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Valentina R., lawyer
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Nur der deutsche Text ist verfügbar und verbindlich.
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In der veröffentlichten Version dieser Entscheidung wurden bestimmte Informationen gem. Art. 17 (2) der Ratsverordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Nichtveröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen und anderen vertraulichen Informationen ausgelassen. Die Auslassungen sind durch Klammern […] gekennzeichnet. Soweit möglich wurden die ausgelassenen Informationen durch eine Bandbreite/Bereichsangabe von Zahlen oder eine allgemeine Beschreibung ersetzt.
gerichtet an die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 in der Sache COMP M.5900 - LGI/KBW
(Text von Bedeutung für den EWR)
Nur der deutsche Text ist verbindlich
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gerichtet an die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 in der Sache COMP M.5900 - LGI/KBW
(Text von Bedeutung für den EWR)
Nur der deutsche Text ist verbindlich
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“),
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(„Fusionskontrollverordnung“), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 3,
gestützt auf die Anmeldung von Liberty Global Inc. vom 19. April 2011 nach Artikel 4 der genannten Verordnung,
im Hinblick auf den im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland gestellten Antrag des Bundeskartellamts vom 16. Mai 2011,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1.(1) Am 19. April 2011 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Fusionskontrollverordnung bei der Kommission eingegangen. Danach ist Folgendes beabsichtigt: Das Unternehmen Liberty Global Inc. („LGI“, USA) erwirbt über seine 100 %ige Tochtergesellschaft Liberty Global Europe Holding B.V. („LGE“, Niederlande) im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung durch Erwerb von Anteilen die Kontrolle über die Gesamtheit des Unternehmens Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co. KG („KBW“, Deutschland).
1ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 wurden mit dem AEUV einige Begriffe geändert. So wurde zum Beispiel „Gemeinschaft“ durch „Union“ und „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ ersetzt. In diesem Beschluss wird durchgehend die Terminologie des AEUV verwendet.
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2.(2) Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 beantragte die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskartellamt, die Verweisung des geplanten Zusammenschlusses an ihre zuständigen Behörden gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung, um diesen nach deutschem Kartellrecht prüfen zu können („Verweisungsantrag“).
3.(3) Am 18. Mai 2011 leitete die Kommission den Verweisungsantrag an den Anmelder weiter, um ihm die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.
4.(4) Am 26. Mai 2011 übermittelte der Anmelder der Kommission seine Stellungnahme zum Verweisungsantrag.
5.(5) LGI ist ein internationaler Kabelnetzbetreiber. Er besitzt und betreibt Kabelnetze, über die er Fernsehen, Breitbandinternet und Sprachtelefondienste in 11 europäischen Ländern (darunter Belgien, Deutschland, Österreich und die Schweiz) anbietet. In Deutschland ist LGI Eigentümer von Unitymedia, dem zweitgrößten Kabelnetzbetreiber im Land, der Kabelnetze in den Bundesländern Hessen and Nordrhein-Westfalen betreibt.
6.(6) KBW ist ein regionaler Kabelnetzbetreiber in Deutschland, der Kunden im Bundesland Baden-Württemberg Fernsehen, Breitbandinternet und Sprachtelefondienste anbietet.
7.(7) Am […] beschloss LGI, die alleinige Kontrolle über KBW, den drittgrößten Kabelnetzbetreiber in Deutschland, von seinem derzeitigen Eigentümer, der privaten Beteiligungsgesellschaft EQT, zu übernehmen.
8.(8) Der geplante Zusammenschluss besteht im Erwerb aller Anteile an KBW durch LGI.
9.(9) LGI und KBW sind beide auf Märkten im TV- und Telekommunikationsbereich in Deutschland tätig. KBW ist nicht außerhalb Deutschlands tätig.
10.(10) EQT, die Veräußerin, hat LGI unter der Bedingung als Erwerber ausgewählt, dass der Zusammenschluss für EQT so weit wie möglich ohne fusionskontrollrechtliche Risiken abläuft. Zu diesem Zweck haben die Parteien eine „Backstop-Lösung“ vereinbart.
11.(11) […].
12.(12) […].
13.(13) Trotz der von den Parteien vereinbarten Backstop-Struktur wird die geplante Übernahme von KBW durch LGI als Zusammenschluss behandelt, da die beteiligten Unternehmen durch Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags am 21. März 2011 nachgewiesen haben, dass sie ernsthaft gewillt sind, den geplanten Zusammenschluss abzuschließen.
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14.(14) Der geplante Zusammenschluss stellt daher einen Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung dar.
15.(15) Die beteiligten Unternehmen haben für das Jahr 2010 zusammen einen weltweiten Gesamtumsatz in Höhe von mehr als 5000 Mio. EUR(LGI: […] Mio. EUR, KBW: […] Mio. EUR). Beide Unternehmen erzielen jeweils einen EU-weiten Umsatz von mehr als 250 Mio. EUR (LGI: […] Mio. EUR, KBW: […] Mio. EUR), aber nicht mehr als zwei Drittel ihres EU-weiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat. Der angemeldete Zusammenschluss hat somit EU-weite Bedeutung.
2Der Umsatz wurde im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung und der konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1) berechnet.
5. BEURTEILUNG
16.(16) Sofern die Voraussetzungen nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung erfüllt sind, kann die Kommission nach Artikel 9 Absatz 3 einen Zusammenschluss an die zuständigen Behörden des antragstellenden Mitgliedstaates verweisen. Die Schwelle für die Annahme, dass im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung der Wettbewerb auf einem Markt erheblich beeinträchtigt zu sein droht ist erreicht, wenn auf Basis einer vorläufigen Analyse ein betroffener Markt national oder enger als national ist ('ein Markt innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes aufweist') und ein wirkliches Risiko besteht, dass der beabsichtigte Zusammenschluss erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Wettbewerb hat und daher genau geprüft werden sollte ("droht den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen").
17.(17) Das Bundeskartellamt hat Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf Märkte im TV-Bereich, auf die nachstehend eingegangen wird. Die Kommission wird sich in Abschnitt 2 auch mit den Märkten im Telekommunikationsbereich befassen.
(18) Im Hinblick auf die deutschen Märkte im TV-Bereich hat die Kommission in früheren Entscheidungen bzw. Beschlüssen zwischen den folgenden Märkten unterschieden:
(1) Märkte für TV-Infrastrukturdienste, die unterteilt werden können in (i) den Endkundenmarkt für TV-Infrastrukturdienste, auf dem die einzelnen Haushalte Pakete von Free-TV- oder Pay-TV-Kanälen erhalten, z. B. über Satelliten-,
2Der Umsatz wurde im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung und der konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1) berechnet.
(2) Märkte für die Rechte an TV-Inhalten, die unterteilt werden können in (i) einen Markt für Rechte an einzelnen Inhalten und (ii) einen Markt für die Rechte an ganzen Pay-TV-Kanälen.
20.(19) Laut Bundeskartellamt ist insbesondere der deutsche Endkundenmarkt für TV-Infrastrukturdienste von dem geplanten Zusammenschluss betroffen. Das Bundeskartellamt unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Mehrnutzerverträgen (im Weiteren auch bezeichnet als Verträgen mit Wohnungsbaugesellschaften) und Einzelnutzerverträgen (im Weiteren auch bezeichnet als Verträgen mit einzelne Haushalte). Es ist der Ansicht, dass vor allem der Endkundenmarkt für TV-Infrastrukturdienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen („Gestattungsmarkt“) von dem Zusammenschluss betroffen ist, hat aber auch Bedenken hinsichtlich des Endkundenmarkts für TV-Infrastrukturdienste im Rahmen von Einzelnutzerverträgen geäußert. Außerdem ist das Bundeskartellamt der Auffassung, dass der Zusammenschluss den Markt für TV-Infrastrukturdienste beeinträchtigt, auf dem die Signale von Sendern und Pay-TV-Anbietern in die verschiedenen Infrastrukturen eingespeist werden („Einspeisemarkt“).
21.(20) Die Kommission wird nachstehend den Endkunden- und Einspeisemarkt für TV-Infrastrukturdienste analysieren, da im Verweisungsantrag der Bundesrepublik Deutschland Wettbewerbsfragen auf diesen beiden Märkten aufgezeigt wurden.
22.(21) Die Kommission wird auch in etwas kürzerer Form über ihre Marktuntersuchung in Bezug auf andere von dem Zusammenschluss betroffene Märkte im TV-Bereich berichten, nämlich den Signalliefermarkt und den Markt für Rechte an TV-Inhalten.
22.(22) Auf diesem Markt bieten Infrastrukturbetreiber (Breitbandkabel, Satellit, IPTV, DVB-T) den Endkunden Pakete von Free-TV- und Pay-TV-Kanälen an. Ein besonderes Merkmal des deutschen Endkundenmarkts für TV-Dienste liegt darin, dass rund 60 % der Endkunden in Mietwohnungen oder in Liegenschaften von Wohnungsbaugesellschaften leben. Die Wohnungsbaugesellschaften verhandeln und schließen oft Verträge für Basis-Free-TV-Dienste im Namen ihrer Mieter und lasten ihnen die Gebühren dann als Teil der monatlichen Miete an. Mieter können folglich
5Das deutsche Kabelnetz ist in vier Ebenen unterteilt. Die Netzebene (NE) 3 verläuft von der Kabelkopfstelle, an der die Fernsehsignale eingespeist werden, bis zur Grenze eines bestimmten Grundstücks. Die Netzebene (NE) 4 bezeichnet den Teil des Kabelnetzes zwischen der Grundstücksgrenze und den TV-Anschlussdosen eines Haushalts. Unitymedia und KBW betreiben ein integriertes Kabelnetz der Netzebenen 3 und 4; daneben gibt es aber auch nicht integrierte NE-4-Kabelnetzbetreiber.
den Anbieter von Basis-Free-TV-Diensten, die sie in ihren Wohnungen erhalten, oft nicht frei wählen.
23.(23) Das Bundeskartellamt ist der Auffassung, dass auf dem Endkundenmarkt eine Unterscheidung zwischen Free-TV-Diensten für Wohnungsbaugesellschaften (Mehrnutzerverträge) und Free-TV-Diensten für einzelne Haushalte (Einzelnutzerverträge) zweckmäßig sein könnte, da sich die Wettbewerbsbedingungen für Mehrnutzerverträge und Einzelnutzerverträge erheblich voneinander unterscheiden dürften. Das Vertragsvolumen ist beispielsweise im Fall von Mehrnutzerverträgen deutlich höher, der Preis pro Einheit ist bei Mehrnutzerverträgen bis zu 80 % niedriger als bei Einzelnutzerverträgen, und es bestehen Unterschiede in der Vertragslaufzeit (Mehrnutzerverträge laufen bisweilen bis zu 15 Jahren, wogegen Einzelnutzerverträge in der Regel jedes Jahr gekündigt werden können). Nach Angaben des Bundeskartellamts findet ein Wechsel der Infrastruktur hauptsächlich im Falle von Einzelnutzerverträgen statt.
24.(24) Hinsichtlich der Übertragungswege ist das Bundeskartellamt der Ansicht, dass der sachlich relevante Markt a priori Breitbandkabel und IPTV umfasst. DVB-T gehört nicht zu demselben Markt. Ferner sollten vom Endkunden individuell installierte Satellitenschüsseln nicht in den relevanten Markt einbezogen werden. Im Rahmen von Mehrnutzerverträgen eingerichtete Satellitenlösungen könnten eventuell in den relevanten Markt miteinbezogen werden. Das Bundeskartellamt gelangt zu dem Schluss, dass in jedem Fall das Breitbandkabel die entscheidende Infrastruktur für Mehrnutzerverträge ist. DVB-T und IPTV spielen im Falle von Mehrnutzerverträgen fast keine Rolle.
25.(25) Die Kommission hat in der Vergangenheit unterschieden zwischen (i) Endkundenmärkten für Free-TV-Dienste (auch Basis-TV-Dienste genannt), auf denen Endkunden über Breitbandkabel, Satellit, IPTV oder DVB-T Pakete von Free-TV-Kanälen erhalten, und (ii) Endkundenmärkten für Pay-TV-Dienste, auf denen Endkunden über Breitbandkabel, Satellit oder IPTV Pakete von Pay-TV-Kanälen erhalten. Der Anmelder macht geltend, dass diese Unterscheidung auch für die Zwecke des vorliegenden Zusammenschlusses gilt.
26.(26) Die Kommission hat im Bezug auf den deutschen Markt die Frage bislang offen gelassen, ob der Endkundenmarkt für Free-TV-Dienste die Dienste umfasst, die über alle TV-Infrastrukturen geboten werden.
6Entscheidung der Kommission vom 2. April 2003 in der Sache COMP/M.2876 – News Corp/Telepiù, Randnr. 47, sowie Entscheidung der Kommission vom 25. Juni 2008 in der Sache COMP/M.5121 – News Corp/Premiere, Randnr. 20.
7Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnr. 35.
27.(27) Obwohl einige Antworten die herkömmliche Unterscheidung der Kommission zwischen Free- und Pay-TV-Diensten für Endkunden wegen der Einführung der Verschlüsselung von Free-TV-Kanälen, wodurch die Installation einer zusätzlichen Set-Top-Box erforderlich wird, in Frage stellen, hat die Marktuntersuchung diese Unterscheidung generell bestätigt.
28.(28) Der Großteil der Befragten gab bei der Marktuntersuchung an, dass eine potenzielle weitere Segmentierung des deutschen Endkundenmarkts für Free-TV-Dienste in einen Markt für Basis-Free-TV-Dienste im Rahmen von Einzelnutzerverträgen und einen Markt für Basis-Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen aufgrund der unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen sinnvoll wäre, denn Wohnungsbaugesellschaften verhandeln und schließen Verträge für Basis-Free-TV-Dienste für ihre Mieter und lasten ihnen dann die Gebühren als Teil der monatlichen Miete an. Die Mieter werden vom Free TV-Anbieter nur kontaktiert, wenn sie zusätzliche Dienste wie Telefondienste oder Breitbandinternet erwerben wollen. Außerdem unterscheiden sich die Preise für Wohnungsbaugesellschaften aufgrund der höheren Anzahl von Haushaltsanschlüssen von den Preisen für einzelne Haushalte, und die Verträge mit Wohnungsbaugesellschaften haben oftmals eine längere Laufzeit (üblicherweise 10-15 Jahre). Der jüngste Trend liegt jedoch bei Verträgen mit einer kürzeren Laufzeit (bis zu fünf Jahren). Interne Unterlagen der Parteien weisen […] auf […] hin.
29.(29) Darüber hinaus bestätigte die Marktuntersuchung, dass auch die Plattformen, die Free-TV-Dienste anbieten und im Wettbewerb um Einzelnutzerverträge und Mehrnutzerverträge stehen, unterschiedlich sind. Auf die Frage, ob Free-TV-Dienste für Endkunden über verschiedene technische Plattformen (Breitbandkabel, Satellit, IPTV und DVB-T) miteinander austauschbar wären, gab der Großteil der Befragten (Wohnungsbaugesellschaften, Free-TV- und Pay-TV-Kanäle, einige Kabelnetzbetreiber und andere Infrastrukturanbieter) an, dass Kabel- und Satellitenlösungen im Fall von Basis-Free-TV-Paketen oft die einzige Option für Wohnungsbaugesellschaften darstellen würden und nur eingeschränkte Möglichkeiten für einen Austausch mit IPTV and DVB-T beständen. Eigentümer von Wohnungsbaugesellschaften dürften verschiedene Möglichkeiten für den Empfang von Basis-Free-TV-Signalen über Satellit haben , zum Beispiel indem sie (i) in eine Satellitenschüssel und einen Receiver (Set-Top-Box) für jeden Nutzer investieren, (ii) eine eigene Satelliten-Kopfstelle mit einem Receiver installieren, an die die einzelnen Haushalte über Kabel angebunden sind, ohne dass für jede Wohnung eine Set-Top-Box erforderlich ist, oder iii) die Dienste von NE-4-Betreibern in Anspruch nehmen, die für die Wohnungsbaugesellschaft Satelliten-Kopfstellen und Kabelanschlüsse installieren. Laut den von den Parteien vorgelegten Angaben (siehe Randnummer (86)) sind viele Wohneinheiten im Rahmen von Mehrnutzerverträgen über „andere Kabelnetzbetreiber“ verbunden. Es ist unklar, wie viele dieser Wohneinheiten ihre Basis-Free-TV-Dienste über Satellit im Rahmen einer der oben genannten Optionen oder über einen bundesweit operierenden alternativen Kabelnetzbetreiber beziehen.
30.(30) Der von IPTV und DVB-T insbesondere bezüglich Wohnungsbaugesellschaften ausgehende Wettbewerbsdruck scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Deutschland geringer zu sein. DVB-T ist mit keinen erheblichen zusätzlichen Kosten für Endkunden verbunden, es bietet jedoch eine begrenzte Zahl von ausschließlich deutschsprachigen Programmen, und der Empfang ist in ländlichen Gebieten nicht gut ausgebaut.
31.(31) IPTV-Anbieter schließen zurzeit nur Verträge mit einzelnen Haushalten. Eine IPTV-Verbindung über DSL erfordert für einen schnelleren Internetzugang in der Regel einen Ausbau des Telekommunikationsnetzes. Bislang wurde ein solcher Ausbau teilweise in größeren städtischen Zentren durchgeführt. Folglich kann der Anschluss einer Vielzahl von Haushalten im Rahmen von Mehrnutzerverträgen eine technische Herausforderung für den Plattform-Anbieter und die verschiedenen Nutzer darstellen. Andererseits hat die Deutsche Telekom AG („DTAG“), der größte IPTV-Anbieter in Deutschland, im Bereich der Mehrnutzerverträge, vor kurzem eine neue bundesweite Initiative gestartet, in der sie Mehrnutzerverträge mit Basis-Free-TV in Form von analogen Diensten über Kabel anbietet. Daher ist es möglich, dass IPTV oder zumindest die neuen, von DTAG angebotenen Basis-Free-TV-Dienste für Mehrnutzerverträge einen Wettbewerbsdruck auf Kabelnetzbetreiber im Gestattungsmarkt ausüben.
32.(32) Für die Zwecke der Würdigung des vorliegenden Zusammenschlusses, kann zwischen den folgenden Märkten in Deutschland unterschieden werden: (i) Basis-Free-TV-Dienste für Endkunden im Rahmen von Mehrnutzerverträgen über Kabel und möglicherweise Satellit, (ii) Basis-Free-TV-Dienste für Endkunden im Rahmen von Einzelnutzerverträgen über sämtliche Plattformen und (iii) Pay-TV-Dienste für Endkunden über Kabel, Satellit und IPTV.
33.(33) In der Vergangenheit war das Bundeskartellamt der Auffassung, es handle sich bei dem räumlich relevanten Markt um einen regionalen Markt, der auf den Footprint des betreffenden regionalen Kabelnetzbetreibers begrenzt sei. Außerhalb ihres Footprints würden die regionalen Kabelnetzbetreiber nicht miteinander konkurrieren.
34.(34) Nun stellt das Bundeskartellamt jedoch fest, es gebe keine zwingenden technischen Gründe für die regionalen Kabelnetzbetreiber, ihre Tätigkeit auf ihren Footprint zu beschränken. Die bundesweite Präsenz kleinerer Kabelnetzbetreiber spreche dafür, dass es wirtschaftlich sinnvoll sein könne, deutschlandweit um Mehrnutzerverträge zu konkurrieren. Das Bundeskartellamt gelangt daher zu dem Schluss, dass der räumlich relevante Markt, zumindest der Markt für Mehrnutzerverträge, der nationale Markt zu sein scheint.
35.(35) Das Bundeskartellamt erklärt ferner, der Endkundenmarkt für TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen sei ein nationaler Markt, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweise.
36.(36) Die Kommission sah in der Vergangenheit den nationalen Markt als räumlich relevanten Markt an, wenn die über alle (teilweise bundesweit verfügbaren) Infrastrukturen erbrachten Dienstleistungen Teil dieses Marktes sind. Ist der Markt nur auf das Breitbandkabel beschränkt, so müsste der räumlich relevante Markt wahrscheinlich auf das mit dem Kabelnetz versorgte Gebiet begrenzt werden.
37.(37) Nach Ansicht des Anmelders ist der Free-TV-Markt ein nationaler Markt, da die Netzabdeckung bei den über Satellit, DVB-T und IPTV angebotenen Diensten bundesweit ist. Im Bereich der Mehrnutzerverträge bietet die DTAG in einer vor kurzem gestarteten neuen bundesweiten Initiative Basis-TV in Form von analogen Diensten über Kabel und/oder IPTV an. Auf dem Gestattungsmarkt konkurrieren die nationalen Anbieter mit regionalen Kabelnetzbetreibern.
38.(38) Die meisten der im Rahmen der Marktuntersuchung Befragten sind der Auffassung, dass der räumlich relevante Markt regional oder national sein sollte jedoch nicht weiter.
39.(39) Hinsichtlich des Wettbewerbs auf dem Gestattungsmarkt bestätigte die Marktuntersuchung sowohl die Präsenz kleinerer Kabelnetzbetreiber als auch die neue Initiative, mit der sich die DTAG in ganz Deutschland um Mehrnutzerverträge bemüht. Auf dem Endkundenmarkt für Einzelnutzerverträge werden Dienste bundesweit nicht nur über Kabel, sondern auch über Satellit, IPTV und DVB-T zu homogenen Bedingungen angeboten.
40.(40) Die Marktuntersuchung hat zudem bestätigt, dass auf dem deutschen Endkundenmarkt für Pay-TV-Dienste die regionalen Betreiber mit mehreren bundesweit tätigen Anbietern konkurrieren. Sky vertreibt sein Pay-TV-Angebot über Kabel und Satellit, und die DTAG und andere IPTV-Betreiber (Alice, Vodafone) bieten Pay-TV-Pakete als Teil ihres IPTV-Dienstes an.
41.(41) Für die Zwecke der Würdigung des vorliegenden Vorhabens kann der Schluss gezogen werden, dass der räumlich relevante Markt für Basis-Free-TV-Dienste für Endkunden im Rahmen von Mehrnutzerverträgen der nationale Markt zu sein scheint oder in jedem Fall nicht weiter als national ist.
42.(42) Hinsichtlich der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes für Free-TV-Dienste für Endkunden im Rahmen von Einzelnutzerverträgen und für Pay-TV-Dienste für Endkunden kann offen bleiben, ob es sich bei diesen Märkten und nationale oder um kleinere Märkte handelt.
43.(43) In jedem Fall kann festgestellt werden, dass die Endkundenmärkte für TV-Dienste bei jeder Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes nicht größer als der nationale Markt sind und somit alle Merkmale eines gesonderten Markts innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaates im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweisen.
8Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnr. 37.
44.(44) Nach Auffassung des Bundeskartellamts droht der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem Gestattungsmarkt erheblich zu beeinträchtigen, indem er eine gemeinsame marktbeherrschende Stellung auf diesem Markt verstärkt.
45.(45) Das Bundeskartellamt weist darauf hin, dass die drei großen regionalen Kabelnetzbetreiber Unitymedia, KBW und KDG zurzeit nicht miteinander konkurrieren. Stattdessen bemüht sich jeder der drei Betreiber nur um den Abschluss von Verträgen in seinem jeweiligen Footprint. Das Bundeskartellamt stellt aber auch fest, dass es kleinere Kabelnetzbetreiber gibt, die ihre Dienste bundesweit anbieten.
46.(46) Laut Bundeskartellamt gibt es grundsätzlich keine technischen oder wirtschaftlichen Schranken, die die regionalen Kabelnetzbetreiber daran hindern würden, sich außerhalb ihres eigenen Netzgebiets um Verträge zu bewerben. Dies wird durch das Beispiel kleinerer Kabelnetzbetreiber bestätigt, die bundesweit präsent sind. Das Bundeskartellamt erinnert daran, dass der Anmelder nicht bestreitet, dass Investitionen in ganz Deutschland rentabel sein können.
47.(47) Nach Auffassung des Bundeskartellamts ist das Argument des Anmelders, Investitionen außerhalb des Footprints könnten zwar für große regionale Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia und KBW durchaus rentabel sein, sie seien jedoch nicht so rentabel wie Investitionen in ihrem eigenen Netzgebiet, in dieser allgemeine Form aus folgenden Gründen nicht überzeugend.
48.(48) Nach Angaben des Bundeskartellamts sind die Investitionskosten außerhalb des Footprints nicht wesentlich höher als innerhalb des Footprints. Gleichzeitig könnten die außerhalb des Gebiets des Footprints eines Betreibers potenziell zu erzielenden Einnahmen wahrscheinlich höher sein als die innerhalb des Gebiets des eigenen Footprints erzielten Einnahmen. Als Grund gibt das Bundeskartellamt an, dass außerhalb des Netzgebiets Einnahmen mit TV-Signalliefer-, Telefonie- und Internetdiensten erzielt werden können. In dem eigenen Footprintgebiet eines Betreibers, in dem TV-Signallieferdienste bereits für eine große Zahl von Haushalten erbracht werden, können zusätzliche Einnahmen nur mit Telefonie- und Internetdiensten erzielt werden.
49.(49) Ferner ist das Bundeskartellamt der Ansicht, die Tatsache, dass die drei regionalen Kabelnetzbetreiber einander keine Konkurrenz machen, sei die Folge einer impliziten Koordinierung zwischen den drei Anbietern über die Gebietsaufteilung. Zur Unterstützung dieser Schlussfolgerung verweist das Bundeskartellamt auf einen früheren Fall, in dem ein regionaler Kabelnetzbetreiber in den Verhandlungen über die Übernahme eines lokalen Kabelnetzbetreibers den Wunsch geäußert habe, den im Netzgebiet eines anderen regionalen Kabelnetzbetreibers gelegenen Teil des Netzes des lokalen Kabelnetzbetreibers nicht zu übernehmen.
50.(50) Die drei regionalen Kabelnetzbetreiber haben nach Auffassung des Bundeskartellamts zurzeit gemeinsam eine marktbeherrschende Stellung auf dem Endkundenmarkt für TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen.
51.(51) Der geplante Zusammenschluss werde diese gemeinsame marktbeherrschende Stellung und die derzeit zu beobachtenden koordinierten Wirkungen verstärken,
(1) da sich die Zahl der Anbieter von drei auf zwei verringern werde;
(2) da die Marktanteile und Kostenstrukturen der Anbieter symmetrischer würden; das zusammengeschlossene Unternehmen Unitymedia/KBW werde fast so groß wie der größte Kabelnetzbetreiber KDG;
(3) da unter den drei regionalen Kabelnetzbetreibern ohne den Zusammenschluss am ehesten KBW versuchen würde, in das Netzgebiet anderer Betreiber vorzustoßen, da es im eigenen Netzgebiet kaum noch wachsen könne.
52.(52) Dem Anmelder zufolge sind Unitymedia und KBW auf dem Endkundenmarkt in ihren jeweiligen Regionen starkem Wettbewerb durch Satellit, IPTV, DVB-T und kleinere integrierte Kabelnetze sowie durch neue Anbieter wie Web-TV und DTAG (die vor kurzem beschloss, wieder in das Kabelsegment einzusteigen) ausgesetzt.
53.(53) Ferner argumentiert der Anmelder, der geplante Zusammenschluss werden den tatsächlichen Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt für TV-Dienste weder ausschalten noch verringern, da Unitymedia und KBW mangels Überschneidung zwischen den Footprints ihrer Netze keine tatsächlichen Wettbewerber seien.
54.(54) Zur Theorie über die Koordinierung zwischen den regionalen Kabelnetzbetreibern erklärt der Anmelder, diese Theorie setze voraus, dass es für die Parteien potenziell wirtschaftlich attraktiv wäre, in das Netzgebiet des jeweils anderen vorzustoßen. Dies sei jedoch nicht der Fall, da […]:
(1) Für eine Expansion außerhalb des Footprints seien erhebliche unwiederbringliche ('sunk') Investitionen erforderlich.
(2) Falls solche Investitionen dennoch getätigt würden, sei die Rendite einer Expansion außerhalb des Footprints ungewiss. Denn die vorhandenen etablierten Unternehmen verfügten gegenüber dem neuen Anbieter über einen Kostenvorteil.
(3) Selbst wenn eine Rendite erzielt werden könnte, würde sie unter den Opportunitätskosten liegen. Beide Parteien des Zusammenschlusses verfügten […].
55.(55) Die Kommission prüft zunächst, ob die drei regionalen Kabelnetzbetreiber auf dem Free-TV-Markt für Endkunden im Rahmen von Mehrnutzerverträgen in Deutschland tatsächliche Wettbewerber waren oder sind.
56.(56) Die Marktuntersuchung hat bestätigt, dass die drei regionalen Kabelnetzbetreiber in Deutschland niemals tatsächliche Wettbewerber waren und dies auch derzeit nicht sind, da sie nicht um Gestattungsverträge im Netzgebiet der jeweils anderen konkurrieren.
57.(57) Die Marktuntersuchung hat auch bestätigt, dass kleinere lokale Kabelnetzbetreiber wie TeleColumbus oder Pepcom in ganz Deutschland mit regionalen Anbietern auf dem Endkundenmarkt für Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen konkurrieren.
58.(58) Deshalb prüft die Kommission, (i) ob die drei regionalen Kabelnetzbetreiber in Deutschland als potenzielle Wettbewerber angesehen werden können, und wenn ja, (ii) warum es keinen Wettbewerb zwischen ihnen gibt.
(59) Zum Zusammenschluss mit einem potenziellen Wettbewerber wird unter Randnummer 58 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(„Horizontalleitlinien“) festgestellt: „Zusammenschlüsse zwischen einem Unternehmen, das auf dem relevanten Markt bereits tätig ist, und einem potenziellen Wettbewerber in diesem Markt können ähnliche wettbewerbswidrige Wirkungen zeitigen wie Fusionen zwischen zwei Unternehmen, die auf demselben relevanten Markt bereits tätig sind. Insbesondere durch die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung können auch diese Zusammenschlüsse einen wirksamen Wettbewerb erheblich behindern.“
(60) Unter Randnummer 59 der Horizontalleitlinien wird präzisiert, dass eine Bewertung des potenziellen Wettbewerbs unabhängig davon von Bedeutung ist, ob es in dem betreffenden Fall um koordinierte oder um nicht koordinierte horizontale Wirkungen geht.
(61) In seinem Urteil in der Rechtssache ENS/Kommission erklärt das Gericht, dass „sich die Untersuchung der Wettbewerbsbedingungen nicht nur auf den gegenwärtigen Wettbewerb stützt, den sich die bereits auf dem relevanten Markt tätigen Unternehmen liefern, sondern auch auf den potentiellen Wettbewerb, damit ermittelt werden kann, ob unter Berücksichtigung der Struktur des Marktes sowie des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontextes, aufgrund dessen dieser funktioniert, tatsächlich konkrete Möglichkeiten bestehen, dass die betroffenen Unternehmen untereinander im Wettbewerb stehen oder dass ein neuer Wettbewerber auf dem relevanten Markt auftreten und den alteingesessenen Unternehmen Konkurrenz machen kann“ .
62.(62) Dementsprechend versucht die Kommission unter Berücksichtigung der Marktstruktur und des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontextes zu klären, ob es für die regionalen Kabelnetzbetreiber betriebswirtschaftlich machbar und sinnvoll wäre, mit anderen regionalen Kabelnetzbetreibern in deren Footprint in Wettbewerb zu treten.
63.(63) Nach Angaben des Anmelders ist es technisch machbar, eine Infrastruktur auszubauen, um Wohnkomplexe außerhalb des Footprints der Parteien zu erreichen, zum Beispiel durch Einrichtung einer eigenen Satelliten-Kopfstelle für die Anbindung des Wohnkomplexes, durch den Bau einer Stichleitung oder durch die Nutzung von Mietleitungen. Dies wurde durch die Marktuntersuchung bestätigt.
64.(64) Der Anmelder macht jedoch geltend, es seien erhebliche unwiederbringliche ('sunk') Investitionen erforderlich, etwa für Grabungsarbeiten oder die Erneuerung der gebäudeinternen Verkabelung.
65.(65) Ferner ist nach Meinung des Anmelders ungewiss, ob mit solchen Investitionen zufriedenstellende Renditen erzielt werden könnten. Denn anders als in seinem eigenen Footprint sei der neue Anbieter bei der Bedienung von Wohnkomplexen nicht nur dem Wettbewerb durch die DTAG, Satelliten-Selbstversorgung und möglicherweise kleinere Kabelnetzbetreiber, sondern zusätzlich auch dem Wettbewerb durch den etablierten Kabelnetzbetreiber ausgesetzt. Zudem müsse er beim Verkauf von Zusatzleistungen für die zu einem Wohnkomplex gehörenden Haushalte konkurrieren. Im Gegensatz beispielsweise zur DTAG mit ihrer bestehenden deutschlandweiten Infrastruktur verfüge weder Unitymedia noch KBW über praktische Erfahrung oder ein geeignetes Geschäftsmodell für eine solche Strategie.
66.(66) Der Anmelder argumentiert weiter, selbst wenn mit einer solchen Investition trotz der relativen Nachteile eine gewisse Rendite erzielt werden könnte, seien diese Investitionen mit erheblichen Opportunitätskosten verbunden, da sie zulasten von Investitionen im eigenen Footprint des neuen Anbieters gingen. Unitymedia und KBW müssten im Hinblick auf eine höhere Durchdringungsrate in ihren eigenen Footprints Anstrengungen unternehmen, um sowohl das Leistungsangebot zu verbessern als auch die Durchdringung ihrer Footprints zu erhöhen. Dies werde durch den zunehmenden Wettbewerb in den Footprints der Parteien verstärkt, wie der Eintritt der DTAG in den Wettbewerb um Gestattungsverträge belege. Angesichts dieser Aussichten sei es für Unitymedia und KBW wirtschaftlich nicht sinnvoll, die Investitionen innerhalb ihrer eigenen Footprints zurückzufahren, um außerhalb ihrer Footprints neue, unsichere Geschäftsmodelle auszuprobieren.
67.(67) Die Kommission hat die Argumente des Anmelders in der Marktuntersuchung überprüft. Die Marktuntersuchung hat ergeben, dass die Gewinnschwelle für den Eintritt in einen anderen regionalen Markt nicht unbedingt sehr hoch sein muss. So hat ein kleiner Konkurrent der Parteien, der mehrere lokale Kabelfernseh-Infrastrukturanbieter umfasst und in Deutschland 35 lokale Kabelfernsehnetze betreibt, mit zahlreichen Beispielen belegt, dass der Betrieb eines neuen Kabelnetzes bereits mit 800 oder 1000 Haushalten Gewinn abwerfen kann.
68.(68) Der Anmelder bestreitet nicht, dass ein Vorstoß in das Netzgebiet eines anderen Kabelnetzbetreibers gewinnbringend sein kann, sondern argumentiert vielmehr, dass für Unitymedia und KBW kein tatsächlicher betriebswirtschaftlicher Anreiz dafür bestehe, da es für sie rentabler wäre, im eigenen Footprint zu investieren.
69.(69) Der Anmelder führt an, dass beim Vergleich der Rentabilität eines Projekts außerhalb des Footprints einer Partei mit der Rentabilität eines Projekts innerhalb des Footprints dieser Partei betriebswirtschaftliche Erwägungen berücksichtigt würden, wie zum Beispiel: (i) eine Gesamtvertriebsstrategie, (ii) Konzentration auf Kernmärkte oder (iii) die Tatsache, dass kleinere Marktteilnehmer andere Geschäftsmodelle haben, die möglicherweise auf geringeren angestrebten Gewinnmargen beruhen.
70.(70) Wenn ein Kabelnetzbetreiber in das Netzgebiet eines anderen Kabelnetzbetreibers vorstoßen wolle, müsse er außerdem wegen der Reaktion des etablierten Betreibers mit geringeren Gewinnmargen rechnen.
71.(71) Während der Untersuchung hat die Kommission den Anmelder daher aufgefordert nachzuweisen, ob mit einer Investition von 1 Mio. EUR im Netzgebiet der Partei eine höhere Rendite erzielt werden könne als mit einer Investition von 1 Mio. EUR im Netzgebiet eines mit der Partei konkurrierenden Kabelnetzbetreibers.
72.(72) In seiner Antwort legte der Anmelder stattdessen ein Prognosemodell vor, welches zeigen sollte, dass die Amortisierungsdauer für eine Investition in einen Wohnkomplex mit […]Haushalten außerhalb des Footprints von Unitymedia […] beträgt, für eine Investition innerhalb des Footprints jedoch nur […].
73.(73) Die Kommission stellte jedoch mehrere Annahmen, die der Anmelder seiner Berechnung zugrunde gelegt hatte, in Frage. So ging aus dem Modell nicht hervor, warum die durchschnittlichen Erträge je Nutzer auf der Endkundenebene ('ARPU') außerhalb des eigenen Footprints um […] sein, warum der Unterschied bei der Durchdringungsrate […]% betragen oder warum die Marketingkosten um […] liegen sollen. Ferner stützte der Anmelder seine Berechnung mit einem […] Renditeergebnis (oder einer […] Amortisierungsdauer) auf die Annahme, dass eine Stichleitung gebaut wird, ohne die Option zu berücksichtigen, Kabelinseln mit Satelliten-Kopfstellen im Netzgebiet eines anderen Kabelnetzbetreibers einzurichten oder Infrastruktur von Dritten zu mieten.
74.(74) Als Reaktion auf die Fragen der Kommission übermittelte der Anmelder am 1. Juni 2011 ein neues Finanzierungsmodell. Anders als im zuvor übermittelten Modell wurde im neuen Modell eine Investition von 1 Mio. EUR in Wohnkomplexe innerhalb und außerhalb des Footprints verglichen. Obwohl dieser zusätzliche Schriftsatz durchaus Antworten auf einige der von der Kommission angesprochenen Fragen gibt, hat der Anmelder nicht auf alle Fragen geantwortet und keine ausreichenden Erläuterungen zu den Annahmen, die dem Modell zugrunde liegen, vorgelegt, und die Kommission hatte angesichts des Termins, zu dem dieser Schriftsatz eingegangen ist, nicht genügend Zeit, die Validität dieser Annahmen durch eine Befragung von Marktteilnehmern zu überprüfen.
75.(75) Um sein Argument zu belegen, dass es für regionale Kabelnetzbetreiber keinen tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Anreiz gibt, im Footprint eines anderen regionalen Kabelnetzbetreibers tätig zu werden, nahm der Anmelder auch Bezug auf die Umstände einer früheren Veräußerung mehrerer Kabelnetze ([…]) an die KDG. Die KBW hatte diese Netze, die rund […] Haushalte in Bayern und Rheinland-Pfalz 2007 versorgen, 2007 von […] erworben. KBW führt an, es habe diese außerhalb seines Footprint gelegenen Netze an die KDG veräußert, weil die Wiederanbindung und der fortlaufende Betrieb der […] zu hohe Investitionen bei unsicheren Rentabilitätsaussichten erfordert hätten, und dass es betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre, diese Investitionen zu tätigen, während die gleichen finanziellen Mittel innerhalb des eigenen Footprints der KBW besser investiert wären.
76.(76) Während dieses Beispiel das Ergebnis der mangelnden betriebswirtschaftlichen Attraktivität für regionale Kabelnetzbetreiber, Investitionen außerhalb des Footprints zu tätigen sein könnte, ist es kein abschliessender Beleg, da KBW keine Zahlen und Berechnungen vorgelegt hat, die belegen, dass es die mangelnde Rentabilität der […] geprüft und diese nicht aus anderen Gründen veräußert hat.
77.(77) Der Anmelder führt ferner an, dass mit einer soliden wettbewerbsrechtlichen Analyse versucht werden muss, eine hypothetische Fallkonstellation unter Bezugnahme auf andere geografische Gebiete aufzustellen, in denen von einer gesunden Wettbewerbssituation ausgegangen werden kann, insbesondere unter Bezugnahme auf andere EU-Mitgliedstaaten mit vergleichbaren TV-Märkten. Sollte aus der vergleichenden Beurteilung der Situation in anderen Ländern hervorgehen, dass es bei regionalen Kabelnetzbetreibern üblich ist, über den eigenen Footprint hinaus im Footprint anderer regionaler Kabelnetzbetreiber tätig zu werden, dann könnte die Tatsache, dass dies in Deutschland nicht der Fall ist, als für das Vorliegen einer Koordinierung sprechend gewertet werden. Sollte aus der komparativen Analyse hingegen hervorgehen, dass regionale Kabelnetzbetreiber in vergleichbaren Märkten außerhalb Deutschlands durchgehend innerhalb ihres eigenen Footprints bleiben, dann würde dieses Ergebnis die Annahme des Bestehens einer Koordinierung erheblich schwächen, da nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass Kabelnetzbetreiber EU-weit an einer impliziten Marktaufteilung beteiligt sind. In diesem Zusammenhang weist der Anmelder darauf hin, dass in den Ländern, in denen LGI präsent ist, ein Kabel-Überbaunicht festzustellen ist, außer in einigen neuen EU-Mitgliedstaaten wie Rumänien, Polen und Ungarn. Nach seiner Ansicht haben dort spezielle Umstände einen zügigen Netzausbau zu relativ geringen Kosten und mit einem besseren Potenzial als in Deutschland ermöglicht; in Deutschland sei jedoch keiner dieser Faktoren gegeben und die Situation könne in diesen Mitgliedstaaten folglich nicht als relevanter Beleg herangezogen werden.
78.(78) Die Kommission ist der Auffassung, dass hier nicht der Überbau ganzer Netze einschließlich Kabelanschlüssen für Einzelnutzerverträge zu prüfen ist, sondern vielmehr die Frage, ob es für Kabelnetzbetreiber einen tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Anreiz gibt, in den Footprints ihrer Konkurrenten in den Wettbewerb für Gestattungsverträge einzutreten. Darauf zielten die Fragen der Kommission während der Marktuntersuchung ab. Wie oben erwähnt, hat die Kommission die Parteien auch um Kosten- und Gewinnberechnungen für ein solches Szenario gebeten. Aus den oben genannten Gründen haben die Kosten- und Gewinnberechnungen die Argumente des Anmelders nicht abschliessend belegt.
79.(79) Weiterhin wäre es im Hinblick auf Belege in anderen Mitgliedstaaten eher hilfreich gewesen, Informationen zu Ländern zu erhalten, bei denen eine größere Vergleichbarkeit gegeben ist. So lebt zum Beispiel nach Kenntnis der Kommission in den Niederlanden, ähnlich wie in Deutschland, eine große Zahl von Verbrauchern in Wohnkomplexen von Wohnungsbaugesellschaften und Kabelfernsehen hat eine hohe Durchdringungsrate. Jedoch waren die von den Parteien zu dieser Frage vorgelegten Informationen trotz Fragen der Kommission hinsichtlich der Situation in anderen Mitgliedstaaten nicht ausreichend. In jedem Fall nimmt die Kommission zur
80.Kenntnis, dass der Endkunden-TV-Markt in Deutschland besondere Merkmale aufzuweisen scheint (wie das Vorliegen von NE4-Betreibern, einen hohen Anteil von Haushalten, die in Wohnkomplexen von Wohnungsbaugesellschaften leben, das Vorhandensein von Einspeiseentgelten die von Kabelbetreibern erhoben werden), die dazu führen könnten, dass die Marktsituation in anderen Mitgliedstaaten mit der in Deutschland nicht komplett vergleichbar sein könnte. Daher sind die vom Anmelder angeführten Beispiele nicht informativ und kein abschliessender Beleg für das Ergebnis der Analyse bezüglich des Marktes in Deutschland.
81.(80) Auf der Grundlage der Phase I-Marktuntersuchung und der von dem Anmelder übermittelten Antworten gibt es plausible Hinweise, dass der Eintritt in den Footprint eines anderen regionalen Betreibers eine gewinnbringende Strategie für den Anmelder oder das Zielunternehmen sein kann. Wenn Erwägungen zu Opportunitätskosten berücksichtigt werden, kann aufgrund der nicht abschliessenden Antworten des Anmelders auf die Fragen der Kommission auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Strategie auch betriebswirtschaftlich sinnvoll wäre. Daher kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die konkrete Möglichkeit besteht, dass tatsächliche betriebswirtschaftliche Anreize für die regionalen Kabelanbieter bestehen könnten, in die Netzgebiete des jeweils anderen Betreibers einzudringen.
82.(81) In Anbetracht der Tatsachen, dass (i) die Parteien des Zusammenschlusses gegenwärtig nicht miteinander konkurrieren und (ii) die konkrete Möglichkeit besteht, dass es einen tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Anreiz für regionale Kabelnetzbetreiber gibt, im Netzgebiet eines anderen Betreibers tätig zu werden, könnte der fehlende Wettbewerb unter ihnen möglicherweise auf koordinierte Wirkungen in einer oligopolistischen Marktsituation in der Form geografischer Gebietsaufteilung zurückzuführen sein.
83.(82) Nach Randnummer 39 der Horizontalleitlinien kann ein Zusammenschluss in einem konzentrierten Markt wirksamen Wettbewerb erheblich durch die Begründung oder Verstärkung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung behindern, weil er die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Unternehmen in der Lage sind, ihr Verhalten in dieser Weise zu koordinieren und die Preise zu erhöhen, ohne eine Vereinbarung eingehen oder ihre Verhaltensweise im Sinne von Artikel 101 des Vertrages aufeinander abzustimmen zu müssen. Gemäß dem letzten Satz dieser Randnummer kann ein Zusammenschluss auch die Abstimmung zwischen Unternehmen erleichtern, stabilisieren oder erfolgreicher machen, die ihr Verhalten bereits zuvor koordinierten, entweder indem sie ihre Abstimmung weiter verstärken oder ihre Preise abgestimmt noch weiter erhöhen.
(83) Angesichts der Rechtsprechung, sind in den Horizontalleitlinien die Bedingungen aufgeführt, anhand deren die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und der Aufrechterhaltung koordinierter Wirkungen ermittelt werden kann: (a) Unternehmen sind in der Lage, stillschweigend zu einer gemeinsamen Vorstellung über die Bedingungen der Koordinierung zu gelangen, (b) es ist hinreichende Transparenz gegeben, so dass etwaige Abweichungen überwacht werden können, (c) es gibt Abschreckungsmechanismen und (d) Reaktionen von Außenseitern können das abgestimmte Ergebnis nicht unterlaufen.
12Rechtssache T-342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, II-2585, Randnr. 62.
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84.(84) Nach Randnummer 43 der Horizontalleitlinien berücksichtigt die Kommission bei der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit koordinierter Wirkungen sämtliche verfügbaren relevanten Informationen über die Besonderheiten der betreffenden Märkte einschließlich ihrer Strukturmerkmale und das Verhalten der beteiligten Unternehmen in der Vergangenheit.
85.(85) Was die Fähigkeit angeht, zu einer gemeinsamen Vorstellung über die Bedingungen der Koordinierung zu gelangen, besagt Randnummer 46 der Horizontalleitlinien, dass die „Koordinierung in Form der Marktaufteilung […] erleichtert [wird], wenn die Kunden eindeutige Merkmale aufweisen, die ihre Zuteilung durch die koordinierenden Unternehmen erleichtern. Bei diesen Merkmalen kann es sich um räumliche Gegebenheiten, Kundentypen oder das Vorhandensein von Kunden, die in der Regel von nur einem bestimmten Unternehmen beziehen, handeln. Eine Koordinierung über die Aufteilung des Marktes erfolgt relativ umstandslos, wenn der Lieferant jedes Kunden einfach auszumachen ist und die Koordinierung aus der Zuteilung der bestehenden Kunden zu ihren angestammten Lieferanten besteht.“
86.(86) Die Struktur des deutschen Endkundenmarkts für Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen ist gekennzeichnet durch die Präsenz von drei regionalen Kabelnetzbetreibern und einer Reihe kleinerer, überwiegend lokaler Kabelnetzbetreiber mit den folgenden Marktanteilen in Bezug auf die Anzahl der Kabelabonnenten im Rahmen von Mehrnutzerverträgen:
Anzahl der Abonnenten Anteil 2010 (in Mio.)
Unitymedia […] [20-30] %
KBW […] [10-20] %
Zusammen […] [30-40] %
Kabel Deutschland […] [30-40] %
Andere Kabelnetzbetreiber […] [30-40] %
Insgesamt 11,8 100 %
87.(87) Nach den vom Anmelder vorlegten Zahlen gibt es in Deutschland ferner insgesamt 10,2 Mio. Abonnenten von Satellitendiensten, die einigen Wettbewerbsdruck auf die regionalen Kabelanbieter ausüben.
88.(88) Im Rahmen der Mehrnutzerverträge werden Basis-Free-TV-Dienste angeboten, die deutschlandweit ein vergleichbares Programmangebot umfassen, wobei es auf regionaler Ebene einige Besonderheiten in Bezug auf Übertragungspflichten gibt.
89.(89) Die drei Kabelnetzbetreiber sind in ihrem eigenen Footprint tätig, und ihre Netze weisen keine Überschneidungen auf. Die regionalen Betreiber stehen im Wettbewerb mit einigen kleineren lokalen Kabelnetzbetreibern, die vor allem in städtischen Ballungsgebieten tätig sind. Manche dieser Kabelnetzbetreiber sind NE-4-Betreiber, die die Signale von NE-3-Betreibern erhalten, während andere vertikal integriert sind und die Signale über eine eigene Satellitenverbindung erhalten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist schwer festzustellen, ob die beträchtliche Anzahl von "Anderen Kabelnetzbetreibern", die einen gemeinsamen Anteil von [30-40] % des Marktes ausmachen, zusätzlich zu kleinen Kabelnetzbetreibern wie zum Beispiel Netcologne
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und PepCom, auch Wohnkomplexe mit eigenen Satelliten-Kopfstellen, an die die Haushalte über Kabel angebunden sind umfassen, oder ob letztere Teil der Zahl der Abonnenten von Satellitendiensten sind. Weitere Untersuchungen wären auch erforderlich zur Frage, inwieweit von Satellitendiensten Wettbewerbsdruck auf regionale Kabelnetzbetreiber ausgeht, sowie zu der neuen Initiative der DTAG, Gestattungsverträge für Basis-Free-TV in Form von Analogdiensten über Kabel anzubieten. Dennoch scheinen die drei großen regionalen Marktteilnehmer einen gemeinsamen Anteil von ungefähr [60-70]% auf dem Markt für Mehrnutzerverträge zu haben sowie klar abgegrenzte regionale Gebiete, was auf den ersten Blick Koordination zwischen ihnen relativ leicht machen zu scheint.
90.(90) Ferner müssen die Märkte nach Randnummer 49 der Horizontalleitlinien „hinreichend transparent sein, damit die koordinierenden Unternehmen wirksam überwachen können, ob andere Unternehmen von den Modalitäten abweichen, und damit wissen, wann Vergeltungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen.“
91.(91) Was die Transparenz des Endkundenmarktes für Basis-TV-Dienste angeht, so ist es wahrscheinlich, dass es möglich ist zu überwachen, ob neue Leitungen verlegt werden oder andere Kabelnetzbetreiber sich um neu zu schließende Gestattungsverträge bemühen. Daher besteht angesichts der Besonderheiten des Marktes ein tatsächliches Risiko, dass für die regionalen Betreiber die Möglichkeit gegeben ist, die Tätigkeiten ihrer Wettbewerber ohne weiteres zu überwachen.
92.(92) Den Horizontalleitlinien zufolge muss ferner ein Abschreckungsmechanismus vorliegen, da eine „Koordinierung […] nur auf Dauer wirksam [ist], wenn bei einem abweichenden Verhalten ernsthafte Konsequenzen drohen, um die koordinierenden Unternehmen davon zu überzeugen, dass es in ihrem eigenen Interesse liegt, die Koordinierungsmodalitäten zu befolgen“. Es ist die Bedrohung durch ernsthafte Konsequenzen bei Abweichung von der Koordinierung, die die Koordinierung auf Dauer wirksam macht.
93.(93) Hierzu hat die Kommission in ihrer Marktuntersuchung 60 Wohnungsbaugesellschaften, 18 Kabelnetzbetreiber und 12 andere Betreiber von TV-Infrastrukturen gefragt, ob die regionalen Kabelnetzbetreiber derzeit im Netzgebiet der jeweils anderen miteinander im Gestattungswettbewerb stehen und, falls nein, warum nicht. Sieben der neun Befragten, die diese Frage beantwortet haben, gaben an, dass Verträge mit Wohnungsbaugesellschaften außerhalb des eigenen Netzgebiets genau so rentabel sind wie innerhalb des eigenen Netzgebiets geschlossene Verträge. Die regionalen Kabelnetzbetreiber befürchten jedoch Vergeltungsmaßnahmen des regionalen Kabelnetzbetreibers, in dessen Netzgebiet sie eindringen, d. h. sie befürchten, dass dieser Kabelnetzbetreiber in ihrem Netzgebiet in den Wettbewerb um Gestattungsverträge eintreten könnte. Einer der beiden
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94.Befragten, die angegeben hatten, es sei nicht rentabel, im Netzgebiet eines anderen Kabelnetzbetreibers tätig zu werden, ist der drittgrößte regionale Kabelnetzbetreiber, KDG; diese Antwort ist mit den beiden möglichen Theorien – Fehlen eines tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Anreizes oder Bestehen koordinierter Wirkungen – vereinbar.
95.(94) Die Meinung von Marktteilnehmern, welche diese während der Phase-I Marktuntersuchung geäußert haben, nämlich, dass die Angst vor vergeltendem und beiderseitig schädigendem Eintritt in den Footprint des jeweils anderen die Hauptursache für den momentan fehlenden Wettbewerb ist, scheint prima facie zu bestätigen, dass vergeltender Eintritt in das Territorium des jeweils anderen ein wirksamer und leicht durchzusetzender Abschreckungsmechanismus sein könnte, um die behaupteten Modalitäten der Koordination beizubehalten, d.h., nicht in das Gebiet des anderen einzutreten.
96.(95) Was die Gegenmacht der Kunden oder der Wettbewerber angeht (vgl. Randnummer 39 Buchstabe d der Horizontalleitlinien), so stellt die Kommission zunächst fest, dass die anderen Kabelnetzbetreiber zusammen über einen Marktanteil von [30-40] % verfügen, was in etwa dem kombinierten Marktanteil des Unternehmens nach dem Zusammenschluss entspricht. Jedoch zeigte die Marktuntersuchung, dass sich nur einige kleinere Kabelnetzbetreiber deutschlandweit um neu zu schließende Gestattungsverträge in entfernter gelegenen Gebieten bemühen. Wahrscheinlich ist in dieser Zahl ein hoher Anteil von Wohnkomplexen mit integrierten NE-4-Betreibern enthalten, die über eigene Satelliten-Kopfstellen verfügen. Deshalb muss die von diesen lokalen und anderen bundesweit tätigen kleineren Betreibern ausgeübte wettbewerbliche Gegenmacht noch weiter untersucht werden.
97.(96) Was den seit kurzem aufgekommenen Wettbewerb seitens der DTAG angeht, so haben die Parteien auf Anforderung Beispiele der Auswirkungen des Preiswettbewerbs angeführt. Der Umfang des tatsächlichen und des potenziellen Wettbewerbs, der von Anbietern wie der DTAG ausgeht, konnte allerdings angesichts des im Rahmen der Phase-1-Marktuntersuchung verfügbaren Zeitrahmens nicht mehr überprüft werden.
98.(97) Angesichts dieser Sachlage und den Ergebnisse der Marktuntersuchung besteht ein tatsächliches Risiko, dass der derzeit fehlende Wettbewerb zwischen den regionalen Kabelnetzbetreibern das Ergebnis koordinierter Wirkungen ist.
99.(98) Ferner besteht ein tatsächliches Risiko, dass KBW ohne den geplanten Zusammenschluss als Erster beginnen würde, im Wettbewerb im Netzgebiet anderer Kabelnetzbetreiber tätig zu werden. So ist KBW, der kleinste regionale Kabelnetzbetreiber in Deutschland, bereits in der Lage, über [90-100]% der über Mehrnutzerverträge und der über Einzelverträge versorgten Haushalte sowie [90-100]% der über Mehrnutzerverträge versorgten Haushalte in seinem Netzgebiet zu erreichen. Schätzungen der KBW zufolge werden derzeit nur rund […] der über
100.Gestattungsverträge versorgten Haushalte innerhalb seines Footprint über NE-4- Netze, lokale städtische Betreiber und eine integrierte eigene Satelliten-Kopfstelle versorgt. Dies könnte bedeuten, dass […], und es besteht das wirkliches Risiko, dass für das Unternehmen in naher Zukunft ohne den Zusammenschluss ein echter wirtschaftlicher Anreiz entstehen würde, mit anderen Kabelnetzbetreibern in deren Netzgebiet in Wettbewerb zu treten.
101.(100) Schließlich wird der Zusammenschluss die Symmetrie auf dem Markt vergrößern, da dadurch zwei große Kabelbetreiber (das zusammengeschlossene Unternehmen Unitymedia/KBW und Kabel Deutschland) mit ähnlicher Größe, Kostenstruktur und Marktanteilen entstehen .
102.(101) Daher besteht ein wirkliches Risiko, dass (i) für regionale Kabelnetzbetreiber ein tatsächlicher betriebswirtschaftlicher Anreiz bestehen kann, im Footprint anderer regionaler Kabelnetzbetreiber tätig zu werden, (ii) der Zusammenschluss koordinierte Wirkungen in Gestalt von geographischer Marktaufteilung stärken könnte.
103.(102) Aus diesen Gründen droht der vorliegende Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem deutschen Endkundenmarkt für Free-TV im Rahmen von Mehrnutzerverträgen – einem Markt, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes aufweist – erheblich zu beeinträchtigen.
1.1.3.4. Fazit
1.2. Signalliefermarkt
103.(103) Das deutsche Kabelnetz ist in vier Ebenen unterteilt. Die Netzebene (NE) 3 verläuft von der Kabelkopfstelle, an der die Fernsehsignale eingespeist werden, bis zur Grenze eines bestimmten Grundstücks. Die Netzebene (NE) 4 bezeichnet den Teil des Kabelnetzes zwischen der Grundstücksgrenze und den TV-Anschlussdosen eines Haushalts. Unitymedia und KBW betreiben ein integriertes Kabelnetz der Netzebenen 3 und 4; daneben gibt es aber auch nicht integrierte NE-4-Kabelnetzbetreiber.
1.2.1. Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes
104.(104) Die nicht integrierten NE-4-Betreiber, die den Endkundenmarkt für TV-Dienste bedienen, benötigen eine Verbindung zu einem NE-3-Betreiber oder einer Satelliten-Kopfstelle, um Signale empfangen zu können.
15 Siehe Randnummer 48 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 31 vom 5.5.2004, S. 5).
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105.(105) Der Markt, auf dem nicht integrierte NE-4-Betreiber und NE-3-Betreiber über die Lieferung der Fernsehsignale verhandeln, ist der Signalliefermarkt .
1.2.2. Vorliegen eines gesonderten Marktes innerhalb des antragsstellenden Mitgliedstaats
106.(106) In früheren Entscheidungen hatte die Kommission den Standpunkt vertreten, dass der Signalliefermarkt räumlich das Gebiet der entsprechenden regionalen Netzebene 3 umfasst, d. h. Hessen und Nordrhein-Westfalen für Unitymedia und Baden-Württemberg für KBW .
107.(107) Die Ergebnisse der Marktuntersuchung waren, was die Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes angeht, nicht eindeutig. Über die Hälfte der TV-Infrastrukturanbieter, die die entsprechende Frage bei der Marktuntersuchung beantwortet hatten, gaben an, dass es sich bei dem Signalliefermarkt um einen regionalen Markt handelt, während die übrigen Anbieter von einem nationalen Markt ausgingen.
108.(108) Für die Zwecke dieses Beschlusses kommt es auf die genaue Abgrenzung des räumlich relevanten Signalliefermarkts nicht an, da es sich allenfalls um einen nationalen Markt handelt, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaates im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweist.
109.(109) Für die Zwecke des vorliegenden Verweisungsbeschlusses ist eine Würdigung der Auswirkungen auf den Wettbewerb auf diesem Markt nicht erforderlich, da (i) der Signalliefermarkt höchstens national ist und im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung alle Merkmale eines gesonderten Marktes, der sich in dem antragstellenden Mitgliedstaat befindet, aufweist; (ii) die Kommission bereits zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem sachlich eng verbundenen Endkundenmarkt für Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen erheblich zu beeinträchtigen droht und (iii) gemäß dem Grundsatz der einzigen Anlaufstelle der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, wonach die Untersuchung unterschiedlicher Auswirkungen desselben Zusammenschlusses, wenn möglich, von derselben Behörde in demselben Verfahren durchgeführt werden sollte, ist es angemessen, auch die Untersuchung dieses Marktes an das Bundeskartellamt zu verweisen.
1.3. Einspeisemarkt für die Übertragung von Fernsehsignalen
1.3.1. Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes
110.(110) Damit ihre Programme den Zuschauer erreichen können, beziehen Free-TV-Sender und Pay-TV-Anbieter von den Betreibern der Übertragungsinfrastruktur auf dem vorgelagerten Einspeisemarkt für die Übertragung von Fernsehsignalen
16 Im Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, wurde dieser Markt auch als „intermediary market for signal delivery“ bezeichnet, Randnrn. 31-32.
17 Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnrn. 33-34; Entscheidung der Kommission vom 15. Juni 2004 in der Sache COMP/M.3355 – Apollo/JP Morgan/PrimaCom, Randnr. 11.
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entsprechende Signalübertragungsdienste. Die Übertragungsinfrastruktur umfasst derzeit Breitbandkabel, Satellit, DVB-T und IPTV.
111.(111) Nach Ansicht des Anmelders ist eine präzise Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes nicht erforderlich, da KBW und Unitymedia nicht in derselben Region tätig sind und deshalb auch nicht miteinander im Wettbewerb stehen.
112.(112) In früheren Entscheidungen zum deutschen Kabelnetzmarkt ließ die Kommission die Frage offen, ob der Markt nur auf „Breitbandkabel“ beschränkt oder auf andere Übertragungswege erweitert werden sollte .
113.(113) Zudem hielt es die Kommission nicht für erforderlich, auf dieser Ebene zwischen der Übertragung von Pay-TV- und Free-TV-Signalen zu unterscheiden. Nach Auffassung der Kommission ist die Übertragung von digitalen und analogen Signalen Teil desselben Marktes .
114.(114) Mit der Begründung, Kabel sei nicht mit anderen Übertragungswegen (wie Satellit oder IPTV) austauschbar, hatte das Bundeskartellamt den sachlich relevanten Markt in früheren Entscheidungen auf das Kabelnetz beschränkt.
115.(115) Eine Unterteilung in einen Markt für Free-TV und einen Markt für Pay-TV hat das Bundeskartellamt bisher nicht vorgenommen. Nach Ansicht des Bundeskartellamts gibt es allerdings Anzeichen dafür, dass sich die Bedingungen für die Übertragung von Free-TV- und Pay-TV-Inhalten so unterschiedlich entwickeln, dass die Annahme getrennter Märkte gerechtfertigt sein könnte. Beispielsweise würden die Gesamtgebühren für Free-TV-Sender sinken (Übertragungsgebühren minus Urheberrechtsabgaben), während die Einspeiseentgelte für Pay-TV-Anbieter anstiegen.
116.(116) Der Marktuntersuchung lässt sich im Großen und Ganzen entnehmen, dass Kabel, Satellit, IPTV und DVB-T aus Sicht der Free-TV-Sender und der Pay-TV-Anbieter nicht austauschbar, sondern eher komplementär sind. In Deutschland hat derzeit keiner der alternativen Übertragungswege das Potenzial, die Nachfrage der Free-TV-Sender/Pay-TV-Anbieter nach Zugang zu einer Höchstzahl an potenziellen Zuschauern zu befriedigen.
117.(117) Die Ergebnisse der Marktuntersuchung waren in der Frage, ob in diesem Markt zwischen Pay-TV und Free-TV differenziert werden muss, nicht eindeutig. Einige der Befragten hielten den Unterschied im Geschäftsmodell von Free-TV und Pay-TV nicht für relevant, da beide eine hohe Kundenreichweite benötigten und im Kabelnetz präsent sein müssten. Andere wiesen jedoch darauf hin, dass die technischen Anforderungen unterschiedlich seien und Pay-TV und Free-TV daher als getrennte Märkte angesehen werden sollten.
18 Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnr. 28; Entscheidung der Kommission vom 15. Juni 2004 in der Sache COMP/M.3355 – Apollo/JP Morgan/PrimaCom, Randnr. 10; Entscheidung der Kommission vom 14. Februar 2005 in der Sache COMP/M.3674– Iesy Repository/Ish, Randnr. 18.
19 Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnr. 28; Entscheidung der Kommission vom 15. Juni 2004 in der Sache COMP/M.3355 – Apollo/JP Morgan/PrimaCom, Randnr. 10; Entscheidung der Kommission vom 14. Februar 2005 in der Sache COMP/M.3674– Iesy Repository/Ish, Randnr. 18.
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118.(118) Für die Zwecke dieses Beschlusses kann auf eine präzise Abgrenzung des Produktmarkts verzichtet werden, weil das Ergebnis unabhängig von den gewählten alternativen Marktabgrenzungen gleich bliebe.
1.3.2. Vorliegen eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats
119.(119) Wenn der Einspeisemarkt für die Übertragung von TV-Signalen, wie die Kommission in früheren Entscheidungen festgestellt hat, als rein „kabelgestützt“ anzusehen ist, würde sein geografischer Einzugsbereich nicht über das Einzugsgebiet des betreffenden Kabelnetzes hinausgehen (im vorliegenden Fall Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg). Werden andere Übertragungswege, die bundesweit zur Verfügung stehen wie Satellit, DVB-T oder IPTV, in den sachlich relevanten Markt aufgenommen, würde es sich um einen nationalen Markt handeln .
120.(120) Nach Ansicht des Bundeskartellamts entspricht der räumlich relevante Markt dem Einzugsgebiet des regionalen Kabelnetzes.
121.(121) Eine knappe Mehrheit der Befragten gab bei der Marktuntersuchung an, dass es sich um einen regionalen Markt handele, wobei jedes Kabelnetz einen eigenen Markt darstelle. Mehrere Befragte standen auf dem Standpunkt, dass der sachlich relevante Markt mehr umfasse als nur Kabelnetze und dass der Markt daher ganz Deutschland einschließe.
122.(122) Für die Zwecke dieses Beschlusses kommt es auf die genaue Abgrenzung des räumlich relevanten Signalliefermarkts nicht an, da es sich allenfalls um einen nationalen Markt handelt, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaates im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweist.
1.3.3. Drohung einer erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigung
1.3.3.1. Verweisungsantrag
123.(123) Nach Auffassung des Bundeskartellamts kann der geplante Zusammenschluss zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Unitymedia führen.
124.(124) In früheren Verfahren hatte das Bundeskartellamt festgestellt, dass Unitymedia im Einspeisemarkt für die Übertragung von Fernsehsignalen eine beherrschende Stellung innehat. Eine neue Untersuchung würde dieses Ergebnis nach Auffassung des Bundeskartellamts bestätigen.
125.(125) Während das Bundeskartellamt es für fraglich hält, ob die beherrschende Stellung von Unitymedia gegenüber den größeren Free-TV-Sendern angenommen werden könne, ist es jedoch der Ansicht dass seine beherrschende Stellung gegenüber Pay-TV-Anbietern wie Sky nach wie vor relevant ist.
20 Entscheidung der Kommission vom 15. Juni 2004 in der Sache COMP/M.3355 – Apollo/JP Morgan/PrimaCom, Randnr. 10.
21 Das letzte Verfahren lief im Juli 2010 und betraf den Fall B 7-130/08 gegen Unitymedia.
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126.(126) Nach Auffassung des Bundeskartellamts könnte die Ausschaltung der KBW, die auf einem benachbarten regionalen Einspeisemarkt tätig ist, eine marktbeherrschende Stellung von Unitymedia verstärken. Dem Bundeskartellamt zufolge könnten es sich TV-Sender in der Regel nicht leisten, die Übertragung ihrer Kanäle über das Netz von Unitymedia oder KBW einzustellen. Jedes der Netze von Unitymedia und KBW erreicht eine so hohe Zahl an Haushalten, dass ein werbefinanzierter Sender oder ein Pay-TV-Anbieter, der auf Abonnenten angewiesen ist, es sich normalerweise nicht erlauben kann, auf eine Präsenz in einem der Netze zu verzichten. Dies muss aber nicht auf alle Sender in allen Fällen zutreffen. Es mag Fälle geben, in denen ein Sender das Netz eines der regionalen Kabelnetzbetreiber nicht in Anspruch nehmen will. Der geplante Zusammenschluss kann daher eine Stärkung der Verhandlungsposition von Unitymedia und KBW bewirken.
1.3.3.2. Argumente des Anmelders
127.(127) Der Anmelder macht geltend, dass das fusionierte Unternehmen gegenüber den Free-TV-Sendern nach dem Zusammenschluss nicht über eine stärkere Verhandlungsposition verfügen wird als Unitymedia oder KBW allein.
128.(128) Free-TV-Sender verfügten heute als Abnehmer über eine beachtliche Verhandlungsmacht, da i) der Rundfunksektor in Deutschland stark konzentriert sei, ii) Übertragungspflichten bestünden, die sich in den Gebieten, in denen Unitymedia und KBW aktiv sind, auf 13 bis 30 TV-Kanäle erstrecken könnten, und iii) Kabelnetzbetreiber ein großes Interesse daran hätten, sich in einem Markt, der in den letzten Jahren aufgrund der Digitalisierung erheblich an Lieferkapazität gewonnen hat, attraktive Programme zu sichern.
129.(129) Was die Übertragungsentgelte anbelangt, so trägt der Anmelder vor, dass Kabelnetzbetreiber nicht in der Lage seien, diese Entgelte unabhängig von den Free-TV-Sendern festzusetzen. Das Verhalten der Kabelnetzbetreiber in den Verhandlungen über die Übertragungsentgelte werde im Wesentlichen durch folgende Faktoren bestimmt: (i) Übertragungspflichten, nach denen ein Kabelnetzbetreiber Übertragungsdienste für eine Vielzahl von Kanälen erbringen muss, (ii) Regulierung, (iii) Befugnis der Landesmediengesellschaften zur Überwachung der Übertragungsentgelte und (iv) Befugnis des Bundeskartellamts, bei missbräuchlichem Preisverhalten einzuschreiten. Der Anmelder macht überdies geltend, die Übertragungsentgelte seien nach dem Zusammenschluss von Iesy und Ish, der 2005 zur Gründung von Unitymedia führte, nicht gestiegen.
130.(130) Dem Anmelder zufolge lässt sich die Annahme, dass die Verhandlungsmacht großer regionaler Kabelnetzbetreiber automatisch mit Erhöhung der Reichweite zunimmt, nicht mit wirtschaftstheoretischen Argumenten stützen, vor allem wenn beide Parteien vor dem Zusammenschluss als für die Sender unverzichtbar angesehen werden.
131.(131) Auch die Praxis im Markt bestätige diese Annahme nicht, da KDG, ein Netz, das heute bereits größer ist als Unitymedia/KBW nach dem Zusammenschluss, gegenüber den Free-TV-Sendern nicht über eine stärkere Verhandlungsposition als Unitymedia oder KBW verfüge. Im Gegenteil: KBW, […], verlange derzeit […] Übertragungsentgelte als KDG oder Unitymedia[…].
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132.(132) Der Anmelder behauptet zudem, dass die Marktmacht der Sender gegenüber den Kabelnetzbetreibern noch weiter zunehmen werde, da mit einem Anstieg des Infrastrukturwettbewerbs auf der Endkundenebene zu rechnen sei, wo Unitymedia und KBW außer mit der Satellitentechnik mehr und mehr mit DVB-T, IPTV und Web-TV konkurrieren würden.
133.(133) Schließlich trägt er vor, dass ein Teil der Übertragungsentgelte im Verhältnis zu den Sendern ohnehin durch Urheberrechtsabgaben aufgewogen werde, die entweder direkt an die Sender oder an deren Verwertungsgesellschaften abgeführt würden.
1.3.3.3. Würdigung durch die Kommission
134.(134) Die Mehrheit der Befragten gab bei der Marktuntersuchung an, dass die Kabelnetzbetreiber derzeit über eine starke Verhandlungsposition verfügten, auf die sie sich bei ihren Verhandlungen mit den Free-TV-Sendern stützen könnten. Einer der Befragten erklärte, dass die Kabelnetzbetreiber die (analogen) Verteilungskapazitäten künstlich knapp hielten, um den Zugang der Sender zum Netz weiterhin kontrollieren zu können, und dass sie wenig Interesse daran hätten, in die teurere digitale Verteilung einzusteigen. Free-TV-Sender scheinen keinen Rückgang bei den Entgelten der Kabelnetzbetreiber für die analoge Einspeisung zu beobachten, obwohl die Digitalisierung voranschreitet.
135.(135) Die Mehrheit der Befragten gab ebenfalls an, dass der Zusammenschluss aufgrund der Verbreiterung der Abonnentenbasis eine Stärkung der Verhandlungsposition des fusionierten Unternehmens gegenüber Free-TV-Sendern bewirken würde. Käme keine Vereinbarung zwischen dem fusionierten Unternehmen und den Free-TV-Sendern zustande, wären davon zwei regionale Märkte (Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg) betroffen und nicht – wie vor dem Zusammenschluss – nur einer (nämlich Nordrhein-Westfalen). Die Free-TV-Sender könnten sich eigenen Angaben zufolge den Verlust einer so breiten Vertriebsplattform nicht leisten. Ihrer Ansicht nach wird das fusionierte Unternehmen nach dem Zusammenschluss in der Lage sein, von den Sendern höhere Einspeiseentgelte zu verlangen und ihnen härtere Konditionen aufzuerlegen (z. B. die unentgeltliche Einräumung von Catch-up-TV- und VoD-Rechten).
136.(136) Überdies stimmten nicht alle Befragten der Einschätzung zu, dass die Übertragungspflichten die Verhandlungsposition der Free-TV-Sender gegenüber den Kabelnetzbetreibern stärken würden. Die Übertragungspflichten fielen einigen Befragten zufolge bei den Verhandlungen nicht immer ins Gewicht. Sie wären zudem nur für einige Free-TV-Sender von Belang und würden für eine Vielzahl anderer Anbieter nicht gelten.
137.(137) Die Marktteilnehmer wiesen auch darauf hin, dass es keine Verbindung zwischen den Verhandlungen über Einspeiseentgelte und den Urheberrechtsabgaben gebe und dass es für die Sender schwierig sei, in den Verhandlungen mit den Kabelnetzbetreibern Urheberrechtsabgaben als Druckmittel einzusetzen.
22 Die Deutsche Telekom AG („DTAG“) hat […] Abonnenten und visiert für 2015 […] IPTV-Abonnenten an.
23 Dem Anmelder zufolge ist es den Sendern aufgrund ihrer starken Verhandlungsposition gelungen, von den Kabelnetzbetreibern Jahr für Jahr Urheberrechtsabgaben in beträchtlicher Höhe zu kassieren. Unitymedia beispielsweise führt annähernd […] % ihrer jährlichen Einnahmen aus den Kabelgrundgebühren (etwa […] Mio. EUR im Jahr 2010) als Urheberrechtsabgaben ab.
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138.(138) Als weiteren negativen Effekt des geplanten Zusammenschlusses nannten die Befragten die Möglichkeit, dass LGI ihr Verschlüsselungsmodell auf KBW übertragen könnte, wodurch sich die Situation für Verbraucher und Free-TV-Sender verschlechtern würde.
139.(139) Die Kommission hat anhand von Fragebögen an die Marktteilnehmer geprüft, ob die Übertragungsentgelte nach dem Zusammenschluss von Iesy und Ish, der 2005 zur Gründung von Unitymedia führte, gestiegen sind. Mehrere Befragte gaben an, dass die Einspeiseentgelte im Geschäftsgebiet der betreffenden Unternehmen nach dem Zusammenschluss, als die Verträge neu ausgehandelt wurden, tatsächlich gestiegen sind.
140.(140) Es ist jedoch nicht klar, ob der Zusammenschluss Iesy/Ish als Gegenargument für den hier in Rede stehenden Zusammenschluss herangezogen werden kann. Ein Befragter wies darauf hin, dass zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses Iesy/Ish eine besondere Situation vorlag, die im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, da 2005 die Digitalisierung des deutschen Breitbandkabelnetzes noch nicht abgeschlossen war und nur ein Plattformbetreiber, die Media Service Gesellschaft („MSG“), alle drei regionalen NE-3-Kabelnetzbetreiber bediente. Infolgedessen habe zwischen Sendern und MSG ein Universalvertrag für alle NE-3-Kabelnetze zu denselben Konditionen bestanden. Selbst wenn das fusionierte Unternehmen Iesy/Ish die erhöhte Reichweite seines Netzes als Preisargument gegenüber den Sendern ins Feld hätte führen wollen, wäre ihm das nicht gelungen, weil die Übertragungsentgelte von MSG festgesetzt wurden. Nach Ablauf des MSG-Vertrags 2007 mussten die Sender mit jedem Kabelnetzbetreiber einzeln verhandeln, was eine Erhöhung des Einspeiseentgelts zur Folge hatte, die aber wohl kaum auf den Zusammenschluss zurückzuführen sein dürfte.
141.(141) Ein weiterer Punkt, der zu klären wäre, ist die Frage, warum KBW, […], derzeit […] Übertragungsentgelte verlangt als KDG und Unitymedia.
142.(142) Zu untersuchen wären auch die Auswirkungen etwaiger höherer Einspeiseentgelte für Sender auf den Wettbewerb und die Verbraucher. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, inwieweit Verbraucher durch höhere Einspeiseentgelte geschädigt würden.
1.3.3.4. Fazit
143.(143) Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann nicht mit Sicherheit darauf geschlossen werden, ob der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb im Vorleistungsmarkt für die Übertragung von TV-Diensten spürbar zu beeinträchtigen droht. Für die Zwecke des vorliegenden Verweisungsbeschlusses kann diese Frage allerdings offen bleiben, da (i) der Vorleistungsmarkt für die Übertragung von TV-Diensten höchstens national ist und im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung alle Merkmale eines gesonderten Marktes, der sich in dem antragstellenden Mitgliedstaat befindet aufweist; (ii) die Kommission bereits zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem eng verbundenen Endkundenmarkt für Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen erheblich zu beeinträchtigen droht und (iii) gemäß dem Grundsatz der einzigen Anlaufstelle der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, wonach die Untersuchung unterschiedlicher Auswirkungen desselben Zusammenschlusses, wenn möglich, von derselben Behörde in demselben Verfahren durchgeführt werden sollte, es angemessen ist, auch die Untersuchung dieses Marktes an das Bundeskartellamt zu verweisen.
1.4. Markt für Rechte an TV-Inhalten
1.4.1. Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes
144.(144) Die Kommission hat in der Vergangenheit bei den Rechten an TV-Inhalten zwei gesonderte sachlich relevante Märkte ausgemacht: (i) den Markt für Senderechte , auf dem Pay-TV-Sender eigene Produktionen oder TV-Inhalte, für die sie die Senderechte erworben haben, in Pay-TV-Kanälen zusammenfassen, und (ii) den Markt für die Rechte an ganzen Pay-TV-Kanälen, auf dem Pay-TV-Anbieter von den Pay-TV-Sendern die Vertriebsrechte für ganze Kanäle erwerben, um sie in ihre Pay-TV-Pakete zu integrieren, die sie an ihre Abonnenten auf dem Endkundenmarkt vertreiben.
145.(145) Auf den Markt für Senderechte an einzelnen Inhalten wird in diesem Beschluss nicht weiter eingegangen, da sich die Geschäftstätigkeiten von LGI und KBW nur auf der Nachfrageseite und unwesentlich überschneiden.
146.(146) Beim Markt für die Rechte an ganzen TV-Kanälen hat die Kommission in Erwägung gezogen, diesen Markt weiter nach Sparten zu untergliedern, etwa in Märkte für Rechte an Sport-, Kinder- oder Nachrichtenkanälen, oder zwischen Pay-TV-Premiumkanälen und anderen Pay-TV-Kanälen zu unterschieden. Letztlich wurde diese Frage jedoch offen gelassen .
147.(147) Nach Ansicht des Anmelders braucht der Markt nicht genauer abgegrenzt zu werden, da dies für die wettbewerbsrechtliche Würdigung des geplanten Zusammenschlusses nicht weiter von Belang ist.
Beschluss der Kommission vom 25. Januar 2010 in der Sache COMP/M.5734 – LGE/Unitymedia, Randnr. 12; Entscheidung der Kommission vom 25. Juni 2008 in der Sache COMP/M.3674– Iesy Repository/Ish, Randnr. 35.
Beschluss der Kommission vom 21. Dezember 2010 in der Sache COMP/M.5932 – News Corp/BskyB, Randnr. 85; Entscheidung der Kommission vom 18. Juli 2007 in der Sache COMP/M.4504 – SFR/Tele2, Randnr. 22.
Entscheidung der Kommission vom 2. April 2003 in der Sache COMP/M.2876 – News Corp/Telepiù, Randnr. 76; Beschluss der Kommission vom 21. Dezember 2010 in der Sache COMP/M.5932 – News Corp/BskyB, Randnr. 85.
148.(148) Des Weiteren hat die Kommission geprüft, ob der Pay-TV-Rechtemarkt neben Pay-TV-Kanälen auch die Rechte an Video-on-Demand-Inhalten („VoD“) umfasst, ohne jedoch zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen. In anderen Entscheidungen hat die Kommission jedoch geprüft, ob VoD-Inhalte dem Markt für einzelne Inhalte zuzurechnen ist, oder hat sogar entschieden, dass der Vertrieb von VoD-Inhalten an Wiederverkäufer einen gesonderten Markt darstellt.
149.(149) Die für die Zwecke dieses Beschlusses durchgeführte Marktuntersuchung bestätigte, dass es einen gesonderten Markt für den Erwerb von Rechten an Pay-TV-Kanälen gibt. Mehrere Pay-TV-Kanäle argumentierten, dass dieser Markt weiter unterteilt werden müsse: jeder regionale Kabelnetzbetreiber bilde einen gesonderten (Teil-)Markt, da die Pay-TV-Kanäle ihre Kosten amortisieren müssten, indem sie auf allen Plattformen (d. h. über alle drei regionalen Kabelnetzbetreiber, über Satellit und über das Internet (IPTV)) zu empfangen sind, und dass die drei Regionalnetzbetreiber in Deutschland nicht austauschbar, sondern komplementär seien.
150.(150) Für die Zwecke dieses Verweisungsbeschlusses kann auf eine präzise Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes verzichtet werden weil das Ergebnis unabhängig von den gewählten alternativen Marktabgrenzungen gleich bliebe.
1.4.2. Vorliegen eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats
151.(151) Die räumliche Abgrenzung der Märkte für Rechte an Pay-TV-Kanälen erfolgte bisher entlang von Landes- oder Sprachgrenzen. Die für die Zwecke dieses Beschlusses durchgeführte Marktuntersuchung bestätigte, dass sich der räumlich relevante Markt auf den nationalen Markt beziehungsweise allenfalls auf den deutschsprachigen Markt erstrecken sollte.
152.(152) Für die Zwecke dieses Verweisungsbeschlusses kommt es auf die genaue Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes für Rechte an Pay-TV-Kanälen jedoch nicht an, da (a) der Markt, wenn er ein deutschlandweiter Markt ist, alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweist und (b) selbst wenn er den gesamten deutschsprachigen Raum abdecken sollte, die Sache in ihrer Gesamtheit aus folgenden Gründen an Deutschland verwiesen werden sollte:
– Selbst wenn der Markt den gesamten deutschen Sprachraum einschließen würde, sind spürbare negative Auswirkungen außerhalb Deutschlands, insbesondere in Österreich unwahrscheinlich, wie die nachfolgende Würdigung in Randnummern (153) bis (182) zeigt.
Beschluss der Kommission vom 21. Dezember 2010 in der Sache COMP/M.5932 – News Corp/BskyB, Randnr. 82.
Beschluss der Kommission vom 21. Dezember 2010 in der Sache COMP/M.5932 – News Corp/BskyB, Randnr. 88; Entscheidung der Kommission vom 18. Juli 2007 in der Sache COMP/M.4504 – SFR/Tele2, Randnr. 48.
Siehe insbesondere die Randnrn. 9 bis 12 und Fußnote 17 der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen (ABl. C 56 vom 5.3.2005, S. 5).
– Bei Verweisungsbeschlüssen müssen die Vorteile bedacht werden, die mit dem Grundsatz der einzigen Anlaufstelle verbunden sind. Die Bearbeitung einer Fusionssache in allen ihren Facetten durch ein und dieselbe Behörde verhindert eine Aufteilung der Kompetenzen bei der Durchsetzung des Beschlusses und eine widersprüchliche Beurteilung des Sachverhalts. Dies stimmt mit der generellen Verfahrensweise der Kommission überein, dass eine Aufspaltung von Sachen aufgrund von Verweisung soweit als möglich vermieden werden sollte.
– Die Prüfung des Marktes für Rechte an TV-Inhalten hängt eng mit der Prüfung der nachgeordneten Märkte zusammen, die vom Bundeskartellamt untersucht werden. Das Bundeskartellamt ist auch für diesen Markt die am besten geeignete Behörde, da der Zusammenschluss in Deutschland erfolgt, der Wettbewerb in Deutschland davon am stärksten betroffen ist und das Bundeskartellamt über die Instrumente und Expertise verfügt, um sich mit der Sache zu befassen.
153.(153) Auf der Angebotsseite besteht zwischen den Geschäftstätigkeiten der Parteien keinerlei Überschneidung, da lediglich LGI über seinen Geschäftsbereich Chellomedia Rechte an Pay-TV-Kanälen vermarktet. Auf der Nachfrageseite treten sowohl KBW als LGI in Erscheinung, da beide Rechte an Pay-TV-Kanälen für ihre jeweiligen Pay-TV-Pakete erwerben, die sie auf dem Endkundenmarkt für Pay-TV-Dienste anbieten. Im deutschsprachigen Raum (außerhalb Deutschlands betätigt sich LGI als Pay-TV-Anbieter auf den Endkundenmärkten in Österreich und der Schweiz) zeichnen beide Unternehmen zusammen für [10-20] % der Nachfrage verantwortlich.
154.(154) Außerdem besteht eine vertikale Verknüpfung zwischen den Tätigkeiten von Chellomedia, das Rechte an Pay-TV-Dienste anbietet, und den Tätigkeiten von KBW, das Pay-TV-Dienste auf dem nachgelagerten Endkundenmarkt anbietet. Allerdings sind die Marktanteile von LGI und KBW auf den betreffenden Märkten sehr gering.
155.(155) Der Anmelder macht geltend, dass der Zusammenschluss weder bei den Einsatzmitteln noch beim Kundenstamm Abschottungsgefahren mit sich bringe und dass seine Nachfragemacht aufgrund seiner Präsenz in mehreren EU-Mitgliedstaaten nicht verstärkt werde.
Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, Randnr. 12 und Fußnote 16: "In der Rechtssache Philips/Kommission vertrat das Gericht erster Instanz die Auffassung, dass "eine derartige Fragmentierung" zwar durch die Anwendung von Artikel 9 hervorgerufen werden kann, aber "gewiss nicht wünschenswert ist angesichts des Grundsatzes einer einzigen Anlaufstelle, auf dem die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 beruht". Das Gericht erster Instanz räumte zwar ein, "dass bei einer teilweisen Verweisung an die nationalen Behörden die Gefahr, dass deren Entscheidung mit der Entscheidung der Kommission im Widerspruch steht oder mit dieser sogar unvereinbar ist, im Verweisungssystem des Artikels 9 begründet ist", stellte aber auch klar, dass eine solche Situation nach seiner Auffassung nicht wünschenswert sei" (Rdnrn. 350 und 380), sowie Randnr. 20.
Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, Randnummer 12.
Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, Randnr. 9; Entscheidung der Kommission vom 7. Juni 2004 in der Sache COMP/M.3271 – Kabel Deutschland/Ish ,Randnr. 30; Entscheidung der Kommission vom 14. Februar 2005 in der Sache COMP/M.3674– Iesy Repository/Ish, Randnr. 46.
1.4.2.1. Abschottung bei den Einsatzmitteln
156.(156) Diesbezüglich stellt sich vor allem die Frage, ob das fusionierte Unternehmen die Möglichkeit und den Anreiz hätte, den Zugang von Pay-TV-Plattformen (Satellit, IPTV), die mit der Kabelnetzplattform von Unitymedia/KBW konkurrieren, zu Pay-TV-Kanälen von Chellomedia/LGI zu beschränken.
157.(157) Der Anmelder macht geltend, dass der Umsatzerlös des LGI-Geschäftsbereichs Chellomedia im deutschsprachigen Raum bei einem Marktanteil von weniger als [0-5 ]% gering ist.
158.(158) Der meisten Anteile an LGI hält der US-Amerikaner John Malone, der auch in großem Umfang an Liberty Media Corporation („LMC“, USA) und Discovery Communications, Inc. („Discovery“, USA) beteiligt ist. LMC betreibt den über alle TV-Plattformen in Deutschland ausgestrahlten Teleshopping-Kanal QVC. Auch Discovery ist auf dem deutschen Markt aktiv über die Tochtergesellschaft DMAX TV GmbH & Co. KG tätig, die verschiedene Pay-TV-Kanäle wie Animal Planet und drei Discovery-Kanäle betreibt.
159.(159) Nach Ansicht des Anmelders gehören Discovery und LMC nicht zum LGI-Konzern, weshalb sie nicht in die Prüfung mit einbezogen werden dürften. Außerdem könne diese Frage offen gelassen werden, da der geplante Zusammenschluss selbst dann, wenn angenommen würde, dass alle drei Unternehmen von John Malone kontrolliert werden, kaum wettbewerbsrechtliche Bedenken hervorrufen dürfte, da diese Kanäle in Deutschland nur sehr geringe Zuschaueranteile hätten (Discovery weniger als [0-5]% und QVC weniger als [0-5] %) und die Konkurrenz groß sei.
160.(160) Im Einklang mit Randnummer 32 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse untersucht die Kommission bei der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit einer wettbewerbswidrigen Abschottung bei den Einsatzmitteln erstens, ob das fusionierte Unternehmen die Möglichkeit hätte, den Zugang zu den Einsatzmitteln abzuschotten, zweitens, ob es den Anreiz dazu hätte, und drittens, ob eine Abschottungsstrategie spürbare nachteilige Auswirkungen auf den nachgeordneten Wettbewerb hätte.
161.(161) Die Mehrheit der Pay-TV-Kanäle, die auf die Marktuntersuchung antworteten, gaben an, dass durch den Zusammenschluss auf der Inputseite keine Abschottungsgefahr für die nachgeordneten Wettbewerber des fusionierten Unternehmens entstehe. Die Marktuntersuchung ergab eindeutig, dass Pay-TV-Kanäle ihre Kosten wieder hereinholen müssen, indem sie auf allen Plattformen präsent sind, und dass die Übertragung der ausschließlichen Senderechte an den Chellomedia-Pay-TV-Kanälen von LGI an die Unitymedia/KBW-Plattform die Reichweite dieser Kanäle zu sehr einschränken würde und unrentabel wäre. Die Untersuchung zeigte auch, dass die Pay-TV-Kanäle von LGI kein „Muss“ sind und dass eine solche Strategie auf andere Pay-TV-Anbieter möglicherweise keine Auswirkungen hätte.
Der Anmelder hat keinen Zugang zu den Umsatzzahlen der Discovery-Kanäle oder von QVC, meint aber, dass die Analyse für Deutschland ebenso für den gesamten deutschsprachigen Raum gelten würde.
162.(162) Somit ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass der Wettbewerb im deutschsprachigen Raum infolge einer Abschottungsstrategie des fusionierten Unternehmens bei den Einsatzmitteln spürbar beeinträchtigt wird.
1.4.2.2. Kundenabschottung
163.(163) Hier stellt sich vor allem die Frage, ob das fusionierte Unternehmen die Möglichkeit oder den Anreiz hätte, den Zugang von Pay-TV-Kanälen, die mit Chellomedia/LGI konkurrieren, zur Kabelnetzplattform von Unitymedia/KBW zu beschränken.
164.(164) Der Anmelder macht geltend, dass das fusionierte Unternehmen keine Möglichkeit zum Ausschluss konkurrierender Pay-TV-Kanäle haben werde, da es auch künftig die große Mehrheit seiner Kanäle für seinen Pay-TV-Endkundenmarkt von außerhalb beziehen müsse, da seine eigenen Kanäle nur einen sehr kleinen Teil eines insgesamt attraktiven Pay-TV-Angebots für Endkunden ausmachten. Nach Angaben des Anmelders stammen im deutschsprachigen Raum rund [10-20]% der Nachfrage nach Pay-TV-Kanälen von LGI und KBW .
165.(165) Im Einklang mit Randnummer 59 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse untersucht die Kommission bei der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit einer wettbewerbswidrigen Kundenabschottung erstens, ob das fusionierte Unternehmen in der Lage wäre, den Zugang zu den nachgeordneten Märkten durch die Verringerung seiner Käufe bei den vorgelagerten Wettbewerbern abzuschotten, zweitens, ob es den Anreiz hätte, seine Bezüge auf der vorgelagerten Ebene zu verringern, und drittens, ob eine Abschottungsstrategie spürbare nachteilige Auswirkungen auf die Kunden auf dem nachgeordneten Markt hätte.
166.(166) Mehrere Pay-TV-Kanäle gaben in der Marktuntersuchung zu bedenken, dass das fusionierte Unternehmen von bestimmten externen Spartenkanälen, die ähnliche Inhalte wie die Pay-TV-Kanäle von LGI anbieten, weniger abhängig werden und später ausschließlich auf die eigenen einschlägigen Pay-TV-Kanäle von LGI zurückgreifen könnte. Zwei Pay-TV-Kanäle gaben außerdem an, dass LGI in Europa zwischen 30 und 40 (mit Discovery sogar 60) Pay-TV-Kanäle besitze und dass das Unternehmen in der Vergangenheit bereits einige Fremdkanäle durch seine eigenen deutschsprachigen Versionen dieser Kanäle ersetzt hätte und nach der Fusion ebenso verfahren würde. Deutschsprachige Versionen bestehender internationaler Kanäle seien von der Produktion her sehr viel billiger als ein vor Ort produzierter Kanal. Pay-TV-Kanäle, die sich auf den deutschsprachigen Markt konzentrierten, seien daher besonders gefährdet. Nach Ansicht der Kommission ist dieses Argument nicht stichhaltig, weil a) LGI eine solche Strategie des Austauschs von Kanälen bereits nach dem Erwerb von Unitymedia im Jahre 2005 in Deutschland im großen Stil hätte verfolgen können, dies aber nicht getan hat und weil b) der Marktanteil durch den Erwerb von KBW nur geringfügig gestiegen ist.
167.(167) Die Marktuntersuchung bestätigte außerdem, dass das LGI-Spektrum an Pay-TV-Kanälen zu gering ist, um für sich genommen bereits ein attraktives Angebot darzustellen, und dass das fusionierte Unternehmen deshalb auch künftig gezwungen sein wird, von Dritten Rechte an Pay-TV-Kanälen zu erwerben, und diese nicht ausschließen kann. Die Marktuntersuchung zeigte auch, dass die Kapazitäten, die Pay-TV-Kanäle von KBW erwerben, relativ gering sind; sie reichen von in der Regel lediglich [0-5] % bis maximal [20-30]% in einem Fall.
168.(168) Nach Randnummer 61 der Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse wird eine Kundenabschottung dann problematisch, wenn an der vertikalen Fusion ein Unternehmen beteiligt ist, das im nachgeordneten Markt ein wichtiger Abnehmer mit einem deutlichen Maß an Marktmacht ist. Da KBW auf dem nachgeordneten Endkundenmarkt für Pay-TV-Dienste kaum präsent ist, dürfte der Kabelnetzbetreiber über kein deutliches Maß an Marktmacht verfügen.
169.(169) Was die mögliche Schädigung der Verbraucher im Falle einer Abschottungsstrategie des fusionierten Unternehmens betrifft, so lässt sich ebenso wenig mit Gewissheit sagen, dass ein großer Teil des Outputs auf dem vorgelagerten Markt beeinträchtigt würde, selbst wenn das fusionierte Unternehmen beschließen würde, die Pay-TV-Fremdkanäle, die es über seine Pay-TV-Plattform ausstrahlt, durch deutschsprachige Versionen von Pay-TV-Kanälen zu ersetzen, die es in anderen Mitgliedstaaten ausgestrahlt. Da LGI derzeit über zu wenig eigene Kanäle für ein attraktives Pay-TV-Paket für seine Abonnenten in Deutschland verfügt und daher Fremdkanäle hinzunehmen muss, ist, selbst wenn einige der Pay-TV-Fremdkanäle durch LGI-eigene Pay-TV-Kanäle aus anderen Mitgliedstaaten ersetzt würden, unklar, ob sich dies für den Endkunden in der Zahl der zu empfangenden Pay-TV-Kanäle oder in deren Qualität nachteilig bemerkbar machen würde.
170.(170) Somit ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass der Wettbewerb im deutschsprachigen Raum infolge einer Kundenabschottungsstrategie des fusionierten Unternehmens spürbar beeinträchtigt wird.
1.4.2.3. Wachsende Käufermacht als Ergebnis einer größeren Abonnentenbasis im deutschsprachigen Raum
171.(171) Eine beträchtliche Zahl von Pay-TV-Kanälen äußerte Bedenken, dass das fusionierte Unternehmen über mehr Endabnehmer und damit über größere Nachfragemacht verfügen und diese dazu nutzen wird, bei der Neuaushandlung der Verträge mit den Anbietern die von KBW bisher entrichteten Gebühren auf das niedrigere derzeitige Niveau der von LGI gezahlten Preise zu senken. Zwar könnten Pay-TV-Kanäle im Besitz großer Hollywood-Studios, wie einige der befragten Unternehmen bekundeten, gegenüber Pay-TV-Anbietern wie dem fusionierten Unternehmen eine gewisse Verhandlungsmacht in die Waagschale werfen, aber kleinere, unabhängige Pay-TV-Kanäle wären dazu nicht in der Lage und könnten folglich vom Markt verschwinden. Damit würde letzten Endes die Wahlfreiheit der Endkunden eingeschränkt.
172.(172) Erstens ist festzuhalten, dass das fusionierte Unternehmen auf einen Marktanteil von lediglich rund [10-20]% käme, wobei der Zuwachs durch die Übernahme von KBW [0-5]% betragen würde. Dieser Marktanteil liegt deutlich unter dem kritischen Schwellenwert nach Randnummer 18 der Horizontalleitlinien. Angesichts des geringen kombinierten Marktanteils der Parteien ist es durchaus möglich, dass dieser Markt gar nicht als „betroffener Markt“ zu betrachten ist. In Anbetracht des Umstandes, dass sich in 2010 der Marktanteil des fusionierten Unternehmens jedoch knapp über 15 % bewegt ([10-20]%), untersucht die Kommission diese Frage in diesem Abschnitt.
173.(173) Zweitens stärkt der Zusammenschluss allenfalls die Käufermacht der Parteien, was nach den Randnummern 61 und 62 der Horizontalleitlinien sogar dem Wettbewerb förderlich sein und zu niedrigeren Preisen bei Pay-TV-Diensten für Endkunden führen könnte.
174.(174) Drittens hat die Marktuntersuchung, wie oben erwähnt, bestätigt, dass der auf KBW entfallende Einnahmenanteil in Deutschland im Falle der meisten Pay-TV-Kanäle lediglich bei [0-5] – [0-5] % liegt. Selbst wenn KBW nach der Fusion einen geringeren, nämlich den von Unitymedia gezahlten Preis an die von ihm transportierten Pay-TV-Kanäle entrichten würde, ist es unwahrscheinlich, dass deren Umsatzeinbußen sie zwingen würden, den Markt zu verlassen. Ferner hat die Marktuntersuchung bestätigt, dass die von LGI angebotenen Pay-TV-Kanäle nicht attraktiv genug sind, um dem fusionierten Unternehmen einen Verzicht auf andere Kanäle zu erlauben. Es wird daher auch weiterhin auf Pay-TV-Kanäle Dritter angewiesen sein und kein Interesse daran haben, diesen so wenig zu zahlen, dass sie den Markt verlassen müssten. Schließlich würden, selbst wenn die Preisstrategie des fusionierten Unternehmens in Bezug auf Pay-TV-Kanäle dazu führen würde, dass eine begrenzte Anzahl von ihnen den Markt verlässt, genügend Anbieter übrigbleiben, um dem Verbraucher genügend Auswahl bieten zu können.
175.(175) Aus diesen Gründen dürfte der geplante Zusammenschluss die Käufermacht des fusionierten Unternehmens infolge der größeren Abonnentenzahl im deutschsprachigen Raum kaum in einem Ausmaß stärken, das den wirksamen Wettbewerb nennenswert beeinträchtigt.
1.4.2.4. Wachsende Käufermacht als Ergebnis der internationalen Präsenz von LGI
176.(176) LGI ist der führende Pay-TV-Anbieter auf den Endkundenmärkten in 11 Mitgliedstaaten der EU. Mit dem geplanten Zusammenschluss erhielte LGI auch die Kontrolle über einen der drei regionalen Pay-TV-Anbieter in Deutschland, KBW. Damit wird die Verhandlungsmacht von LGI in Bezug auf Pay-TV-Kanäle weiter gestärkt.
177.(177) Nach Angaben des Anmelders handelt LGI die Pay-TV-Lizenzen für zwei oder alle drei deutschsprachigen Länder, in denen es vertreten ist (Deutschland, Österreich, Schweiz) im Allgemeinen zusammen aus. Zwar würden für die einzelnen Landes- oder Sprachgebiete letztendlich unterschiedliche Verträge geschlossen, ihre gemeinsame Aushandlung ermögliche aber Größenvorteile. Außerdem könne LGI als multinationaler Abnehmer bessere Konditionen aushandeln als beispielsweise KBW, das nur auf lokaler Ebene tätig sei. Auf diese Weise könne KBW bessere Konditionen erlangen, die sich in einem besseren Produkt oder niedrigeren Endverbraucherpreisen niederschlagen könnten.
178.(178) Der Anmelder führt aus, dass die auf LGI entfallenden Abnahmemengen auf dem europäischen Pay-TV-Anbietermarkt gering sind (2010 erreichten sie einen Wert von […] EUR, was ungefähr [10-20] % des gesamten Marktvolumens entspricht) und die von KBW noch darunter liegen ([…] EUR bzw. [0-5] % des Marktes). Die kombinierten Abnahmenmengen von LGI und KBW blieben demnach in der Größenordnung von [10-20] % des EWR-Gesamtmarkts, so dass sich die Marktstellung von LGI nach dem Zusammenschluss nicht signifikant verändern würde.
179.(179) Schließlich steht der Anmelder nach eigenen Angaben bei solchen Verhandlungen im Wettbewerb mit großen, zunehmend multinational operierenden Anbietern von Pay-TV-Kanälen wie Sky, Canal digital, Canal plus, Modern Times Group, DTAG und Orange, die ihre Tätigkeiten in zahlreichen europäischen Ländern ausgeweitet hätten, sowie mit starken nationalen Anbietern wie Mediaset in Italien.
180.(180) Zur Frage der Bündelung der Lizenzverhandlungen hat die Marktuntersuchung bestätigt, dass die Verhandlungen mit LGI über Lizenzen für Pay-TV-Kanäle nach wie vor teils für regionale Kabelnetze, teils für Deutschland als Ganzes und in einigen wenigen Fällen für die deutschsprachigen Länder geführt werden. Es kann daher nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass LGI aus seiner Präsenz in 11 EU-Mitgliedstaaten eine besondere Verhandlungsmacht erwächst.
181.(181) Aus diesen Gründen dürfte der geplante Zusammenschluss die Käufermacht des fusionierten Unternehmens infolge seiner internationalen Präsenz kaum in einem Ausmaß stärken, das den wirksamen Wettbewerb nennenswert beeinträchtigt.
1.4.2.5. Fazit
182.(182) Sogar unter Zugrundelegung eines Marktes für die Lizenzen für Pay-TV-Kanäle, der den deutschen Sprachraum umfasst, sollte auch dieser Markt aus folgenden Gründen an das Bundeskartellamt verwiesen werden, da:
– selbst wenn der Markt den gesamten deutschen Sprachraum einschließen würde, sind spürbare negative Auswirkungen außerhalb Deutschlands, insbesondere in Österreich unwahrscheinlich;
– bei Verweisungsbeschlüssen die Vorteile bedacht werden müssen, die mit dem Grundsatz der einzigen Anlaufstelle verbunden sind. Die Bearbeitung einer Fusionssache in allen ihren Facetten durch ein und dieselbe Behörde verhindert eine Fragmentierung der Untersuchung und eine widersprüchliche Beurteilung des Sachverhalts. Dies stimmt mit der generellen Verfahrensweise der Kommission überein, dass eine Aufspaltung von Fällen aufgrund von Verweisung soweit als möglich vermieden werden sollte;
39Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, Randnr 12 und Fußnote 16: "In der Rechtssache Philips/Kommission vertrat das Gericht erster Instanz die Auffassung, dass „eine derartige Fragmentierung" zwar durch die Anwendung von Artikel 9 hervorgerufen werden kann, aber "gewiss nicht wünschenswert ist angesichts des Grundsatzes einer einzigen Anlaufstelle, auf dem die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 beruht". Das Gericht erster Instanz räumte zwar ein, "dass bei einer
– die Prüfung des Marktes für die Lizenzen für Pay-TV-Kanäle hängt eng mit der Prüfung der nachgeordneten Märkte zusammen, die vom Bundeskartellamt untersucht werden. Das Bundeskartellamt ist auch für diesen Markt die am besten geeignete Behörde, da der Zusammenschluss in Deutschland erfolgt, der Wettbewerb in Deutschland davon am stärksten betroffen ist und das Bundeskartellamt über die Instrumente und Expertise verfügt, um sich mit der Sache zu befassen.
2. Telekommunikations-/„Triple-Play“-Märkte
2.1.1. Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes
183.(183) Hinsichtlich der Märkte im Telekommunikationsbereich gibt der Anmelder an, dass sie in i) einen Breitbandinternet-Markt für Endkunden, ii) einen Sprachtelefoniemarkt (Festnetz) und iii) einen potenziell gesonderten Markt für Triple- oder Multiple-Play aufgeteilt werden können.
184.(184) Im Bereich der Telekommunikationsmärkte hat die Kommission getrennte nationale Breitbandinternet- und Sprachtelefoniemärkte abgegrenzt. Darüber hinaus hat die Kommission Letzteren in einen Markt für Mobilfunkverträge und einen Markt für Festnetzverträge unterteilt. In früheren Entscheidungen bzw. Beschlüssen ließ die Kommission die Frage offen, ob ein getrennter Markt für „Triple-Play“ oder „Multiple-Play“ besteht.
185.(185) Die Marktuntersuchung bestätigte, dass selbst wenn die drei Märkte (TV, Internet und Telefonie) im Grunde unterschiedlich sind und unterschiedliche Kundenbedürfnisse abdecken, vom technologischen Standpunkt aus gesehen die Anbieter von Triple-Play-Diensten bei der Erbringung der Dienste dieselbe Infrastruktur verwenden. Einige der Befragten wiesen ferner darauf hin, dass Infrastrukturbetreiber Fernsehen, Internet und Telefon auf Stand-alone-Basis oder in unterschiedlichen Paketen wie Telefon und Internet oder Telefon und Fernsehen anbieten, und argumentieren daher, dass Triple-Play kein relevanter getrennter Markt ist.
teilweisen Verweisung an die nationalen Behörden die Gefahr, dass deren Entscheidung mit der Entscheidung der Kommission im Widerspruch steht oder mit dieser sogar unvereinbar ist, im Verweisungssystem des Artikels 9 begründet ist", stellte aber auch klar, dass eine solche Situation nach seiner Auffassung nicht wünschenswert sei" (Rdnrn. 350 und 380), sowie Randnr. 20.
186.(186) In jedem Fall kann für die Zwecke des vorliegenden Beschlusses der Punkt, ob Triple-Play ein getrennter relevanter Markt ist, offen gelassen werden.
2.1.2. Vorliegen eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats
187.(187) Im Bereich der Telekommunikationsmärkte hat die Kommission in der Vergangenheit festgelegt, dass Telekommunikationsmärkte aufgrund von Regulierungshindernissen als national angesehen werden sollten. Hinsichtlich des geografischen Einzugsbereichs eines möglichen Triple-Play-Marktes hat die Kommission in der Vergangenheit vorgeschlagen, diesen national anzusetzen, da dieser Ansatz in der Regel für die drei separaten Dienste verfolgt wird. Dies wurde durch die Marktuntersuchung nicht widerlegt.
188.(188) In jedem Fall kann für die Zwecke des vorliegenden Beschlusses der exakte geografische Einzugsbereich von Telekommunikationsmärkten offen gelassen werden, da die Märkte für Telekommunikation oder der Triple-/Multiple-Play-Markt höchstens national sind und alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung aufweisen.
189.(189) Für die Zwecke dieses Verweisungsbeschlusses ist es nicht notwendig die Wirkung auf den Wettbewerb in diesem Markt zu untersuchen, da (i) die betreffenden Telekommunikationsmärkte oder der mögliche "Triple-Play"-Markt höchstens national sind und im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung alle Merkmale eines gesonderten Marktes, der sich in dem antragstellenden Mitgliedstaat befindet aufweisen; (ii) die Kommission bereits zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem eng verbundenen Endkundenmarkt für Free-TV-Dienste im Rahmen von Mehrnutzerverträgen erheblich zu beeinträchtigen droht und (iii) gemäß dem Grundsatz der einzigen Anlaufstelle der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen, wonach die Untersuchung unterschiedlicher Auswirkungen desselben Zusammenschlusses, wenn möglich, von derselben Behörde in demselben Verfahren durchgeführt werden sollte, es angemessen ist, auch die Untersuchung dieses Marktes an das Bundeskartellamt zu verweisen.
6. AM BESTEN GEEIGNETE BEHÖRDE
190.(190) Nach der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen hat die Kommission die Frage zu klären, ob die Wettbewerbsbehörde, die eine Verweisung beantragt, am besten für die Prüfung des Vorhabens geeignet ist.
191.(191) Die Kommission ist der Ansicht, dass das Bundeskartellamt aus den folgenden Gründen die in diesem Fall am besten geeignete Behörde ist.
192.(192) Die Wettbewerbsfolgen des Vorhabens machen sich besonders in Deutschland bemerkbar, da die von dem Zusammenschluss betroffenen Märkte gesonderte Märkte sind und ausschließlich oder wesentlich auf Deutschland begrenzt sind. Dies trifft insbesondere auf den Endkundenmarkt für Free-TV im Rahmen von Mehrnutzerverträgen zu und den Einspeisemarkt – diese Märkte betrifft der Verweisungsantrag des Bundeskartellamts.
193.(193) Hinsichtlich des Marktes für Rechte an Pay-TV-Programmen, der den breiter gefassten deutschsprachigen Raum abdecken könnte, sollte die Prüfung des Vorhabens aus den vorstehend in Randnummer (182) genannten Gründen nicht künstlich aufgeteilt werden, sondern in seiner Gesamtheit an das Bundeskartellamt verwiesen werden .
194.(194) Das Bundeskartellamt verfügt über fundierte Kenntnisse der Struktur und Besonderheiten der betroffenen Märkte, insbesondere des deutschen (Kabel-)TV-Markts. In diesem Bereich hat das Bundeskartellamt seit dem Jahr 2004 diverse geplante Zusammenschlüsse geprüft – dabei handelte es sich bei mindestens einer der Parteien um einen regionalen TV-Kabelnetzbetreiber – und einige der Vorhaben wurden nach gründlicher Untersuchung des Sektors freigegeben.
195.(195) Aus den vorstehenden Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass Deutschland am besten dazu geeignet ist, die Sache in ihrer Gesamtheit zu prüfen.
7. SCHLUSSFOLGERUNG
196.(196) Die vorstehenden Erwägungen führen zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für einen Antrag auf Verweisung nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung erfüllt sind. Der Zusammenschluss droht den Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt für TV-Dienste erheblich zu beeinträchtigen. Dieser Markt weist alle Merkmale eines gesonderten Marktes innerhalb des antragstellenden Mitgliedstaats auf.
197.(197) Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass die zuständigen deutschen Behörden besser für eine gründliche Prüfung der gesamten Sache geeignet sind und dass es daher gerechtfertigt ist dem Verweisungsantrag im Rahmen ihres Ermessens nach Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung stattzugeben.
Siehe insbesondere Randnr 12 der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen.
Beispiele: i) der Erwerb von Ish durch KDG im Jahr 2004, den die Kommission an das Bundeskartellamt verwies und den dieses verbot; ii) der Erwerb von Ish durch Iesy Repository im Jahr 2005 (aus dem Unitymedia hervorging), den die Kommission an das Bundeskartellamt verwies und den dieses freigab.
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Der angemeldete Zusammenschluss, der zur Übernahme von KBW durch LGI führt, wird nach Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates an die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland verwiesen.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.Geschehen zu Brüssel am 16.6.2011.
Für die Kommission (unterzeichnet) Johannes HAHN Mitglied der Kommission
DE 39 DE