintritt

Die von den Parteien vorgebrachten Argumente

(187) Nokia gibt an, dass dem Markteintritt keine Beschränkungen hinsichtlich des geistigen Eigentums sowie keine rechtlichen oder gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen. Ein neuer Markteinsteiger deckt im Idealfall ebenfalls den geografischen Raum ab, den auch die bereits etablierten Akteure auf dem Markt anbieten. Nokia geht davon aus, dass ein neuer Markteinsteiger für die Erstellung einer elementaren, jedoch vollständig navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank mit allen navigationsrelevanten Attributen rund [6-24 Monate]* benötigen würde. Diese Datenbank würde dann jedoch nur über eine begrenzte geografische Abdeckung und weniger Funktionen verfügen. Für eine breitere geografische Abdeckung, einen höheren Funktionsumfang und mehr Komplexität der Kartendatenbank wären weitere [6-24 Monate]* erforderlich, was zu einem Arbeitsaufwand von insgesamt [1-4 Jahren]* führen würde. In der Anmeldung gibt Nokia an, dass – Schätzungen von NAVTEQ zufolge – ein neuer Markteinsteiger pro Kontinent rund [...]* in navigationsfähige digitale Kartendatenbanken mit einem bedeutenden Anteil von Zusatzfunktionen, die die NAVTEQ-Datenbank enthält, investieren müsste. Nokia vertritt die Auffassung, dass die Kosten und der Zeitpunkt für den Markteintritt für Unternehmen, die bereits Erfahrung in der Erstellung digitaler Kartendatenbanken haben – z. B. Microsoft Corporation und Google Inc. – deutlich reduziert würden.

(188) In einer späteren Phase des Verfahrens legte NAVTEQ der Kommission überarbeitete Schätzungen hinsichtlich des Markteintritts vor. NAVTEQ nimmt an, dass die Erstellung einer vollständig betriebsfertigen Datenbank mit EWR-Abdeckung bei einem neuen Markteinsteiger [Geschäftsgeheimnisse] in Anspruch nehmen würde. NAVTEQ schätzt die erforderlichen Investitionskosten auf [Geschäftsgeheimnisse]. NAVTEQ bestätigt, dass Feldstudien für die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank unabdingbar sind, betont jedoch gleichzeitig, dass für die Sammlung von Felddaten eine geeignete Software kommerziell verfügbar ist.

(189) NAVTEQ gibt an, dass die Kosten für die Zusammenstellung digitaler Kartendatenbanken in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen sind. Die von NAVTEQ und Tele Atlas angeführten Kosten, die in der Vergangenheit mit einem Markteintritt verbunden waren, erlauben daher keine Rückschlüsse auf die gegenwärtigen Kosten. NAVTEQ führt – unter anderem – die folgenden Beispiele für geringere Kosten bei der Kartenerstellung an: Die für die Kartenerstellung genutzten Quellen liegen heutzutage vorwiegend in digitaler Form vor und weisen eine höhere Genauigkeit auf. Darüber hinaus sind viele der Attribute, die für die Navigation unabdingbar sind, mittlerweile in digitaler Form auch bei Drittanbietern erhältlich. Die Daten können außerdem im Internet direkt überprüft, bestätigt und abgerufen werden, und neues, aktuelles Bildmaterial ist zunehmend verfügbar (z. B. Satellitenbilder mit hoher Auflösung für den gesamten EWR). Schließlich wird auch die Sammlung von Felddaten immer weiter automatisiert, und möglicherweise werden Drittanbieter von Softwarepaketen eingesetzt, die individuelle Werkzeuge zu geringeren Kosten in kürzerer Zeit entwickeln.

91 [...]*, umgerechnet in EUR gemäß folgendem Wechselkurs: 1 USD = 0,646682 EUR, www.XE.com, 14. Mai 2008.

92 Anmeldung, Seiten 60 bis 65.

93 „Digital Map Entry – Decreasing Costs and Increasing Efficiencies“, NAVTEQ-Präsentation vom 6. Mai 2008, S. 9.

Potenzielle neue Marktteilnehmer

(190) Verschiedene Unternehmen bieten navigationsfähige digitale Kartendatenbanken an, die andere Teile der Welt abdecken. Die japanischen Unternehmen Zenrin Inc. und Toyota Mapmaster Inc. („Mapmaster“) bieten Datenbanken an, die Japan abdecken. Das südkoreanische Unternehmen ThinkWare Inc. produziert navigationsfähige digitale Kartendatenbanken für Südkorea. Diese Unternehmen verfügen vermutlich über die technischen Kenntnisse und Branchenerfahrung, um navigationsfähige digitale Kartendatenbanken in einer mit den von NAVTEQ und Tele Atlas angebotenen Datenbanken vergleichbaren Qualität anzubieten.

(191) Ein weiterer potenzieller neuer Marktteilnehmer ist das Unternehmen Facet Technology Corporation („Facet“) mit Sitz in den USA. Das Unternehmen kündigte am 29. November 2007 die Verfügbarkeit einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank an, die die Vereinigten Staaten von Amerika ohne Alaska und Hawaii abdeckt. Laut eigener Aussage des Unternehmens ist die Datenbank für die USA von Facet präziser als die von Tele Atlas und NAVTEQ angebotenen Datenbanken. Hinzu kommt, dass Facet seine Absicht angekündigt hat, seine geografische Abdeckung auf Kanada und Europa auszuweiten.

(192) Darüber hinaus bieten zahlreiche Unternehmen digitale Kartendatenbanken in geringerer Qualität an als Tele Atlas und NAVTEQ (siehe Abschnitt 7.1.). AND International Publishers N.V. („AND“, Niederlande) wurde von den anmeldenden Parteien als potenzieller neuer Markteinsteiger genannt.

(193) Schließlich könnten auch Unternehmen, die derzeit keine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken anbieten, auf diesem Markt tätig werden. Diese Unternehmen (vor allem Google und Microsoft, die derzeit Kunden von NAVTEQ und Tele Atlas sind) bieten Kartendienste über das Internet an. Die Unternehmen könnten ihre technischen Kenntnisse und finanziellen Möglichkeiten nutzen, um ihre Kartendatenbanken aufzurüsten, so dass unter Zuhilfenahme des Feedbacks ihrer Anwendergemeinschaften eine navigationsfähige Qualität entsteht.

(194) Im Rahmen der aktuellen Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas hat die Kommission eine gründliche Analyse zum Markteintritt durchgeführt, deren Ergebnisse auch in der vorliegenden Sache ihre Gültigkeit behalten. In der Sache TomTom/Tele Atlas befasste sich die Kommission mit den Kosten für den Markteintritt, dem Zeitpunkt des Markteintritts und mit der Durchführbarkeit eines Markteintritts mit einfachen Datenbanken nach Ländern. Die Kommission bewertete außerdem die Wahrscheinlichkeit eines Markteintritts von AND und Facet.

96 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 96.

(195) Einer von Tele Atlas in Bezug auf die Übernahme durch TomTom durchgeführten Studie zufolge, könnte ein Markteintritt innerhalb der nächsten [ein bis fünf] Jahre erfolgen; die Kosten hierfür würden [100 Mio. EUR bis 300 Mio. EUR] nicht übersteigen.

(196) Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass die in der Vergangenheit mit einem Markteintritt verbundenen Kosten ein guter Anhaltspunkt für aktuelle Kostenschätzungen in diesem Bereich bilden könnten. In der Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas gaben die fusionierenden Parteien an, dass Tele Atlas insgesamt 1 Mrd. EUR in die Erstellung und laufende Pflege und Aktualisierung seiner weltweiten Kartendatenbank für alle Anwendungen investiert hat.

(197) Sobald die Kosten feststehen, die in der Vergangenheit mit einem Markteintritt verbunden waren, muss geprüft werden, ob ein Unternehmen, das heute auf dem Markt für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung tätig wird, ebenfalls Investitionen in dieser Höhe aufbringen müsste, oder ob die Kosten für den Markteintritt sich geändert haben, seit die beiden Akteure auf dem Markt tätig geworden sind.

(198) In der Sache TomTom/Tele Atlas wurde argumentiert, dass die sinkenden Kosten für einen Markteintritt hauptsächlich auf Folgendes zurückzuführen seien: Fortschritte bei Luftaufnahmen, gestiegene Verfügbarkeit von Kartendaten aus öffentlichen Quellen, Möglichkeit zur Nutzung von Endbenutzer- und Tester-Feedback aus den Anwendergemeinschaften und Marktfähigkeit von Software, die große Mengen geografischer Daten verarbeiten kann.

(199) In der Sache TomTom/Tele Atlas kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass zwar dank der gestiegenen Verfügbarkeit von Luftaufnahmen und Kartendaten aus öffentlichen Quellen Kosteneinsparungen erzielt werden können, die Auswirkungen dieser Kosteneinsparungen auf die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartenbank jedoch als gering einzustufen sind.

(200) Die Kommission hält es aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich, dass ein arbeitsteiliger Ansatz wie bei Wikipedia, der Feedback von Endbenutzern einbezieht, für die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank angewendet werden kann. Erstens wäre die Entwicklung eines IT-Werkzeugs, das es Endbenutzern auf einfache Weise ermöglicht, Kartendaten zu bearbeiten, aufgrund der langen Liste von Eingaben für navigationsfähige Daten sehr kompliziert (die Bearbeitung einer digitalen Kartendatenbank ist erheblich komplizierter als die Bearbeitung eines Textdokuments wie bei Wikipedia). Zweitens mag es einen Anreiz für Benutzer darstellen, ein hochwertiges Produkt zu bearbeiten, das sie bereits einsetzen, der Anreiz ist jedoch nicht besonders hoch, dabei zu helfen, ein neues Produkt zu entwickeln oder die Qualität eines minderwertigen Produkts, das schlecht funktioniert, zu verbessern. Drittens muss die Richtigkeit aller Bearbeitungsvorgänge durch das Kartenunternehmen geprüft werden, was ein sehr ressourcenintensives Unterfangen darstellt. Viertens stehen die Erfolgsaussichten für die Aktualisierung einer digitalen Kartendatenbank mit Hilfe von Kunden-Feedback allein schon wegen abweichender Informationen nicht sehr gut. Anders als bei Wikipedia, wo jeder der Millionen von Benutzern über das Wissen verfügen kann, ein bestimmtes Thema zu aktualisieren, ist die Anzahl der Personen mit einem ausreichenden lokalen Wissen sehr gering (für jede Straße, die in einer Datenbank abgebildet ist, verfügen nur sehr wenige Personen über das notwendige aktuelle Wissen, um eine korrekte Bearbeitung vorzunehmen).

96 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, [Erwägungsgründe 136 bis 155].

97 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 111.

(201) In der Sache TomTom/Tele Atlas betonte die Kommission die Tatsache, dass die Beschäftigung von Mitarbeitern im Außeneinsatz mit speziellen Fahrzeugen unerlässlich ist, die enorme Mengen von Straßendaten erfassen und aktualisieren müssen, damit navigationsfähige digitale Kartendatenbanken in einer hohen Qualität erstellt werden können. Die Unerlässlichkeit von Feldstudien wird von Facet bestätigt. Nach Angaben dieses Unternehmens ist es heute unmöglich, ohne die Durchführung von Feldstudien und den Einsatz spezieller Fahrzeuge eine wirklich navigationsfähige digitale Kartendatenbank zu erstellen, da es nur auf diese Weise möglich ist, Schilderinformationen und andere Straßenmerkmale, wie Absperrungen, Tore und andere Hindernisse, zuverlässig zu erfassen. NAVTEQ bestätigt, dass Mitarbeiter im Außeneinsatz noch immer wichtig sind, wenn auch weniger wichtig als in den 1980er Jahren, als NAVTEQ seine erste Datenbank erstellte. Die Tatsache, dass die Unternehmen Tele Atlas und NAVTEQ, die bei der Erstellung von digitalen Kartendatenbanken als weltweit führend anzusehen sind, trotz technischer Entwicklungen weiterhin Mitarbeiter im Außeneinsatz beschäftigen, gilt für die Kommission als Beleg dafür, dass diese Form der Datenerhebung unerlässlich ist. Schließlich bemerkte die Kommission, dass die Probleme von AND, eine gut funktionierende navigationsfähige digitale Kartendatenbank ohne die Hilfe von Mitarbeitern im Außeneinsatz zu erstellen, ein weiterer Hinweis darauf, dass Mitarbeiter im Außeneinsatz notwendig sind, wenn das Produkt eine hohe Qualität haben soll.

(202) Neben den notwendigen technologischen Kenntnissen muss ein glaubwürdiger neuer Marktteilnehmer im Vorfeld erhebliche Investitionen tätigen, um navigationsfähige digitale Kartendatenbanken in einer Qualität zu erstellen, die mit der Qualität der von Tele Atlas und NAVTEQ angebotenen Datenbanken vergleichbar ist. Die Schätzungen für die heutigen Kosten zur Erstellung digitalen Kartendatenbank, die den EWR abdeckt, gehen weit auseinander. Die bei weitem niedrigste Schätzung in der Sache TomTom/Tele Atlas stammte von Facet, gemäß der es das Unternehmen weniger als 100 Mio. EUR kosten würde, eine navigationsfähige digitale Kartendatenbank mit einer „breiten europäischen Abdeckung“ zu erstellen. NAVTEQ schätzt, dass ein neuer Marktteilnehmer etwa [...]* investieren müsste, um eine EWR-weite Datenbank mit den gleichen Merkmalen zu erstellen, die in der NAVTEQ-Datenbank enthalten sind. Ein japanischer Anbieter von digitalen Kartendatenbanken schätzt, dass es mehr als 360 Mio. EUR kosten würde, eine navigationsfähige Kartendatenbank zu erstellen, die den EWR abdeckt. Schließlich werden in der Sache TomTom/Tele Atlas die Kosten in Höhe von 1 Mrd. EUR von den Parteien als historischer Richtwert bestätigt. Diese weltweite Schätzung sollte jedoch um die Kosten für die Zusammenstellung der Daten für Nordamerika (und der Daten für andere Gebiete außerhalb des EWR) und die durch die technische Entwicklung bedingten Kostensenkungen reduziert werden.

(203) In der Entscheidung TomTom/Tele Atlas kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Schätzung von Facet erstaunlich niedrig ist, wenn berücksichtigt wird, dass sie deutlich niedriger ausfällt als die weitgehend übereinstimmenden Schätzungen von NAVTEQ und Tele Atlas. Facet stützt seine Schätzung vermutlich auf die Kosten, die mit der Erstellung seiner Datenbank für die USA verbunden waren. Dennoch ist es fraglich, ob die Kosten für die Erstellung einer Kartendatenbank in den USA einen angemessenen Richtwert für die Kosten für die Erstellung einer Kartendatenbank im EWR darstellen. Die Kosten für die Zusammenstellung einer Kartendatenbank in den USA – einem geografischen Gebiet, das in Bezug auf Verkehrsvorschriften, Verkehrszeichen usw. weitgehend einheitlich ist – unterscheiden sich erheblich vom EWR, einem uneinheitlichen Gebiet, das aus 30 Ländern mit unterschiedlichen Verkehrsvorschriften besteht. Eine einfache lineare Extrapolation der Kosten von Facet auf der Grundlage von Kilometern des Straßennetzes in den USA gegenüber den Kilometern des Straßennetzes im EWR führt daher vermutlich zu einer zu niedrigen Schätzung der Kosten für die Datenzusammenstellung. Überdies scheint sich die Schätzung von Facet nicht auf eine vollständige EWR-Abdeckung zu beziehen. Das Unternehmen hat angegeben, dass es den Umfang seiner künftigen europäischen Kartendatenbank noch festlegen muss, dass jedoch bereits feststeht, dass sie von Beginn an einen weiten Bereich abdecken wird. Daher hält es die Kommission für wahrscheinlich, dass Facet die Kosten für die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank mit einer vollständigen EWR-Abdeckung als zu niedrig einschätzt.

(204) Schließlich wird in dieser Sache auch die Auffassung vertreten, dass sich über die veranschlagten Kosten sicherlich diskutieren lässt, es jedoch außer Frage steht, dass die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank mit EWR-Abdeckung ressourcenintensiv und kostspielig ist. Darüber hinaus ist ein Großteil dieser Kosten als verlorene Kosten anzusehen.

Zeitpunkt des Markteintritts

(205) In der Sache TomTom/Tele Atlas legten die fusionierenden Parteien zunächst eine von Tele Atlas initiierte Studie vor, in der untersucht wurde, welcher Markteintritt innerhalb von [ein bis fünf] Jahren erfolgen könnte. Zu einem späteren Zeitpunkt der Untersuchung kamen die Parteien zu dem Ergebnis, dass ein Markteintritt in naher Zukunft sehr wahrscheinlich ist.

(206) In der Sache TomTom/Tele Atlas machte NAVTEQ ähnliche Angaben zum Zeitpunkt eines Markteintritts. Das Unternehmen war der Ansicht, dass ein Eintritt der wahrscheinlichsten neuen Marktteilnehmer (NAVTEQ nannte aktuelle Anbieter digitaler Kartendaten wie AND und aktuelle Anbieter internetgestützter Kartenanwendungen wie Google) [...]* in Anspruch nehmen würde. NAVTEQ erkannte jedoch an, dass ein „Neueinsteiger“ mehr Zeit benötigen würde, um eine navigationsfähige Datenbank zu erstellen.

98 Vgl. Sache COMP/M.4854 TomTom/Tele Atlas, Erwägungsgrund 111.

(207) Einige Befragte der Marktuntersuchung in der Sache TomTom/Tele Atlas sind der Ansicht, dass ein Markteintritt länger dauern würde als von den Parteien und NAVTEQ geschätzt. Die Zeitverzögerung, nach der ein vollständiger Markteintritt möglich ist, wurde von mehreren Befragten der Marktuntersuchung auf fünf bis zehn Jahre geschätzt.

(208) Die Kommission stellt in der Sache TomTom/Tele Atlas in dieser Hinsicht fest, dass AND – das bei der Zusammenstellung seiner Daten auf Mitarbeiter im Außeneinsatz verzichtet hat – viele Jahre für die Erfassung seiner Daten für seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken aufgewendet hat.

(209) Auch Facet gibt an, dass es Jahre gedauert habe, bis die Kartendaten für die USA zusammengestellt waren. Auf Nachfrage der Kommission erklärte Facet, dass das Unternehmen [vier bis acht Jahre] benötigt habe, um seine Datenbank für die USA zu erstellen, dass diese Zeit unter Aufwendung zusätzlicher Mittel jedoch hätte verkürzt werden können. Dennoch geht Facet davon aus, dass das Unternehmen eine Datenbank mit einer breiten europäischen Abdeckung in 18 Monaten erstellen könnte. Unter Berücksichtigung der Zeit, die Facet für die Erstellung der Datenbank für die USA benötigt hat, hielt die Kommission es in der Sache TomTom/Tele Atlas für wahrscheinlich, dass Facet die für die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Datenbank mit vollständiger EWR-Abdeckung benötigte Zeit zu niedrig ansetzt.

(210) In der Sache TomTom/Tele Atlas schätzte ein Anbieter internetgestützter Kartenlösungen, dass er in fünf Jahren eine eigene digitale Kartendatenbank erstellen könnte, die die derzeit von dem Unternehmen angebotenen Funktionen unterstützen würde.

(211) Die Kommission vertrat in der Sache TomTom/Tele Atlas die Auffassung, dass es unbestritten ist, dass die Erstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank in einer mit den von NAVTEQ und Tele Atlas angebotenen Datenbanken vergleichbaren Qualität ein zeitaufwändiger Prozess ist. Zur Erstellung einer Datenbank, die den EWR abdeckt, müssen enorme Mengen von Daten aus verschiedenen Quellen erfasst werden, und die Teams, die für die Feldstudien zuständig sind, müssen alle Straßen im EWR abfahren und alle Merkmale der Straßen erfassen.

(212) In der vorliegende Sache muss daher die Auffassung vertreten werden, dass ein Eintritt eines glaubwürdigen neuen Marktteilnehmers, der das Wettbewerbsverhalten der etablierten Akteure einschränken kann, in den kommenden drei Jahren nicht wahrscheinlich ist.

99 AND-Website: www.and.com.

100 Pressemitteilung von Facet vom 29. November 2007.

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Markteintritt mit einfachen Datenbanken nach Ländern

(213) In der Sache TomTom/Tele Atlas gaben die fusionierenden Parteien an, dass der Markteintritt eines Anbieters einer navigationsfähigen digitalen Basis-Kartendatenbank mit begrenzter geografischer Abdeckung wahrscheinlich ist und dass ein solcher Eintritt das Wettbewerbsverhalten von NAVTEQ und Tele Atlas einschränken würde. Die Kommission hält es aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich, dass ein solcher Markteintritt – wenn er erfolgte – wesentliche Auswirkungen auf den Wettbewerb hätte.

(214) Erstens sind gut funktionierende Navigationsfunktionen für das Ansehen und den kommerziellen Erfolg von Geräteherstellern entscheidend. Angesichts der Tatsache, dass die Lizenzgebühr für die Datenbank einen kleinen Teil der gesamten Produktionskosten für ein Navigationsgerät ausmacht, sind die Anreize für die Hersteller gering, sich anstelle einer voll navigationsfähigen Kartendatenbank für eine kostengünstige Kartendatenbank von niedriger Qualität zu entscheiden, da das damit verbundene Risiko für ihr Ansehen und das kommerzielle Risiko die begrenzten Kosteneinsparungen vermutlich überwiegen würden. Darüber hinaus ist bei jeder Schädigung des Ansehens eines Geräteherstellers, das durch einfache, schlecht funktionierende Navigationsgeräte verursacht wird, damit zu rechnen, dass sich diese Einbußen in Bezug auf das Ansehen auch auf die Geräte in mittleren und höheren Preissegmenten des Herstellers übertragen werden. Aus diesem Grund ist die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Aufnahme von Basis-Kartendatenbanken für den Einsatz in Navigationsgeräten auch in einfachen Geräten voraussichtlich begrenzt.

(215) Zweitens müssen die Gerätehersteller eine „nahtlose“ Navigation sicherstellen, da sich die Kunden grenzüberschreitend bewegen. Zur Sicherstellung einer nahtlosen Navigation und zur Minimierung von Kompatibilitätsproblemen beschaffen sich die Gerätehersteller ihre navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken häufig beim selben Anbieter (zumindest für jede Region). Die Marktuntersuchung der Kommission lässt darauf schließen, dass es in der Branche üblich ist, Lizenzen für Datenbanken „en bloc“ pro Kontinent zu erwerben. Angesichts der Skaleneffekte (Mengenrabatte sind in der Branche üblich) und des Umfangs (keine Kosten für die Sicherstellung einer „nahtlosen“ Kartenabdeckung), die der Erwerb bei einem einzigen Anbieter mit sich bringt, sowie der Transaktionskosten, die durch die Beschaffung von Datenbanken bei mehreren Anbietern entstehen, ist es unwahrscheinlich, dass sich dieses Einkaufsmuster in der Zukunft ändern wird. Durch diese Umstände ist es unwahrscheinlich, dass eine Markteintrittsstrategie nach Ländern ausreicht, um das Wettbewerbsverhalten von NAVTEQ und Tele Atlas einzuschränken.

AND

(216) In der Sache TomTom/Tele Atlas hat die Kommission die Rolle von AND eingehend untersucht, um festzustellen, ob das Unternehmen das Wettbewerbsverhalten von NAVTEQ und Tele Atlas einschränken könnte, oder ob es kurz- oder mittelfristig dazu in der Lage wäre.

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(217) AND beschäftigt etwa 250 Mitarbeiter in den Niederlanden und in Indien. Der Gesamtumsatz des Unternehmens lag im Jahr 2006 weltweit bei unter 5 Mio. EUR. Das Unternehmen plante ursprünglich, digitale Kartendatenbanken zu erstellen, die die Länder enthalten sollten, die von NAVTEQ und Tele Atlas noch nicht abgedeckt wurden. AND bietet auch eine Weltkarte an, die auf einem deutlich niedrigeren Detailniveau als NAVTEQ und Tele Atlas über 200 Länder abdeckt. Diese nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbank wird hauptsächlich für die Verfolgung und Aufspürung sowie für Logistiklösungen und Online-Anwendungen genutzt. Die meisten Kunden verwenden die digitalen Kartendatenbanken von AND für andere Zwecke als die Navigation.

(218) In einer am 17. September 2007 veröffentlichten Pressemitteilung kündigte AND die Einführung von Kartendaten auf „Straßenebene“ für die Benelux-Länder an. Am 19. November 2007 kündigte AND in einer ähnlichen Mitteilung auch Daten auf „Straßenebene“ für Deutschland an. Zudem beabsichtigte das Unternehmen, im Jahr 2008 digitale Kartendatenbanken für das übrige Westeuropa einzuführen.

(219) AND stellt derzeit angeblich navigationsfähige digitale Kartendatenbanken bereit, die die folgenden EWR-Länder abdecken: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und Slowenien. Unternehmensangaben zufolge verfügen diese Datenbanken über alle Attribute, die für die Navigation erforderlich sind, und enthalten ausgewählte Punkte von Interesse. AND erstellt seine navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken durch die Zusammenstellung von Kartendaten, die aus einer Reihe öffentlich zugänglicher Quellen stammen, ergänzt diese Daten um Luft- und Satellitenaufnahmen und verarbeitet die erfassten Daten in seinen Einrichtungen in Indien. Anders als NAVTEQ und Tele Atlas verzichtet das Unternehmen auf Mitarbeiter im Außeneinsatz und spezielle Fahrzeuge, um Straßendaten zu erfassen.

(220) In der Sache TomTom/Tele Atlas ließ die Marktuntersuchung der Kommission darauf schließen, dass die Qualität der navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken von AND im Hinblick auf die Genauigkeit und Vollständigkeit niedriger ist die der Datenbanken von NAVTEQ und Tele Atlas. Die Antworten der Befragten zeigen, dass die digitalen Kartendatenbanken von AND nur sehr grundlegende Navigationsfunktionen bieten. Weder die Kommission noch die Parteien konnten jedoch einen Gerätehersteller oder einen Entwickler von Navigationssoftware ausfindig machen, der navigationsfähige digitale Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung einsetzt, die von AND erstellt wurden. Darüber hinaus führten die Befragten an, dass AND die finanziellen Mittel fehlen, die für eine kurz- oder mittelfristige Erweiterung der Abdeckung und Verbesserung der Qualität seiner navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken auf ein ausreichendes Niveau nötig wären. Die Kommission kam in der Entscheidung TomTom/Tele Atlas ebenfalls zu dem Schluss, dass die geografische Abdeckung der navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank von AND bei weitem nicht vollständig ist.

Facet

(221) In der Sache TomTom/Tele Atlas hat die Kommission bewertet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Facet auf dem Markt für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung tätig wird, um beurteilen zu können, ob das Unternehmen in der Lage wäre, das Wettbewerbsverhalten von NAVTEQ und Tele Atlas kurz- oder mittelfristig einzuschränken.

(222) Facet hat über mehrere Jahre digitale Bilder für die Statistikbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika (United States Census Bureau) und für Microsoft erstellt. Es hat eine ausgereifte Software für Bildanalyse und die Identifizierung von Sehenswürdigkeiten entwickelt und patentieren lassen. Vor einigen Jahren beschloss Facet, aus seiner enorm großen Datenbank mit digitalen Bildern eine navigationsfähige Kartendatenbank zu erstellen, die die Vereinigten Staaten von Amerika ohne Alaska und Hawaii abdeckt. Diese Datenbank von Facet für die USA namens SightMap konnte im April 2008 an die Kunden ausgeliefert werden.

(223) Laut Facet ist die Qualität der SightMap-Datenbank von der US-Statistikbehörde und von Microsoft überprüft worden. Facet beabsichtigt, seine Datenbank für die USA zu einem Preis zu lizenzieren, der erheblich niedriger ist als die von NAVTEQ und Tele Atlas derzeit erhobenen Preise. Des Weiteren stellt Facet derzeit eine navigationsfähige digitale Kartendatenbank für Kanada zusammen, die das Unternehmen im Frühjahr 2009 auf den Markt bringen möchte.

(224) Facet hat öffentlich seine Pläne angekündigt, eine navigationsfähige digitale Kartendatenbank mit europäischer Abdeckung zu erstellen. Das Unternehmen möchte mit einem europäischen Partner zusammenarbeiten, der die Feldstudien mit einer Flotte von Fahrzeugen durchführt, die mit der patentierten Technologie für die Erfassung von Straßendaten von Facet ausgestattet sind.

(225) Keiner der Befragten der im Rahmen der Sache TomTom/Tele Atlas durchgeführten Marktuntersuchung der Kommission nannte Facet als potenziellen neuen Markteinsteiger.

(226) Im Hinblick auf den potenziellen Eintritt von Facet auf den Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken mit europäischer Abdeckung stellte die Kommission in der Entscheidung TomTom/Tele Atlas fest, dass das Unternehmen in den USA noch einen Marktanteil erzielen muss. Sie bemerkte des Weiteren, dass die Pläne des Unternehmens zur Erstellung einer Kartendatenbank mit europäischer Abdeckung sehr vorläufig seien und erachtete es als unwahrscheinlich, dass Facet über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, innerhalb eines begrenzten Zeitraums eine europaweite Datenbank vollständig neu zu erstellen. Sie schloss jedoch nicht aus, dass Facet in absehbarer Zeit in der Lage ist, ein marktfähiges Produkt mit europäischer Abdeckung einzuführen. Aufgrund der durch den Produktionsprozess bedingten Zeitverzögerungen wird ein Markteintritt durch Facet nach Ansicht der Kommission jedoch nicht so schnell erfolgen, dass dadurch das Wettbewerbsverhalten von NAVTEQ und Tele Atlas eingeschränkt würde.

Markteintritt – Schlussfolgerungen

(227) Wenn ein Markteintritt ausreichend einfach ist, sind bei einem Zusammenschluss keine bedeutenden wettbewerbswidrigen Risiken zu erwarten. Wenn ein Markteintritt als ausreichender Wettbewerbsdruck für die Parteien des Zusammenschlusses betrachtet werden soll, muss nachgewiesen werden, dass mit einem rechtzeitigen und ausreichenden Druck zu rechnen wäre, der mögliche wettbewerbsschädigende Wirkungen des Zusammenschlusses verhindern oder aufheben könnte.

(228) Im Rahmen ihrer Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas konnte die Kommission keine Hinweise darauf ermitteln, dass einer der derzeitigen Anbieter navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken, die in Japan und Südkorea oder anderswo auf der Welt tätig sind, beabsichtigt, auf dem Markt für Datenbanken mit Abdeckung der Länder des EWR tätig zu werden. Ein Markteintritt diese Unternehmen ist daher als unwahrscheinlich anzusehen. Selbst wenn sie die Absicht hätten, auf diesem Markt tätig zu werden, würde die durch die vollständige Neuerstellung einer navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank für den EWR bedingte, erhebliche Zeitverzögerung verhindern, dass ein potenzieller künftiger Markteintritt so rechtzeitig erfolgen könnte, dass er kurz- oder mittelfristig das Wettbewerbsverhalten der etablierten Akteure einschränken würde.

(229) Der Markteintritt neuer Unternehmen, die internetgestützte Kartenanwendungen anbieten, wurde in der Sache TomTom/Tele Atlas ebenfalls als unwahrscheinlich eingestuft. Keines der Unternehmen, das solche Dienste anbietet, und von der Kommission in dieser Sache kontaktiert wurde, äußerte Absichten über einen Markteintritt. Weder Google noch Microsoft haben eine eigene Kartendatenbank mit EWR-Abdeckung entwickelt. Die gleiche Zeitverzögerung würde für bestehende Anbieter navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken entstehen, weshalb ein rechtzeitiger Markteintritt dieser Unternehmen ebenfalls nicht zu erwarten ist.

(230) Abgesehen von AND hat die Marktuntersuchung der Kommission im Rahmen der Entscheidung der Kommission zu TomTom/Tele Atlas zu keinen Hinweisen darauf geführt, dass einer der Hersteller, die derzeit nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken mit europäischer Abdeckung produzieren, beabsichtigt, seine Datenbanken so aufzurüsten, dass eine navigationsfähige Datenbank entsteht. In jedem Fall erachtet die Kommission einen rechtzeitigen Markteintritt durch die erhebliche Zeitverzögerung, die mit einem solchen Unterfangen verbunden wäre, als unwahrscheinlich. Die gleiche Zeitverzögerung würde entstehen, bis Facet auf dem Markt für digitale Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung tätig werden könnte.

(231) Mögliche finanzielle Einschränkungen kleiner Unternehmen, die auf dem Markt tätig werden möchten (wie AND und Facet), könnten mit Hilfe der Benutzer

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digitaler Kartendatenbanken überwunden werden, wenn diese den Markteintritt eines dritten Markteilnehmers finanziell fördern. Auf Nachfrage der Kommission im Rahmen ihrer Entscheidung zu TomTom/Tele Atlas gab keiner der Befragten an, dass eine finanzielle Unterstützung des Markteintritts eine tragfähige Option darstellt. Ein finanziell geförderter Markteintritt ist daher als unwahrscheinlich anzusehen. Selbst wenn sich ein Geber finden würde, sind die in Erwägungsgrund 212 genannten Zeitverzögerungen dennoch einzurechnen.

(232) Die Marktuntersuchung in der vorliegenden Sache kam zu ähnlichen Ergebnissen wie die Untersuchung in der Sache TomTom/Tele Atlas, sowohl im Hinblick auf den geschätzten Zeitpunkt und die Kosten für einen Markteintritt als auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und der Auswirkungen eines Markteintritts von AND, Facet und weiteren Unternehmen. Ein Markteintritt in einem unbedeutenden Rahmen kann zwar nicht ausgeschlossen werden, aber es ist festzustellen, dass ein Eintritt auf dem Markt für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung weder rechtzeitig (d. h. ausreichend schnell und nachhaltig) noch in einem ausreichendem Maß (bezüglich Reichweite und Stärke) erfolgen kann, um mögliche wettbewerbsschädigende Wirkungen der Übernahme von NAVTEQ durch Nokia zu verhindern oder aufzuheben.

7.2 Navigationssoftware

7.2.1 Einleitung

(233) Die meisten Mobiltelefonhersteller (mit Ausnahme von Nokia) und Mobilfunknetzbetreiber beziehen Navigationssoftware bei externen Anbietern. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern von Navigationssoftware. Bei diesen Anbietern handelt es sich entweder um spezialisierte Softwareunternehmen oder um Hersteller von Navigationsgeräten selbst (z. B. Nokia/gate5, Garmin, NAVIGON und TomTom).

(234) Mobiltelefonhersteller und Mobilfunknetzbetreiber erwerben Navigationssoftware entweder einzeln oder als Paket, das aus Software und Datenbank besteht. Da nur wenige Mobilfunknetzbetreiber und Mobiltelefonhersteller (mit Ausnahme von Nokia und Motorola) über direkte Beziehungen mit NAVTEQ oder Tele Atlas verfügen, werden navigationsfähige digitale Kartendatenbanken hauptsächlich von Anbietern von Navigationssoftware erworben, die diese dann für das Angebot von Navigationsdiensten auf Mobiltelefonen verwenden. Darüber hinaus sind navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ein wichtiges Einsatzmittel für Navigationssoftware. Dies gilt sowohl für die Fälle, in denen der Softwareanbieter die Software und die Datenbank in einem Paket an den Gerätehersteller verkauft, als auch für die Fälle, in denen der Kunde die Software und die Datenbank unabhängig voneinander bezieht. In beiden Fällen muss der Navigationssoftwareanbieter die Software so konfigurieren, dass sie vollständig mit der Datenbank kompatibel ist.

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In der Anmeldung führt Nokia 23 Unternehmen auf, die Navigationssoftware für tragbare Navigationsgeräte anbieten. Anmeldung, Seite 72.

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Seit der Übernahme von gate5 ist Nokia auf dem Markt für die Bereitstellung von Navigationssoftware tätig. Der Marktanteil von Nokia liegt unter 25 %, aber NAVTEQ verfügt über einen Anteil von über 25 % an den Märkten für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung, bei denen es sich um ein wichtiges Einsatzmittel für Navigationssoftware handelt.

(236) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass der Markt für die Bereitstellung von Navigationssoftware ein Markt ist, der von dem Vorhaben vertikal betroffen ist.

7.2.2 Marktanteile

(237) In der Anmeldung gibt Nokia den weltweiten Marktanteil von gate5 für das Jahr 2007 mit geschätzten [0-10]* % an. Die in der Anmeldung angegebenen geschätzten Marktanteile beinhalten jedoch unternehmensinterne Umsätze.

(238) Um die Wettbewerbssituation auf einem Markt widerzuspiegeln, sollte nur der Handelsmarkt berücksichtigt werden (interne Umsätze also nicht). In der Sache TomTom/Tele Atlas wurden die Schätzwerte der Marktanteile der Hauptanbieter am Handelsmarkt wie in der folgenden Tabelle dargestellt angegeben. Diese Schätzwerte behalten auch für den vorliegenden Fall ihre Gültigkeit.

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Navigationssoftware – Marktanteile nach verkauften Mengen im Jahr 2006 (Handelsmarkt)

UNTERNEHMEN

GESCHÄTZTER MARKTANTEIL

NAVIGON

[20-30]* %

Nav N Go

[15-20]* %

Destinator

[15-20]* %

Elektrobit

[5-10]* %

gate5 (Nokia)

[5-10]* %

Route 66

[5-10]* %

TomTom

[5-10]* %

Map & Guide

[0-5]* %

Alturion

[0-5]* %

ALK

[0-5]* %

Via Michelin

[0-5]* %

Navicore

[0-5]* %

7.2.3 Preisgestaltung

(239) In der Regel erwerben die Kunden Lizenzen für die Nutzung der Navigationssoftware. Lizenzgebühren werden pro Einheit bezahlt und gelten für die Lebensdauer des Gerätes, in das die On-Board-Software installiert ist. Alternativ – und vor allem bei Off-Board-Systemen üblich – können Lizenzgebühren über ein zeitlich festgelegtes Abonnement (auf Tages-, Wochen- oder Monatsbasis) entrichtet werden. Üblicherweise richten sich die Preise nach der Größe des Lizenzgebietes.

7.2.4 Vertriebsformen

(240) Die meisten Softwareentwickler liefern ihre Navigationssoftware an Hersteller aller Arten von Geräten. Derzeit wird der Navigationssoftwaremarkt hauptsächlich von PND-Herstellern gesteuert, mit denen der größte Teil des Umsatzes generiert wird. Aufgrund des prognostizierten erheblichen Anstiegs der Umsätze mit navigationsfähigen Mobiltelefonen wird sich dies wahrscheinlich ändern.

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Diese Schätzwerte beruhen auf Umsätzen, die nicht unternehmensintern generiert wurden, und zwar anhand der in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika) verkauften Mengen von On-Board-Navigationssoftware im Jahr 2006. Zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit der Definition des Marktes hätten die Umsatzdaten den weltweiten Umsatz sowie alternativ die Summe der Markanteile für On-Board- oder Off-Board-Navigationssoftware enthalten müssen. Außerdem wäre eine Berechnung der Marktanteile auf der Grundlage des Marktwertes nützlich gewesen. Bei keiner dieser Alternativen ist jedoch eine bedeutende Änderung der relativen Marktanteile der Hauptakteure zu erwarten. Dies gilt vor allem für die verhältnismäßig geringe Bedeutung von Nokia/gate5 im offenen Markt für Navigationssoftware.

7.2.5 Markteintritt

(241) Die Kommission kam in der Entscheidung TomTom/Tele Atlas zu dem Schluss, dass die Hindernisse für einen Markteintritt gering zu sein scheinen. Dabei stützte sie sich unter anderem auf die Tatsache, dass die Mehrzahl der Gerätehersteller, die an der Marktuntersuchung der Kommission teilnahmen, angab, bereits jetzt oder künftig in der Lage zu sein, unternehmensintern ihre eigene Navigationssoftware zu entwickeln. Diese Schlussfolgerung behält auch für den vorliegenden Fall ihre Gültigkeit.

7.3 Nachgelagerte Märkte

7.3.1 Navigationsanwendungen für Mobiltelefone

(242) Da das Angebot von Navigationsdiensten auf Mobiltelefonen eine noch im Entstehen begriffene Industrie darstellt, sind – unabhängig vom Vertriebsweg – keine verlässlichen Informationen über den Markt, wie Marktanteile, verfügbar.

(243) Aus der Marktuntersuchung geht hervor, dass auf diesem Markt eine große Anzahl von Mitbewerbern besteht. Mobilfunknetzbetreiber haben den Vorteil einer ständigen, direkten Wirtschaftsbeziehung mit Kunden, und sie können diese Position nutzen, um Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen zu verkaufen. Die Anbieter von Navigationssoftware verfügen über das notwendige technische Fachwissen, haben aber den Nachteil, dass sie keinen regelmäßigen Kontakt mit Kunden haben. Schlussendlich haben Anbieter von internetgestützten Navigationsanwendungen den Vorteil, über mobile Browser erreichbar zu sein (beispielsweise Google Maps oder Ovi von Nokia).

(244) Es ist zu beachten, dass beinahe alle Mobilfunknetzbetreiber und Mobiltelefonhersteller (mit Ausnahme von Nokia) die Navigationssoftware, die sie vermarkten, nicht unternehmensintern entwickeln, sondern mit einem unabhängigen Anbieter zusammenarbeiten. Eine Folge davon ist, dass es in der Regel Anbieter von Navigationssoftware sind, die Karten erwerben.

(245) Die meisten Mobilfunknetzbetreiber haben Navigationsdienste erst seit dem Jahr 2007 oder 2008 im Angebot und haben bislang nur geringe Einnahmen generiert. Einige bieten solche Dienste bislang noch nicht an, planen dies aber auf kurze Sicht. Auch Anbieter von Navigationssoftware und Anbieter internetgestützter Dienste für Mobiltelefone entwickeln derzeit erste Angebote. Alle Marktteilnehmer gehen von einem äußerst hohen Umsatzzuwachs bei Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen aus.

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Darunter sind Mobiltelefone mit einer vorinstallierten Navigationsfunktion sowie Mobiltelefone zu verstehen, in die auch nach dem ursprünglichen Erwerb noch Navigationslösungen eingebaut werden können (Nachrüstung).

(246) Es ist erwähnenswert, dass vor allem von Mobilfunknetzbetreibern eine Vielzahl von Optionen zur Bereitstellung solcher Navigationsdienste erwogen wird (z. B. On-Board oder Off-Board, Gebühren pro Nutzung oder monatliche Gebühren, Partnerschaft mit Onlineunternehmen, die kostenfreie Dienste oder bestimmte Dienste anbieten). Bei diesem Markt handelt es sich um einen im Entstehen begriffenen Markt, und die Kommission hat kein vorherrschendes Geschäftsmodell festgestellt.

Off-Board-Navigationsanwendungen

(247) Der Verkauf von mobilen Navigationslösungen über Nutzungsgebühren ist noch ein recht neuer Ansatz, der sich derzeit entwickelt. Daher stehen hierzu bislang keine Marktdaten zur Verfügung. Bei der Marktuntersuchung der Kommission haben bislang einige Mobilfunknetzbetreiber geringe Einnahmen gemeldet.

(248) Solche Dienste werden in der Regel von Mobilfunknetzbetreibern angeboten, die mit externen Anbietern von Navigationssoftware eine Vereinbarung über eine Einnahmeaufteilung abgeschlossen haben. Alle Mobilfunknetzbetreiber haben angegeben, dass sie die Entwicklung des Angebotes von Navigationsdiensten über ihr Netz weiter fördern werden. Alle Mobilfunknetzbetreiber haben bei der Marktuntersuchung der Kommission angegeben, dass sie eher mit unabhängigen Anbietern von Navigationssoftware arbeiten würden, anstatt unternehmensinterne Lösungen zu entwickeln, obwohl sie der Ansicht sind, dass standortbezogene Dienste ein wesentlicher Bestandteil der zukünftigen Mobilfunkbranche sein werden.

(249) Nokia entwickelt derzeit ein Webportal („Ovi“), [...]*. Neben anderen Diensten (wie Musik, Videos, Messaging) werden über Ovi Navigationsfunktionen angeboten. Die Seite www.ovi.com wurde noch nicht in Betrieb genommen. Nokia bietet derzeit Karten und Navigationsfunktionen (nur für Mobiltelefone) an, die von der Nokia-Website heruntergeladen werden können.

On-Board-Navigationsanwendungen

(250) Wie bereits in Abschnitt 7.2 angegeben, verkaufen Anbieter von Navigationssoftware in der Regel Navigationslösungen nicht direkt an Endkunden. Neben seiner ursprünglichen Tätigkeit als Anbieter von Navigationssoftware für Drittunternehmen verkauft TomTom jedoch auch eine Navigationslösung für Mobiltelefone direkt an Endverbraucher. TomTom NAVIGATOR 6 kann in herkömmlichen Geschäften oder online erworben und über eine Verbindung mit einem USB-Kabel auf einem Mobiltelefon installiert werden. Diese Software funktioniert unabhängig von Verbindungen mit dem drahtlosen Netz. Die einzige Voraussetzung ist, dass das Gerät mit einer der Plattformen kompatibel ist, für die NAVIGATOR 6 konfiguriert ist (beispielsweise Symbian, Windows Mobile, Palm). Fast alle Mobiltelefone auf dem Markt erfüllen diese Voraussetzung.

(251) Garmin, NAVIGON, Route 66, Webraska und Wayfinder vertreiben ebenfalls solche Software. Die Kommission verfügt derzeit aber über keine Marktanalyse, die Aufschluss über der direkten Verkauf von Navigationssoftware an den Endverbraucher gibt.

53

Markteintritt

(252) Es bestehen nur geringe Hindernisse für den Eintritt in den Markt für Navigationsanwendungen für Mobiltelefone. Auch kleine Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern, wie Alturion S.A. und Destinator Technologies, können auf diesem Markt bestehen. Darüber hinaus wäre aufgrund der angebotsseitigen Ersetzbarkeit ein Markteintritt für jeden allgemeinen Softwareentwickler möglich. Der Verkauf von Anwendungen durch bestimmte Kanäle, wie Mobilfunknetzbetreiber oder eine Bündelung mit Mobiltelefonen, würde ein Partnerschaftsvereinbarungen mit Betreibern oder Telefonherstellern nach sich ziehen. Andere Verkaufskanäle hingegen, wie direkte Online-Verkäufe, stehen allen Neueinsteigern offen.

7.3.2 Mobiltelefone

(253) Mobiltelefonhersteller können eine vollständige Navigationslösung direkt in die Geräte integrieren. Daher ist für den Endkunden nicht vorrangig, ob der Mobilfunknetzbetreiber einen Navigationsservice anbietet. Wie bei PNDs ist ein vollständiger Dienst von einem eigenständigen Gerät erhältlich.

(254) Es kann auch zwischen Mobiltelefonen mit und ohne Navigationsfunktionen unterschieden werden. Eine derartige Unterscheidung jedoch nicht notwendig, da (i) sich die Marktposition von Nokia und seinen wichtigsten Mitbewerbern nach der Definition nicht wesentlich unterscheidet, und (ii) bis zum Jahr 2011 Mobiltelefone mit Navigationsfunktionen einen bedeutenden Anteil des Mobiltelefonmarktes halten werden.

(255) Nokia ist bei Weitem der größte Anbieter auf dem Mobiltelefonmarkt. Im Jahr 2007 hielten Nokia und seine wichtigsten Mitbewerber die folgenden Marktanteile:

Verkäufe von Mobiltelefonen an Endbenutzer weltweit und in Westeuropa im Jahr 2007 (Einheiten von 1 000)

Weltweit

Westeuropa

Unternehmen

Verkäufe

Marktanteil (%)

Verkäufe

Marktanteil (%)

[…]*

[30-40]*

[…]*

[35-45]*

[…]*

[10-20]*

[…]*

[5-15]*

Motorola

[…]*

[10-20]*

[…]*

[10-20]*

Samsung

Sony Ericsson […]*

[0-10]*

[…]*

[10-20]*

[…]*

[0-10]*

[…]*

[0-10]*

BenQ Mobile

[…]*

Sonstige

[…]*

Quelle: Gartner (Februar 2008)

112

(256) [...]*

Marktanteile von Nokia (in Einheiten) – Mobiltelefone mit Navigationsfunktionen 2006

Weltweit

Westeuropa

[35-45]* %

-

[10-20]* %

Motorola

-

[10-20]* %

Samsung

-

[0-15]* %

Sony Ericsson

-

[0-10]* %

LG

-

[0-10]* %

BenQ Mobile

-

[10-20]* %

Sonstige

-

Quelle: Anmeldung, GfK

(257) Es besteht ein großes Angebot an navigationsfähigen Mobiltelefonen, und Nokia ist nicht der einzige Anbieter für navigationsfähige Mobiltelefone. Navigationsanwendungen sind derzeit keine bedeutende Triebkraft für den Verkauf von Mobiltelefonen. Die Akteure erwarten jedoch, dass Navigationsdienste in der Zukunft an Beliebtheit gewinnen.

Markteintritt

(258) Wie die meisten Märkte der Elektronikbranche ist der Mobiltelefonmarkt von einem verschärften Wettbewerb und dem häufigen Markteintritt von neuen Mitbewerbern geprägt. Zusätzlich zu den traditionellen Mitbewerbern, die ursprünglich aus der Mobilfunkbranche stammen, werden Produkte, die mit den Mobiltelefonen von Nokia im Wettbewerb stehen, von Mitbewerbern aus anderen Elektronik- und Hi-Tech-Märkten angeboten. Zu den Geräten, deren Markanteile wachsen, gehören der Blackberry von Research in Motion, das iPhone von Apple, das nüvifone von Garmin und der Palm.

(259) Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein neuer Markteinsteiger die Stellung von Nokia auf kurze Sicht bedrohen könnte.

VIII. VEREINBARKEIT MIT DEM G EMEINSAMEN M ARKT UND DEM EWR-ABKOMMEN

8.1 Einleitung

(260) Am 14. Mai 2008 genehmigte die Kommission die Übernahme von Tele Atlas, dem Mitbewerber von NAVTEQ für die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken, durch TomTom ohne Auflagen. Die Übernahme von NAVTEQ durch Nokia wurde bei der Kommission angemeldet, nachdem die Anmeldung der Übernahme von Tele Atlas durch TomTom eingegangen war. Die

113

Kommission führte daher ihre Bewertung des Zusammenschlusses von Nokia und NAVTEQ vor dem 14. Mai 2008 in der Annahme durch, dass TomTom und Tele Atlas vertikal integriert seien.

(261) Obwohl der Zusammenschluss zwischen Nokia und NAVTEQ unabhängig analysiert wird und unterschiedliche Merkmale aufweist – insbesondere auf den nachgelagerten Märkten –, hat die Genehmigung des Zusammenschlusses zwischen TomTom und Tele Atlas Auswirkungen auf die von der Kommission durchgeführte Wettbewerbsanalyse, da die Marktstruktur betroffen ist. Nach der Transaktion TomTom/Tele Atlas wird der Zusammenschluss von Nokia und NAVTEQ zur vertikalen Integration der beiden Anbieter von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit Anbietern von Navigationsdiensten führen. Bei der Marktuntersuchung haben NAVTEQ-Kunden einige Bedenken bezüglich dieser parallelen vertikalen Integrationen geäußert.

8.2 Wettbewerbsbedenken

(262) Die Marktuntersuchung der Kommission konzentrierte sich auf die Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer Wettbewerbsbeeinträchtigung, die infolge des Vorhabens aufgrund folgender Effekte entstehen kann:

(i.) Nicht koordinierte Effekte:

- Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln durch das fusionierte Unternehmen auf dem nachgelagerten Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen und auf dem nachgelagerten Mobiltelefonmarkt (die „nachgelagerten Märkte“) sowie auf dem zwischengeschalteten nachgelagerten Markt für Navigationssoftware.

- Zugang des fusionierten Unternehmens zu vertraulichen Informationen seiner Mitbewerber, die navigationsfähige digitale Datenbanken erwerben.

(ii.) Koordinierte Effekte:

(263) Diese Wettbewerbsbedenken werden gesondert behandelt. Da es unwahrscheinlich ist, dass der geplante Zusammenschluss Wettbewerbsbedenken bezüglich der Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken auslöst, liegt der Schwerpunkt der Bewertung auf Wettbewerbsbedenken im Zusammenhang mit der Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken.

8.3 Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln

8.3.1 Einleitung

(264) Mobiltelefonhersteller, Mobilfunknetzbetreiber und Anbieter von Navigationssoftware haben Bedenken geäußert, dass Nokia und NAVTEQ den Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken abschotten könnten. Eine derartige Abschottungsstrategie könnte entweder durch eine Erhöhung der Preise, durch das Angebot von Kartenbeständen minderer Qualität, durch eine Verzögerung des Zugangs zu aktuellen Karten oder Attributen oder durch eine exklusive Nutzung innovativer Funktionen durch Nokia erfolgen.

56

(265) Die Marktuntersuchung der Kommission ergab, dass eine alternative Strategie der vollständigen Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln, in deren Rahmen das fusionierte Unternehmen den nachgelagerten Mitbewerbern von Nokia keine Karten mehr bereitstellen würde, kein wahrscheinliches Szenario darstellte.

(266) In allen in Erwägungsgrund 264 genannten Kategorien von Marktakteuren hat der Großteil der Befragten Wettbewerbsbedenken dieser Art zum Ausdruck gebracht. Benutzer von Online-Karten führten ebenfalls Bedenken an, allerdings weniger übereinstimmende. Dies kann darauf hinweisen, dass nicht alle Benutzer von Online-Karten ihre Dienste für Mobiltelefone zugänglich machen möchten.

(267) Obwohl die Marktuntersuchung der Kommission eindeutig Bedenken aufzeigte, dass Nokia und NAVTEQ den zwischengeschalteten nachgelagerten Markt für Navigationssoftware sowie die nachgelagerten Märkte abschotten könnten, wiesen die aufgeführten Bedenken große Unterschiede auf. Diese Tatsache könnte die Argumente der Anmelder unterstützen, dass derartige Bedenken kaum fundiert seien. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass es sich bei der Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen um einen im Entstehen begriffenen Markt handelt, auf dem eine Vielzahl von Geschäftsmodellen noch untersucht wird, und dass es daher für die Mitbewerber unklar bleibt, welche Form eine Abschottungsstrategie annehmen könnte.

(268) Nummer 29 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse“) enthält folgenden Wortlaut: „Einer Fusion werden Abschottungseffekte zugeschrieben, wenn sie den Zugang tatsächlicher oder potentieller Wettbewerber zu Produktionsmitteln oder Märkten behindert oder unmöglich macht und dadurch die Konkurrenzfähigkeit dieser Unternehmen einschränkt. (…) Eine derartige Abschottung wird als wettbewerbswidrig angesehen, wenn sie die fusionierenden Unternehmen – und möglicherweise einige ihrer Wettbewerber – in die Lage versetzt, gegenüber den Verbraucher die Preise zu erhöhen“.

(269) Bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer solchen wettbewerbsschädigenden Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln untersuchte die Kommission daher, (i.) ob das fusionierte Unternehmen nach dem Zusammenschluss die Möglichkeit hätte, den Zugang zu Einsatzmitteln zu verwehren, (ii.) ob es dazu den Anreiz hätte und (iii.) ob eine Abschottungsstrategie dem zwischengeschalteten nachgelagerten Markt für Navigationssoftware und den nachgelagerten Märkten erhebliche Nachteile bringen würde.

114 Vier Mobiltelefonhersteller (80 %) äußerten Bedenken solcher Art. Acht Mobilfunknetzbetreiber (73 %) äußerten derartige Bedenken. Zwei gaben an, dass Nokia seine Karten zu niedrigeren Preisen erwerben könnte, und einer gab an, dass der Zusammenschluss keine Auswirkungen auf den Markt haben würde. Sechs Anbieter von Navigationssoftware (67 %) äußerten Bedenken solcher Art. Zwei gaben an, dass Großkunden in der Lage sein sollten, ihre Interessen zu verteidigen, und einer gab an, dass der Zusammenschluss keine Wettbewerbsbedenken nach sich ziehen sollte.

57

8.3.2 Möglichkeit der Abschottung

(270) Bei der in den folgenden Erwägungsgründen dargelegten Analyse geht es darum, ob das fusionierte Unternehmen in der Lage wäre, durch Preiserhöhungen, minderwertige Karten, verzögerte Aktualisierungen oder die Einschränkung des Zugangs zu innovativen Kartenfunktionen auf den nachgelagerten Märkten tätige Unternehmen (Mobiltelefonhersteller, Mobilfunknetzbetreiber, Anbieter von Navigationssoftware oder Websites, die mobile Navigationslösungen anbieten) auszugrenzen. Der zwischengeschaltete nachgelagerte Markt für Navigationssoftware und die verschiedenen nachgelagerten Märkte werden einzeln analysiert.

(271) Die Anmelder gaben an, dass das fusionierte Unternehmen nicht in der Lage sei, die geschäftlichen Bedingungen, zu denen es navigationsfähige digitale Karten vermarktet, zu verschlechtern (beispielsweise durch den Verkauf von Karten zu höheren Preisen als Tele Atlas), da es sich nicht auf eine solche Strategie einlassen könnte. Da die in den folgenden Erwägungsgründen durchgeführte Analyse jedoch zu dem Schluss kommt, dass es für NAVTEQ keinen Anreiz zu einer Abschottung gäbe, selbst wenn das Unternehmen sich glaubwürdig auf eine solche Strategie einlassen könnte, kann diese Frage offen bleiben.

(272) Die Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse weisen auf drei Bedingungen hin, die Voraussetzung dafür sind, dass das fusionierte Unternehmen die Fähigkeit besitzt, sich gegenüber seinen nachgelagerten Mitbewerbern abzuschotten: (i) das Vorhandensein eines deutlichen Maßes an Marktmacht, (ii) die Bedeutung der Einsatzmittel und (iii) das Fehlen von rechtzeitigen und wirksamen Gegenstrategien. Diese Bedingungen werden in den folgenden Erwägungsgründen erörtert.

8.3.2.1 Das Vorhandensein eines deutlichen Maßes an Marktmacht

(273) Die Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln gemäß den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse kann nur dann ein Problem sein, wenn das fusionierte Unternehmen auf dem vorgelagerten Markt über ein deutliches Maß an Marktmacht verfügt. Im vorliegenden Fall verkauft NAVTEQ navigationsfähige digitale Kartendatenbanken über den Grenzkosten und besitzt auf dem vorgelagerten Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken einen Gesamtmarktanteil von rund 50 % (einschließlich Verkäufe an PND-Hersteller, Automobilhersteller und Anbieter von Navigationssoftware). Tele Atlas ist dabei der einzige andere Anbieter von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken mit einer ähnlichen Abdeckung und einem ähnlichen Qualitätsniveau. Es besteht daher Grund zu der Annahme, dass NAVTEQ die Wettbewerbsbedingungen auf dem vorgelagerten Markt beeinflussen wird.

115 Antwort auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c vom 28. März 2008, sowie RBB Economics, „Nokia/Navteq: Financial incentives for foreclosure“ vom 28. Februar 2008.

116 Die Bruttogewinnspanne von NAVTEQ liegt bei [...]* %. Hohe Bruttogewinnspannen weisen jedoch in einer Branche mit hohen Fixkosten und niedrigen Grenzkosten nicht unbedingt auf Gewinne hin, die über dem Wettbewerbsniveau liegen.

58

(274) Die Anmelder widersprachen dieser Schlussfolgerung. Sie gaben an, dass im vorliegenden Fall Marktanteile kein guter Gradmesser für Marktmacht seien, da sowohl für NAVTEQ als auch für Tele Atlas nur begrenzte zusätzliche Kosten für höhere Verkaufszahlen ihrer Kartendatenbanken anfielen. Die Anmelder gaben darüber hinaus an, dass „die schlechten finanziellen Leistungen von NAVTEQ in der Vergangenheit [und] die Tendenz zu sinkenden Preisen“ zusätzlich darauf hinwiesen, dass NAVTEQ über keine deutliche Marktmacht verfügt. Schließlich gaben die Anmelder an, dass „die Anpassung der Kartendaten, die Navigationsdienste ausmacht, auf der zwischengeschalteten Softwareebene geschieht“, wodurch Nokia und NAVTEQ Mitbewerbern aus dem nachgelagerten Markt gegenüber noch weniger Vorteile verschafft werden.

(275) Die durch die Anmelder vorgebrachten Argumente weisen jedoch nicht darauf hin, dass NAVTEQ keine deutliche Marktmacht innehat. Begrenzte zusätzliche Kosten beinhalten, dass sowohl für Tele Atlas als auch für NAVTEQ keine Kapazitätseinschränkungen im Hinblick auf die Steigerung ihres Verkaufsvolumens vorhanden sind. Obwohl in der Marktuntersuchung der Kommission nicht angefochten wurde, dass diese beide Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen, haben sie sich eine hohe Bruttogewinnspanne erhalten. Die Fähigkeit, Preise weit über den Grenzkosten festzulegen, ist ein Anzeichen für Marktmacht. In einer Branche mit hohen Fixkosten weist dies jedoch nicht notwendigerweise auf eine Gesamtkapitalrentabilität hin, die über dem Wettbewerbsniveau liegt. Des Weiteren ist dies, obwohl nicht angefochten wurde, dass die Tätigkeiten von NAVTEQ bislang keine erhebliche Gesamtkapitalrentabilität generiert haben, typisch für im Entstehen begriffene Aktivitäten und spiegelt nicht die Marktmacht dieses Unternehmen wider. Umgekehrt lässt der von Nokia für die Übernahme von NAVTEQ vorgeschlagene Preis darauf schließen, dass eine größtenteils positive finanzielle Leistung erwartet wird. Schließlich erhöhen Anbieter von Navigationssoftware durch die Bündelung mit Navigationsdiensten den Wert digitaler Karten. Wie durch die Marktuntersuchung bestätigt, schränken sie jedoch nicht die Marktmacht von Kartenanbietern ein.

(276) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass das fusionierte Unternehmen auf dem Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken über ein deutliches Maß an Marktmacht verfügt.

8.3.2.2 Bedeutung der Einsatzmittel für nachgelagerte Mitbewerber

(277) Die Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln kann nur dann Wettbewerbsprobleme aufwerfen, wenn davon ein wichtiges Einsatzmittel für das nachgelagerte Produkt betroffen ist. Nummer 34 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse ist zu entnehmen, dass ein Einsatzmittel unabhängig von seinen Kosten auch aus anderen Gründen von erheblicher Bedeutung sein kann. Beispielsweise kann es sich bei dem Einsatzmittel um ein unerlässliches Bauteil handeln, ohne das das nachgelagerte Produkt nicht hergestellt oder nicht erfolgreich auf dem Markt verkauft werden kann.

117 Antwort auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c vom 28. März 2008.

59

Navigationsfähige Karten im Vergleich mit nicht navigationsfähigen Karten

(278) Die Anmelder gaben an, dass Navigationsdienste (die navigationsfähige Karten erfordern) und einfachere Dienste zur Adressfindung (die keine navigationsfähigen Karten erfordern) auf Mobiltelefonen aus Sicht des Verbrauchers im Allgemeinen ersetzbar sind. Die Anmelder argumentieren, dass Dienste auf Mobiltelefonen heute und auch in Zukunft hauptsächlich von Fußgängern genutzt werden. Bei dieser Einsatzmöglichkeit sei „nicht klar, dass dafür zwangsläufig eine Navigation nach Abbiegepunkten erforderlich ist“.Die Anmelder gaben an, dass sie unter diesen Bedingungen nicht in der Lage seien, ihren nachgelagerten Mitbewerbern den Zugang zu verwehren, da Letztere Zugang zu einer erheblichen Anzahl von Anbietern für nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken hätten (wie AND, nationale geografische Einrichtungen).

(279) Die Anmelder legten jedoch keinen Nachweis dafür vor, dass Navigationsdienste auf Mobiltelefonen ausschließlich oder hauptsächlich von Fußgängern genutzt werden, oder dass die von Fußgängern genutzte Navigation sich auf nicht navigationsfähige Karten stützt. Umgekehrt prognostizierte ein unabhängiges Forschungsunternehmen, dass die mobile Navigationsanwendung, die im Jahr 2011 die größten Einnahmen generieren wird, mit Anweisungen, die jeden Abbiegepunkt erfassen, arbeiten wird, wofür eine navigationsfähige Kartendatenbank erforderlich ist. [...]* Außerdem könnte angeführt werden, dass die neuen Smartphone-Modelle über größere Bildschirme verfügen und für den Einsatz in Fahrzeugen verwendet werden könnten.

(280) Durch die Marktuntersuchung der Kommission wurde bestätigt, dass die Fahrzeugnavigation, für die navigationsfähige Karten erforderlich sind, der meistgenutzte LBS auf GPS-fähigen Mobiltelefonen ist und auch bleiben wird. Sieben von zehn Mobilfunknetzbetreibern gaben an, dass Fahrzeugnavigation, oder Navigation allgemein, der meistgenutzte Dienst ist und dies zukünftig auch bleiben wird. Außerdem wiesen mehrere Mobilfunknetzbetreiber darauf hin, dass sie davon ausgehen, dass für die von Fußgängern genutzte Navigation in Zukunft navigationsfähige Karten erforderlich sein werden.

(281) Die Anmelder gaben darüber hinaus an, dass webgestützte LBS derzeit keine Navigationsdienste nach Abbiegepunkten anbieten und daher auch nicht auf navigationsfähige Karten angewiesen sind. Durch die Marktuntersuchung der Kommission wurde zwar bestätigt, dass Navigationsanwendungen über mobile Webbrowser derzeit keine so genauen Lösungen anbieten wie andere mobile Navigationslösungen, dennoch kann davon ausgegangen werden, dass diese

118 Antwort auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c vom 28. März 2008 – Absatz 4 Punkt 4.

119 Anhang 18, Formblatt CO. Strategische Analysen ergeben, dass bis zum Jahr 2011 [20-30]* % der Einnahmen für LBS auf Mobiltelefonen weltweit aus Anweisungen, die jeden Abbiegepunkt erfassen, bestehen werden. Weitere wichtige Dienste werden das so genannte „Peace of mind tracking“ sein [10-20]* %, ein Dienst, mit dem der Standort anderer über das Mobiltelefon verfolgt werden kann, mobile Stadtführer für Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten [10-20]*% sowie Navigationsfunktionen für Fußgänger [10-20]*%. Nichts lässt den Schluss zu, dass diese Dienste keine navigationsfähigen Karten erfordern werden.

60

Lösungen im Entstehen begriffen sind und zukünftig so aufgerüstet werden könnten, dass sie eine Navigation nach Abbiegepunkten umfassen.

(282) Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass kostenfreie Dienste dieselben Funktionen wie gebührenpflichtige Dienste umfassen werden. Dies würde beinhalten, dass im Hinblick auf kostenfreie Online-Navigationsdienste navigationsfähige Karten bis zu einem gewissen Grad durch nicht navigationsfähigen Karten ersetzbar wären. Diese Dienste werden jedoch viel weniger Funktionen bieten als auf navigationsfähigen Karten basierende Navigationsdienste.

(283) Des Weiteren zeigte die Marktuntersuchung der Kommission, dass nachgelagerte Mitbewerber, die kostenfreie Navigationsdienste über einen Webbrowser anbieten, entweder mit navigationsfähigen Karten oder mit nicht navigationsfähigen Karten arbeiten, die von NAVTEQ oder Tele Atlas bezogen werden, und Mitbewerber dieser beiden Unternehmen noch immer nicht als ernst zu nehmende Anbieter von Karten ansehen.

Nachgelagerte Mitbewerber

(284) Bei der Bedeutung des Einsatzmittels muss abhängig vom jeweiligen nachgelagerten Markt unterschieden werden.

(285) Auf dem Mobiltelefonmarkt nehmen digitale Karten nur einen verhältnismäßigen geringen Anteil der Kosten von Mobiltelefonen ein, rund [0-15]*% der Gesamtherstellungskosten für Mobiltelefone mit Navigationsfunktionen. Dennoch stellen sie einen Bestandteil dar, ohne den Navigationsdienste auf Mobiltelefonen nicht angeboten werden könnten.

(286) Außerdem berücksichtigt ein Kunde beim Kauf eines Mobiltelefons eine Reihe von Merkmalen, einschließlich Preis, Gestaltung und zusätzliche auf dem Gerät verfügbare Dienste (wie mobiles Fernsehen, Musik- oder Videoabspielfunktionen, Navigationsdienste). Aus diesem Grund gaben die Anmelder an, dass digitale Karten nur ein Einsatzmittel von vielen darstellen, und dass die Mobiltelefonhersteller ihre Angebote auf der Grundlage anderer Dienste als Navigation unterschiedlich gestalten können. [Eine unabhängige Beratungsfirma geht außerdem davon aus, dass der Verkauf von Mobiltelefonen mit integrierten Navigationsfunktionen weit mehr als 50 % der Gesamtverkäufe von Mobiltelefonen im EWR ausmachen wird.]* Daher könnte die Auffassung vertreten werden, dass digitale Karten nur ein Einsatzmittel für einen Teil aller Mobiltelefone darstellen.

(287) Um den Beweggrund für den Zusammenschluss zu erklären, haben die Anmelder außerdem darauf aufmerksam gemacht, dass die Verfügbarkeit von Navigationsdiensten auf Mobiltelefonen ein wichtiger Gesichtspunkt für den Verkauf von Smartphones sein wird. Daher kann davon ausgegangen werden, dass ein Mobiltelefonhersteller, der einen begrenzten Zugang zu digitalen Kartendatenbanken hat (bezüglich Aktualisierungen, Qualität oder innovativer Funktionen), im Hinblick auf den Verkauf von Smartphones einem Wettbewerbsnachteil ausgesetzt wäre.

(288) In Anbetracht der Tatsache, dass Navigationsanwendungen nur einen Dienst unter vielen in einem multifunktionalen Gerät darstellen, ist es jedoch nicht eindeutig, ob navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ein wesentliches Einsatzmittel für den Mobiltelefonmarkt darstellen.

61

(289) Auf dem Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen kann zwischen zwei verschiedenen Situationen unterschieden werden: der der Mobilfunknetzbetreiber und Anbieter von Navigationssoftware einerseits und der von Onlineunternehmen andererseits.

(290) Anbieter von Navigationssoftware verkaufen ihre Navigationsanwendungen im Allgemeinen in Verbindung mit Karten an Mobilfunknetzbetreiber, die diese direkt an ihre Kunden verkaufen. Anbieter von Navigationssoftware können außerdem Navigationssoftware einschließlich der Karten direkt an Endkunden verkaufen. In beiden Fällen machen Karten einen erheblichen Anteil der Kosten (oder des Großhandelspreises) der Dienste aus. Obwohl die Ergebnisse der Marktuntersuchung der Kommission ergeben haben, dass die Kosten der Karten ein breites Spektrum abdecken können, haben mehrere Anbieter von Navigationssoftware angegeben, dass sich die Kosten für die Karten auf einen Wert zwischen 25 % und 50 % ihrer Preise belaufen. Bei bestimmten Karten und bestimmter Software können Karten sogar 70 % des Verkaufspreises der Navigationssoftware ausmachen (der Preis beinhaltet die Kartenkosten). Darüber hinaus können diese Dienste ohne digitale Kartendatenbanken nicht bereitgestellt werden – es handelt sich also um einen wesentlichen Bestandteil.

(291) Unternehmen, die Navigationsdienste über mobile Websites anbieten, sind auch von der Verfügbarkeit der Karten abhängig, ohne die sie solche Dienste nicht anbieten können. Es könnte jedoch argumentiert werden, dass einige Betreiber von Websites planen, mobile Webportale für verschiedene Dienste zu entwickeln, und dass der Navigationsdienst in diesem Fall nur einen Dienst unter vielen darstellt. Ein mobiles Webportal, das einen Navigationsdienst von minderer Qualität anbietet, würde jedoch einen Wettbewerbsnachteil haben und weniger Kunden anziehen.

Eine einzige Datenbank

(292) Die Anmelder weisen darauf hin, dass NAVTEQ nicht in der Lage wäre, den Mitbewerbern von Nokia den Zugang zu seinen Karten zu verwehren. Insbesondere weisen die Parteien darauf hin, dass eine Qualitätsminderung oder eine verzögerte Freigabe von Aktualisierungen unmöglich wäre, weil NAVTEQ nur über eine navigationsfähige digitale Basis-Kartendatenbank für jedes geografische Gebiet verfügt.

(293) Die Anmelder geben zwar an, dass das Vorhandensein einer einzigen Datenbank eine Qualitätsminderung aus technischer Sicht erschweren könne, dennoch wäre es dem fusionierten Unternehmen ein Leichtes, seine Datenbank bei entsprechendem Anreiz nach dem Zusammenschluss zu duplizieren. Des Weiteren verhindert das Vorhandensein einer einzigen Datenbank nicht die Qualitätsminderung durch die Verzögerung von Upgrades, denn NAVTEQ könnte die aktualisierte Version der Datenbank nach wie vor zu einem späteren Zeitpunkt für die Mitbewerber von Nokia freigeben.

62

(294) Schließlich können Kunden von NAVTEQ bereits eine nicht navigationsfähige Version der navigationsfähigen digitalen Kartendatenbank zu einem günstigeren Preis erwerben (eine künstlich herbeigeführte Qualitätsminderung der navigationsfähigen Karte). Daher ist es aus technischer und wirtschaftlicher Sicht möglich, verschiedene Versionen der digitalen Kartendatenbank von NAVTEQ anzubieten.

Schlussfolgerung

(295) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass es sich bei den von NAVTEQ bereitgestellten navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken größtenteils um ein wesentliches Einsatzmittel für den Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen handelt. Nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken wären für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken kein optimaler Ersatz für nachgelagerte Mitbewerber, die kostenfreie Dienste zur Adressfindung anbieten, und diese Dienste wären wiederum kein optimaler Ersatz für Navigationsdienste auf der Grundlage von navigationsfähigen Karten.

(296) Umgekehrt ist es nicht eindeutig, ob navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ein wesentliches Einsatzmittel für den Mobiltelefonmarkt darstellen.

8.3.2.3 Rechtzeitige und wirksame Gegenstrategien

(297) Die Kommission untersuchte, ob Mitbewerbern wirksame und rechtzeitige Gegenstrategien zur Verfügung stehen. Mögliche Beschränkungen infolge des Wettbewerbes mit Tele Atlas, das Risiko von Markteintritten und das Risiko durch die Rolle von Zwischenhändlern werden nacheinander in den folgenden Erwägungsgründen erörtert. Außerdem wird die Möglichkeit des fusionierten Unternehmens bewertet, eine Strategie der Abschottung zu entwickeln, die nur auf einige der nachgelagerten Mitbewerber gerichtet ist.

Reaktion von Tele Atlas

(298) Tele Atlas würde nach dem Zusammenschluss immer noch mit NAVTEQ im Wettbewerb stehen, so dass es NAVTEQ nur begrenzt möglich wäre, sich gegenüber seinen Mitbewerbern abzuschotten. Allerdings wäre es nahe liegend, dass Tele Atlas bei einer Preiserhöhung durch NAVTEQ ebenfalls die Preise erhöhen würde. Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Fähigkeit des fusionierten Unternehmens, die Preise zu erhöhen oder die Qualität zu mindern, durch den Wettbewerb mit Tele Atlas nicht vollständig beseitigt wird.

(299) Die Parteien widersprechen diesem Ergebnis. Ihrer Meinung nach ist es unwahrscheinlich, dass Tele Atlas es NAVTEQ im Falle einer Preiserhöhung gleich tun würde, da sich NAVTEQ nicht darauf einlassen kann, den nachgelagerten Mitbewerbern von Nokia den Zugang zu verwehren. Insbesondere

120

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Tele Atlas bei einer möglichen Preiserhöhung durch NAVTEQ tatsächlich nachziehen würde. Selbst wenn Tele Atlas bei Preiserhöhungen durch NAVTEQ wahrscheinlich die eigenen Preise erhöhen würde, würde von Tele Atlas nach wie vor ein (wenn auch nicht optimaler) Wettbewerbsdruck ausgehen, der einer Abschottungsstrategie des fusionierten Unternehmens im Wege stehen würde, insbesondere angesichts der bei der Marktuntersuchung der Kommission gesammelten Angaben zu den mit einem Wechsel verbundenen Kosten. In welchem Maße das fusionierte Unternehmen gewinnbringend die Preise erhöhen oder die Qualität mindern kann, wird in Abschnitt 8.3.3 - Anreiz zu einer Abschottung erörtert.

63

Markteintritt

(300) Es ist unwahrscheinlich, dass Eintritte in den Markt für die Bereitstellung von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken eine wirksame und rechtzeitige Gegenstrategie darstellen, die die Fähigkeit des fusionierten Unternehmens, sich gegenüber seinen nachgelagerten Mitbewerbern abzuschotten, einschränken würde. In Abschnitt 7.2.6. zum Markteintritt wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Kommission es für unwahrscheinlich hält, dass ein neuer Anbieter von Kartendatenbanken eine navigationsfähige digitale Kartendatenbank mit gleicher Abdeckung und Qualität wie Tele Atlas oder NAVTEQ entwickelt und das fusionierte Unternehmen so rechtzeitig einschränkt.

Wettbewerbsdruck durch Mitbewerber, denen nicht durch Nokia/NAVTEQ der Zugang verwehrt wird

(301) Die Anmelder gaben an, dass eine Abschottungsstrategie auf alle Mitbewerber gerichtet sein sollte, die auf einem der nachgelagerten Märkte tätig sind. Andernfalls würde der Wettbewerbsdruck, den die Mitbewerber gegenseitig unter sich ausüben, die Fähigkeit von Nokia und NAVTEQ behindern, eine solche Abschottungsstrategie erfolgreich anzuwenden. Würde Nokia beispielsweise den Mobiltelefonmarkt gegenüber Mobiltelefonherstellern abschotten, den Markt für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen gegenüber Mobilfunknetzbetreibern jedoch nicht, wären Letztere in der Lage, attraktive Navigationsdienste anzubieten. Daher hätten Endkunden zumindest immer noch die Wahl zwischen dem Angebot von Nokia und den Angeboten der Mobilfunknetzbetreiber und könnten einfach ein Mobiltelefon von einem anderen Hersteller als Nokia erwerben und einen Navigationsdienst ihres Mobilfunknetzbetreibers in Anspruch nehmen.

(302) Wenngleich die verschiedenen Lösungen für Navigationsdienste auf Mobiltelefonen untereinander für einen gewissen Wettbewerbsdruck sorgen, werden einige Kunden bestimmte Lösungen vorziehen. Einige Kunden könnten beispielsweise den Erwerb eines Mobiltelefons bevorzugen, in das bereits eine Navigationsanwendung eingebaut ist, für die sie keine wiederholten monatlichen Gebühren entrichten müssen. Umgekehrt entscheiden sich einige Kunden wahrscheinlich eher für die Nutzung eines serverbasierten Navigationsdienstes eines Mobilfunknetzbetreibers, der erweiterte Funktionen wie Verkehrsinformationen in Echtzeit bietet.

64

(303) Daher besteht wahrscheinlich keine uneingeschränkte Ersetzbarkeit der unterschiedlichen technischen und wirtschaftlichen Lösungen. Eine Abschottungsstrategie von Nokia, die sich beispielsweise nur auf Mobiltelefonhersteller richtet, könnte sich als rentabel erweisen, da die Kunden, die eine On-Board-Navigationslösung bevorzugen, wahrscheinlich ein Mobiltelefon von Nokia erwerben würden.

(304) Um die Richtigkeit der Theorie der Anmelder zu überprüfen, befragte die Kommission sie sowie verschiedene auf dem Markt tätige Akteure, ob sie Erhebungen zur Analyse der Kundenvorlieben bezüglich der verschiedenen technischen und wirtschaftlichen Lösungen für den Zugang zu einem Navigationsdienst auf ihrem Mobiltelefon durchgeführt hätten. Des Wissens der Kommission nach wurde bislang keine Erhebung dieser Art durchgeführt.

(305) Die Kommission erkennt an, dass eine Abschottungsstrategie, die sich nicht auf alle nachgelagerten Märkte (und damit auch auf die beiden nachgelagerten Märkte für Mobiltelefone und Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen) richten würde, nicht optimal wäre, da einige Mitbewerber, die Navigationsdienste auf Mobiltelefonen anbieten, davon nicht betroffen wären. Wie in Erwägungsgrund 303 beschrieben, ist es jedoch nicht klar, ob nachgelagerte Mitbewerber, die von der Abschottung nicht betroffen sind (beispielsweise Mobilfunknetzbetreiber), eine rechtzeitige und wirksame Gegenstrategie darstellen könnten, die den Mitbewerbern, die von der Abschottung betroffen sind (beispielsweise Mobiltelefonhersteller), zugute kommt.

Vertrag zwischen NAVTEQ und Garmin

(306) Die Fähigkeit von NAVTEQ, die Preise zu erhöhen oder die Qualität zu mindern, könnte auch durch Zwischenhändler eingeschränkt werden, die von Tele Atlas oder NAVTEQ eine Lizenz dafür erworben haben, die Kartendatenbanken zusammen mit ihrer Navigationssoftware bereitzustellen. Durch solche Zwischenhändler entsteht nur dann ein wirksamer Wettbewerbsdruck, wenn sie selbst vor Preiserhöhungen und Qualitätsminderungen geschützt sind. [...]* Garmin ist einer der führenden PND-Hersteller und verkauft auch Navigationssoftware.

(307) Garmin und NAVTEQ haben einen langfristigen Vertrag über die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Karten getroffen. Dieser Vertrag läuft bis zum Jahr 2015, wobei für Garmin die Möglichkeit einer einseitigen Verlängerung bis zum Jahr 2019 besteht. Garmin kann diese Karten von NAVTEQ in seine eigenen PNDs oder in Navigationssoftware integrieren, die das Unternehmen dann an alle Benutzer verkaufen kann, auch für Navigationsdienste auf Mobiltelefonen (On-Board, Off-Board oder Online-Anwendungen).

(308) Dieser Vertrag betrifft die digitale Karte von NAVTEQ sowie ihre Aktualisierungen. [...]* Neue Funktionen, wie Schichten von Zusatzinformationen zu POI, können ohne die Unterstützung des Kartenanbieters hinzugefügt werden und könnten auch von Garmin oder seinen Kunden entwickelt werden.

(309) Garmin ist bereits auf dem Markt für die Bereitstellung von navigationsfähigen Lösungen auf Mobiltelefonen tätig, obwohl der Verkauf von PNDs immer noch den größten Teil am Umsatz ausmacht. Garmin verkauft das Produkt Garmin Mobile 10 für Smartphones, eine Navigationslösung mit einfachen Verbindungen der Schnittstellen (plug and play), die Endkunden erwerben und auf ihren eigenen Mobiltelefonen installieren können. Am 30. Januar 2008 kündigte Garmin außerdem seinen Eintritt in den Mobiltelefonmarkt mit dem Nüvifonean. Am 31. März 2008 gab Garmin schließlich bekannt, dass seine Navigationslösung in Europa auf Mobiltelefonen von Samsung auf den Markt gebracht werden solle.

(310) Garmin kann keine Kopien der digitalen Karte allein verkaufen. Die Karten von NAVTEQ müssen in eine von Garmin entwickelte Anwendung integriert werden. Der von Garmin als Anbieter von Kartendatenbanken ausgeübte Druck betrifft also nur Kunden von NAVTEQ, die unternehmensintern keine Software entwickeln. Durch die Marktuntersuchung der Kommission wurde bestätigt, dass alle Hersteller von GPS-fähigen Mobiltelefonen und alle Mobilfunknetzanbieter Navigationssoftware bei unabhängigen Anbietern von Navigationssoftware erwerben. Garmin wäre also für diese Kartenkunden ein glaubwürdiger Anbieter. Umgekehrt könnten sich Anbieter von Navigationssoftware, die ihre eigene Navigationssoftware für Endkunden entwickeln möchten, bezüglich der digitalen Kartendatenbanken nicht auf Garmin verlassen. Auch Unternehmen, die Navigationsdienste über Websites anbieten, entwickeln unternehmensintern ihre eigene Software.

(311) Der Vertrag zwischen Garmin und NAVTEQ [...]*. Für unterschiedliche Anwendungen werden unterschiedliche Gebühren erhoben, so ist beispielsweise der Grundpreis für eine europäische Karte für Online-Anwendungen nicht derselbe wie der Grundpreis für eine europäische Karte für PNDs. Der Grundpreis für bestimmte Anwendungen [...]*. Die Anmelder haben auf Anforderung der Kommission hin für den Zeitraum von 2008 bis 2015 den durchschnittlichen Verkaufspreis von Karten von NAVTEQ an Garmin berechnet, und zwar unter Berücksichtigung der durch den Vertrag zwischen Garmin und NAVTEQ gewährten [...]*. Die Ergebnisse dieser Berechnungen zeigen, dass [...]*.

(312) Der Hauptgrund für die Senkung des durchschnittlichen Verkaufspreises ist jedoch die unterschiedliche Zusammenstellung der Produkte (höhere Verkaufszahlen für günstigere Karten beispielsweise aufgrund der Entwicklung von einfacheren Smartphones, die Karten mit weniger Attributen oder einem geringeren Speicherplatzbedarf verwenden). Die Senkung des durchschnittlichen Verkaufspreises liegt unter Berücksichtigung dieser Mischeffekte nur bei [...]* % jährlich.

121

(313) CIBC World Markets, ein Maklerunternehmen, das regelmäßig Berichte über die Aktivitäten von NAVTEQ veröffentlich, prognostizierte in seinem Bericht vom 5. November 2007 für die Jahre 2007 und 2008 eine Senkung des durchschnittlichen Verkaufspreises von Karten von NAVTEQ zur Nutzung in PNDs und drahtlosen Anwendungen um 11 % bis 12 %. In einem weiteren Bericht vom 16. April 2007 ging das Maklerunternehmen für den Zeitraum 2007-2011 von einer jährlichen Senkung des durchschnittlichen Verkaufspreises von Karten von NAVTEQ zur Nutzung in PNDs um 6 % aus. In einem internen Dokument von Nokia wird für den Zeitraum [...]* von einer Senkung des durchschnittlichen Verkaufspreises digitaler Karten in Höhe von [...]* % pro Jahr ausgegangen [...]*.

(314) Insgesamt gestaltet sich die Vorhersage der Preisentwicklung für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken als schwierig und unsicher. [...]*

(315) Daher ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass Garmin in einem gewissen Maße einen glaubwürdigen Anbieter von navigationsfähigen digitalen Kartendatenbanken für die Mobiltelefonhersteller oder Mobilfunknetzbetreiber darstellen könnte. Diese Schlussfolgerung trifft vor allem auf kurze Sicht zu, auf lange Sicht ist sie weniger zuverlässig. Die kürzlich erfolgte Ankündigung einer Partnerschaft zwischen Garmin und Samsung ist beispielhaft für den Charakter der Partnerschaften, die entwickelt werden könnten. Umgekehrt wäre Garmin kein angemessener Anbieter von Karten für Anbieter von Navigationssoftware und Anbieter von Navigationsdiensten über Websites.

Vertrag zwischen NAVTEQ und Motorola

(316) [...]*

(317) [...]*

(318) Motorola ist weltweit der zweitgrößte Mobiltelefonhersteller (europaweit der viertgrößte) und ist als solcher in der Lage, auf Nokia im Hinblick auf Navigationsdienste auf Mobiltelefonen Wettbewerbsdruck auszuüben.

Marktmacht der Mobilfunknetzbetreiber

(319) Die Anmelder gaben an, dass Mobilfunknetzbetreiber sich ohne Schwierigkeiten einer Abschottungsstrategie von NAVTEQ entgegenstellen könnten. In den meisten europäischen Ländern subventionieren Mobilfunknetzbetreiber Mobiltelefone und sind daher in der Lage, einen Mobiltelefonhersteller zu Lasten eines anderen begünstigen. [...]*.

(320) Nokia schätzt, dass im Jahr 2006 [60-70]* % der in Europa verkauften Mobiltelefone an Mobilfunknetzbetreiber verkauft wurden. Dies belegt die ausgleichende Nachfragemacht, die Mobilfunknetzbetreiber gegenüber Mobiltelefonhersteller ausüben können. Die Anmelder haben ein Beispiel vorgelegt, um zu zeigen, wie Mobilfunknetzbetreiber in der Vergangenheit ihre Nachfragemacht eingesetzt haben, um Druck auf Nokia auszuüben.

(321) Mobilfunknetzbetreiber haben überwiegend angegeben, dass auf dem Mobiltelefonmarkt eine wachsende Tendenz der Mobiltelefonhersteller besteht, eine zunehmende Anzahl von Diensten und Anwendungen auf ihren Mobiltelefonen bereitzustellen. Diese Anwendungen können mit ähnlichen Diensten der Mobilfunknetzbetreiber konkurrieren, wodurch Konflikte entstehen können. Das allgemeine Ergebnis solcher Konflikte fällt jedoch nicht immer zu Gunsten der einen oder der anderen Partei aus. Es kann auch vorkommen, dass der Mobiltelefonhersteller seine Anwendung entfernt oder dass zwei ähnliche Anwendungen parallel auf einem Mobiltelefon bestehen: eine vom Hersteller des Mobiltelefons und eine vom Mobilfunknetzbetreiber. Im letzteren Fall kann angemerkt werden, dass die Anwendung des Herstellers von Mobiltelefonen durch die Positionierung auf dem Bildschirm des Mobiltelefons eine bessere Ausgangsposition besitzt und so mit höherer Wahrscheinlichkeit genutzt wird.

(322) Außerdem enthalten alle Mobiltelefone, die nicht durch Mobilfunknetzbetreiber verkauft werden, ausschließlich Dienste von Nokia. Kunden können daher einfach von diesem Dienst Gebrauch machen, während sie denselben Dienst von einem Mobilfunknetzbetreiber erst herunterladen müssten, um ihn zu nutzen.

(323) Mobilfunknetzbetreiber haben beim Vertrieb von Mobiltelefonen und der Bereitstellung von Diensten auf Mobiltelefonen jedoch eine strategische Stellung und besitzen daher einen gewissen Grad an ausgleichender Nachfragemacht über Nokia.

(324) Sollte Nokia jedoch Mobiltelefonherstellern und Anbietern von Navigationssoftware erfolgreich den Zugang verwehren, könnten sich Mobilfunknetzbetreiber dazu entscheiden, Mobiltelefone von Nokia zu unterstützen, um ihren Kunden die besten verfügbaren Navigationsdienste anbieten zu können. Außerdem ist über die Strategie der Mobilfunknetzbetreiber hinsichtlich der Entwicklung von Navigationsdiensten noch nicht entschieden, und auch das Geschäftsmodell, das ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht, wurde noch nicht festgestellt.

(325) Schließlich bleibt es – obwohl die Mobilfunknetzbetreiber einen gewissen Grad an Nachfragemacht über Nokia ausüben – unklar, ob diese einer Strategie von NAVTEQ zur Abschottung der nachgelagerten Mitbewerber von Nokia von digitalen Karten entgegenwirken könnten.

Schlussfolgerung

(326) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es rechtzeitige und wirksame Gegenstrategien zu einer von Nokia und NAVTEQ entwickelten

128 Anmeldung, Seite 92: [...]*

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Abschottungsstrategie geben könnte. Dies liegt teilweise an der Marktmacht der Mobilfunknetzbetreiber und daran, dass [...]*, vor allem aber auch daran, dass der Vertrag zwischen Garmin und NAVTEQ de facto einen dritten Akteur auf dem Markt für die Bereitstellung von Karten schafft (zumindest auf kurze Sicht und für die Kunden, die Karten und Navigationssoftware gebündelt kaufen). Diese Gegenstrategie würde jedoch weder Anbieter von Navigationssoftware noch Anbieter von Navigationsdiensten über Websites schützen.

(327) Letztendlich hängt die Wirksamkeit einer solchen Gegenstrategie vom proaktiven Verhalten von Garmin beim Verkauf von Navigationslösungen an Mobilfunknetzbetreiber und Mobiltelefonhersteller ab (dies trifft auf Garmin und Samsung bereits zu).

8.3.2.4 Schlussfolgerung – Fähigkeit

(328) Daher ist unklar, ob das fusionierte Unternehmen die Fähigkeit hätte, Preise zu erhöhen, die Qualität zu mindern bzw. den Zugang zu verzögern oder den Zugang zu innovativen Funktionen für Unternehmen, die Navigationsdienste auf Mobiltelefonen anbieten (nachgelagerte Märkte), und für Anbieter von Navigationssoftware (zwischengeschalteter nachgelagerter Markt) zu beschränken.

(329) Vor allem ist es nicht eindeutig, ob navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ein wesentliches Einsatzmittel für den Mobiltelefonmarkt darstellen. Darüber hinaus sind einige nachgelagerte Mitbewerber, wie [...]* und [...]*, gegen Preiserhöhungen durch langfristige Verträge geschützt, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass gegen eine von Nokia und NAVTEQ entwickelte Abschottungsstrategie rechtzeitige und wirksame Gegenstrategien bestehen könnten.

(330) Schließlich kann offen gelassen werden, ob die Anmelder die Fähigkeit hätten, ihren nachgelagerten Mitbewerbern den Zugang zu verwehren, da hierfür für Nokia und NAVTEQ kein Anreiz besteht, wie in Abschnitt 8.3.3 dargelegt.

8.3.3 Anreiz für eine Abschottung

8.3.3.1 „Konflikt“ zwischen vorgelagerten und nachgelagerten Gewinnen

(331) Nach dem Zusammenschluss werden Nokia und NAVTEQ prüfen, wie sich die Verkäufe von Kartendatenbanken an die Mitbewerber von TomTom auf die Gewinne nicht nur auf dem vorgelagerten Markt, sondern auch auf dem nachgelagerten Markt auswirken. Bei der Prüfung, wie gewinnbringend eine Strategie der Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln ist, muss das fusionierte Unternehmen einen Konflikt zwischen den wegen eines Rückgangs des Einsatzmittelumsatzes entgangenen Gewinnen auf dem vorgelagerten Markt und den wegen höherer Kosten für die Mitbewerber erzielten Gewinnen auf dem nachgelagerten Markt berücksichtigen.

(332) Dieser Konflikt ist von der Höhe der Gewinne abhängig, die das fusionierte Unternehmen im vorgelagerten und nachgelagerten Markt erzielt. Darüber hinaus hängt er, wie in den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler

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Zusammenschlüsse beschrieben, auch von zwei weiteren wichtigen Faktoren ab: (i.) das Maß, in dem die Nachfrage im nachgelagerten Bereich von den abgeschotteten Wettbewerbern weggeleitet werden kann, und (ii.) das Maß, in dem der nachgelagerte Geschäftsbereich des integrierten Unternehmens diese Nachfrage für sich sichern kann.

(333) Die Kommission führte eine umfassende qualitative und quantitative Analyse durch, um den Anreiz von Nokia und NAVTEQ diesbezüglich zu untersuchen. Die für die Durchführung einer solchen Analyse erforderlichen Daten waren auf dem Mobiltelefonmarkt verfügbar, auf dem Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen jedoch nur in geringem Umfang. Die nur spärlich vorhandenen Daten lassen sich durch die Neuheit der Navigationsdienste auf Mobiltelefonen erklären.

(334) Obwohl die Gewinne, die durch den Verkauf eines Mobiltelefons erzielt werden, viel höher sind als die Gewinne, die durch den Verkauf einer Kartendatenbank

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erzielt werden, ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass für das fusionierte Unternehmen kein Anreiz bestehen würde, den nachgelagerten Mitbewerbern von Nokia, die Mobiltelefone herstellen, den Zugang zu verwehren. Diese Analyse bezieht sich nur auf die Abschottung gegenüber Mitbewerbern, die Mobiltelefone herstellen. Ein Anreiz für das fusionierte Unternehmen, den Zugang zu Einsatzmitteln für Unternehmen, die auf dem Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen tätig sind (Mobilfunknetzbetreiber, Anbieter von Navigationssoftware oder Anbieter von Navigationslösungen über Websites), erscheint noch unwahrscheinlicher, insbesondere im Hinblick auf die eher beschränkte Präsenz von Nokia in diesen Branchen und die geringeren Gewinne, die in diesen Branchen erzielt werden könnten.

8.3.3.2 Marktbedingungen, die den Anreiz für eine Abschottung beschränken

(335) Eine Reihe von Elementen deutet darauf hin, dass eine Abschottungsstrategie, die Preiserhöhungen, Qualitätsminderungen oder Zugangsverzögerungen vorsieht, wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt ist. NAVTEQ würde vermutlich erhebliche Verkaufseinbußen gegenüber Tele Atlas hinnehmen müssen. Gleichzeitig wäre der Nutzen, den eine Erhöhung der Preise für Kartendatenbanken gegenüber den Mitbewerbern von Nokia bringen würde, wohl relativ begrenzt. Die folgenden qualitativen Elemente unterstützen diese Schlussfolgerung.

(336) Erstens: Da Kartendatenbanken durchschnittlich weniger als [...]* % des Großhandelspreises für Mobiltelefone ausmachen, müssten die Preise für Kartendatenbanken erheblich steigen, damit sie sich auf die Preise von Mobiltelefonen auswirken und es dem fusionierten Unternehmen ermöglichen, erhebliche Verkaufszuwächse auf dem nachgelagerten Markt zu erzielen.

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Außerdem sind die Auswirkungen der Abschottungsstrategie davon abhängig, in welchem Maße die Mitbewerber von Nokia die Preiserhöhung für Kartendatenbanken an die Endverbraucher weitergeben würden. Beispiel: Eine Kartenpreiserhöhung um 10 % hätte einen Anstieg des Mobiltelefonpreises um nur [...]* % zur Folge, wenn der Kartenpreis [...]* % des Mobiltelefonpreises ausmacht und die Hersteller [...]* % ihrer Kostenänderung weitergeben. Unter Berücksichtigung einer vernünftigen Preiselastizität und Abwerbungsquote für das fusionierte Unternehmen würde eine solche geringfügige Preiserhöhung dem fusionierten Unternehmen nur einen sehr kleinen Verkaufszuwachs einbringen.

(337) Zweitens: Navigationsdienste stellen nur einen der Faktoren dar, die die Kaufentscheidung der Kunden beeinflussen. Es ist wahrscheinlich, dass andere Faktoren, wie die Subvention durch Mobilfunknetzbetreiber oder die Verfügbarkeit von anderen Diensten, wie Mobilfernsehen, Musik- oder Videosoftware, bei der Entscheidung der Endkunden eine maßgebliche Rolle spielen. Einer Strategie der partiellen Abschottung auf der Grundlage einer Verschlechterung der geschäftlichen Bedingungen für den Verkauf von digitalen Karten wäre daher ein verhältnismäßig unsicherer Erfolg beschieden, da die Mitbewerber von Nokia immer noch Navigationsdienste anbieten und Vermarktungsstrategien entwickeln könnten, mit denen sie andere Funktionen ihrer Mobiltelefone als Navigationslösungen in den Vordergrund rücken würden.

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(338) [...]* Wie in Erwägungsgrund 309 dargelegt ist Garmin auf dem Mobiltelefonmarkt tätig und ist kürzlich eine Vereinbarung mit Samsung über die Bereitstellung von Navigationslösungen auf Mobiltelefonen eingegangen. Dieser Schutz vor Abschottung, den Garmin besitzt, begrenzt die Gewinne, die Nokia auf dem nachgelagerten Markt erzielen könnte, wenn sich das Unternehmen auf eine Abschottungsstrategie einlassen würde. [...]*.

(339) Viertens: Die Kosten für einen Wechsel sind verhältnismäßig gering. Infolgedessen würde NAVTEQ erhebliche Verkaufseinbußen gegenüber Tele Atlas hinnehmen müssen, wenn das Unternehmen die Preise auf dem vorgelagerten Markt erhöhen, die Qualität der Kartendatenbanken mindern oder den Zugang zu Aktualisierungen verzögern würde.

(340) Fünftens: Die Qualitätsminderung betrifft nur die Kunden von NAVTEQ, weil Tele Atlas wohl weiterhin allen Mobiltelefonherstellern diskriminierungsfrei qualitativ hochwertige Kartendatenbanken bereitstellen würde. Die Präsenz von TomTom/Tele Atlas ist auf dem nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonennur gering ausgeprägt, und das Unternehmen würde auf dem Mobiltelefonmarkt durch eine Minderung der Qualität seiner Karten für den Verkauf an Mobiltelefonhersteller nur geringe nachgelagerte Verkäufe erzielen. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass eine Minderung der Qualität der Kartendatenbank weniger gewinnbringend für das

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fusionierte Unternehmen wäre als eine Preiserhöhung, weil eine Qualitätsminderung anders als eine Preiserhöhung zu keinen höheren Gewinnspannen für Kartendatenbanken führt, die NAVTEQ weiterhin auf dem vorgelagerten Markt veräußern würde.

8.3.3.3 Empirische Analyse der Kommission

(341) Die Kommission hat untersucht, in welchem Maße das fusionierte Unternehmen tatsächlich den Mobiltelefonmarkt erobern könnte, wenn es sich auf eine Strategie der Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln zum Nachteil der Mitbewerber von Nokia einließe. Anhand dieser Analyse lässt sich feststellen, ob die Gewinne, die das fusionierte Unternehmen auf dem nachgelagerten Markt durch die Erhöhung der Preise für Kartendatenbanken erzielen könnte, die Verluste auf dem vorgelagerten Markt ausgleichen würden.

(342) Um zu messen, im welchem Maße das fusionierte Unternehmen in der Lage wäre, Verkaufzuwächse zu erzielen, wenn es die Preise der Kartendatenbanken für die nachgelagerten Mitbewerber von Nokia erhöhen würde, führte die Kommission

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eine ökonometrische Schätzung der Nachfrage für Mobiltelefone durch. Auf Grundlage dieser Schätzungen und anderer Marktdaten führte die Kommission eine einfache Analyse des Konflikts zwischen vorgelagerten Verlusten und nachgelagerten Gewinnen durch.

Vollständige Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln

(343) Die Wahrscheinlichkeit einer Strategie der vollständigen Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln, bei der das fusionierte Unternehmen die Lieferung von Kartendatenbanken an die Mitbewerber von Nokia auf dem nachgelagerten Markt ganz einstellen würde, wird zuerst untersucht. Wenn das fusionierte Unternehmen eine solche Strategie umsetzen würde, wäre Tele Atlas einem geringeren Wettbewerbsdruck ausgesetzt und könnte von den Mitbewerbern von Nokia auf dem nachgelagerten Markt höhere Preise für Kartendatenbanken verlangen. Im Wesentlichen würde eine vollständige Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln seitens des fusionierten Unternehmens die Marktmacht von Tele Atlas stärken.

(344) Wenn das fusionierte Unternehmen keine Kartendatenbanken mehr verkaufen würde, würde es alle Gewinne für Kartendatenbanken einbüßen und nur Gewinne aus den Verkäufen erzielen, die es auf dem nachgelagerten Markt tätigen kann. Damit eine Strategie der vollständigen Abschottung für Nokia/NAVTEQ

Eine Qualitätsminderung kann erhebliche Auswirkungen auf die Mitbewerber auf dem nachgelagerten Markt haben (wie auch die verzögerte Markteinführung neuer Produkte). Allerdings haben die Mobiltelefonhersteller jederzeit die Möglichkeit, eine qualitativ hochwertige Datenbank von Tele Atlas zu erwerben. Daher sind der Wettbewerbsbeeinträchtigung, denen die Mitbewerber ausgesetzt sind (weil sie Tele Atlas einen höheren Preis zahlen müssen), auch im Fall einer Qualitätsminderung Grenzen gesetzt.

Die Kommission schätzte die Elastizitäten auf dem nachgelagerten Markt anhand eines Mehrstufenmodells in Anlehnung an: „Estimating Discrete-Choice Models of Product Differentiation“, Steven Berry, in: The Rand Journal of Economics, Bd. 25, Nr. 2, 1994, Seiten 242 bis 262. Die Kommission prüfte, ob die geschätzten Elastizitäten einer Vielzahl von Annahmen standhalten, insbesondere in Bezug auf die Mehrstufenstruktur, die Größe des Marktes und die verwendeten Instrumente. Die geschätzten Markenelastizitäten stimmen auch mit den Bruttogewinnspannen für Mobiltelefone überein.

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gewinnbringend ist, muss das Unternehmen auf dem nachgelagerten Markt so viel Gewinn machen, dass mindestens die entgangenen Gewinne für Kartendatenbanken ausgeglichen werden.

(345) In den wirtschaftlichen Angaben der Parteien wird berechnet, dass eine Strategie der vollständigen Abschottung für das fusionierte Unternehmen nicht rentabel wäre, wenn davon ausgegangen wird, dass Tele Atlas infolgedessen seine Preise um [30-40]* % erhöht. Den Annahmen des Berichts der Parteien entsprechend, scheint es, dass eine vollständige Abschottung für das fusionierte Unternehmen nur gewinnbringend wäre, wenn Tele Atlas seine Preise um mehr als [100-200]* Prozent erhöhen würde. Die Kommission prüfte, ob die von den Parteien vorgelegte Analyse einer Vielzahl von alternativen Annahmen standhält, die sich beispielsweise auf die Weitergabe von Preiserhöhungen, die Elastizitäten auf dem nachgelagerten Markt und die Marktanteile bezogen, und kam zu dem Schluss, dass es sich bei den in der Analyse verwendeten Annahmen um vorsichtige Schätzungen handelt.

(346) Um genauer zu messen, in welchem Maße das fusionierte Unternehmen in der Lage wäre, Verkaufszuwächse auf dem nachgelagerten Markt zu erzielen, schätzte die Kommission die Preiselastizitäten auf dem nachgelagerten Markt und stellte fest, dass eine Erhöhung der Preise für Kartendatenbanken gegenüber den Mitbewerbern von Nokia dem fusionierten Unternehmen nur einen relativ geringen Verkaufszuwachs auf dem nachgelagerten Markt einbringen würde. Angesichts des relativ geringen Anteils der Preise für Kartendatenbanken an den Mobiltelefonpreisen und angesichts der Elastizitätsschätzungen stellt die Kommission in ihrer Analyse fest, dass Tele Atlas die Preise erheblich anheben müsste, um sicherzustellen, dass eine Strategie der Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln für das fusionierte Unternehmen gewinnbringend wäre. Berechnungen der Kommission zufolge müsste Tele Atlas die Preise um über 200 Prozent erhöhen, damit eine Strategie der vollständigen Abschottung für Nokia/NAVTEQ gewinnbringend wäre. Es scheint unwahrscheinlich, dass

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NAVTEQ einen Verlust seiner gesamten Einnahmen durch Karten riskieren würde, ohne sichergehen zu können, dass Tele Atlas die Preise in einer solchen Größenordnung anheben würde .

(347) Es kann argumentiert werden, dass die Kosten für Kartendatenbanken, angegeben als Anteil an den Gesamtherstellungskosten für ein Mobiltelefon, in den kommenden Jahren steigen könnten, da die Preise für andere Komponenten, wie Hardware, noch schneller fallen als die Preise für Kartendatenbanken. Um die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass der Anteil der Kartendatenbanken an den Gesamtherstellungskosten in der nahen Zukunft weiter steigt, stellte die Kommission alternative Berechnungen an, bei denen Kartendatenbanken einen höheren Prozentsatz am Gesamtpreis für ein Mobiltelefon darstellten. Die Kommission gelangte auf der Grundlage dieser Annahmen zu der gleichen Schlussfolgerung.

Partielle Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln

(348) Die Wahrscheinlichkeit einer Strategie der partiellen Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln, bei der das fusionierte Unternehmen einen Anreiz hätte, die Preise zu erhöhen oder den Mitbewerbern von Nokia auf dem nachgelagerten Markt Kartendatenbanken minderer Qualität bereitzustellen, wird in den folgenden Erwägungsgründen untersucht .

(349) Wie in Abschnitt 8.3.3 erwähnt, muss das fusionierte Unternehmen einen Konflikt zwischen den entgangenen Gewinnen auf dem vorgelagerten Markt und den erzielten Gewinnen auf den nachgelagerten Märkten berücksichtigen, um den optimalen Preis zu bestimmen. Wenn sich das fusionierte Unternehmen zu einer Preiserhöhung auf dem vorgelagerten Markt entschließt, würde es durch die Kunden, die NAVTEQ Atlas treu bleiben, zusätzliche Gewinne einfahren. Allerdings würden dem fusionierten Unternehmen durch die Kunden, die zu Tele Atlas wechseln, Gewinne entgehen. Darüber hinaus würde das fusionierte Unternehmen zusätzliche Gewinne erzielen, weil die Mitbewerber von Nokia auf dem nachgelagerten Markt, die ebenfalls Mobiltelefone herstellen, an Wettbewerbsfähigkeit verlieren würden.

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Da dem neuen Unternehmen nach dem Zusammenschluss durch eine Preiserhöhung auf dem vorgelagerten Markt Vorteile entstehen würden, die es vor dem Zusammenschluss nicht hatte, hätte das fusionierte Unternehmen einen größeren Anreiz, von den Mitbewerbern von Nokia höhere Preise zu verlangen. Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten ökonometrischen Analyse – dass das fusionierte Unternehmen auf dem nachgelagerten Markt nur in begrenztem Maße Verkaufszuwächse verzeichnen könnte, wenn es von den Mitbewerbern von Nokia höhere Preise für Kartendatenbanken verlangen würde – lassen jedoch darauf schließen, dass nur ein geringer Anreiz besteht, sich gegenüber den Mitbewerbern abzuschotten.

(351) Auch wenn davon ausgegangen wird, dass Tele Atlas sich jeder Preiserhöhung durch NAVTEQ anschließt, besteht für das fusionierte Unternehmen kein Anreiz, die Kartenpreise erheblich zu erhöhen. Die Analyse der Kommission weist in der Tat darauf hin, dass der Anreiz, Preise zu unterbieten, um die Verkaufszahlen auf dem vorgelagerten Markt zu vergrößern, über den möglichen Nutzen auf dem nachgelagerten Markt überwiegt. Die Kommission hat insbesondere errechnet, dass – unter den in Fußnote 143 beschriebenen Annahmen und unter der Annahme, dass Tele Atlas sich jeder Preiserhöhung durch NAVTEQ anschließt – für das fusionierte Unternehmen ein Anreiz bestehen würde, jeden Preisanstieg auf dem vorgelagerten Markt zu unterbieten, der auch zu einem Preisanstieg auf dem nachgelagerten Markt von über [sehr geringer Prozentsatz]* führen würde. Die Kommission prüfte, ob dieser einfache Profittest einer Vielzahl von alternativen Annahmen standhält, die sich beispielsweise auf die Weitergabe von Preiserhöhungen, die Preiselastizitäten im vor- und nachgelagerten Markt und den Anteil der Kartendatenbank am Mobiltelefonpreis bezogen.

(352) Die Ergebnisse dieses einfachen Profittests zeigen, dass eine Preiserhöhung mit spürbaren Auswirkungen auf dem nachgelagerten Markt für das fusionierte Unternehmen nicht gewinnbringend wäre, weil die Gewinne auf dem nachgelagerten Markt nicht ausreichen, um die Verluste auf dem vorgelagerten Markt auszugleichen.

8.3.2.4 Schlussfolgerung – Anreiz

(353) Wie bereits angegeben beziehen sich die in Abschnitt 8.3.3.3 dargestellten Berechnungen nur auf die Abschottung von Mitbewerbern, die Mobiltelefone herstellen. Ein Anreiz für das fusionierte Unternehmen, den Zugang zu Einsatzmitteln für Unternehmen, die auf dem nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen tätig sind (Mobilfunknetzbetreiber, Anbieter von Navigationssoftware oder Anbieter von Navigationslösungen über Websites), erscheint noch unwahrscheinlicher, insbesondere im Hinblick auf die eher beschränkte Präsenz von Nokia in diesen Branchen und die geringeren Gewinne, die in diesen Branchen erzielt werden könnten.

(354) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass für das fusionierte Unternehmen kein Anreiz besteht, die Preise dergestalt zu erhöhen, dass auf dem nachgelagerten Märkten wettbewerbsschädigende Auswirkungen spürbar wären.

8.3.4 Auswirkungen auf den nachgelagerten Märkten

(355) Die allgemeinen Auswirkungen der vertikalen Integration von Nokia und NAVTEQ auf den nachgelagerten Markt müssen bewertet werden. In den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse heißt es: „Ein Zusammenschluss wirft im Allgemeinen dann Wettbewerbsbedenken aufgrund der

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Abschottung bei den Einsatzmitteln auf, wenn [er] im nachgeordneten Markt zu Preissteigerungen führen und so einen wirksamen Wettbewerb spürbar behindern würde“.

(356) Eine Reihe von Elementen legt die Vermutung nahe, dass die beabsichtigte vertikale Integration von Nokia und NAVTEQ wahrscheinlich keine Auswirkungen auf den nachgelagerten Märkten haben wird. Die gleichen Faktoren, die den fehlenden Anreiz für eine partielle Abschottung erklären, lassen auch vermuten, dass auf den nachgelagerten Märkten keine Auswirkungen spürbar sein werden. Die Preiserhöhung, die NAVTEQ von den Mitbewerbern von Nokia verlangen könnte, wird beispielsweise durch die folgenden Faktoren begrenzt: der geringe Prozentsatz der Kartendatenbank an den Mobiltelefonkosten, die begrenzten mit einem Wechsel verbundenen Kosten und der Wettbewerb mit Tele Atlas.

8.3.4.1 Zwischengeschalteter nachgelagerter Markt: Navigationssoftware

(357) Die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den zwischengeschalteten nachgelagerten Markt, der aus Unternehmen besteht, die Navigationssoftware herstellen und Navigationslösungen an Mobilfunknetzbetreiber, Mobiltelefonhersteller oder Onlineunternehmen liefern, werden vor allem aufgrund des fehlenden Anreizes der Anmelder, ihren nachgelagerten Mitbewerbern den Zugang zu verwehren, gering ausfallen.

(358) Außerdem heißt es in Nummer 50 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse: „[Wenn ausreichend glaubwürdige Wettbewerber im nachgeordneten Bereich verbleiben, für die sich die Kosten voraussichtlich nicht erhöhen werden, zum Beispiel, weil sie selbst vertikal integriert sind oder sie zu gleichwertigen alternativen Einsatzmitteln überwechseln können, kann der von diesen Unternehmen ausgehende Wettbewerb eine ausreichende Gegenmacht zu der fusionierten Einheit bilden und damit verhindern, dass die Produktpreise das Niveau vor der Fusion überschreiten]“. Dies ist beispielhaft für die Situation des Anbieters von Navigationssoftware Garmin, der seinen Zugang zu digitalen Karten durch seine langfristige Vereinbarung mit NAVTEQ abgesichert hat. Garmin ist daher in der Lage, auf dem zwischengeschalteten nachgelagerten Markt einen ausreichenden Wettbewerbsdruck auszuüben, so dass die Preise von digitalen Karten nicht übermäßig steigen werden.

8.3.4.2 Nachgelagerte Märkte

(359) Schließlich sollten die Auswirkungen auf Endkunden hauptsächlich auf Ebene des nachgelagerten Marktes für die Bereitstellung von Mobiltelefonen und des nachgelagerten Marktes für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen analysiert werden.

(360) Mobiltelefonhersteller werden von dem Zusammenschluss kaum betroffen sein, da die Kosten digitaler Karten nur einen minimalen Anteil an ihren Kosten ausmachen ([0-10 %]*) und da Tele Atlas mit NAVTEQ im Wettbewerb stehen wird, um die Verkaufszahlen für Karten zu erhöhen. Die Auswirkungen auf Mobilfunknetzbetreiber, Anbieter von Navigationssoftware, die Softwarepakete an Endkunden verkaufen, und Anbieter von Navigationsdiensten über Websites werden kaum vorhanden sein, da den Parteien der Anreiz fehlt, ihren nachgelagerten Mitbewerbern den Zugang zu verwehren.

(361) Darüber hinaus besteht für Mobiltelefonhersteller und Mobilfunknetzbetreiber die Möglichkeit, ihre digitalen Karten und Navigationssoftware von Garmin zu beziehen, da das Unternehmen durch seinen langfristigen Vertrag mit NAVTEQ vor Preiserhöhungen geschützt ist. [...]* Die Geschäftspolitik von Garmin ist zwar nicht im Voraus bekannt, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Garmin im Hinblick auf die Bereitstellung digitaler Karten (integriert in seine Navigationslösungen) für Mobilfunknetzbetreiber oder Mobiltelefonhersteller mit Tele Atlas und NAVTEQ in den Wettbewerb treten wird. Schließlich sollte die Präsenz von Garmin garantieren, dass weiterhin Karten zu angemessenen Preisen verfügbar sind, zumindest für Mobiltelefonhersteller und Mobilfunknetzbetreiber. [...]*

(362) Des Weiteren verhindert der im Abschnitt 8.3.3 über die Anreize beschriebene Konflikt zwischen entgangenen und erzielten Gewinnen, dass der nachgelagerte Markt in nennenswerter Weise von der vertikalen Integration von Nokia und NAVTEQ betroffen ist. Auf der Grundlage der Merkmale des Marktes und insbesondere auf der Grundlage der relativ begrenzten Preiselastizitäten auf dem nachgelagerten Markt sowie des geringen Anteils der Kartendatenbanken am Smartphonepreis zeigt der Profittest, dass eine erhebliche Preiserhöhung durch NAVTEQ zu einem Rückgang der Einnahmen auf dem vorgelagerten Markt führen würde, der durch die Gewinne von Nokia auf dem nachgelagerten Markt nicht ausgeglichen wird.

(363) Die gleiche Argumentation gilt auch für die partielle Qualitätsminderung. Allerdings ist eine Qualitätsminderung für das fusionierte Unternehmen weniger interessant als eine Preiserhöhung, weil dadurch keine höheren Gewinnspannen auf dem vorgelagerten Markt erzielt werden .

8.3.4.3 Effizienzgewinne

(364) Die allgemeinen Auswirkungen des geplanten Vorhabens sind auch von den potenziellen Effizienzgewinnen abhängig, die sich durch den Zusammenschluss ergeben und von den Parteien bestätigt wurden. Unabhängig von den Effizienzgewinnen sind keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen vorhanden. Dennoch sind diese Effizienzgewinne Bestandteil der allgemeinen wettbewerbsbezogenen Bewertung.

(365) Gemäß den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse „kann eine vertikale Fusion die neue Einheit in die Lage versetzen, vorhandene doppelte Aufschläge, die auf die getrennte Preisfestsetzung vor der Fusion zurückzuführen sind, nunmehr zu internalisieren“ . In diesem Fall kann das Problem der doppelten Preisaufschläge nicht außer Acht gelassen werden, weil die Grenzkosten für Kartendatenbanken gegen null gehen und die Bruttogewinnspannen für Kartendatenbanken daher hoch sind. Die Analyse der Kommission zur Auswertung der Verringerung doppelter Preisaufschläge wurde im Hinblick auf Mobiltelefonpreise durchgeführt. Andere durch Nokia bereitgestellte Navigationsdienste sind nicht davon betroffen, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch die Verringerung der doppelten Aufschläge positive Auswirkungen auf die Preisgestaltung bezüglich Tätigkeiten von Nokia, wie Ovi oder Nokia Maps (smart2go), haben wird.

(366) Die Auswirkungen der Eliminierung von doppelten Preisaufschlägen kann folgendermaßen veranschaulicht werden. Nehmen wir der Einfachheit halber an, die Kartendatenbank stelle [0-15]* % des Smartphonepreises dar [...]*. Nach dem Zusammenschluss wird das integrierte Unternehmen feststellen, dass die tatsächlichen Kosten für eine zusätzliche Kartendatenbank nicht [0-15]* % des Smartphonepreises ausmachen, sondern nur einen Bruchteil davon. Infolgedessen hat das fusionierte Unternehmen einen Anreiz, das Verkaufsvolumen zu steigern, um in den Genuss der höheren Gewinne beim Verkauf eines Smartphones zu kommen. Wenn [30-60]* % der Kostensenkung weitergegeben werden, würde der Preis für ein Smartphone von Nokia um [<5]* % sinken. Damit würde der durchschnittliche Marktpreis für ein Smartphone mit integrierter Navigationslösung um etwa [<5]* % sinken (unter der Annahme, dass Nokia [30-60]* % der Smartphones mit Navigationslösungen verkauft, und ohne Berücksichtigung von Änderungen bezüglich der Marktanteile, die sich wegen eines Wechsels zu den billiger gewordenen Smartphones von Nokia ergeben würden).

(367) Die in Erwägungsgrund 365 beschriebenen Effizienzgewinne hängen darüber hinaus von dem jeweiligen Zusammenschluss ab. Bei der Bewertung, ob durch die Eliminierung von doppelten Preisaufschlägen verursachte Effizienzgewinne fusionsbezogen sind, untersuchte die Kommission, ob eine vertikale Zusammenarbeit und vertikale Vereinbarungen ohne Zusammenschluss ähnliche Gewinne generieren können. Insbesondere untersuchte sie, ob die fusionierenden Parteien ohne den Zusammenschluss wohl Verträge mit einer nichtlinearen Preisbildung abschließen würden. Dabei würde der Preis für zusätzliche Einheiten in etwa den Grenzkosten für Kartendatenbanken entsprechen, die in diesem Fall nahezu null betragen würden.

(368) Die Bereitstellung von Navigationsdiensten auf Mobiltelefonen ist im Entstehen begriffen. Daher bietet die Analyse von Verträgen zwischen Kartenanbietern und ihren Kunden keine Beispiele für eine Preisstruktur, bei der Mengenrabatte zu niedrigen Grenzkosten führen könnten. Es könnte jedoch argumentiert werden, dass das Fehlen solcher Verträge nicht beispielhaft für die Eigenschaften der Verträge ist, die in der nahen Zukunft abgeschlossen werden könnten, eben da die Aktivität noch im Entstehen begriffen ist. Dennoch untersuchte die Kommission in der Entscheidung TomTom/Tele Atlaseinen Markt, der schon länger besteht und für den navigationsfähige digitale Kartendatenbanken ein wesentliches Einsatzmittel darstellen. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass Mengenrabatte in dieser Branche zwar üblich sind, jedoch zu begrenzt ausfallen, um doppelte Preisaufschläge aufzuheben. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Preisstruktur für die Verkäufe von digitalen Kartendatenbanken für mobile Anwendungen sich nicht erheblich von den bereits auf dem PND-Markt bestehenden unterscheidet.

(369) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Eliminierung der doppelten Marginalisierung als weitgehend fusionsbezogen betrachtet werden sollte. Nach dem Zusammenschluss entsprechen die tatsächlichen Kosten von Nokia für die Kartendatenbank den Grenzkosten von NAVTEQ für die Erstellung der Kartendatenbanken.

Effizienzgewinne außerhalb des Preisbereichs

(370) Es besteht laut Angaben der Anmelder Grund zu der Annahme, dass das Vorhaben neben der Eliminierung der doppelten Marginalisierung noch andere Effizienzgewinne generieren wird. In den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine vertikale Integration zu solchen Effizienzgewinnen führen kann. Gemäß Nummer 57 können vertikale Fusionen „gemeinsame Anreize für die Parteien hinsichtlich Investitionen in neue Produkte, neue Herstellungsprozesse und Vermarktung des Produkts schaffen“.

(371) Im vorliegenden Fall haben die Parteien angegeben, dass NAVTEQ aufgrund des Zusammenschlusses schneller Kartenfunktionen für die Nutzung durch Fußgänger entwickeln könne. Ohne den Zusammenschluss habe NAVTEQ weniger Anreiz, solche Funktionen für Fußgänger zu entwickeln, ehe das Verkaufsvolumen von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen steige. Die fusionsbezogenen Effizienzgewinne würden also darin liegen, dass NAVTEQ mit Nokia das Risiko teilen würde, Funktionen für Fußgänger zu einer frühen Phase der Marktentwicklung zu entwerfen.

(372) Die Anmelder haben außerdem angegeben, dass NAVTEQ sich derzeit vorrangig damit beschäftigt, Karten für Länder zu entwickeln, in denen der Kraftfahrzeugverkehr sehr ausgeprägt ist, da der Verkauf von Karten für die Fahrzeugnavigation seine Kernaktivität darstellt. Infolgedessen ist die Abdeckung durch NAVTEQ in Ländern wie Indien weniger stark. Ungekehrt besteht für NAVTEQ nach seiner Integration mit Nokia ein großer Anreiz, auch digitale Karten für Länder zu entwickeln, in denen der Kraftfahrzeugverkehr weniger stark ausgeprägt ist, in denen aber der Mobiltelefonmarkt dynamisch ist (beispielsweise in Indien).

(374) Darüber hinaus entspricht eine Vielzahl von Funktionen für Fußgänger den zusätzlichen Attributen, die ohne eine direkte Zusammenarbeit mit den Kartenanbietern entwickelt werden können. Schließlich steht nicht fest, ob eine frühzeitige Bemühung seitens NAVTEQ (oder Tele Atlas) zur Entwicklung von Funktionen für Fußgänger oder zur Entwicklung digitaler Karten in neuen Ländern in Form eines Vertrags mit Nokia ausgeschlossen werden könnte.

(375) Daher ist es nicht klar, ob die von den Anmeldern vorgelegten Effizienzgewinne außerhalb des Preisbereichs fusionsbezogen wären und ob sie in einer bedeutenden Größenordnung lägen.

(376) In jedem Fall ist es nicht nötig, die genaue Größenordnung der zu erwartenden Effizienzgewinne zu schätzen – auch nicht, wenn diese fusionsbezogen sind – weil das Vorhaben unabhängig von den Effizienzgewinnen keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen mit sich bringt.

8.3.4.4 Schlussfolgerung – Auswirkungen auf den nachgelagerten Märkten

(377) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass das Vorhaben zu keinen Wettbewerbsbeeinträchtigungen auf den nachgelagerten Märkten führen wird.

8.3.5 Schlussfolgerung – Abschottung des Zugang zu Einsatzmitteln

(378) Die Kommission bewertete, ob das Vorhaben zu einer wettbewerbsschädigenden Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln führen würde. Sie kam zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich wäre, dass das Vorhaben den Wettbewerb zum Nachteil der Endverbraucher erheblich behindern würde. Es ist nicht klar, ob das fusionierte Unternehmen über die Fähigkeit verfügt, seinen nachgelagerten Mitbewerbern den Zugang zu verwehren, und es fehlt ihm insbesondere der Anreiz, die Lieferung der Kartendatenbanken an seine Mitbewerber auf dem nachgelagerten Markt einzustellen.

(379) Außerdem hätte eine Abschottungsstrategie, in deren Zusammenhang die Mitbewerber von Nokia höhere Preise zahlen oder schlechtere Qualität erhalten würden, keine erheblichen wettbewerbsschädigenden Auswirkungen auf den nachgelagerten Mobiltelefonmarkt und auf den nachgelagerten Markt für die Bereitstellung von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen. In dieser Schlussfolgerung werden durch das Vorhaben zu erwartende Effizienzgewinne nicht berücksichtigt. Sie wird jedoch noch untermauert, wenn die Effizienzgewinne berücksichtigt werden.

80

8.4 Zugang des fusionierten Unternehmens zu vertraulichen Informationen

(380) Gemäß Nummer 78 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse kann das fusionierte Unternehmen infolge eines vertikalen Zusammenschlusses Zugang zu vertraulichen Unternehmensdaten über die nachgelagerten Tätigkeiten der Wettbewerber erlangen. Beispielsweise kann das fusionierte Unternehmen Zugang zu kritischen Informationen erhalten, indem es zum Lieferanten eines nachgelagerten Wettbewerbers wird. Damit hätte es die Möglichkeit, weniger aggressiv im Wettbewerb aufzutreten, oder es könnte die Wettbewerber benachteiligen und damit dafür sorgen, dass Markteintritt und Expansion an Attraktivität verlieren.

(381) Die von einigen Dritten geäußerten Bedenken bezüglich der Vertraulichkeit basieren auf der Voraussetzung, dass die Kunden von NAVTEQ Informationen über ihre künftigen wettbewerbsbezogenen Aktionen an ihren Kartenanbieter weitergeben müssen. Sie haben Bedenken, dass diese Informationen von der nachgelagerten Tochtergesellschaft der fusionierten Einheit zu ihrem Nachteil verwendet werden könnte. Insbesondere brauchten die Dritten Bedenken darüber zum Ausdruck, dass der Zugang zu Informationen über das künftige Verhalten der Kunden auf dem nachgelagerten Markt es der fusionierten Einheit erlauben würde, deren Aktionen zur Akquisition neuer Kunden zuvorzukommen (durch bessere Preise, innovative Funktionen, neue Geschäftskonzepte und größere Abdeckung der Kartendatenbanken). Die Fähigkeit von Nokia, in den Besitz vertraulicher Informationen über die künftigen Aktionen der Kunden von NAVTEQ zu kommen, würde den Anreiz der Mitbewerber von Nokia auf den nachgelagerten Märkten für Navigationsanwendungen und Mobiltelefone, mit NAVTEQ bezüglich der Preispolitik, Innovationen und neuer Geschäftskonzepte zusammenzuarbeiten, verringern. Dies wiederum würde die Marktmacht von Tele Atlas, den einzigen alternativen Anbieter navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken mit EWR-Abdeckung, stärken und könnte zu höheren Preisen oder weniger Innovation auf dem Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken führen.

Zugang zu vertraulichen Informationen

(382) In ihren Angaben und insbesondere in ihrer Antwort auf die Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c haben die Parteien überzeugende Nachweise dafür vorgelegt, dass der Austausch solcher Informationen begrenzt ist und nach dem Zusammenschluss ohne Benachteiligung der Kunden von NAVTEQ sogar eingeschränkt werden könnte. Auf Grundlage dieser Angaben sowie ihrer Marktuntersuchung hat die Kommission festgestellt, dass die Menge der wettbewerbsbezogenen Informationen, die zwischen NAVTEQ und seinen Kunden bezüglich ihres künftigen Verhaltens ausgetauscht werden, begrenzt ist und weiter reduziert werden könnte.

(383) Die Kunden sind nicht zu einer Weitergabe von Informationen über Funktionen in ihren neuen Geräten verpflichtet. NAVTEQ liefert seinen Kunden die navigationsfähige Basis-Kartendatenbank, die grundlegende geografische Informationen, Straßennamen und andere Basisattribute sowie einige Zusatzfunktionen, wie POI, dreidimensional angezeigte Bilder und Phoneme, umfasst. Der Großteil der Zusatzfunktionen kann von Drittunternehmen geliefert

81

und mit Hilfe eines einfachen Verfahrens, der so genannten Geocodierung, in die navigationsfähige Basis-Datenbank integriert werden. [...]*

(384) [...]*

(385) Außerdem arbeiten die Mitbewerber von Nokia auf dem Mobiltelefonmarkt mit Anbietern von Navigationssoftware zusammen, um Navigationsanwendungen für Mobiltelefone zu entwickeln. Durch die Beteiligung unabhängiger Softwareentwickler können Mobiltelefonhersteller einen direkten Kontakt mit NAVTEQ und den Austausch vertraulicher Informationen vermeiden.

(386) Daher ist nicht zu erwarten, dass das fusionierte Unternehmen in den Besitz wettbewerbsbezogener Informationen gelangt, die es zu seinem eigenen Vorteil auf den nachgelagerten Märkten für Mobiltelefone oder Navigationsanwendungen nutzen könnte. Selbst wenn das fusionierte Unternehmen Zugang zu strategisch bedeutenden, vertraulichen Informationen hätte, wäre der Anreiz, diese an seine nachgelagerte Tochtergesellschaft weiterzugeben, sehr gering, da es ansonsten den Verlust seiner Kunden riskieren würde.

Anreiz zum Schutz vertraulicher Informationen

(387) Es läge im Interesse des fusionierten Unternehmens, die Vertraulichkeitsbedenken Dritter aus dem Weg zu räumen. Wie in Abschnitt 8.3.3 dargelegt, wäre die fusionierte Einheit nicht in der Lage, die Verluste auf dem vorgelagerten Markt durch höhere Verkaufszahlen auf dem nachgelagerten Markt auszugleichen. Daher bestünde für sie ein Anreiz, bestehende nachgelagerte Kunden zu behalten und neue dazuzugewinnen. Da es der Beziehung von NAVTEQ mit seinen Kunden und dem Ruf von NAVTEQ auf dem Markt erheblichen Schaden zufügen würde, falls vertrauliche Informationen an Nokia gelangen sollten, kann davon ausgegangen werden, dass die fusionierte Einheit Vertraulichkeitsbestimmungen einrichtet.

(388) Die Marktuntersuchung der Kommission hat ergeben, dass die von den Kunden von NAVTEQ zum Ausdruck gebrachten Vertraulichkeitsbedenken geklärt werden können. Wegen der fehlenden Anreize für eine vollständige oder partielle Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln würde NAVTEQ wahrscheinlich in irgendeiner Form auf mögliche Vertraulichkeitsbedenken reagieren; wahrscheinlich würden sie den Kunden Konditionen anbieten, die einen Wechsel zu Tele Atlas unattraktiv machen. Es bestehen vertragliche und andere Methoden für den Umgang mit möglichen Vertraulichkeitsbedenken. [...]*. Nokia [...]* verfügt über Erfahrung mit der erfolgreichen Umsetzung interner Vertraulichkeitsbestimmungen.

Schlussfolgerung

(389) Daher ist der Schluss zu ziehen, dass der geplante Zusammenschluss nicht zu einer erheblichen Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs wegen Vertraulichkeitsbedenken führen würde. Es ist nicht zu erwarten, dass das fusionierte Unternehmen ohne die Zustimmung seiner Kunden in den Besitz wettbewerbsbezogener Informationen. Darüber hinaus liegt es im Interesse des fusionierten Unternehmens, die Vertraulichkeitsbedenken Dritter aus dem Weg zu räumen.

82

8.5 Koordinierte Effekte

(390) Die Kommission untersuchte außerdem, ob die beabsichtigte vertikale Integration von Nokia und NAVTEQ Anlass zu Bedenken bezüglich der koordinierten Effekte geben würde. Auf der Grundlage der jüngsten Entscheidungen der Kommission zu koordinierten Effekten und deren Anwendung auf vertikale Zusammenschlüsse gemäß den Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse vertrat die Kommission die Ansicht, dass das Vorhaben aus den in den folgenden Erwägungsgründen erläuterten Gründen wahrscheinlich keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen durch Koordinierung nach sich ziehen würde.

(391) Die Analyse beschränkt sich auf die Koordinierung der Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken und beinhaltet nicht die Koordinierung nicht navigationsfähiger Karten. Der Wettbewerbsdruck, dem NAVTEQ (und Tele Atlas) ausgesetzt sind, ist bezüglich der Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken höher als bezüglich der Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass es auch unwahrscheinlich ist, dass der Zusammenschluss im Hinblick auf die Bereitstellung nicht navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken wettbewerbsschädigende Auswirkungen durch Koordinierung hat, wenn es unwahrscheinlich ist, dass der Zusammenschluss im Hinblick auf die Bereitstellung navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken wettbewerbsschädigende Auswirkungen durch Koordinierung hat.

8.5.1 Fehlende Koordinierung auf nachgelagerten Märkten

(392) TomTom und Nokia sind nicht auf denselben nachgelagerten Märkten tätig und ziehen unterschiedliche Kundenkategorien an. TomTom ist in Europa der führende Anbieter von PNDs und ist auf dem Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen (über den Verkauf von TomTom NAVIGATOR 6) nur am Rande vertreten. Die Navigationssoftware von TomTom kann außerdem in einige Mobiltelefone integriert werden, gehört aber auf diesem Gebiet nicht zu den führenden Produkten. Umgekehrt ist Nokia der führende Mobiltelefonhersteller, plant einen Ausbau der Aktivitäten auf dem Markt für Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen über die Entwicklung von Ovi und ist auf dem PND-Markt nur am Rand vertreten.

(393) Obwohl nicht ausgeschlossen wird, dass Navigationsdienste auf PNDs und Navigationsdienste auf Mobiltelefonen sich gegenseitig in einem gewissen Maß beeinflussen, werden sie als eigenständige Märkte betrachtet. Die Kommission kam daher zu der Ansicht, dass TomTom und Nokia größtenteils auf unterschiedlichen nachgelagerten Märkten tätig sind.

(394) Infolgedessen schafft der Zusammenschluss zwischen Nokia und NAVTEQ keinen Anreiz für Nokia und TomTom (oder erhöht einen solchen), auf demselben nachgelagerten Markt zusammenzuarbeiten.

8.5.2 Marktstruktur begünstigt keine Koordinierung auf dem vorgelagerten Markt

(395) Derzeit bestehen keine Anzeichen für eine Koordinierung zwischen Tele Atlas und NAVTEQ auf dem vorgelagerten Markt für den Verkauf von navigationsfähigen digitalen Karten. Die Ergebnisse der Marktuntersuchung der Kommission belegen genau das Gegenteil. Vor dem Zusammenschluss standen Tele Atlas und NAVTEQ im Hinblick auf preisbezogene und nicht preisbezogene Aspekte im Wettbewerb zueinander. Infolgedessen sind die Preise für Kartendatenbanken deutlich gefallen, und eine innovative Entwicklung der Karten war in den letzten Jahren von großer Bedeutung.

(396) Es könnte jedoch argumentiert werden, dass der Zusammenschluss die Bedingungen für eine Koordinierung auf diesem Markt schafft oder verbessert. Nach dem Zusammenschluss wird die Marktstruktur insofern verändert sein, als dass die einzigen beiden Anbieter navigationsfähiger digitaler Kartendatenbanken vertikal in Unternehmen integriert sein werden, die auf dem Markt für die Bereitstellung von Navigationsdiensten Mitbewerber sind.

(397) Es könnte vor allem argumentiert werden, dass für TomTom und Nokia ein gemeinsamer Anreiz bestehen könnte, die geschäftlichen Bedingungen, unter denen Tele Atlas und NAVTEQ ihre digitalen Karten vermarkten, zu verschlechtern, um die Geräte und Dienste von TomTom und Nokia im Vergleich zu denen ihrer Mitbewerber ansprechender erscheinen zu lassen. Eine solche Strategie könnte die PND-Verkaufszahlen von TomTom sowie die Verkaufszahlen für Mobiltelefone und Navigationsdienste von Nokia erhöhen.

(398) Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass eine solche Strategie Bestand hätte. Eine Marktaufteilung zwischen PNDs einerseits und Mobiltelefonen und Navigationsanwendungen andererseits scheint angesichts der äußerst unterschiedlichen Wachstumserwartungen unwahrscheinlich.

(399) Nokia/NAVTEQ sind am Verkauf von PNDs nur am Rande beteiligt. Der Markt besitzt bereits Bedeutung und wächst schnell, was zu einem wichtigen Markt für den Verkauf digitaler Karten führt. Daher bestünde für Nokia/NAVTEQ ein starker Anreiz, den Verkauf von Karten an PND-Hersteller energisch voranzutreiben, um einen erheblichen Anteil an ihren Kartenkäufen zu erlangen. Der Verkauf von Karten an PND-Hersteller zu Preisen, die über dem Wettbewerbsniveau liegen, würde jedoch das Risiko beinhalten, von Tele Atlas unterboten zu werden, und daher würde das Unternehmen wahrscheinlich beim Kartenverkauf Einbußen erleben, die nicht durch eine geringere Wettbewerbsfähigkeit der Mitbewerber von Nokia ausgeglichen werden würden, da Nokia am Verkauf von PNDs nur am Rande beteiligt ist.

(400) Die Präsenz von TomTom bzw. Tele Atlas ist auf dem Markt für Navigationslösungen auf Mobiltelefonen ebenfalls nur gering ausgeprägt. Dieser Markt besitzt derzeit nur wenig Bedeutung, doch es wird von einem erheblichen Wachstum in der Zukunft ausgegangen. Daher bestünde für TomTom bzw. Tele Atlas ein starker Anreiz, digitale Karten für die mobile Navigation zu niedrigeren Preisen als NAVTEQ zu verkaufen. Andernfalls gingen TomTom bzw. Tele Atlas das Risiko ein, von NAVTEQ unterboten zu werden, und würden daher wahrscheinlich beim Kartenverkauf Einbußen erleben, die nicht durch eine geringere Wettbewerbsfähigkeit der Mitbewerber ausgeglichen werden würden, da

148 Die Zahlen für Verkäufe von NAVTEQ an PND-Hersteller lagen im Jahr 2005 bei [...]*, im Jahr 2006 bei [...]* und in den ersten drei Quartalen des Jahres 2007 bei [...]*.

84

TomTom am Verkauf von Navigationsanwendungen auf Mobiltelefonen nur am Rande beteiligt ist.

(401) Die Asymmetrie in der Struktur der beiden vertikal integrierten Unternehmen begünstigt daher keine Koordinierung, da eine solche wahrscheinlich nicht nachhaltig wäre. Darüber hinaus werden einige andere Bedingungen, die zur Unterstützung einer Koordinierung erforderlich sind, nicht erfüllt.

8.5.3 Bedingungen für Koordinierung werden auf dem vorgelagerten Markt nicht erfüllt

(402) Eine wirksame Koordinierung auf einem Markt setzt voraus, dass die betreffenden Unternehmen in der Lage sind, die Koordinierungsmodalitäten zu vereinbaren, Abweichungen von den Koordinierungsmodalitäten zu überwachen und mit Abschreckungsmaßnahmen zu ahnden. Außerdem darf die Koordinierung nicht durch Reaktionen von Außenstehenden gefährdet werden. Diese Kriterien machen eine wirksame Koordinierung auf dem Markt für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken unwahrscheinlich.

(403) Erstens sind die Parteien wohl kaum in der Lage, Absprachen zu treffen. Insbesondere könnten Preisabsprachen nur schwer getroffen werden, da die Preise für navigationsfähige digitale Kartendatenbanken kaum transparent sind. In der Regel sind Verträge zwischen Kartenanbietern und ihren Kunden nicht öffentlich und ihre Bedingungen sind anderen Unternehmen nicht bekannt. Außerdem ist keine geografische Trennung zwischen Tele Atlas und NAVTEQ erkennbar. Die beiden Unternehmen stehen vielmehr in den gleichen Regionen im Wettbewerb zueinander. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sich beide Kartenanbieter auf eine geografische Aufteilung des Marktes einlassen würden. Schließlich würde sich eine Aufteilung der Kunden schwierig gestalten, da auf dem PND-Markt und auf dem nachgelagerten Mobiltelefonmarkt die Größe der Unternehmen Schwankungen unterworfen ist und da es regelmäßig zum Markteintritt zahlreicher neuer Unternehmen auf dem einen oder anderen dieser Märkte kommt.

(404) Zweitens ist es aufgrund der bestehenden Merkmale des Marktes unwahrscheinlich, dass wirksame Überwachungsmechanismen greifen könnten. Beispielsweise sind die Preise für Kartendatenbanken nicht transparent, und die umfassenden, dafür aber seltenen Verträge lassen Abweichungen von möglichen Absprachen wahrscheinlicher werden. Darüber hinaus kann eine Abweichung von Absprachen wegen der hohen Fixkosten und der niedrigen Grenzkosten in der Branche attraktiv werden.

(405) Drittens ist es unklar, ob ein rechtzeitiger und ausreichender Sanktionsmechanismus eingerichtet werden könnte. Es könnte gleichwohl argumentiert werden, dass eine Rückkehr zum Mitbewerber einen Sanktionsmechanismus darstellen könnte. Dieser Punkt kann jedoch offen bleiben, da die anderen Bedingungen für eine Koordinierung nicht erfüllt werden.

(406) Viertens wäre Garmin wahrscheinlich durch seinen langfristigen Vertrag mit NAVTEQ, der seine Belieferung mit digitalen Karten sichert, in der Lage, eine solche Koordinierung zwischen NAVTEQ und Tele Atlas für den Verkauf von Karten für Mobiltelefone zu gefährden. Garmin hat bereits sein Vorhaben angekündigt, ein Smartphone mit Navigationsfunktionen auf dem Markt zu bringen und seine Navigationslösungen in Europa über Mobiltelefone von Samsung zur Verfügung zu stellen. [...]*

85

(407) Schließlich gibt es keinen deutlichen Hinweis darauf, dass die vertikale Integration von Nokia und NAVTEQ einer Koordinierung zwischen den Herstellern von Kartendatenbanken mehr Raum bieten würde. Anders als bei horizontalen Zusammenschlüssen wird durch das Vorhaben kein Mitbewerber auf dem Markt ausgeschaltet, so dass die Vereinbarung von Koordinierungsmodalitäten nicht einfacher wird. Vor allem erhöht das Vorhaben die Preistransparenz nicht.

(408) Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das Vorhaben wohl keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen durch Koordinierung nach sich ziehen wird.

IX. SCHLUSSFOLGERUNG

(409) Aus den dargelegten Gründen kommt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass der beabsichtigte Zusammenschluss einen wirksamen Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes nicht erheblich behindern würde. Der Zusammenschluss sollte daher gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Fusionskontrollordnung und Artikel 57 des EWR-Abkommens für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar erklärt werden

86

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Der angemeldete Zusammenschluss, durch den Nokia Corporation im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen NAVTEQ erwirbt, wird für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar erklärt.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist gerichtet an:

Nokia Corporation Keilalahdentie 4 P.O. Box 226 FIN-00045 Nokia Group Espoo Finnland

Brüssel, den 2.7.2008

Für die Kommission (Unterschrift) Neelie KROES Mitglied der Kommission

87

INHALT

I. Einleitung

3

II. Die Parteien

3

III. Der Zusammenschluss

4

IV. Gemeinschaftsweite Bedeutung

4

V. Verweisung nach Artikel 4 Absatz 5

4

VI. Die relevanten Märkte

4

6.1 Einleitung

4

6.2 Die vorgelagerten Märkte – Nicht navigationsfähige und navigationsfähige digitale Kartendatenbanken 6.2.1 Definition der relevanten Produktmärkte 6.2.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

6 6 15

6.3 Der Zwischenmarkt – Navigationssoftware 6.3.1 Definition der relevanten Produktmärkte 6.3.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

16 16 19

6.4 Die nachgelagerten Märkte 6.4.1 Navigationsanwendungen für Mobiltelefone 6.4.1.1 Definition des relevanten Produktmarktes 6.4.1.2 Definition des relevanten geografischen Marktes 6.4.2 Markt für Mobiltelefone 6.4.2.1 Definition des relevanten Produktmarktes 6.4.2.2 Definition des relevanten geografischen Marktes

19 19 20 26 26 26 28

VII. Marktbedingungen

29

7.1 Vorgelagerte Märkte – Digitale Karten 7.1.1 Nicht navigationsfähige digitale Kartendatenbanken 7.1.2 Navigationsfähige digitale Kartendatenbanken 7.1.2.1 Marktanteile 7.1.2.2 Preisentwicklungen 7.1.2.3 Vertragsbeziehungen 7.1.2.4 Hindernisse für einen Wechsel 7.1.2.5 Markteintritt

29 29 30 30 33 35 37 39

7.2 Navigationssoftware 7.2.1 Einleitung 7.2.2 Marktanteile 7.2.3 Preisgestaltung 7.2.4 Vertriebsformen 7.2.5 Markteintritt

49 49 50 51 51 52

7.3 Nachgelagerte Märkte 7.3.1 Navigationsanwendungen für Mobiltelefone 7.3.2 Mobiltelefone

52 52 54

VIII. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen 55

8.1 Einleitung

55

8.2 Wettbewerbsbedenken

56

8.3 Abschottung des Zugangs zu Einsatzmitteln 8.3.1 Einleitung 8.3.2 Möglichkeit der Abschottung 8.3.2.1 Das Vorhandensein eines deutlichen Maßes an Marktmacht

56 56 58 58

8.3.2.2 Bedeutung der Einsatzmittel für nachgelagerte Mitbewerber 8.3.2.3 Rechtzeitige und wirksame Gegenstrategien 8.3.2.4 Schlussfolgerung – Fähigkeit 8.3.3 Anreiz für eine Abschottung 8.3.3.1 „Konflikt“ zwischen vorgelagerten und nachgelagerten Gewinnen 8.3.3.2 Marktbedingungen, die den Anreiz für eine Abschottung beschränken 8.3.3.3 Empirische Analyse der Kommission 8.3.2.4 Schlussfolgerung – Anreiz 8.3.4 Auswirkungen auf den nachgelagerten Märkten 8.3.4.1 Zwischengeschalteter nachgelagerter Markt: Navigationssoftware 8.3.4.2 Nachgelagerte Märkte 8.3.4.3 Effizienzgewinne 8.3.4.4 Schlussfolgerung – Auswirkungen auf den nachgelagerten Märkten 8.3.5 Schlussfolgerung – Abschottung des Zugang zu Einsatzmitteln

59 63 69 69 69 70 72 75 75 76 76 77 80 80

8.4 Zugang des fusionierten Unternehmens zu vertraulichen Informationen

81

8.5 Koordinierte Effekte 8.5.1 Fehlende Koordinierung auf nachgelagerten Märkten 8.5.2 Marktstruktur begünstigt keine Koordinierung auf dem vorgelagerten Markt 8.5.3 Bedingungen für Koordinierung werden auf dem vorgelagerten Markt nicht erfüllt

83

83

83

85

IX. Schlussfolgerung

86

89

EUC

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